Beiträge von Dido

    Der Wind spielte in den blonden Haaren der jungen Dido, glitt über sie neckend hinweg um sich einer unsichtbaren Schlange ähnlich weiter zu schlängeln. Zwischen römischen Häusern entlang, die an mancher Stelle das eine oder andere kritzelige Bild trugen. Ein Phallus, einige Strichmännchen, ein 'Lucius war hier und er ist der Größte', bis hin zu Verlautbarungen, Werbung für Händler und ihre Waren oder die Acta, die von manchen an die Wände geklebt wurden, damit jene, die besonders gut in der Schule als Kind aufgepasst hatten, es jenen vorlesen konnten, die weniger darin begnadet waren. "Auflösung des P...P...Preisrätsels...hm." "Los, weiter, wir wollen doch wissen, wer gewonnen hat." "Du bestimmt nicht, Du hast doch gar nicht teilgenommen." "Woher willst Du das wissen?" "Du kannst nicht schreiben." "Pah!" An Didos junge Ohren drangen die Worte, doch sie lauschte ihnen nicht, denn mit jedem Schritt den sie tat war sie ganz andächtig in der Rede ihres großen Idols versunken. Wenngleich ihre Hand immer wieder spielerisch zu dem Beutel glitt, in dem sie ihre Zwille, Murmeln, etwas Geld und die Kreide aufbewahrte. Immer noch, wie zu den Zeiten wo sie jünger war und noch mehr ein Kind und keine Heranreifende.


    Pergament aus Pergamon, Papyrus aus Ägypten, Tinte vom roten Meer oder von griechischen Sklaven gemacht. Das war eine Materie, die Dido wenig ansprach. Nein, es war ihr sogar schnurz-piep-egal, auf was die Patrizier ihr Geschreibsel verfassen wollten. Aber sie war nun mal die Sklavin von diesen Patriziern und somit hatte es Dido wohl zu interessieren. Aber das war eigentlich egal. Der Grund, warum Dido in dieser Art neben Sciurus her ging und dabei an seinen Lippen hing, als ob er die göttliche Weisheit verkündete, war...nun, es war nun mal die göttliche Weisheit. Alles, was Sciurus von sich gab, war von größter Wichtigkeit für die junge Sklavin. Denn Dido wollte so werden wie Sciurus und mit jedem Tropfen an Wissen, was er an sie weiter gab, füllte er den leeren Behälter ihres Seins mit seiner Essenz auf, die Dido in sich aufsaugen wollte. Dido tapste unbekümmert neben ihn und lauschte. Lämmer, Schweine, Haare abschaben...immer sorgfältig, jawohl, Dido hatte verstanden, Dido würde darauf achten. Damit die Patrizier nicht auf so einer Haut schreiben mussten wie die Herrschaften – Aquilius, Aristides und ganz, ganz selten Gracchus –zeigten, wenn sie eine durch wachte Zechtour hinter sich hatten.


    Ein, zwei und drei...Dido hüpfte über einen unregelmäßigen Pflasterstein hinweg und trabte folgsam weiter. Etwas befremdet musterte sie Sciurus. Woher sollte sie wissen, wann sie welches Pergament zu holen hatte. Das klang aber arg kompliziert. Artig und wie eine gelehrsame Schülerin, die sie auch war, nickte Dido. Wenn auch der kläffende Hund ihre Hand zu dem Beutel wandern ließ. Sie hätte dem Köter am Liebsten noch einen Stein hinter her geschossen. Eigentlich mochte Dido Hunde, schließlich hegte und pflegte sie die ausgewachsene Hündin, die ihr Herr ihr noch geschenkt hatte, ausgiebig. Ertappt sah Dido zu Sciurus hoch. Wie wurde Pergament her gestellt? Ähm, ja, gute Frage. Dido biss auf ihre Lippe und begann nach einer Haarsträhne zu greifen, um diese dann auch in den Mund zu stecken. Eine dumme Angewohnheit, die sich Dido nicht austreiben konnte. "Durch einen Kürschner?", fragte Dido skeptisch. "Wenn es Leder ist, dann muss es doch von diesem bearbeitet werden. Und gegerbt, damit es nicht verfault. In den stinkenden Bottichen, die die Gerber bei sich stehen haben. Aber ich habe es noch nie gesehen, wie sie Pergament herstellen." Hoffentlich war Sciurus jetzt nicht von ihr enttäuscht.

    Aufgequollen und rot waren Didos Hände, die immer wieder mit einem großen, weißen Leinentuch in einen Zuber hinein tauchte, ab und an stocherte sie mit einem hölzernen Stab nach und nahm eine Bürste auf Schweineborsten, um die groben Flecken zu entfernen. Waren die erst mal weg, würde das Leinen in einen großen, gußeisernen Topf kommen und dort kochen, bis das Tuch wieder strahlend weiß war. Dido hatte ihre Sonderstellung schon vor Wochen verloren, vor Monaten. Seitdem sie keine Leibsklavin mehr war. Zudem war sie kein Kind mehr in den Augen der Sklavenschaft, sie hatte das vierzehnte Lebensjahr erreicht und mußte nun arbeiten wie jeder andere Sklave, jeder normale Sklave im Haushalt. Mit verkniffenem Mund hob sie den Stoff und wrang ihn aus, um die Bürste hoch und runter zu schrubben. Dido führte ihre Hand zur Stirn, um mit den Handrücken einige Strähnen weg zu streichen, die in ihr Gesicht hingen. Diese blieben feucht an ihren Schläfen kleben. Schon den ganzen Morgen war Dido damit beschäftigt und sie war es Leid. Doch sie würde erst hier wegkommen, wenn der Haufen neben ihr auch fertig war. Dido sah erst auf, als sie ihren Namen das zweite Mal genannt hörte. Das nasse Stück Stoff in den Händen starrte sie den Sklavenjungen feindselig an. Sie mochte die anderen Sklaven nicht und diese mochten auch Dido nicht. Darum wurde Dido gleichermaßen drangsaliert, wie sie selber auch austeilte. "Er will Dich sprechen! In der Küche." Sie wussten alle im Haus, wer damit gemeint war.


