Beiträge von Tilla Romania
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Zuerst kam die gute Nachricht. Heute Nacht hat die Herrin Antonia ihren Sohn Titus Gracchus zur Welt gebracht. Darauf folgte die schlechte Nachricht. So wird es einem jeden von euch ergehen, der achtlos eines der flavischen Kinder in Gefahr bringt. Wer es dagegen mit Absicht tut, der wird sich wünschen, dieses Stadium bereits erreicht zu haben. Tilla wünschte sich, ihr Magen würde sich umdrehen und sie wünschte sich, dass sie sich übergeben müsste, aber nichts davon geschah. Hatte sie schon so viel von früher vergessen? Oder schaffte sie es irgendwie diese Grausamkeiten nicht mehr an sich ranzulassen? Heilte die Liebe ihre Ängste?? Auf einmal spürte sie eine allzugut vertraute Nähe und griff unbewusst nach der Hand ihres allerbesten Freundes und Geliebten. Sie brauchte nicht irgendeinen, sondern genau seinen Halt.
Luca fragte wieder und Sciurus antwortete. Auf dem Rücken raste eine Gänsehautschauer nach dem anderen rauf und runter. Meine Güte, es war die Amme und eine ihr unbekannte Frau gewesen, die einen Fehler gemacht hatte. Tilla fuhr sich mit der Hand über die Augen und schluckte hart. Luca fragte wieder und Sciurus antwortete erneut. Kein Mensch hat ihr die Kehle durchtrennt. Ich habe es getan. Wenn du lange genug überlebst, wirst du vielleicht herausfinden, dass das weite Feld der Sanktionierung eine Kunst für sich ist, die Präzision und Erfahrung voraussetzt. Am liebsten hätte sie sich die Ohren zugehalten und ohnmächtig zu Boden gesunken, aber nichts von dem tat sie. Die stumme Sklavin hielt sich weiter, nun etwas kräftiger drückend, an Hektors Hand fest und versuchte standhaft zu bleiben. Nein, sie war nicht in der Vergangenheit, sie war im Hier und Jetzt. Hier unter dem Dach der riesigen Villa gab es einen Grausamkeiten-kundigen Sklaven, vor welchem sie zukünftig Angst haben sollte und musste. Oh, sie würde Priscas künftige Kinder niemals fallen lassen, schwor sie sich und griff nach der Kette um ihren Hals, wo die Figur eines springenden Delphines hing. Tilla suchte für ein paar Momente Hektors Blick, um wieder nach vorne zu sehen. Sie würde Luca eine Hand auf die Schulter legen und ihm einen Blick zu sagen, dass er besser die Klappe halten sollte. Doch sie konnte nicht, sie wollte nicht. Alles in ihr sträubte sich dagegen, irgendwie Aufsehen oder Aufmerksamkeit des vorne neben dem Karren stehenden Sklaven zu erregen.
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Es war ihrem Empfinden nach schon spät, aber noch nicht so spät, dass es sich lohnte ins Bett zu gehen. da setzte sich Tilla lieber noch ein Weilchen in die neuentdeckte gemütlich ausgestattete Nische und liess ihre Gedanken schweifen. Wo ist denn deine Kammer? Ich weiss immer noch nicht wo alle Herrschaften schlafen. Hast du eine eigene Kammer bekommen? Ich auch.. meine Kammer grenzt direkt am Zimmer von Prisca. Tja.. ich kenne deinen Herrn noch nicht wirklich. Wir sind uns erst einmal begegnet. Er ist über mich hin weg gestolpert, weil ich meine Schuhe binden musste und weil er zu schnell um die Ecke gelaufen kam, ehe ich ihm ausweichen konnte. Es endete in einem Gespräch zwischen deinem Herr und meiner Herrin. Ärger habe ich zum Glück nicht bekommen, weil ich mich entschuldigt habe und anbot, seine Tunika zu reinigen. erzählte Tilla weiterhin deutlich und langsam flüsternd. Dennoch verhunzte sie so manches Wort, weil sie keine Zunge mehr hatte. Doch wenn man genau zuhörte und den Satzinhalt kombinierte, der würde verstehen. Du kennst zwei weitere Menschen, die ich nur vom Sehen her kenne. Mit mir zusammen arbeiten noch eine weitere Leibsklavin namens Saba und diverse Leibwächter für die Herrin. Sie grinste verständnisvoll, als er über sein Eßverhalten lachte, da sie es recht gut nachvollziehen konnte. Als sie vor Jahren von der Straße weg an die Aurelier verkauft wurde, hatte sie ebenfalls bei allem Nahrhaften zugelangt wo sie konnte. Inzwischen achtete sie auf ihre Figur und versuchte so mancher Heißhungerattacke standhaft zu bleiben. Sie wollte für Hektor attraktiv sein und bleiben. Tilla nahm sich die Zeit zu antworten und rückte schließlich mit der Sprache raus. Ich bin satt und zufrieden. Seit ich bei den Aureliern bin, kenne ich einen Leibwächter, mit dem ich schon einige Abenteuer über- und bestanden habe. Er heißt Hektor. Wir verstehen uns sehr sehr gut. Sie machte eine Pause und trank vom ihrem Wein ein paar Schlucke. Es war allein ihre Entscheidung, ob sie ihm, dem neuen Sklaven, von ihrer Liebe erzählen wollte. Wir sind beide Sklaven von Prisca und wir geben unser Bestes. Jede freie Minute, die uns übrig bleibt, versuchen wir zusammen zu verbringen. Neulich durften wir zusammen einen Auftrag erledigen und es war sehr schön, dies zusammen zu tun.
Sim-Off: Luca, jetzt darfst du wieder...
