Beiträge von Caius Aelius Archias

    Archias ist nicht mehr da. Ich hätte auch so keine Veranlassung gehabt, da im Nachhinein auf die Pauke zu hauen, wieso denn auch? Ich hab die Beiträge da eben erst gelesen, weil ich das nicht mit Archis Ende in Verbindung gebracht hab.
    Jedenfalls danke für die Klarstellung, Antoninus.

    Caius stand am Rand und sah runter. Er hätte nie gedacht, dass er hier mal stehen würde. Gut, stehen vielleicht schon, nur nicht mit diesen Gedanken oder der Absicht, die er hatte. Alles war den Bach runter gegangen, und er sollte heute in diesem Bach ertrinken. Es gab keinen Ausweg mehr. Caius würde einfach untergehen, das Wasser bereitwillig einatmen und dann nichts mehr fühlen. So der Plan. Nur dass er springen wurde, nicht ertrinken. Vielleicht tat das weh, vielleicht auch nicht. Aber das erschien im Sicherher als der Tiber. Hinterher wehrte er sich instinktiv so sehr dagegen, dass er mit den Beinen trat, ohne es zu wollen. Und dann hatte er weiterhin den ganzen Mist am Arsch, mit Axilla, die sonstwas von ihm dachte, die ihm nicht vertraute, weil der Germane ihr das eingeflüstert hatte und die insgeheim doch den Germanen liebte und nicht ihn, wie Iunia Serrana es damals gesagt hatte. Mit dieser grundlosen Degradierung und all den anderen Dingen, die passiert waren, gab es keinen anderen Ausweg. Er würde nie wieder der sein, der er mal war, und so wie er jetzt war, wollte er nicht sein. Das Leben machte so weder Spaß noch Sinn. Er wollte sein Dasein nicht als verschriener Mörder verbringen, ein Gerücht, das gestreut wurde von der Frau, die er liebte. Er wollte auch nicht in einer Provinz vergammeln, weil er hier in Rom wegen seinem Namen dem PU im Weg war. Immer wieder fragte er sich, ob es anders gekommen wäre, wenn er doch Seiana geheiratet hätte. Aber diese Gedanken waren auch nicht förderlich, also dachte er bald an gar nichts mehr, nur an den tarpeischen Felsen. Nein, Caius würde springen, und er zog das dem Tiber vor, weil es kein Zurück gab in den wenigen Sekunden, die er fallen würde. Viele Dinge taten ihm leid, vieles bereute er. Vieles aber auch nicht. Er hatte eine gute Zeit gehabt, nur die war nun vorbei. Die war vorbei, seitdem Axilla sich von ihm entfernt hatte und er nichts dagegen hatte tun können, obwohl er doch wollte. Obwohl er alles getan hätte. Für sie, damit sie glücklich gewesen wäre. Obwohl er alles versucht hatte. Aber da war immer diese Trauer, die Enttäuschung, die Zurückhaltung in ihrem Gesicht gewesen, ganz egal, was er gemacht hatte. Caius war immer für sie da gewesen. Immer. Und sie vertraute trotzdem einem anderen mehr als ihm, mehr als ihrem Ehemann. Einem Germanen, der sie blendete, der sie mit kleinen Stückchen fütterte und sie damit vergiftete, ohne dass sie es merkte. Caius tat das weh, aber er konnte nichts machen. Ihm waren die Hände gebunden, Axillas Blick war stur geradeaus gerichtet. Sie sah nicht das, was sie nicht sehen wollte. Sie sah das, was er wollte das sie sah. Und Caius war dabei egal.


