Begeistert klang sie nicht, soviel stand fest. Es schienen sich doch einige dunkle Wolken am Horizont der Liebenden angesammelt zu haben, wie es immer war, wenn die erste Verliebtheit ein wenig abgeflaut war und man sah, was man am anderen hatte. Eine Beobachtung, die der Grieche immer wieder gemacht hatte, und die ihn immer wieder erstaunte - im Grunde war dies vorhersehbar, fast vorherberechenbar.
"Man kann es Dir fast von den Lippen ablesen, Bridhe - glaubst Du wirklich, ich wüsste nicht, wie es ist, sich eine Freiheit zu wünschen, die man wahrscheinlich niemals bekommen wird? Eine Sehnsucht zu hegen, die sich nicht leicht erfüllen kann? Im Grunde ist auch dies hier eine Prüfung, und ich gedenke, sie in meinem Sinne zu bestehen. Es könnte sehr viel schlimmer sein, wenn man die Alternativen bedenkt. Meine Eltern haben als Sklaven des Flavius Atticus glücklich gelebt, sie haben den Flaviern gerne gedient, sie sahen es als Ehre, das Leben dieser Menschen zu teilen - und sie hatten das ganze Vertrauen des Vaters unseres Herrn. Was für Dich wahrscheinlich wie der blanke Hohn klingt, da Du das Leben in der Freiheit kennst - für meine Eltern war es ein glückliches und zufriedenes Leben, in einer Sicherheit, die sie nur durch ihre Arbeit und durch Loyalität bezahlen mussten. Für alles war gesorgt, für Ausbildung, Unterkunft, Essen, all jene Dinge mussten nie bedacht werden, und mein Vater war als vilicus der Stellvertreter seines Herrn, wenn dieser auf Reisen war, er traf die Entscheidungen. Du magst auf ein solches Leben herabsehen, aber ich denke, dass meine Eltern dieses Leben gerne geführt haben, und auch jetzt ist meine Mutter in der Obhut des flavischen Haushalts gut aufgehoben, da für sie gesorgt wird."
Nach dieser langen Rede hielt Straton einige Momente lang inne, bevor er fortführte: "Es gibt Gesetze, die eine Freilassung von Sklaven beschränken - selbst wenn der Herr wollte, vor Deinem dreissigsten Jahr wäre es ihm verboten, Dich freizulassen. Auch dieses solltest Du bedenken - und während der Lebenszeit eines römischen Bürgers darf dieser auch nur eine bestimmte Anzahl an Sklaven überhaupt freilassen. Es ist in jedem Fall keine so leichte Entscheidung, wie man es vielleicht denken mag."