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Pünktlich zur achten Stunde fand sich auch Tilla ein und folgte nichtsahnend den anderen einberufenen Sklaven. Sie hoffte, dass Freund Hektor Zeit gefunden hatte und asbald zu ihr stoßen würde. Bis auf Luca und einige ehemalige aurelische Sklaven, die mit in die Villa Flavia umgezogen waren, kannte sie keinen der flavischen Sklaven näher. Der Hof vor den Ställen war ihr nicht bekannt. Sie hatte keine Gelegenheit sich mit der neuen Umgebung vertraut zu machen, denn ein Karren wurde hervorgezogen und zum Stehen gebracht.
Mit prüfendem Blick musterte sie die auf dem Karren liegende ihr ebenfalls unbekannte Person. Ihr wurde heiss und kalt zugleich. Das konnte dich nicht wahr sein! Nein, absolut nicht! Cimons Haut war uim Nuancen heller. Sie würde es wissen, wenn der Sklave von Aurelii Ursus zu Besuch kam, auch wenn sie nie miteinander gesprochen oder zu tun hatten. Nervös auf den Lippen kauend, musterte sie Sciurus und fuhr leicht zusammen, als Luca Fragen zu stellen begann. Ihr Herz begann etwas schneller zu klopfen und ein ungutes, von klein auf altbekanntes, Gefühl breitete sich in ihr aus. In was für eine Versammlung war sie denn jetzt hineingeraten? Hoffentlich wurde sie bald aufgeklärt was das alles zu bedeuten hatte und sollte. Tilla war froh, dass sie nicht ganz vorne stand und sich am linken Rand der versammelten Gruppe Sklaven befand. Bestimmt war sie schon ganz blaß um die Nase..
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Mich kümmert es.. erwiderte Tilla auf die ersten Worte des Tages von ihrer Herrin und kümmerte sich eigenhändig darum, dass die Spangen entfernt und die Knoten im Haar ausgekämmt wurden. Mit verwundertem Blick beobachtete sie wie Priscas Blick wieder abschweifte. Als sie fertig war, folgte sie dem Blick und sah an die Decke. Das herrliche Himmelsbild hatte sie schon immer begeistert, nur hatte sie nie die Zeit gehabt, es in aller Ruhe zu betrachten. Nun, sollte sich die Herrin dem Bild widmen. Es würden ganz bestimmt ruhige Minuten kommen, in denen Tilla in Muße nach oben schauen konnte. Fertig. flüsterte sie und legte die Spangen samt der Bürste auf den Ablagetisch neben dem Bett.
Als sie hörte, dass die Tür sich öffnete, sah sie sich um und strahlte Mutter Esther an. Sie hatte die ältere Frau schon vermisst und sich gefragt, wo sie bloß abgeblieben war. Mutter Esther sprach sie wieder mit ihrem ursprünglichen Geburtsnamen an. Hatte sie Prisca davon erzählt? Ja, ich komme zurecht, warte... ich mache Platz. Eilig trug sie die Spangen und Bürsten zum Frisiertisch zurück. Danke, dass du uns leckeres zum Verzehr gebracht hast. Ich möchte Prisca nicht unnötig alleine lassen. Mit einem stummen Lächeln bedankte sie sich für die Liebkosung. Ich habe Fragen... Tilla nickte Esther zu, sich kurz zu ihr zwischen Tür und Angel ihrer Kammer zu gesellen. Rasch kramte sie die Fragen zusammen, die sie sich zur Pflege Priscas stellte. Nimm meine Münzen mit. Der Beutel ist unter meinem Bett. Was soll ich machen, wenn die Herrin so abwesend wie jetzt drein schaut? Gleitet sie in eine Zwischenwelt? Und was mache ich wenn sie äh.. austreten muss? Sollte ich mich besonders um etwas kümmern? Tja, sie betreute nun zum ersten Mal eine bettlägerige Herrin und machte sich dazu Gedanken, aus welchen sich dann Fragen entwickelten. Hast du Saba gesehen und kurz gesprochen? Sie ist Ornatrix und Priscas Leibsklavin. Kommt sie nachher nochmal vorbei? Ich fände es toll, wenn du nach dem Einkaufen noch ein bisschen hier bleibst, Mama.
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Sie vergaß nicht zu lauschen, da sie es sich von klein auf zur Gewohnheit gemacht hatte. Sie dachte sehnsüchtig an ihren Freund und blickte Luca mit versonnenem Blick an. Ich hatte heute verdammt viel zu tun und habe es mir hier gemütlich gemacht. erwiderte sie und winkte ab. Nein, du störst nicht. Ich bin fertig mit dem Abendessen und denke über verschiedene Dinge nach. Möchtest du dich setzen? Tilla zog ihre Beine an die Brust und gab die Kissen frei, die sie eben noch mit den Füßen belegt hatte. Und was machst du in der Ecke dieser Villa? Braucht dich Flaccus nicht mehr? Ich bin für heute entlassen und halte mich trotzdem in der Nähe auf. Die Nische ist nicht weit vom und in Rufweite zum herrschaftlichen Zimmer meiner Herrin Prisca. Hast du sie schon mal gesehen oder mit ihr zu tun gehabt? Sie bemühte sich langsam und deutlich zu flüstern, damit sie von dem Mitsklaven verstanden wurde. Eine Tafel mit Griffel hatte sie ohnehin immer dabei und zog sie hervor, um das Hilfsmittel auf die gemauerte Fensterbank zu legen. Wen kennst du hier noch? Oder hast du neulich kennengelernt? Sie nahm ihren Becher in die Hand und trank ein paar Schlucke. Ich habe gehört, du bekommst mehr zu Essen, weil du so groß gewachsen bist. Das finde ich gut, bist du satt und zufrieden? Wenn du Fragen hast, frage mich bitte. Ich bin ja etwas länger als du hier. Sie hatte so viel zu tun, dass sie sich dem üblichen Klatsch und Tratsch nicht auch noch widmen konnte.