    Es war dunkel. Nur noch wenige Passanten waren unterwegs. Vielleicht fand man ihn erst morgens. Er hoffte nur, dass der Anblick Axilla erspart blieb. Ein zerschmetterter Caius in dunkelblauer toga. Das, was er ihr hinterlassen hatte, war schon genug für sie, da brauchte sie nicht auch noch das. Und er hatte seine Angelegenheiten vorher geregelt. Hoffentlich hatte er niemanden vergessen. Katander würde am Morgen die Nachrichten verteilen, das hatte er ihm aufgetragen. Es Axilla sagen. Und dann würde alles seinen Gang gehen und Caius wäre sicher bald vergessen. Ein weiteres Gesicht in der grauen Masse. Er trat näher an den Abgrund. Ganz schön tief bis da runter. Ein Steinchen löste sich unter seiner Sandale und klackerte in die Tiefe. Caius hatte keine Angst mehr. Er wollte nur noch, dass es aufhörte, und wenn er so machtlos war wie jetzt, dann blieb nur noch das Betäuben. Und das würde er tun.


    Caius breitete die Arme aus und tat einen Schritt ins Nichts.


    Und fiel. Lautlos.



    Stille.

    Und mitten hier hinein platzte ein Sklave, den man eingelassen hatte, und der einen Brief an die domina Axilla dabei hatte, ihn abgab und wortlos wieder verschwand.




    Geliebte Axilla,


    alles, was ich sage oder tue ist falsch. Ich bin machtlos dagegen. Das ist, als müsste ich zusehen, wie jemand anders meine Sandburg zerstört, ganz langsam und immer weiter, ohne dass ich was dagegen machen könnte, obwohl ich alles versucht habe. Nur dass die Sandburg unsere Ehe ist. Ich muss zuschauen, wie sie kaputt geht. Ich liebe dich mehr als alles andere. Nie hätte ich dir das antun können, wonach du mich heute Abend gefragt hast. Ich weiß nicht, wie du darauf kommst, ich kann es nicht verstehen. Ich hätte doch nie bei der Bestattung helfen können, hätte ich Leander ermorden lassen. Glaubst du wirklich, ich bin so...kaltschnäuzig? Und welchen Grund hätte ich haben sollen? Katander sagte, dass Leander auf Kerle stand. Nicht mal Eifersucht hätte es sein können. Aber letztendlich ist es egal, warum du glaubst, ich wäre es gewesen. Ich will dir keine Vorwürfe machen. Dir nicht.


    Wenn du diesen Brief liest, bin ich nicht mehr da. Dann gibt es mich nicht mehr. Vielleicht erkennst du irgendwann die Wahrheit, Axilla. ich wünsche es mir. Ich werde dich fragen, wenn wir uns im elysium wiedersehen. Bis dahin werde ich auf dich warten, und ich hoffe, es werden noch viele Jahre vergehen bis dahin. Werde glücklich. Finde jemanden, dem du traust, und der dein Vertrauen nicht so missbraucht wie den, den du deinen Freund nennst und der dich mit einem Lächeln im Gesicht betrügt. Du warst meine Welt. Ich hätte alles für dich getan, um dich glücklich zu machen, und ein Mord an deinem engsten Vertrauten hätte niemals dazugehört.


    Caius


    Und hier ging er auch vorbei, nicht ohne gewisse Genugtuung...



    An die Qualle,
    Potitus Vescularius Salinator


    Salve, du fettes Vieh,


    du kannst dir deinen Procuratorenposten in den Arsch schieben, fett genug dafür ist er ja. Hoffentlich sägt bald einer an deinem Thron.


    Caius Aelius Archias


    Auch hier kam Katander vorbei.



    An
    Decima Seiana


    Seiana,


    ich wollte dir nur sagen, dass du keine Schuld trägst. Ich war es, der viel falsch gemacht hat, und das tut mir leid. Ich wollte dir nie weh tun. Ich möchete dir Katander schenken, wegen Elena. Wenigstens sie sollen zusammen glücklich werden. Ich hab dich immer geachtet, aber wir haben einfach nicht zusammen gepasst. Tut mir leid, dass ich der bin, der ich bin. Oder war. Vergiss mich nicht.


