Der Wind spielte in den blonden Haaren der jungen Dido, glitt über sie neckend hinweg um sich einer unsichtbaren Schlange ähnlich weiter zu schlängeln. Zwischen römischen Häusern entlang, die an mancher Stelle das eine oder andere kritzelige Bild trugen. Ein Phallus, einige Strichmännchen, ein 'Lucius war hier und er ist der Größte', bis hin zu Verlautbarungen, Werbung für Händler und ihre Waren oder die Acta, die von manchen an die Wände geklebt wurden, damit jene, die besonders gut in der Schule als Kind aufgepasst hatten, es jenen vorlesen konnten, die weniger darin begnadet waren. "Auflösung des P...P...Preisrätsels...hm." "Los, weiter, wir wollen doch wissen, wer gewonnen hat." "Du bestimmt nicht, Du hast doch gar nicht teilgenommen." "Woher willst Du das wissen?" "Du kannst nicht schreiben." "Pah!" An Didos junge Ohren drangen die Worte, doch sie lauschte ihnen nicht, denn mit jedem Schritt den sie tat war sie ganz andächtig in der Rede ihres großen Idols versunken. Wenngleich ihre Hand immer wieder spielerisch zu dem Beutel glitt, in dem sie ihre Zwille, Murmeln, etwas Geld und die Kreide aufbewahrte. Immer noch, wie zu den Zeiten wo sie jünger war und noch mehr ein Kind und keine Heranreifende.
Pergament aus Pergamon, Papyrus aus Ägypten, Tinte vom roten Meer oder von griechischen Sklaven gemacht. Das war eine Materie, die Dido wenig ansprach. Nein, es war ihr sogar schnurz-piep-egal, auf was die Patrizier ihr Geschreibsel verfassen wollten. Aber sie war nun mal die Sklavin von diesen Patriziern und somit hatte es Dido wohl zu interessieren. Aber das war eigentlich egal. Der Grund, warum Dido in dieser Art neben Sciurus her ging und dabei an seinen Lippen hing, als ob er die göttliche Weisheit verkündete, war...nun, es war nun mal die göttliche Weisheit. Alles, was Sciurus von sich gab, war von größter Wichtigkeit für die junge Sklavin. Denn Dido wollte so werden wie Sciurus und mit jedem Tropfen an Wissen, was er an sie weiter gab, füllte er den leeren Behälter ihres Seins mit seiner Essenz auf, die Dido in sich aufsaugen wollte. Dido tapste unbekümmert neben ihn und lauschte. Lämmer, Schweine, Haare abschaben...immer sorgfältig, jawohl, Dido hatte verstanden, Dido würde darauf achten. Damit die Patrizier nicht auf so einer Haut schreiben mussten wie die Herrschaften – Aquilius, Aristides und ganz, ganz selten Gracchus –zeigten, wenn sie eine durch wachte Zechtour hinter sich hatten.
Ein, zwei und drei...Dido hüpfte über einen unregelmäßigen Pflasterstein hinweg und trabte folgsam weiter. Etwas befremdet musterte sie Sciurus. Woher sollte sie wissen, wann sie welches Pergament zu holen hatte. Das klang aber arg kompliziert. Artig und wie eine gelehrsame Schülerin, die sie auch war, nickte Dido. Wenn auch der kläffende Hund ihre Hand zu dem Beutel wandern ließ. Sie hätte dem Köter am Liebsten noch einen Stein hinter her geschossen. Eigentlich mochte Dido Hunde, schließlich hegte und pflegte sie die ausgewachsene Hündin, die ihr Herr ihr noch geschenkt hatte, ausgiebig. Ertappt sah Dido zu Sciurus hoch. Wie wurde Pergament her gestellt? Ähm, ja, gute Frage. Dido biss auf ihre Lippe und begann nach einer Haarsträhne zu greifen, um diese dann auch in den Mund zu stecken. Eine dumme Angewohnheit, die sich Dido nicht austreiben konnte. "Durch einen Kürschner?", fragte Dido skeptisch. "Wenn es Leder ist, dann muss es doch von diesem bearbeitet werden. Und gegerbt, damit es nicht verfault. In den stinkenden Bottichen, die die Gerber bei sich stehen haben. Aber ich habe es noch nie gesehen, wie sie Pergament herstellen." Hoffentlich war Sciurus jetzt nicht von ihr enttäuscht.