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Frecher Vogel du... undankbares Viech! schimpfte Tilla dem Rotfink hinterher und ging in ihre Kammer, um den Wasserkrug samt einem Tuch zu holen. Mit Hilfe des Tuches und des Wassers säuberte sie den Mosaikboden von den Hinterlassenschaften des Zweibeiners. Damit recht bald fertig schloß sie das Fenster und entsorgte das gebrauchte Tuch. Weder Mutter Esther noch Saba liessen sich blicken. Dafür entdeckte sie, dass Prisca die Augen geöffnet hatte. Sofort setzte sie sich aufs herrliche Bett und tastete nach ihrer schlanken Hand, um über den Handrücken zu streicheln. Guten Morgen... Herrin. Du hast tief und fest geschlafen. Ich bin froh, dass du wieder wach bist. hast du den Rotfink gehört? Schön blöd, dass sie alleine war und bis auf das Wasser im Krug nichts anderes mehr zu Trinken vorhanden war. Hast du Durst? Etwas Wasser? Die stumme Sklavin griff nach der Schale, welche sie gestern benutzt hatte und füllte diese mit Wasser. Wie gestern setzte sie sich nahe an Prisca ran, schob ihren Arm stützend unter Schulterblätter und Nacken und setzte die Schale an Priscas Lippen. Ein paar Schlucke trinken... flüsterte sie mit aufmunterndem Blick und überlegte, was sie als nächstes für die Herrin tun konnte. Oh, da sind noch ein paar Spangen im Haar.. ich mache sie raus. Das muss ja gepiekst haben. Tut mri leid, dass ich sie nicht gesehen habe. Tilla legte die Schale beiseite und liess Priscas Kopf sachte zurück aufs Kissen gleiten. Wie gesagt, begann sie sofort damit die Spangen aus dem Haar zu entfernen. Da mehrere Strähnen ziemlich verknotet aussahen, holte Tilla eine Bürste vom Frisiertisch und bürstete die Knoten mit sanften und doch energischen Bürstenstrichen raus. Sie lächelte Prisca an, wenn sich ihre Blicke trafen, doch das Lächeln erreichte nicht ihre Augen. Ich habe gestern auch geweint... gestand sie leise.
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Tilla wachte später als gewöhnlich auf und blickte sich verschlafen in ihrer Kammer um, bis ihr Blick auf den schönen Gardinen ruhte. Was war passiert? Sie hatte mit Esther von Hektor gesprochen und war irgendwann eingeschlafen. Da war noch etwas gewesen? Und zwar bevor.. jesses! Jetzt wusste sie wieder was geschehen war. Ihre Herrin hatte ihr Kind verloren, eine Fehlgeburt erlitten! Der nächste Gedanke: Wo war ihre Mutter? Tilla schwang die Beine über die Bettkante und setzte sich auf. Sie eilte hinter die Türe, wo sich die Waschschüssel befand. Tilla steckte den Kopf kopfüber ins kalte Nass und machte somit auch ihre Haare nass. Ahhhbrrr, das machte wach! Mit einem Tuch rubbelte sie die Kurzhaarfrisur halbwegs trocken und entschied sich für eine tannengrüne Tunika mit eingestickten hellgrünen Borten und brauner Fibel in Form eines springenden Delphins. Die braunen Ledersandalen waren schnell angezogen. So fein zurecht gemacht, aber knurrenden Magens, drückte sie die Tür zum herrschaftlichen Zimmer auf und lugte hinein. Die Herrin lag friedlich im Bett. Die wärmende Decke jedoch war auf den Boden gerutscht. Mit leisen Schritten ging Tilla hinüber und legte Prisca die Decke wieder über.
Liebevoll strich sie die dunklen Strähnen aus dem blassen Gesicht ihrer Herrin. Tilla ist bei dir. Du bist nicht alleine. flüsterte sie leise. Schliesslich tunkte die stumme Sklavin ein Zipfel eines Taschentuches in den immer bereitstehenden Wasser-Zitronensaft-Krug und befeuchtete damit Priscas Lippen. Nachdem das getan war, erlaubte sich Tilla einen vollen Becher Wasser mit Zitronensaft zu trinken. Das Getränk stillte das Magenknurren fürs erste. Nun war der Krug leer. Sie nahm ihn und beschloß in die Küche zu gehen, um ihn aufzufüllen, als sich unerwartet ein Rotfink auf die Fensterbank setzte und ein Liedchen trällerte. Schmunzelnd lauschte Tilla auf Priscas Bett still verharrend der Darbietung des gefiederten Tieres. Na, zwitscherst du uns ein Ständchen? neckte sie den kecken Vogel mit einem dankbaren Augenzwinkern. Damit wir nicht mehr traurig sind? Hm.. das ist total nett von dir. Komm doch jeden Morgen vorbei, du kriegst von mir auch Rosinen. Versprochen. Sie warf ihm oder ihr Rosinen hin. Da hast du welche. Der Rotfink beäugte sie kritisch und flatterte nach unendlichem Zögern hinein, um alles aufzupicken. Tilla lächelte und sah prüfend zu Prisca, ob sie wach war? Und wo war Mutter Esther?
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Ein Opfer für uns zwei? Ach Mama, dass muss nicht sein. tat Tilla mit einem leichten Kopfschütteln ab und wusste, dass sie ihre Mutter sicherlich nicht vom Opfer abhalten konnte und würde. Mit geradem Rücken saß sie auf dem Bett und hörte Esther über das 'Mutter sein' sprechen. Vielleicht kommt dieses Gefühl von dem du sprichst...