    Archias



    Ein sichtlich aufgelöster Katander hatte an diesem Morgen den schwersten Spaziergang seines Lebens zu bewältigen.



    An
    Aulus Flavius Piso


    Pi,


    du wirst es nicht verstehen, und ich kann es dir nicht erklären, weil du es selbst dann nicht verstehen würdest. Es ist nichts mehr wie früher. Gar nichts mehr, sogar du nicht, Pi, denn du bist bald ein Senator. Und ich noch viel weniger. Bitte sei nicht traurig. Wenn ich zu dir gekommen wäre, hättest du dich auf mich geworfen und mich das nicht machen lassen.


    Ich will nicht sagen, dass Axilla Schuld hat, weil es nicht stimmt. Ich bin einfach nicht der, den sie haben will. Ich weiß nicht, warum sie sowas von mir denkt, warum sie denkt, dass ich ihren Sklaven umgebracht hatte. Ich wusste doch genau, wie wichtig er für sie war, und was hätte ich denn für einen Grund gehabt? Sogar Eifersucht scheidet aus, denn Katander sagt, dass Axillas Sklave auf Jungens stand. Nein, ich weiß nicht weiter, Pi, und es gibt eigentlich nur eine Erklärung. Der Germane muss es ihr eingetrichtert haben. Sie hatte mehr zu tun mit ihm als ich dachte, er hat sie sogar zu Hause besucht. Das weiß ich von einem Küchensklaven der Iunier, der mit Katander befreundet ist. Ich weiß nicht, was sie getan haben, aber ich will es auch nicht wissen. Ich kann's mir ja denken.


    Du denkst sicher, meine Flucht wär feige. Aber sieh es mal so, Freund, ich werde auf dich warten. Und dann holen wir all das nach, was wir nicht mehr geschafft haben, vorher. Und ich muss nicht mitansehen, wie die Person, die ich liebe, mich wegen einer Gehirnwäsche für etwas hasst, das ich nicht getan habe. Axilla und ich haben uns immer weiter entfremdet, und ich glaube, sie hatte nie die Absicht, mich verstehen zu wollen. Denn egal, was ich getan habe, sie war nur noch abweisend und in sich selber vergraben, so dass ich gar nicht mehr zu ihr vordringen konnte. Das hat mich kaputt gemacht, Pi, sie so zu sehen und nichts richtig zu machen.


    Und dann, als ich dachte, es kann schlimmer nicht mehr kommen, kam der Versetzungsbescheid. Vescularius hat mich ohne Angaben von Gründen degradiert und zum procurator annonae gemacht. Abgeschoben, und den Kaiser interessiert es nicht mal. Nein, ich habe keine Perspektive mehr, Pi. Bitte verzeih mir. Und vergiss mich nicht.


    Archi


    P.S.: Bitte schau bei den Vestalinnen vorbei. Dort liegt mein Testament. Ich habe dich als Vollstrecker eingesetzt. Verzeih mir diese letzte Bitte, ich weiß, dass es dir nicht leicht fallen wird.


    »Ja«, sagte Caius ein wenig verplant und sah Axilla nachdenklich an. Klar, er wusste das nicht. Aber sie waren schließlich noch nicht sooo lange verheiratet, und vor der Hochzeit war Vala noch ihr Freund gewesen. Und schließlich hatten sie sich während der Zeit nach der Hochzeit öfter mal wegen ihm in der Wolle gehabt. Caius hatte sich überlegt, dass das Motto Wenn du deinen Feind nicht kontrollieren kannst, werd sein Freund vielleicht gar nicht so dumm war. Abgesehen davon, dass es ihm scheißschwer fallen würde, aber egal. Er würde wohl eh nie ein Freund des Germanen sein, aber er würde versuchen, ihn zumindest als Freund Axillas zu akzeptieren. Abgesehen davon, dass er ihn so wohl auch etwas besser im Griff haben würde, dachte er sich. Und er und Piso waren ja das beste Beispiel dafür, dass man trotzdem befreundet blieb, auch wenn man sich ne Zeitlang nicht sah. Für ihn war das also in dem Moment ganz logisch.