    Der Stoff sank in das Wasser. Kleine Luftblasen stiegen auf als er in dem Bottich versank. Der Saum ihrer Sklaventunika war nass und klebt an ihrem Bein als sich Dido erhob. Stumm und kalt den Sklavenjungen anschauend, trat sie an diesem vorbei und ging in den Gang hinein. Erst als sie an dem Sklaven vorbei war, schwand die kalte Miene. Besorgnis und Neugier traten an ihre Stelle. Was Sciurus wohl will? Hoffentlich hatte sie nichts falsch gemacht! Hoffentlich ihn nicht enttäuscht. Schließlich war Sciurus ihr Vorbild und ihr Idol. Wenn sie nur einen Funken von ihm hätte und vielleicht auch so werden könnte eines Tages. Während sie den Gang entlang lief, strich sie sich ihre blonden Strähnen zurück und band den Knoten von ihrem Haarband neu. Sie wollte nicht so abgekämpft erscheinen, wie sie es eben war nach diesem Vormittag. Wie macht er das bloss? Das war ein Gedanke von Dido als sie Sciurus erblickte. Gleichzeitig wirkt er vollkommen entspannt und lässig, behält aber immer noch das raubtierhafte an sich. Dido beschloss, dass sie das auch üben musste. So an dem Türrahmen lehnen. "Salve.", grüsste Dido respektvollen Tons. "Du hast mich gerufen." Keine Frage. Wenn Sciurus sie rief, war das so und kein Sklave würde sich ein Scherz mit ihr Erlauben. Dido sah Sciurus an und wartete.

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    Original von Caius Valerius Tacitus
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    Oha, vorteilhafte Stellung, das klang sehr gewählt und doch dabei noch bescheiden. Nicht "Wir sind nun mal die Besten!" oder "Die Prima nimmt nur die allergrößten Soldaten" (Wobei Tacitus schon sehr groß war, wie Dido fand!), aber Dido hatte nicht viel übrig für Bescheidenheit, wie sie aber auch Prahler anstrengend fand, Dido konnte man es in vielen Dingen nicht Recht machen, aber heute und hier war sie einfach nur beeindruckt. Von dem Soldatentum von Tacitus, von seinem sehr militärischen Auftreten und dass er überhaupt mit ihr sprach. "Oh!" Dido sah ihn ganz groß an. "Findest Du?" Das war ihr erster Impuls und Dido folgte stets jenem. "Danke schön!" Dido strahlte vom ganzen Gesicht und freute sich mächtig, sie hielt sich zwar schon unter den Sklaven als was Besseres (auch wenn die Wenigsten das überhaupt bemerkten in der flavischen Sklavenschaft und sie in der Hierarchie und Hackordnung eher ganz unten stand), aber so etwas von einem taffen und großen Soldaten zu hören, war natürlich etwas ganz anderes.


    "Fein!" Vielleicht fand es Tacitus auch so öde zwischen all den wie zu einer Parade aufgetackelten Herrschaften. (Mal von den wenigen interssanten Exemplaren abgesehen und dies waren in Didos Augen nur die Soldaten.) Gerade wollte sie auf dem Absatz kehrt machen und Tacitus zu den Tieren führen und zu den Teilen, wo sie ungestört ihn ausfragen konnte als schon der Vater ihres Herrn das Wort ergriff. Dido blieb stehen, um nicht unangenehm aufzufallen. "Moment noch! Wir können uns verdrücken, sobald die Gäste sich nach vorne bewegen!", raunte Dido verschwörerisch als sie mit halbem Ohr den Worten lauschte. Ah, schon setzte sich die Gäste in Bewegung und strömten dorthin, wo wohl ein Opfer stattfinden sollte und noch die Lesung der Innereien. "Komm'!", flüsterte Dido und huschte flink wie eine Gazelle hinter einen Busch und aus der Sichtweite all jener, die ihr noch einen Befehl hätten zurufen können. Irgendetwas von Göttersitzen wurde in der Ferne geraunt als Dido den Kieswege folgte, der von Jasminsträuchern umrahmt war. Erst am Rande eines Beckens blieb sie stehen. Einige Schritte unter ihnen und in dem Becken, wo ein kleiner Weiher in der Mitte lag, sonnten sich drei Krokodile, so lang wie ein Mann groß war. Eines öffnete träge sein Maul und zeigte eine lange Reihe von sehr scharfen Zähne. Fasziniert und von den Raubtieren angezogen, starrte Dido hinunter. Zu schade, dass sie diese nicht anfassen durfte. "Das sind die Krokodile! Hast Du schon mal welche gesehen? Die sollen aus Ägypten kommen. Warst Du schon mal in Ägypten? Ich nicht, aber es soll dort auch Löwen und Hyänen geben." Fast ohne Punkt und Komma strömten all die Worte, Fragen und Kommentare aus dem Mund von Dido. Mit fröhlich funkelnden Augen spähte sie zu Tacitus hoch.

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    Original von Caius Valerius Tacitus
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    Boah! Der Soldat hatte aber einen ordentlichen Händedruck, der Dido ganz schön staunen ließ. Dido war ja jetzt keine zimperliche Sklavin, aber so fest war ihre Hand noch nicht gedrückt worden (Beim Gruß wohlgemerkt, wenn sie zur Strafe gezerrt wurde, dann war es deutlich fester, wie sie an der Hand gehalten wurde!) Und dann meinte Didos Hand zudem noch Schwielen bei Tacitus zu entdecken, wohl vom Waffentraining und dem täglichen Kampftraining. Fazit: Dido war gehörig beeindruckt. Was wohl wenige Menschen bei der Sklavin vermochten und Tacitus war es schon innerhalb kürzester Zeit gelungen. "Genau! Dido!", bestätigte Dido mit einem breiten Lächeln. Etwas auf den Fußballen auf und ab wippend betrachtete Dido den Soldaten ganz gespannt und neugierig. Aha! Ganz passabel? Das klang doch wunderbar. Denn dann konnte er deutlich besser kämpfen als sie, Dido. "Wenn Du bei der Prima dienst, dann bist Du bestimmt ein sehr guter Soldat. Ich habe gehört, es gibt ein paar Legionen, die sollen besonders gut sein. Und die Legion in Mantua gehört auch dazu." Dido, die ja aufmerksam zu Tacitus hoch sah, registrierte, dass es ihm etwas unangenehm zu sein schien. Warum, das konnte Dido nicht ganz nachvollziehen. Aber da sie es gewohnt war, die Regungen der Römer zu beobachten (schließlich hing Wohlwollen und Zufriedenheit der Herrschaften oft davon ab), bemerkte sie es schon.