Esther wollte bei ihr bleiben.Tilla begann wieder zu strahlen und war begeistert über die Idee. Warte noch. Ich mache es uns bequem. Tilla holte ein grünes Kissen aus der einzigen Truhe, die sie besaß und gab es Esther. Für deinen Rücken. Zudem stellte sie den Wasserkrug neben dem Bett auf den kleinen Nachttisch ab. Sie war wegen dem Flüstern ganz schön durstig geworden und bot dennoch ihrer Mutter ohne Worte zu verlieren das Wasser zuerst zu Trinken an. Mit rascher Bewegung zog sie außerdem die lila-beige-grünen Gardinen vor dem Fenster zu. Die Stoffe sind aus Priscas altem Zimmer in der Villa Aurelia. Sie sind zu lang und liegen auf dem Boden auf, aber ich komme nicht zum Nähen. merkte Tilla mit stolzem Gesichtsausdruck an.
Erst nachdem sie die zwei Öllampen an der Wand über der Truhe, von wo sie die kleine Kammer erhellten, auf deren Befestigung kontrolliert hatte, was ein kleiner Tick von ihr war, legte sie sich endlich zu Mutter Esther ins Bett. Wie sehr sie von den vergangenen Stunden und wechselnden Emotionen kaputt war, das merkte sie jetzt erst und kuschelte sich nahe an ihre Mutter. Hektor ist wirklich toll. Meine Güte, du hast ihn seit der Reise nicht mehr gesehen. Ägypten ist schon ewig lange her. Vielleicht kommt er morgen her und schaut nach dem Rechten, wenn er gehört hat was unserer Herrin passiert ist. Er ist als Stallbursche nicht glücklich. Ich merke, er will wieder rundum für Schutz von Leib und Haus verantwortlich sein. dachte Tilla laut flüsternd nach und bemerkte, wie ihr junges Herz schneller klopfte, wenn sie an ihn dachte. Sie unterhielten sich, bis Tilla in Esthers Armen einschlief.
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*Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir.
Endlich war alles erledigt. Ziemlich erschöpft von den Anstrengungen des Tages verliess Tilla mit leisen Schritten das Gemach ihrer Herrin. Sie hatte kürzlich, nicht weit vom und in Rufweite zum herrschaftlichen Zimmer, eine Nische mit Fenster und Blick zum Garten gefunden. Diese Nische war bisher von einem schweren Vorhang verdeckt worden. Nur zufällig hatte sie diese entdeckt, da sie gesehen hatte, wie eine starke Gewitterboe den vermeintlich unbeweglichen Vorhang bewegt hatte. Da die Herrin immer ein paar Kissen zuviel besaß, zuweilen nie gebrauchte noch nach ihnen verlangte, legte Tilla die Kissen auf die gemauerten Steine und bestimmte diesen Ort nebst ihrer Kammer zum zweiten Rückszugsort in dieser Villa.
Ihrem Hektor hatte sie diesen Ort gezeigt und hoffte, dass er sie nach seinem Dienstende besuchen kommen würde. Oder der neue Sklave Luca kam auf ein Flüster- und Lese-Gespräch vorbei. Sie zog sich ausgestattet mit Käsebroten, Weintrauben und Rosinen und einer Kanne süßen Fruchtsaft zurück. Den ganzen Tag war sie bis auf ein paar Schlucke Wassser und einer Kante Butterbrot nicht dazu gekommen sich selber zu versorgen. Entsprechend hungrig und durstig war sie nun. Eine goldene Öllampe beleuchtete sie beim Verzehren des selbst zusammengestellten abendlichen Imbisses. Der Vorhang war teilweise zur Seite gezogen, gab das Licht der Öllampe frei. Von der schmausenden stummen Sklavin konnte man lediglich die hochgelegten barfüßigen Füße sehen. Die Schuhe lagen auf dem Boden. Tilla blickte in den immer dunkler werdenden Garten hinaus. Die Sonne war bereits untergegangen, die Schatten wurden immer länger. Priscas Leibsklavin schob den leeren Teller weg und stellte fest, dass sie Sehnsucht nach Hektors starken Armen hatte. Wie gern würde sie jetzt in diesen Armen liegen und dem Herzschlag ihres Geliebten lauschen.
Sim-Off: Wer möchte sich zu Tilla setzen?
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Da war es wieder und die stumme Sklavin konnte gerade so noch ein Kopfschütteln unterdrücken. Der Wille der Familien und die politischen Verpflichtungen unseres Standes stehen natürlich über allem. Tilla konnte kaum glauben was sie hörte, da sie bisher den Eindurck gehabt hatte, dass zwischen ihrer Herrin und ihrem Mann diesselbe Liebe herrschte wie zwischen ihr und Hektor. In diesem Punkt gab es keine höher- und kein niedrigstehende Menschen. Dass aber Prisca wegen ihrer Familie und deren Poltik geheiratet hatte, konnte sie gar nicht glauben. Es war doch die Liebe, die die beiden Erwachsenen zusammengeführt hatte!
Ihre Gedanken gut verbergend schenkte sie die übliche Mischung Wein in Priscas Becher ein und trat zurück in den Hintergrund. Dass Flaccus von einer Frau träumte, der sie gar nicht entsprach, darüber trauerte Tilla immer noch nach. Adelig war sie leider auch nicht. Tja.. was wäre wenn sie frei wäre, dann könnte sie denjenigen heiraten, dem sie ihr Herz geschenkt hatte. Tilla würde Hektor heiraten. Aber nicht als Stallbursche sondern als Leibwächter ihrer Herrin. Ihre Wangen röteten sich... und sie bemerkte, dass sie gedanklich abdriftete. Dabei sollte sie besser aufmerksam sein. Was? Eine Aphrodite? Hier? Worüber unterhielten die sich gerade? Flaccus zählte gerade auf, was gegen eine Göttin im Hause sprach. Erleichtert atmete Tilla auf. Puh, das wäre ja was gewesen. Ihr reichte es schon, dass das Schicksal mitspielte, wann immer es wollte. Spontan schickte sie Flaccus einen aufmunternden Blick. Seine Traumfrau würde sicherlich auftauchen... wenn er 'sie' nicht erwartete. Vielleicht kannte er seine Zukünftige schon beim Namen? Hatte vielleicht öfters mit ihr gesprochen? Tausendmal berührt, tausendmal ist nix passiert. TausendundeineNacht und es hat ZOOM gemacht!!
