Bridhe ergriff die Hand ihres Sohnes und zog ihn mit sich, um dem jungen Sklaven zu folgen. Die Gänge der Villa waren ihr immer noch vertraut, selbst nach so langer Zeit. Ein Anflug von Wehmut ergriff sie kurzfristig. Doch schon hatte der Sklavenjunge die Tür zu Gracchus Officium erreicht. Bridhe sammelte ihre Gedanken. Diese Begegnung war für ihre Zukunft und die ihres Sohnes enorm wichtig. Dem Jungen hatte sie in seine beste Tunika die er besaß gekleidet. Sie selbst war in eine bläuliche Tunika gehüllt, die ihre besten Tage vor einigen Jahren gesehen hatte, damals als sie noch Sklavin war. Es zeugte von der guten Qualität des Stoffes, der nach all den Jahren, zwar leicht ausgewaschen wirkte, doch noch immer passabel war.
Als sie das Officium betrat und Flavius Gracchus erblickte, drohte ihr Mut zu sinken. Die alte Unsicherheit, die sie immer ergriffen hatte, wenn sie sich in Gegenwart eines der Herrn befand. Ob man sich ihrer überhaupt noch erinnerte. Die letzte Begegnung vor Jahren anläßlich der Saturnalien war wahrscheinlich längst aus der Erinnerung des Flaviers verschwunden.
Fast zeitgleich erschien auch Flavius Piso. Nur dunkel erinnerte sich Bridhe seiner. Sie hatte mit ihm nie ein Wort gewechselt und konnte ihn deshalb gar nicht einschätzen.
"Salvete!", grüßte sie sowohl Gracchus wie auch Piso und neigte dabei leicht den Kopf. Ihren Sohn schob sie vor sich, wie einen Schutzschild. Diarmuids Augen waren wachsam und darauf bedacht, jedes noch so unwichtige Detail einzufangen. Neugierig beäugte er den Römer vor sich und wandte sich schließlich der Stimme des eintretenden Piso zu.
"Ich bin die Freigelassene des Flavius Aquilius, Flaviana Brigantica und dies ist mein Sohn, den ich nach seinem Vater genannt habe, Caius Flavianus Aquilius." Dabei strich sie dem Jungen leicht übers Haar. "Mein Sohn wurde frei geboren, Herr.", entgegnete sie, zu Piso gewandt.