    Erneut legte sie ihren Kopf etwas zur Seite, so dass eine blonde Strähne an ihrer Schläfe kitzelte. "Natürlich darfst Du das fragen, Du darfst alles fragen, was Du willst..." Ein gewitztes Funkeln trat in Didos Augen. "Vielleicht antworte ich aber nicht auf alle Fragen. Du kannst es jedoch gerne ausprobieren." Dido kräuselte ihre Nase und dachte über die Frage nach. "Woher ich meinen Namen habe? Na, von den Flaviern natürlich. Das ist so Tradition bei uns. Ich komme aus einer alten Linie von schon vielen Generationen und wir alle sind nach den Königen und Feldherrn von Karthago benannt. Oder nach deren Töchtern. Aber für mich wurde der Name der Königin gewählt, da ich schließlich mit dem Enkel der Herrin aufwachsen sollte.", sprach Dido mit deutlich hörbarem Stolz. Sie waren eben so was wie die Patrizier unter den Sklaven, zwar immer noch Sklaven, aber eben loyale und verlässliche Sklaven. Womöglich mit dem Hang zum Wahn, aber dafür bis in den Tod treu...oder der Tod kam schneller als sie blinzeln konnte. "Hast Du eigentlich schon den Garten gesehen, Valerius Tacitus?" Dido wollte ja noch länger die Aufmerksamkeit des Soldaten behalten, damit dieser ihr noch ein paar Dinge erzählen oder gar zeigen konnte. "Ich war schon den ganzen Vormittag hier. Die Krokodile könnte ich Dir zeigen. Oder auch den schwarzen Löwen ohne Mähne! Denn hier..." Dido deutete mit ihrer Nase auf die ganze Versammlung vor sich. "...wird es gaaaanz schrecklich öde bleiben. Magst Du die Tiere sehen? Ja?"

    Ha! Dido hatte also Recht gehabt, es war nicht der Aufzug der Cohortessoldaten, also der Urbaner. Obwohl man darin nur feine Unterschiede erkennen konnte. Dido lebte jedoch lange genug in Rom und hatte die Stadtsoldaten schon oft genug gesehen. Sie legte ihren Kopf etwas zur Seite und betrachtete Tacitus voll unverhohlener Neugier und mit großer Spannung. Ja, Tacitus sah wirklich aus wie ein Soldat. So, wie man sich das vorstellte. Eben soldatisch, stattlich und groß. Dido ging ihm ja grade mal bis zur Schulter. "Die Prima! Ah sooo!", murmelte Dido. Natürlich, da hatte doch der Vater ihres Herrn gedient, schön weit weg. Und jetzt war der hier, dafür ihr Herr, Serenus, fort. Zu blöde, denn Didos goldenes Leben war wieder vorbei und sie nicht mehr Leibsklavin. "Dido ist mein Name!" Forsch und ohne Scheu streckte Dido die Hand zum Gruß entgegen, so wie sie es eben bei den anderen Soldaten gesehen hatte (Das sah aber auch richtig soldatisch aus, meiner Treu!) und lächelte breit. Denn sie wollte was von Tacitus und sie hatte gelernt, dass man mit einem strahlenden Gesicht eher daran kam, was man sich wünschte. "Wie die Königin von Karthago!", erläuterte sie altklug. Denn Dido war schon ein bisschen stolz darauf 'Dido' zu heißen. Selbst wenn sie nicht die Erste aus ihrer Linie war, die diesen Namen tragen durfte. Es war schließlich schon Tradition. "Es freut mich, Dich kennen zu lernen, Valerius Tacitus!"


    Dido spähte links und rechts an Tacitus vorbei. Nee, ein Schwert konnte sie nicht erblicken. Schade! Aber offen in der Stadt Waffen zu tragen, das war ja verboten. Das wusste Dido natürlich auch. Sie selber als Sklavin durfte das (theoretisch) auch gar nicht. Aber welcher Sklave hielt sich schon daran? "Darf ich Dich was fragen? Also nach dieser Frage, weil das ja auch schon eine Frage ist." Dido lächelte unschuldig und blinzelte ganz harmlos. Die liebe Tour kam auch immer am Besten an, ihre biestigen Seiten zeigte sie lieber denen in der Subura, wo sie hin und wieder herum streifte. Seitdem sie mit Sciurus dort gewesen war. Und hell auf begeistert von dem Einfluss, den Sciurus (ihr ganz, ganz großes Idol, einem Gott schon ähnlich) wohl dort besaß. Aber selbst wenn Dido auf nett tat (also die Sanfte spielte!), sie war mehr eine stürmische und ungeduldige Natur. So platzte auch schon die Frage aus ihrem Mund. "Kannst Du richtig gut kämpfen? Bestimmt, oder? Du siehst nämlich so aus!" Was Dido auch fand. Er sah wie ein Soldat aus, der schon viel erlebt hatte. Ein Mann, von dem sie vielleicht ein paar Dinge lernen könnte. Mit leuchtenden Augen und sehr gespannt sah Dido zu ihm auf.

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    Original von Caius Valerius Tacitus
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    "Öde Schnepfe! Alter Sack! Naseweißer Schnösel!" Didos blau grüne Augen musterten die Gäste, die an ihr vorbei streiften. Eine junge Sklavin wurde natürlich nicht bemerkt. Und ihre geraunten Worte genauso wenig. Gegen einen Zitronenbaum gelehnt stand Dido und besah sich gelangweilt die Hochzeitsgesellschaft. Natürlich hatte sie heute hier sein müssen, wenn der Vater ihres Herrn heiratete. Wie die anderen Sklaven war Dido in eine rote Tunika drapiert worden, dunkelrot wie das Blut, und einem breiten goldenen Streifen am Saum, der ein Laub- und Blumenmuster eingewebt hatte. Ihre langen, blonden Haare, waren nach hinten geflochten. Aber wie auch Dido mehr eine widerspenstige Natur besaß, so taten es auch ihre Haare. Einige Strähnen lösten sich bereits und kitzelten an ihren Schläfen. "Laaangweilig!", murmelte Dido und spielte mit dem roten Säcklein herum, das an ihrem goldenen Stoffgürtel hing. Sie hatte sich gut davor drücken können, den Gästen auch noch Wein oder kleine Häppchen aus Eiern und ähnlichem Zeug bringen zu müssen. Mit ihrer Größe hatte sie sich entschuldigt. Aber es war auch zum Mäuse melken gewesen, früher war sie jeden Monat in die Höhe geschossen in den letzten beiden Jahren wollte sich immer weniger tun. Während Serenus immer höher gewachsen war. Ärgerlich, sehr ärgerlich. Die flavische Sklavin schnalzte mit der Zunge als sie daran dachte und besah sich weiter die Gäste. Die Hochzeitsgesellschaft fand Dido ganz schrecklich öde, ein Patrizier neben dem Anderen und alle unterhielten sich über das selbe langweilige Zeug und tauschten die gleichen, nichts sagenden Nettiketten aus. Das hatte Dido doch dauernd um sich herum.