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~ Tilla´s Kammer ~
Mutter Esther setzte sich zu ihr aufs Bett. Sofort lehnte sich Tilla an sie an und genoß die Berührung an die Stelle zwischen den Schultern, wo ihr Muttermal war. Mit gespitzten Ohren vernahm sie ihre Worte und liess sie sich durch den Kopf gehen. Es war nicht schön, dass Esther mitweinte, aber wenn es der Älteren gut tat Tränen zu verlieren, dann musste es so sein. Sie hatte es ja gerade selbst gesagt. Tränen vermögen unseren Körper und unsere Seele zu reinigen, indem sie all das fort spülen was tief in uns nagt und uns traurig macht, damit wir irgendwann wieder fröhlich sein können. Manchmal dauert es sehr lange und manchmal geht es ganz schnell. Wir können es nicht beeinflussen und doch können wir darauf vertrauen, dass deine Herrin und ihr Mann irgendwann wieder fröhlich sein werden. Tilla hob den Kopf und sah ihre Mutter traurig und hoffungsvoll lächelnd an. Ja, irgendwann wird sie wieder lächeln und fröhlich sein können. Ich hoffe fest darauf, dass das was du gesagt hast wahr wird. Ich werde mein Bestes geben, um sie wieder auf die Beine zu bringen. versprach sie als letztes ihrer Mutter. Deren Liebkosungen vermisste Tilla schmerzlichst, denn sie hatten sich in letzter Zeit nicht sehr oft sehen können.
Als die stumme Sklavin Esthers Fragen hörte, versiegte ihr Tränenstrom und machten einem glücklichen Strahlen in den schwarzen Augen Platz. Es gab so viel zu erzählen. Tilla drängte die Erschöpfung und Müdigkeit weg. Hektor geht es gut. Ich will Prisca seit langem dazu bringen, ihn wieder als Leibwächter ins Haus zu holen. Die Gelegenheiten mit ihr ganz privat darüber zu sprechen sind recht rar gesät. Wir waren zu den Gladiatorenkämpfen in der Arena. Ich musste wegschauen und habe mit aufgepasst, dass uns keiner zu nahe kommt. Prisca hat mit einer Freundin gewettet und mir ihren Gewinn geschenkt. Einfach so 500 Sesterzen verschenkt! Du kannst den Münzsack für deinen Kräuterladen haben oder für Äpfelchen verwenden. Er befindet sich unter meinem Bett am Fußende. Ohja, der Ausflug nach Mantua! Es war wundervoll mit Hektor unterwegs zu sein. Ich habe ihm irgendwann einmal verraten, dass ich mir wünsche, einen schönes Tages mit ihm und auf Priscas Pferden Pegasus und Luna quer durch ein herrlich duftendes Feld zu reiten. Dieser Traum ist durch Priscas Auftrag unterwegs wahr geworden. Wir haben einen ganzen Tag und eine Nacht am Lavendelfeld unter dem einzigen Baum weit und breit verbracht. Hektor las mir jeden Wunsch von meinen Augen ab. Die Pferde grasten in der Nähe. Diese Stunden waren wunderschön und wir konnten vergessen, wer wir sind, woher wir kommen und wohin wir gehen.
Tilla holte tief Luft und nahm Esthers Hände in die ihren. Nur wir beide waren dort unterm Baum. Wir haben uns zum ersten Mal geliebt, Mama. Es hat ganz kurz nur wehgetan. Er ist so zärtlich und liebevoll zu mir, so herrlich besorgt um mein Wohlergehen. Hektor liebte und liebt mich! verriet Tilla die intimen Details ihrer Mutter. Seit drei Tagen wartete Tilla auf ihre monatliche Blutung und war guter Hoffnung, dass diese schon noch kommen würde. Bloß nicht daran denken was geschah, wenn sie vor den Augen ihrer Herrin schwanger wurde. Nein, sie wollte noch kein Kind. Sie fühlte sich nicht reif genug Mutter zu sein. Aber Mama, ich kann jetzt nicht schwanger werden. Ich wäre keine gute Mutter für mein Baby. Ich muss mich zuerst um Priscas Glück kümmern...
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Hektros Füße waren stark und kräftig... genauso wie seine Arme. Sie gab sich Mühe seine Füße, so gut wie ihr es eben möglich war, zu massieren. Tilla hörte mit dem Massieren auf, als sie das Gefühl bekam, dass ihr Liebster sich womöglich zu sehr entspannen würde. Das hiesige Zimmer war vollkommen fremd und lud mit seiner spartanischen Ausstattung überhaupt nicht dazu ein es sich bequem zu machen. Deshalb begann sie als nächstes 'nur' über seinen Fußrücken und seine Fußknöchel zu streicheln. Stimmt, du hat recht, der dunkle Mann müsste eigentlich auch hier sein. Vielleicht holt Cimon uns nachher ab und bringt uns zum Herrn? Sprichst du nachher mit ihm und ich höre nur zu? Ich weiss nicht, was der dunkle Mann von stummen Sklaven hält. Er kommt aus einem anderen Land. Hm, vielleicht hat Ursus ihm bereits von mir erzählt, dass ich nicht sprechen kann?
Sie schüttelte den Kopf wegen dem für sie immer noch unbehaglichen Gedanken, dass die flavischen Sklaven ungemein gehorsam waren. Hektor schaffte es, sie abzulenken und daran zu errinnern, dass sie nur für ihre gemeinsame Herrin zuständig waren. Stimmt, du hast recht. Zusammen mit Saba kümmere ich mich um Prisca, wir wechseln uns gegenseitig ab und das klappt ganz gut. Prisca hat sich noch nie über uns beklagt oder beschwert. Darauf bin ich stolz. Ich mache mir manchmal einfach zu viele Gedanken und Sorgen über andere Menschen. Hast du inzwischen bemerkt, dass die Villa Flavia im Gegensatz zur Villa Aurelia riesengroß ist und unzählige Räume hat? Ich sehe hin und wieder Quintus Flavius Flaccus durch die Villa eilen. Von Manius Flavius Gracchus, seiner Frau Antonia und deren erstgeborenen Sohn bekomme ich so gut wie gar nichts mit. Du etwa? Die Stunde, die sie warten mussten, war bestimmt schon um. So langsam wollte Tilla den Auftrag hinter sich bringen und Zeit mit Hektor alleine verbringen.
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Ziemlich kaputt und glücklich lag sie neben ihm. Tilla schmiegte sich an ihren Liebsten und lauschte seinem Atem. Sie hatte mit heftigen Atemzügen zu kämpfen und bemühte sich diese in ruhigere Bahnen zu lenken. Hektor flüsterte schmeichelnde Worte. Ihre Wangen röteten sich vor Verlegenheit. Sie, eine Aphrodite? Die stumme Sklavin streichelte seinen Bart und erhob sich ein kleines bißchen, um abermals seine weichen Lippen zu küssen. Es.. war.. wunderschön... Liebster! flüsterte sie leise und meinte es auch so. Sie bettete sich in seine starken Arme, dieses ruhige Zusammenliegen genießend und blickte durch die Äste des Baumes in den blauen Himmel hinauf. In der Nähe hörte sie die Pferde schnauben und grasen. Natürliche Geräusche, die sie ausgeblendet hatte. Einzig die wundervolle Natur um sie herum sowie Pegasus und Luna waren Zeugen ihres allerersten Geschlechtsverkehrs in ihrem Leben gewesen.
Still blieb sie neben Hektor liegen und döste mit ihm gemeinsam vor sich hin. Erst viel später regte sie sich, um vom Stillliegen fröstelnd ihre Tunika wieder anzuziehen, nach den Pferden zu schauen sowie die Matten und Schlafdecken mitzubringen. Wenn sie sich recht errinnerte, hatten sie ohnehin vor erst am nächsten Tag in Mantua einzutreffen. Also konnten sie die Nacht hier an diesem Lavendelfeld verbringen. Sie hatten alles was sie brauchten, sie hatten sich zum ersten Mal geliebt. Liebevoll stupste sie Hektors Ellenbogen an und zeigte ihm die mitgebrachten Sachen. "Komm, lass uns hier bleiben und es uns noch bequemer machen. Morgen früh reiten wir weiter. Diese Nacht gehört uns... allein." Was war das denn? Sie bekam schon wieder große Lust darauf Hektors Körper ganz nahe bei sich zu spüren. Tilla breitete die Matten vor ihnen aus. Schließlich legte sie sich selbst eine Decke über den Rücken und breitete die Arme aus, um mit dieser Geste Hektor, begleitet von einem schmelmischen Lächeln und aufblitzenden Augen, zum weiteren Kuscheln und Schmusen aufzufordern.
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Offenbar machte sie alles richtig. Mutter Esther sagte nichts und war auch sonst sehr ruhig. Prisca trank alles aus der Schale. Tilla wollte gerade den Kopf ihrer Herrin sanft aus ihrer stützenden Umarmung auf das leere Kopfkissen gleiten lassen. Doch daraus wurde nichts. Denn Pisos plötzliches Auftauchen und die auffliegenden Tür erschreckte Tilla so sehr, dass sie prompt vom herrschaftlichen Bett rutschte und den eingenommenen Platz freigab. Mit gesenktem Kopf trat sie an die Seite von Mutter Esther.
Als die beiden Erwachsenen weinend um das verlorenen Kind zu trauern begannen, erfasste sie Esthers Hand und zog ihre Mutter zu einer weiteren Tür im Zimmer ihrer Herrin. Komm! Die jetztige Situation, sie war voller wabernder Gefühle und sie spürte es. Hinter der Tür befand sich ihre kleine Kammer. Tilla öffnete die Tür so leise sie konnte und liess sie hinter sich angelehnt zurück. Ich hasse es, wenn sie weint...
Mit einem tiefen Seufzer liess sich Tilla sitzend auf ihr eigenes Bett fallen. Sie weint so selten... sie weinte noch nie vor mir. Und jetzt.. jetzt weint auch ihr Ehemann. Ach, ich weiss nicht... das ist so seltsam jetzt! haderte Tilla mit sich, dass sie wenig mit der Situation im Nebenzimmer und den vielen herrschaftlichen Tränen anfangen konnte. Sie selbst verlor etliche Tränen und wischte diese schnell von ihrem Gesicht. Tilla fühlte wie erschöpft sie war, immerhin hatte sie nicht geschlafen und strubbelte mit beiden Händen ihre kurzen Haare durch. Ach Mama! Was machen wir denn nun??
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Tilla wäre gerne in Mutter Esthers Umarmung verblieben, doch sie hatte ihren Pflichten als Leibsklavin nachzukommen. Auch deshalb, weil Saba noch nicht zurückgekommen war und sich mit Sicherheit Zeit nahm, um zu verarbeiten was gerade der Herrin geschehen war. Dank Esthers erklärenden Worten verstand sie nun, wie das mit den hoffentlich baldigst eintreffenden Babys war. Sie zeigte ihrer Mutter deutlich ihre aufsteigende Skepsis, dass Prisca Zwillinge gebären würde können. Im aktuellen Zustand würde sie eine doppelte Geburt nicht schaffen, geschweige denn überleben. Ein Strahlen überflog ihr ernstes Gesicht, als sie ihren ursprünglichen Namen hörte und machte die Skepsis kleiner. Immer noch hörte sie auf den selbst erfundenen Namen Tilla. Der Name 'Mia' gehörte Esther und ihr allein.