    Doch, Mooooment, nicht alles sah so triste und sterbenslangweilig aus. Dido spähte zwischen das Gebüsch als sie das Klimpern von Metall hörte und das Aufblitzen in der Sonne sah. Sofort erkannte sie die Kleidung von Soldaten, selbst wenn diese vergleichsweise dezent ihre Natur offenbarten. Dido stieß sich von dem Zitronenbaum ab und schlenderte an den schnöseligen , mit Duftwässerchen stinkenden und voll mit protzigem Schmuck behängten Patrizierdämchen vorbei. Entweder gab es Ärger...oder die waren auch zum Feiern hier. In einem Bogen umrundete Dido die Soldaten und blieb neben einigen Malvensträuchern stehen. Ihre Augen verengten sich als sie den Vater ihres Herrn heran nahen sah, sie verfolgte das kurze Gesprächsgeplänkel zwischen der Soldatenrunde und ließ die Soldaten nicht aus den Augen. Langsam, die Unschuld in Person, schlenderte die junge Dido näher an einen der Soldaten heran (Valerius Tacitus) und blieb hinter ihm stehen. "Bist Du ein richtiger Soldat?" Dido war noch nie verlegen gewesen, vollkommen fremde Männer anzusprechen, auch wenn sie nur eine Sklavin war. "Ich meine von der Legion und nicht so von diesen Stadteinheiten?" Ihre blaugrünen Augen wanderten von der doch beeindruckenden Statur des Soldaten zu dessen Militärgürtel.

    Irgendwie erwartete Dido schon, dass gleich der 'Stein der Weisheit' fiel, der in den Teich vollem trüben Unwissen etwas Klarheit brachte, schließlich war Serenus sogar ein paar Monate älter. Außerdem war er der Herr, da hatte er doch solche Dinge zu wissen, was die Patrizier so machten und warum die Kinder denn her kamen. Doch dem war ganz offensichtlich nicht so, was Dido veranlasste, eine enttäuschte Schnute zu ziehen. Aber das mit dem Gestöhne, das klang recht plausibel. Denn es würde das erklären, was Dido immer mal wieder in der Sklavenunterkunft hörte und was sich wie das Schnaufen hart arbeitender Menschen anhörte. Sie nickte stumm, sah zu ihrem Herrn auf und kraulte dabei ausgiebig der Hündin den Bauch. „Hmh!“, gab Dido von sich und kräuselte die Haut auf ihrer Nase als sie über die Worte, die sich doch durchaus schlau anhörten, nachdachte. „Das wäre gut, Dominus!“, pflichtete Dido ihrem Herrn, denn Dido würde schon des Rätsels Lösung mal erfahren wollen und womöglich konnte der Vater ihres Herrn mehr Aufschluss geben. Insgeheim beschloss Dido jedoch, dass sie eine der Küchenmägde noch fragen würde oder jemand anderes, die schon ein Kind bekommen hatte. Die mussten es ja wohl am Besten wissen.


    Didos blaugrüne Augen blitzten auf, als Serenus den Spionageauftrag erwähnte. Das klang aufregend, außerdem würde ein weiteres Rätsel gelöst werden, nämlich warum die, die verheiratet waren, nicht zusammen waren, aber Gracchus immer mehr mit Anderen gesehen wurde. Das war für Dido nicht ganz verständlich. Sie nickte zustimmend auch wenn es ihrer Zustimmung gar nicht bedurfte, aber Serenus sollte durchaus sehen, dass Dido hoch motiviert war auch darin ihm zu gehorchen. Eilends sprang sie auf ihre Füße. „Ja, Dominus. Ich gehe sie suchen, Dominus!“ Der Welpe blieb noch etwas länger auf dem Rücken ehe er bemerkte, dass er nicht mehr gekrault wurde. Suchend rollte die Hündin sich herum und schnüffelte über den Boden. Doch schon war Dido draußen und ihre Schritte hallten in den Gängen wieder, fündig wurde Dido an jenem Tage jedoch nicht, so dass sie etwas später ihrem Herrn die Nachricht bringen musste, ihre gescheiterte Mission betreffend, aber schon läutete die Cena ein und auch so ging der Tag langsam zur Neige...

    Bedröppelt starrte Dido ihren Herrn an und verstand nur noch Bahnhof! Was redete der denn eigentlich? „Öhm, warum denn nicht? Ich würde auch lieber ein gaaaaaaanz großes Bett für mich alleine haben als den mit...ähm...ja zu teilen!“ Wozu das nützlich war, das raffte Dido auch nicht wirklich, war doch nur unbequem! Und weil dem Dominus kalt war, konnte es doch auch nicht sein, schließlich wurde in der Villa immer gut geheizt und eine Pfanne, die das Bett vorher aufwärmte war doch einem weiteren Treter im Bett vorzuziehen. Dido zuckte mit der Schulter. War bestimmt so eine Patrizierangelgegenheit, denn Dido hatte immer wieder gemerkt, dass die Patrizier sich das Leben nur schwer machten, aber selten einen praktischen Nutzen daraus zogen. Und unselbstständig waren die Herrschaften zudem. Dido hob ihre Hand und rieb sich über die Nasenwurzel, denn das Thema verkomplizierte sich zusehends. „Ja, sie sind doch verheiratet! Das genügt doch, um Kinder zu bekommen, Dominus. Dafür müssen sie doch nicht in einem Bett schlafen!“ Das sich da durchaus ein Funken Wahrheit verbarg, war von Dido gar nicht beabsichtigt, denn selbst wenn sie Graffitis kannte, wusste, dass manche Erwachsene seltsame Dinge trieben, die sehr ominös war, hatte Dido nicht den blassesten Schimmer, woher die Kinder kamen. Weder eine Waschmagd, noch eine andere Sklavin hatte es bisher für notwendig befunden, Dido mal ein paar Hinweise zu geben und Dido hatte sich einfach noch nie für so ein Erwachsenenzeug interessiert. Nö, war öde, wie der Rest, den die meisten Erwachsenen machten.


    „Eine Amica?“, fragte Dido. Sie hatte so was mal im Zusammenhang mit dem Begriff Geliebte gehört. „Vielleicht!“ Dido kraulte dem Hund weiterhin den Bauch und sah sinnend gen Decke. In ihren Gedanken kramte sie nach Erinnerungen, ob sie Gracchus mit einer Frau zusammen gesehen hat. Ein Lichtblitz tauchte in ihren Gedanken auf und sie sah zu ihrem Herrn. „Ja, vielleicht ist das die Epicharis. Ich hab sie schon mal zusammen hier in der Villa gesehen. Ist aber schon länger her.“ Dido nickte eifrig, wobei sich ihre feinen, blonden Haare in jede Richtung bewegten. „Ja, spionieren wir ihnen nach....und das mit der Liste...“ Das war für Dido nicht schwer. Die Hündin derweil drehte sich herum und erhob sich auf die breiten und welpischen Pfoten, um etwas unbeholfen, aber enthusiastisch auf Didos Schoss zu springen. Dido lächelte breit als die Hündin sie am Gesicht ableckte. „Ähm...also zuerst muss dieser Germane da rauf. Dann der Koch, der ist nämlich unverschämt, wer weiß, vielleicht will er die Flavier auch irgendwann vergiften...“ Ungeniert sprach Dido die Mutmaßung aus. "...aber gaaaanz besonders der blöde Laas!!" Der hatte schon seinen Herrn für seine Gemeinheiten ausgenutzt, jetzt würde Dido den Spieß umdrehen. Jawohl! Pah, sollte der doch sehen, was er davon hat. Dido legte den Kopf schief und blinzelte neugierig. „Wo sind denn die Löwen, Dominus?“