Mit schief gelegtem Kopf beobachtete sie den Abgang des Arztes und war erleichtert, als er endlich weg war. Kaum war er weg, gab Prisca kund was sie von ihnen wollte. Nix da! Wir bleiben bei dir! Die harschen Worte trafen Tilla, doch sie zeigte nichts davon. Lange schon diente sie der Herrin, wissend was ernst und was nicht ernst gemeint war. Mit einem Kopfschütteln drückte Tilla Priscas Schulterkopf und wischte die neuesten Tränen von den blassen Wangen ihrer geliebten Herrin. Dann endlich kam der Ruck, auf den die stumme Sklavin gewartet hatte. Sie tauschte einen Blick mit Esther und streichelte tröstend über Priscas gelockte Haare hinweg. Es tut mir alles so leid! flüsterte sie stumm.
Schhhtt.. schhhtt.... Es war seltsam, höchst persönlich im Bett der Herrin zu sitzen und die Besitzerin während ihrem Weinkrampf zu trösten. Das herrschaftliche Lager war viel weicher und bequemer als das eigene. Mutter Esther riss sie aus den wirbelnden Gedanken. Shhht.. shhhttt.... Mit diesem Puste-Wort versuchte sie die Herrin zur Ruhe zu bringen. Nickend stellte Tilla den zuvor benutzten Becher weg, versuchte als nächstes Priscas Schultern zu umfassen und mit dem Arm Priscas Nacken sowie Kopf stützend anzuheben. Herrin.... du musst trinken. Es wird dir gut tun. Du wirst müde und einschlafen. Du wirst ruhen und wenn du aufwachst, werde ich da sein. Diese noch nie im Leben geflüsterten Worte kamen ihr einfach in den Sinn und hörten sich in Tillas Ohren richtig und gut an. Klang es auch für Esther gut? Machte Tilla zum Trost für die Herrin alles richtig? Behutsam setzte sie die Schale an Priscas Lippen, um ihr so die Medizin einzuflößen. Prisca ist jung, gesund und stark! wiederholte sie Esthers Worte und meinte es auch so.
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Zufrieden, dass er ihr zugehört hatte, nickte sie und war höchst zufrieden, als er sich entschuldigte. Nein, ihr Geliebter hatte ihr noch nicht erzählt, dass er mal Soldat gewesen war. Und wenn sie das jetzt erfahren würde, so würde diese Neuigkeit ihr ihm soeben dargestelltes Weltbild über Soldaten auf den Kopf stellen. Hektor war lieb und zärtlich und zuvorkommend und vorrausschauend und ach.. er war einfach toll! Dieser Mann war ihr Liebster! Dann warten wir... erwiderte sie stumm flüsternd auf seine Worte und riss sich einmal mehr, ob der ungewohnten Umgebung zusammen, um ihre alten Ängste niederzuringen.
Hektor versprach ihr seinen immerwährenden Schutz. Sie hätte ihn dafür küssen können, doch hier sich küssen? Wenn jederzeit ein Soldat reinplatzen und sie zum Herrn befehligen konnte? Nein, dann lieber draußen vor den dicken Mauern. Ich liebe dich! Er saß nun ihr gegenüber. Spontan zog sie ihm sein Fußwerk aus und begann seine Zehen und Fußsohlen zu massieren. Ich habe Ursus Sklaven Cimon aus der Ferne gesehen und noch nie mit ihm gesprochen. Die flavischen Sklaven sind mir suspekt. Sie sind verflixt unterwürfig und äußerst gehorsam. Ich war einmal in der Villa Flavia, um Celerina eine Nachricht zu überbringen. Das war noch vor der Zeit bevor sie Corvinus geheiratet hat. In diesem Haus sah ich das erste Mal in meinem Leben stumme Sklaven! Leider musste ich das fremde Haus recht schnell verlassen und hatte keine Gelegenheit diesen Sklaven wieder zu begegnen. Ich frage mich, ob sie auch eine Zeichensprache verwendeten. Und ob sie so wie ich flüstern konnten? Von diesen Sklaven ist heute keiner mehr im Haus... und das ist seltsam. Ich bin froh, dass du und Saba mitkommen durften.
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Das ist gut, dass sie durchkommen wird und auch Kinder haben wird. Ja, das Schicksal hat zugeschlagen... diesmal bei ihr. stimmte Tilla gebärdend zu. Sie wusste nicht, wieviel Mal schon das Schicksal knallhart bei Prisca zugeschlagen hatte, jedenfalls schien es dieses Mal verdammt echt schwer zu ertragen zu sein. Tilla nickte Mutter Esther zu. Vollkommen richtig. ihre Mutter war in der Tat aufgeblüht, seit sie wieder beisammen waren. Für ihre Geste umarmte Tilla ihre Mutter mit liebevoller Hingabe und lauschte ihren weiteren Worten. Die Antworten lauteten so, dass es die Zeit war, die noch ein Wörtchen mitzureden hatte, wann ihre Herrin ein Kind gebären durfte. Muß es ein Kind sein? In letzter Zeit gab es häufig Zwillingsgeburten! Was ist dann? Schafft sie sowas lebend zu überstehen? flüsterte sie der älteren Frau stimmlos ins Ohr und beobachtete wie Prisca sich endlich regte. Zudem flüsterte sie beinahe ganz so wie Tilla immer flüsterte, deshalb war es kaum ein Problem die Worte der Herrin zu verstehen. Hat der Leibarzt noch etwas zu uns zu sagen oder wird er gleich gehen? gebärdete Tilla zu Esther. Der Mann zog immer die Augenbrauen zusammen, wenn sie gebärdete. Aber das und den Blick dazu kannte die junge Sklavin schon. Viele Leute hielten ihre Gebärden für mysteriöse Verzauberungszeichen. Tilla wechselte besorgte Blicke mit Mutter Esther und überliess es ihr mit dem Leibarzt der Flavier zu verfahren.