    Bis der Vater ihres Herrn zurück kam, dem sie ja eigentlich gehörte, aber dann doch nicht, denn schließlich gehörte alles, was Serenus gehörte, dann doch wiederum dem Vater, oder auch nicht?, Dido wusste es nicht so genau. Jedenfalls wusste Dido, dass besagter Flavier weit, weit, weit und noch weiter weg war und womöglich erst in Jahren zurück kam. Didos Augen weiteten sich ein wenig und sie starrte entsetzt auf das Stück Garten, was immer mehr wie eine Tartarosstrafe anmutete. Auf jeden Fall? Didos Gesicht verzog sich weh- und selbstmitleidig, doch die darauf folgenden Worte schienen wie ein Rettungsanker in diesem düster grauen Sturm zu sein. Bis zum Sommer! „Puh!“, Dido atmete erleichtert aus. Das ging doch und bis dahin...ja, den ein oder anderen, der ihr noch einen Gefallen schuldete, würde sie schon dazu bewegen, einen Teil ihrer Strafarbeit zu übernehmen. So grinste Dido wieder deutlich frohgemuter und wenig verzweifelt. Selbst die Androhung der Kontrolle erschreckte Dido nicht so sehr, wie die Aussicht mehrere Jahre für diesen Garten schuften zu müssen. Sie würde nur ihren Grips etwas mehr anstrengen müssen, damit der Dominus sie nicht erwischte, während sie nicht alleine im Garten am Arbeiten war. Nein, nein, das wäre nicht gut! "Geht in Ordnung, Dominus. Wird gemacht, Dominus!"


    Dido schielte zu Lucanus hoch und überlegte, ob es zu vermessen war, eine andere Sache anzusprechen. Och, warum nicht? Die Peitsche hatte der Dominus schon mehrmals ignoriert, womöglich gehörte er gar nicht zu den fiesen Flaviern, die eh langsam am Aussterben waren in diesem Geschlecht. „Ähm...Dooominuuuus?“ Dido blinzelte nach oben und versuchte treuherzig auszusehen. „Bekomme ich das wieder, was...ähm....Du...öhm...auf dem Markt konfuss-zierst hast?“ Dido biss sich auf ihrer Lippe herum und ihre Hand wanderte zu ihren nicht wirklich ordentlichen blonden Strähnen auf der Schulter, um eine wieder mit den Zähne zu malträtieren. "Ist aber eigentlich nicht so wichtig, Dominus!", fügte Dido sofort an, denn in dem Moment kam ihr der Gedanke, dass der dreckige Titus, ein Jahr älter als sie, bestimmt ihr noch eine verkaufen würde, denn das Holz musste schon stimmen. "Ich kümmere mich dann um den Garten, Dominus! Ganz sicher, Dominus! Ich geh dann mal, Dominus!" Bei jedem Wort bewegte sich Dido einen Schritt zurück, verbeugte sich einmal linkisch. "Vale, Dominus!" Flupp, schon wetzte sie aus dem Cubiculum wieder hinaus, damit Lucanus ja nicht noch einfiel, sie schlimmer zu bestrafen.

    Asny kann Griechisch? Verblüfft starrte Dido Serenus an. Hatte sie das zu ihm gesagt? Eigentlich nicht, eigentlich meinte Dido, dass Asny genauso verklausuliert und verworren wie Hannibal sprechen konnte. Nein, sie schien sogar dem Herrn, den Asny noch nicht kannte, nachzueifern, nämlich Flavius Gracchus. Aber ob Asny auch Griechisch konnte, das hatte Dido vergessen. Das mit der Flöte fand Dido auch viel spannender. Darum verzog Dido unwillig das Gesicht, denn sie hatte gar keine Lust dieses olle Griechisch zu lernen, überhaupt, über Bücher zu sitzen. Da bekam sie immer gleich ein Zucken in ihren Beinen, wie ein Zicklein, das munter über die Wiesen springen wollte. So ein Naturell hatte Dido, darum meinte sie sich selber auch besser in der Gladiatorenschule aufgehoben als an dem Tisch über muffige Schreibrollen gebeugt. Welcher Leibwächter würde schon Griechisch brauchen? Dido zuckte mit der Schulter und gab einen undefinierbaren Laut von sich. “Für die olle Schrulle?“, platzte es Dido prompt heraus. Hastig hob sie die Hand und presste sie sich vor den Mund. Denn womöglich sah es Serenus doch nicht gerne, wenn SIE die Claudia so nannte. Aber Dido hatte ja, wie schon mehrmals erwähnt, eine Liste. Auch eine Liste von Menschen, die gar nicht gemocht wurden. Und solidarisch wie Dido zu ihrem Herrn war, hatte auf die besagte Haß-Gegner-Liste auch die Claudia Epicharis ihren Einzug gewonnen. Gleich hinter Hannibal und so einen Jungen, den Dido noch von der Straße her kannte und der sich in letzter Zeit immer mehr aufspielte. So hoffte Dido inständig, dass Asny nicht verschenkt werden würde.


    Diana? Skylla? Medusa? Die Namen kamen Dido in den Sinn, während sie die Kampfhündin vor sich betrachtete und ihr das Fell kraulte. Der Hund ließ sich prompt auf den Rücken fallen und streckte alle viere nach oben, um die weiche Unterhaut zum streicheln zu präsentieren. Dido blinzelte verwirrt, wie waren denn nun die Chancen, dass ihr Herr sich dazu herab lassen würde, den Vater ihres Herrn die Ausbildung von Dido bezahlen zu lassen. Dido konnte das aus den Worten nicht extrahieren, so beließ sie es dabei. An einem anderen Tag würde sie es noch einmal ansprechen, denn steter Tropfen höhlt den Stein. Dido legte den Kopf zur Seite und grinste breit. “Aber Dominus, es weiß doch jeder, dass Antonia und Gracchus nicht ein gemeinsames Schlafzimmer haben. Nein, der Herr Flavius Gracchus sucht Deine angeheiratete Tante wohl nicht oft nachts auf.“ So sagten die Sklaven, aber Dido verstand Gracchus durchaus. Schließlich wollte man nachts schlafen und nicht noch mit seiner Ehefrau spielen müssen, aber auf eine kindliche Art und Weise 8) Wobei ihr auffiel, dass sie Gracchus und Antonia nicht oft miteinander sah. Wahrscheinlich mochten die sich nicht. Dido kraulte ihren Hund und kümmerte sich nicht um die Wirren der Erwachsenen. Außerdem war die andere Neuigkeit viel aufregender. “Meinst Du wirklich, er bringt einen echten Löwen mit? Ich war übrigens vor ein paar Wochen bei einer Löwung. Da ist ein Verbrecher hingerichtet worden. Das war toll! Dann kannst Du das ja auch mit den unverschämten Sklaven der Villa machen!“ Dido strahlte von einem Ohr zum Anderen. Das war in der Tat eine aufregende Möglichkeit, die sich da auf tat.

    Zitat

    Original von Cnaeus Flavius Lucanus
    ...
    "Siehst Du dieses Fleckchen Garten da?"...


    "Ich möchte, daß Du Dich um diesen Garten kümmerst. Wenn es warm wird, will ich da draußen arbeiten und lesen und dazu muß der Rasen in Ordnung sein, müssen die Hecken geschnitten, Blumen und Sträucher gepflanzt und das Unkraut und der ganze Unsinn da entfernt werden"
    ....



    Na, dann komm mal? Uiui, aiai, oh weh, vielleicht wollte er sie jetzt durch die Türe führen und direkt in die dunklen Gewölbe der Villa Flavia, die Gewölbe, die Dido der Mitsklavin Asny noch kürzlich so stolz präsentiert hatte. Dort, wo Folterkammer, DIE Kammer und sonstige schreckliche Dinge lagen. Aber nein! Puh, Glück gehabt, denn der junge Herr führte sie lediglich zum Fenster. Dido tapste hinter ihm her und blieb neben ihm stehen. Dido stellte sich auf ihre Zehenspitzen und starrte auf den Wildwuchs vor dem Fenster. Gehörte das überhaupt noch zu dem Grundstück der Villa? Musste wohl so sein! Tatsache! Dido sah von Lucanus zu dem Garten. Der nahm ihre Worte tatsächlich ernst und verdonnerte sie zu Gartenarbeit und dann sogar richtige Gartenarbeit, nämlich dort, wo wohl schon lange niemand mehr Hand angelegt hatte. Didos Gesicht wurde immer länger. Die Angst, noch ausgepeitscht zu werden, die gerade noch sehr aktuell war, wich der Unlust, sich im Garten herum zu treiben und Hecken zu schneiden, Laub zu fegen und Unkraut zu jähten.


    Dido warf dem Herrn einen schiefen Seitenblick zu. Vielleicht war das auch nur ein Trick?!? Vielleicht war der ja wie Felix, der seine Sklaven mit großem Vergnügen dazu anhielt, die Rosen an den Dornen zu umfassen, bis das Gewächs ihnen die Haut zerrissen hatte. Eine leichte Form der Qual, aber doch schmerzhaft. Dido spähte schnell nach draußen. Nein! Keine Rosen! Fortuna sei Dank! "Ähm...aha...ja...sehe ich!", gab sie als Antwort. "Um den Garten kümmern...ähm....ja...hm...klaro...mache ich. Wie lange denn?" Doch nicht etwa für den Rest ihres Lebens. Erschrocken sah Dido zu dem jungen Herrn. Denn womöglich war dann die Peitsche weniger schlimm. In ihrem Geist arbeteite es bereits, wie sie sich elegant um die Arbeit drücken konnte, ohne dass es Lucanus merkte. Aber schon reifte in ihrem Hinterstübchen eine Idee, die noch ein wenig Planung bedurfte und ganz besonders musste der Plan energisch durch geführt werden, er beinhaltete Drohungen, Erpressungen und Schmeicheleien, mitsamt einer Bestechung. Aber womöglich würde Dido dann die Arbeit nur 'überwachen' müssen. Ein diebisches Funkeln trat in ihre Kinderaugen.

    Wirklich Lust zu dem Herrn Lucanus noch mal zu traben, hatte Dido nicht, aber was sein muss, das muss sein. Insbesondere wünschte ihr Herr das so und Dido folgte ihm auf den Schritt überall hin. Schließlich war Serenus ihr Garant für Wohlstand und gutes Leben in der Villa. Zudem war es stets aufregend mit ihm und wurde ihr an keinem Tag langweilig. So tapste sie auch heute wieder hinter ihm und dem Hund her und tat ganz auf unschuldige Leibsklavin, während sie darauf wartete, dass die Tür geöffnet wurde.


    Es dauerte nicht lange, da kehrte der Botenjunge bereits zurück. Mit einem Nicken deutete er an, seinen Auftrag erfolgreich beendet zu haben. Acanthus wandte sich dem Boten des Senators zu. "Die Tabula hat den Herrn Flavius Lucanus erhalten. Vale!" Ein unbedeutendes Nicken war das einzige Zugeständnis an Höflichkeit. Dann schlug Acanthus bereits die Tür zu. Er verscheuchte den Jungen hinter sich und nahm auf seinem Stuhl Platz, auf dem er harrte, bis erneut das laute Signal ertönte, das seine Arbeit erforderte. Das Klopfen.

    Verfroren war Dido dennoch, denn langsam hatte sich die Kälte auch unter der Decke breit gemacht, drang durch die dünnen Sandalen, die sie trug und unter die dünne Tunika. Sie erhob sich und legte die Decke auf den Sockel der Statue, während ihre Kinderaugen das Treiben von Bridhe verfolgte, etwas misstrauisch war sie dabei, aber auch sehr neugierig und mit einer Portion von Faszination, die sie oft bei Opfern und religiösen Dingen verspürte, selbst wenn Dido noch sehr wenig Ahnung hatte, was viele Dinge bedeuteten dabei. Bis jetzt gab es wenige Menschen, die ihr darüber ab und an Auskunft gegeben hatte. Und wenn, dann römische Gottheiten. Von ihrer Mutter hatte sie nur noch wenige Erzählungen mitbekommen und mit den Jahren verschwammen die Worte immer mehr. Dido schlang die Arme um ihre magere Kinderbrust und beobachtete Bridhe weiter. Sie lauschte ihren Worten und verfolgte die Gestik, mit der sie das Opfer dem Feuer übergab. Dido blieb noch länger stehen, dabei von einem Bein auf das Andere tretend und schrecklich frierend, aber sie wollte sehen, was Bridhe noch tat. Es schien Dido, dass Bridhe noch etwas flüsterte. Aber was? Noch ein bisschen gewartet, einmal gegähnt und mit Zähneklappern, beschloss Dido, dass das Opfer wohl vorbei zu sein schien. Schon wollte Dido auf dem Absatz kehrt machen und in das Haus zurück eilen. Doch irgendetwas hielt sie zurück. Dido konnte nicht sagen warum, Dido hätte wohl auch nicht darüber nachgedacht, was sie da tat. Aber sie folgte einfach ihren Händen, die zu ihrem Hals griff und den Knoten eines ledernen Bandes aufknöpfte. Einen hölzernen Anhänger zog Dido unter der Tunika hervor. Grob geschnitzt stellte es einen Tiger da, der mit Farbe bemalt worden war. Dido trat neben Bridhe und ließ lautlos den Anhänger auf ihren Schoß gleiten.