Die junge Sklavin beugte sich schliesslich vor, um die Decke von Priscas Körper halbwegs wegzuziehen, sodass die Herrin wieder Luft bekam und nicht ersticken würde. Die Herrin weinte sehr. Tilla drückte ihr in Ermangelung eines Taschentuchs einen kleineren Lappen aus beigen Stoff in die Hände und wischte mit einem zweiten kleineren Lappen die Tränen von der Wange. Ganz sachte zog Tilla an der oben liegenden Schulter und wollte mit diesem Druck sagen, dass die Herrin sich zurück auf den Rücken drehen sollte. Du bist überhaupt nicht alleine, Herrin. Für immer ist nicht drin. Dein Mann wird dich sehen wollen. Er hat dir seine ewige Treue versprochen und wird diesen Schwur ganz bestimmt nicht wegen einem verlorenen Kind brechen. Er wird auch traurig sein und mit dir trauern. Doch ihr werdet sicherlich alles tun, damit es zur glücklichen Geburt kommt. Eure Liebe ist groß und stark, Herrin. klugscheisste Tilla genauso wie damals bei Blümchen Flora, was ihr allerdings eine Kurzhaarfrisur und Peitschenhiebe eingebracht hatte. Tilla griff nach einem Becher, um ihren Durst zu stillen und sah Prisca geradewegs an. Sie würde ihr denselben Becher reichen, wenn die Herrin trinken wollte. Oder wenigstens an deren Lippen setzen, wenn sie wegen der Ereignisse in der vergangenen Nacht zu schwach zum Becher halten war.
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Noch auf dem Heimweg vom Markt hatte Tilla einen Mitsklaven angewiesen, dass dieser den flavischen Leibarzt zu Hilfe holen und zur Villa Flavia bringen sollte. Es war wirklich dringend und notwendig, dass dieser kam und ihnen durch diesen schweren Zusammenbruch der Herrin half! Prisca lag aphatisch in der Sänfte und rührte sich kaum mehr. Tilla strich ihr sanft eine Strähne aus dem Gesicht und überliess es dem stärksten Sklaven die Herrin in ihr Schlafzimmer zu tragen. Saba, die gerade auf einen Tratsch in der Villa Aurelia gewesen war, war ebenfalls informiert worden. Tilla war heilfroh, dass ihr die ältere Leibsklavin Priscas zur Seite stand, solange sie auf fachkundige Hilfe warten mussten. Sie vertrieben die männlichen Sklaven aus dem Zimmer und stellten sie dazu ab, dass sie kleinere Lappen, heißes Wasser und mehrere Laken brachten. Gemeinsam mit Saba schälte sie die Herrin aus den schönen und teuren Gewändern und zogen ihr ein einfaches Nachthemd an. Kaum, dass sie mit Umziehen fertig waren, kam der Leibarzt. Saba setzte gerade dazu an, dem Mann zu erklären was passiert war, als unerwartet Mutter Esther im herrschaftlichen Zimmer erschien. Die ältere Frau hatte gerade ihre Tochter Tilla besuchen wollen. Angesichts Priscas dramatischen Zusammenbruch erklärte sie sich bereit dem flavischen Leibarzt zu helfen und ihm zur Hand zu gehen. Tilla hoffte sehr, dass sowohl der Arzt als auch ihre Mutter wussten was zu tun war.
Die junge Sklavin war angesicht der Menge an Blut oftmals drauf und ran hinaus und in den Garten zu laufen. Doch Esther wies ihr die Aufgabe zu, Priscas Stirn abzutupfen, die Lippen zu befeuchten. Alles zu tun, um der Herrin zu vermitteln, dass diese nicht alleine war und dass Tilla bei ihr war. Sie bangten die ganze Nacht hindurch. Dann war es vorbei. Die aufgehende Sonne schickte die Morgenstrahlen ins reich geschmückte Zimmer. Ächzend streckte Tilla ihren Rücken. Prisca war gerade dabei aus dem Schlaf aufzuwachen, verblieb jedoch in jenem seltsamen aphatischem Zustand. Tilla deckte ihre Herrin bis zur Brust mit ihrer Lieblingsdecke zu und gab ein paar Tropfen von dem teuersten Parfüm drauf. Die im Bett liegende Frau sollte sich trotz ihrem schlimmen geschwächten Zustandes wie zu Hause fühlen. Ein weiteres Mal wischte Tilla Priscas Stirn trocken und gebärdete Mutter Esther ihre drängendsten Fragen zu. Sie wird durchkommen, nicht wahr? Sie kann doch noch mal Kinder bekommen? Wird sie wieder die alte Prisca sein? Saba verabschiedete sich von allen, um sich zu reinigen und dann ein Frühstück für drei Frauen und einen Mann zu bringen. Die letzte Frage Tillas an ihre Mutter, die eine Bitte enthaltete lautete. Ich muss ihren Ehemann informieren! Könnte einer von euch beiden bitte mitkommen??
*Ein Tag belehrt den nächsten Tag; Bedeutung: Jeder Tag gibt neue Lehren; am nächsten Tag ist man schlauer.
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Ich bitte darum, dass du deinen Briefkasten leeren lässt. Dein Posteingang ist nämlich voll! Mitternächtliche Grüße, Tilla