    Schnell drehte sich Dido um, ohne ein Wort zu sagen. Sie hob nur leicht die Hand, um Micipsa und Pallas noch zu grüßen und eilte davon. Nur das kleine Holztier ließ sie zurück. Vielleicht ihre Art Danke zu sagen? Vielleicht auch nur eine Laune? Doch schon verschwand Dido zwischen den Büschen, lief eilig auf den kleinen Nebeneingang zu und versuchte so lautlos wie möglich in das Haus zu schlüpfen und leise wieder in den Schlafsaal der Sklaven zu schleichen. Um verfroren und nun müde, aber satt und etwas verwirrt, wieder im Bett zu verschwinden.

    Nachdem Dido den weiblichen Welpen von allen Seiten betrachtete und höchst zufrieden mit dem Anblick war, sah sie überrascht auf als sie die Erklärung von Serenus hörte. Klang wirklich kurios, diese Hinrichtungsart, aber ganz den Sinn davon verstand Dido nicht. Sie tat es jedoch mit einem Schulterzucken ab, vielleicht kam sie ja noch eines Tages dazu, so etwas zu sehen. Die Löwung von neulich war zumindest schon nicht schlecht gewesen und Dido war voll und ganz auf ihre Kosten gekommen. Die abschreckende Wirkung, die es wohl haben sollte, dass einige der Problemsklaven dem zuschauen mussten, hatte es bei ihr nicht gehabt. Es hatte ihre Blutgier nur weiter geschürt. Womöglich gab es jedoch in der nächsten Amtszeit mal wieder ordentliche Spiele mit vielen toten Gladiatoren und Sklaven. Ein Kribbeln machte sich in Didos Nase breit, sie wischte sich über ihre Nasenspitze um ein Niesen zu verhindern. „Asny...ähm...also, Asny ist fünfzehn...oder so, glaub ich zumindest. Sie wurde auf dem Sklavenmarkt verkauft! Sie spielt die Flöte und wie! Ganz toll. Richtig toll! Und sie kann tanzen. Und sie kennt viele kluge Wörter. Sie kann so sprechen wie...Hannibal und so, sogar noch viel besser als er! Ich glaube, sie kann auch Lesen und Schreiben.“ Dido verstummte und sah verblüfft auf den Hund herunter. Eigentlich wusste sie doch erstaunlich wenig über Asny, außer, dass sie die Sklavin sehr mochte. „Sie ist noch nicht soo lange in der Villa. Er hat sie wohl für Deinen Vater gekauft.“ Dido zuckte mit der Schulter, ganz genau den Grund kannte sie nun auch wieder nicht. Verstand doch einer die Erwachsenen, wenn sie etwas wollten oder taten! „Vielleicht wird sie seine neue Leibsklavin.“ Erneut ein Zucken ihrer Schultern.


    Der Hund derweil legte sich platt auf den Rücken und streckte wohlig alle viere von sich. Die flavische Sklavin begann, ohne den Blick von Serenus abzuwenden, dem Hund den Bauch zu kraulen. Gebannt lauschte sie Serenus. Puh! Er hatte nicht gelacht, noch sie blöde an geguckt. Somit war ihre schlimmste Befürchtung erstmal abgewendet. Doch die Zahlen, mit denen er nur so herum warf, ließen ihre Augen ganz groß werden. 25 000 Sesterces? So viel Geld hatte sie noch nie auf einem Haufen gesehen. Sie hielt sich schon für unsagbar reich, wenn sie mal zwanzig Sesterces auf einmal hatte. Donnerwetter! Und verflixt! Das Mädchen bekam ein ganz langes Gesicht und zog eine Schnute. „Ich mag ihn auch nicht! Den Sklaven auch nicht!“, bekundete Dido prompt solidarisch die Antipathie gegen Aquilius und Rutger. Immerhin würde sie bei ihrem Herrn mit lernen können und vielleicht zeigte ihr Serenus dann später, wenn sein Vater zu Hause war, wie man mit dem Schwert umging. Wahrscheinlich würden sie dann wohl mit Zweigen üben müssen oder mit Holzschwertern, aber das war ja egal. Hauptsache, man konnte ordentlich und gekonnt zuhauen. Da tat auch ein Stock schon in der ersten Zeit ziemlich weh und die anderen Sklaven, oder auch die Straßenkinder, würden schon ihr blaues Wunder erleben.


    Hoffnung auf Gladiatorenausbildung, wenn der Vater zurück kam? Das hob jenen Mann, der auf der Favoritenliste schon längst verbannt wurde, wieder auf den untersten Rang, gleich unter Großmutter Agrippina. Oder sollte er gleich einen Rang höher bugsiert werden? Das hing jedoch davon ab, wie der Stand der Lage bei Serenus war. Dido verengte die Augen und musterte ihren Herrn aufmerksam. „Bist Du denn nicht mehr sauer auf Deinen Vater, Dominus? Davon hingen schließlich, wie es aussah, die Zukunftspläne als große Amazone ab. Denn nur, wenn Serenus huldvoll war, würde sein Vater wohl die Ausbildung bezahlen dürfen. :]

    Der hingebungsvolle Fluch 'Merda' wollte Dido schon von den Lippen rollen, doch im letzten Augenblick schluckte Dido es runter, es bekam ihr nicht gut und sie fing an zu husten. Hannibal sprechen? Bei allen guten Göttern, die überhaupt nur einmal in Richtung der Sklavenschaft blinzelten, Fortuna schien sich wohl nicht zu schade zu sein, auch mal nach den Sklaven zu sehen, warum musste er nur immer wieder mit Hannibal kommen? Gab doch genug andere Sklaven im Haushalt....wie Sciurus? Erschrocken revidierte Dido schnell ihre Meinung. Ja, Hannibal war schon besser. Wenn sie in seiner Gunst sank, war ihr das völlig egal. Aber wenn Sciurus dachte, sie wäre auch nur ein unnützes Ding, dann würde ihre Welt untergehen. Jegliche Hoffnung wäre verloren. Katastrophe, Apokalypse, Götterdämmerung. Darum hielt Dido ganz schnell ihren Rand und nickte nur. Irgendetwas würde ihr gewiss noch einfallen, damit es nicht zu dieser Begegnung kommen würde. Wo sich die Wahrheit über ihre Lüge doch noch enthüllen würde.


    „Jaaa...Rosen schneiden und so! Beete umgraben, Bäume stutzen. Fischteich säubern! Laub fegen!“, half Dido geflissentlich aus. Man konnte ja nie wissen, ob die Herrschaft überhaupt wusste, was man so alles arbeiten musste, wenn man im Garten tätig war. Weltfremd wie die doch oft waren. Konnten sich sogar nicht mal ihre eigene Tunika, geschweige denn Toga anziehen. Sogar beim Körper waschen musste man ihnen helfen.-.^ :] Irgendwie waren Patrizier schon etwas wie groß gewordene Kinder, die nur ein bisschen schlauer als Kinder waren, aber genauso hilflos. Fand Dido zumindest ab und an. 8)


    Verdutzt ließ Dido die nun feuchte Haarsträhne fallen, die sich zu den anderen Strähnen gesellte, welche alle schon ähnliches Schicksal erdulden mussten. Wollte er sie nur noch mehr in Angst und Schrecken versetzen, indem er das mit der Peitsche erstmal überging? Ihre Aufgaben? Öh! Gute Frage. Dido sah sich hilfesuchend in dem Raum um und deutete schnell auf die Kohlepfanne neben der Tür und dann auf einen Halter mit Öllampen. „Manchmal fülle ich das nach...also die Lampen und so...dann helfe mal in der Küche...oder im Stall...oder im Garten....oder....“...tue einfach nichts und treibe mich auf der Straße herum! Nein, so dumm war Dido auch wieder nicht, das zuzugeben. „...wenn mein Herr hier im Haus ist, dann bin ich seine Leibsklavin und begleite ihn überall mit hin. Ich bin nämlich seine wichtigste Sklavin!“ Sich selbst bestätigend wanderte ihr Kopf nach oben und unten, somit nickend.

    Mit eiligen Schritten flog der Laufbursche der flavischen Villa von der Porta zum Zimmer des jungen Herrn. Hoffentlich war er auch da! Schon klopfte der Junge, wartete bis er einen Lebenslaut von innen hörte und trat hinein. Dabei schwenkte er die Tabula in seiner Hand und hielt sie dem Nächstbesten hin, den er im Zimmer fand. „Salve! Da ist ein Bote von Senator Purgitius Macer mit der folgenden Botschaft für Dominus Flavius Lucanus!“



    Anmeldung Staffelrennen der Equirria


    Als gemeinsame Mannschaft fahren und dieser Reihenfolge:
    I. Hermes - Veneta
    II. Halil Torkebal - Russata
    III. Brinno - Russata
    IV. Dareios - Veneta


    Vale
    Sp. Purgitius Macer
    auch im Namen von M' Tiberius Durus

    Mit den Zehen vor sich kreisend blieb Dido inmitten des Zimmers stehen. Aha? Sehr gut, er hatte ihre Antwort geschluckt und bis jetzt war Straton noch nicht zurück gekehrt. Ein kleiner Hoffnungsschimmer war also da und Dido griff mit beiden Händen nach diesem Halm des Optimismus. Erst jetzt fiel ihr noch ein, was Asny ihr geraten hatte. Lieber etwas dicker auftragen, dann wirkte es noch besser, beschloss Dido und sprudelte bereits hervor. „Also, der Hannibal hat auch gemeint, ich muss mich meinen Angelegenheiten wie ein richtiger flavischer Sklave stellen, darum ist er auch nicht hier!“ Vielleicht doch zu dick aufgetragen? Dido merkte in ihrer Nervosität nicht, dass sie anfing eine Haarsträhne zu nehmen und einen Moment darauf nervös herum zu kauen.


    Strafe? Sie? Darüber nachgedacht? Oh je. Dido hatte keine Minute damit verschwendet über eine mögliche Strafe nachzudenken. Außer die, die sie nicht haben wollte. Die Peitsche nämlich. Außerdem...was hieß überhaupt adäkwaat? Kannte sie nicht das Wort und so sah sie den Herrn Lucanus nicht nur verdutzt, sondern auch ratlos an, gemischt mit der Prise von Angst, die sie schon seitdem sie die Tür erblickt hatte, verspürte. „Ähm...öhm...Strafe?“, piepste sie leise. „Ich...?“


    Dido, denk nach, schoss es ihr durch den Kopf. Sie kaute noch etwas länger auf dem Haar herum. Dann richtete sie sich auf. „Ich könnte...ähm...im Garten mithelfen....und Deinem Sklaven richtige Manieren beibringen.“ Upsala, hatte sie das gerade gesagt? Dido blinzelte erschrocken. „Ähm...ich meine damit, ich könnte....öhm...ja...“ Jetzt war Dido doch um eine Ausrede verlegen. „Die Peitsche?“, krächzte Dido. Ihre Schultern sackten herunter. Sie würde wohl nicht drum herum kommen. Ihre Mundwinkel fielen genauso senkrecht herunter, wie ihre Schultern.

    Öha! Da hatte Dido wohl in ein Tarantelnest gestochen. Wie die Hornissen kam es aus Bridhes Mund geschossen. Dido starrte sie verblüfft an. Römische Sklavin, Sklavin eines Römers? Ja, wo war denn da der Unterschied? Dido raffte es nicht und musste schnell einen Happen Fleisch der Irritation wegen essen. Sie verschlang es gierig und starrte Bridhe neugierig dabei an. Kind, welches Kind? Dido sah sich suchend um, entdeckte natürlich keines. Deswegen dachte Dido scharf nach, welches von den Kindern in der Villa denn zu Bridhe passen könnte. Es fiel Dido nicht ein, aber sie gab sich auch nicht mit allen Kindern ab. Besonders die ganz Kleinen waren ihr sehr suspekt. Brabbelten, krabbelten und spuckten nur so um sich, waren dabei hilflos und versauten sich selber mit Essen und Ekligerem. Ne, Dido mochte keine kleinen Kinder. Verdutzt starrte Dido hinter Bridhe her und war fast versucht Pallas oder Micipsa zu fragen, was die denn hatte. Doch Dido zuckte mit der Schulter und legte das Verhalten in die Schublade 'Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Erwachsener' ab und damit war die Sache für Dido gegessen.


    Verwirrt verfolgte Dido auch das muntere Treiben am Feuer, mal ging der Eine, dann wurde gewispert, Dido verstand nichts davon, obwohl sie sich bemühte, dann ging der Andere, Dido starrte ihm hinter her, doch sie konnte nicht erkennen, was Micipsa so trieb. Und schon tauchte er wieder am Feuer auf, erneut wurde gewispert. Also, das roch wieder nach Verschwörung. Die brütende Stimmung von Bridhe danach jedoch nicht. Verwirrt und verwundert war Dido jetzt durch und durch. Sie suchte jedoch, sich keine Blöße zu geben. Außerdem war das Essen schon radikal reduziert. Vielleicht war es langsam an der Zeit, einen Rückzieher zu machen, damit sie am nächsten Morgen gleich alles Sciurus berichten konnte. Dido biß sich auf die Lippe und dachte angestrengt nach. „Öhm...ich gehe dann mal...oder so!“, murmelte sie und zog die Decke von ihrer Schulter.