    »Ich muss dir dazu auch noch was sagen. Ähm«, Caius deutete auf einen umgefallenen Baumstamm, auf dem Moos wuchs.
    »Wollen wir uns da vieleicht setzen?« Er hatte ein schrecklich ungutes Gefühl dabei, aber das schlechte Gewissen, dass seit diesem Morgen und den ausgetauschten Zärtlichkeiten ziemlich Überhand genommen hatte, überwog einfach. Es musste jetzt raus.

    Caius blieb da nicht viel mehr übrig, als Piso etwas verloren anzusehen.
    »Ganu ehrlich? Ich hab keine Ahnung. Ich hab Valerianus erst einmal gesehen. Als ich mit Quarto in Misenum war. Wir haben da zusammen gegessen, und da wirkte er auf mich eigentlich nicht besonders...äh...desinteressiert.« Caius zuckte mit den Schultern.
    »Wenn du wirklich principis wirst, willst du dann mal nach Misenum fahren? Ich mein, wenn nicht, dann hast du vermutlich eher mit der Qualle zu tun als mit Valerianus....« Nicht dass Caius glaubte, dass der Kaiser Piso empfangen würde. Genau genommen war er sich da nicht sicher. Aber ein Kaiser konnte ja eigentlich auch kaum seinen ihm zugeteilten Magistraten einfach abweisen, wenn er schon vor der Tür stand. Oder? Caius schüttelte den Kopf und nahm einen Schluck Wein.


    »Ja... Bin ich auch. Das wäre nix für mich. Muss ziemlich anstrengend werden dich dann, wenn du auch noch quaestor wirst, oder?« fiel ihm dann ein. Da konnte Piso von Glück sagen, dass er noch keine Frau hatte, die ihm wegen der wenigen Zeit für sie hinterher vielleicht die Hölle heiß machen würde.
    »Was echt?« fragte er dann entsetzt. Gerade Priester sollten doch an die Götter glauben! Ihre Blick trafen sich, und Caius hob mechanisch seine Mundwinkel zu einem Lächeln, auch wenn das sehr, sehr bedauernd aussah und regelrecht an Mitleid grenzte.
    »Kein Problem«, sagte er einfach und drückte kurz Pisos Schulter. Das war einfach der falsche Zeitpunkt, um jetzt von der geplanten Reise nach Ravenna zu erzählen, also hielt Caius die Klappe und seufzte nur tief. Vielleicht sollte er Piso jetzt allein lassen und später wiederkommen, in ein paar Tagen. Oder nach der Reise. Caius war da etwas unentschlossen.

    Es hätte Caius nicht wundern sollen, dass Axilla sich mit Hannibal so gut auskannte, tat es aber doch ein wenig. Der Trasimenische See zum Beispiel sagte ihm rein gar nichts, obwohl er sicher irgendwann mal gelernt hatte, wo der lag. Er kam sich dabei auch gar nicht belehrt vor, vielmehr beeindruckt, und er fand es schade, dass sie nicht weiter erzählte. Überhaupt verfiel Axilla wieder in Schweigen, was Caius ein ganz leises Seufzen entlockte, dass sie wohl kaum gehört hatte.


    Bald mussten sie die Pferde zurücklassen, und Caius hatte ein paar Probleme mit dem Knoten, der sich bei Zug lösen sollte. Er linste bei Axilla ab, die leicht und behende die Zügel zurechtbog und festzurrte. Hin und wieder schlugen die Tiere träge mit dem Schweif. Aufmerksam drehten sie die Ohren in die unterschiedlichsten Richtungen. Caius hätte gern Axillas Hand genommen, aber er ließ das erstmal bleiben. Außerdem balancierte sie gerade auf einem umgekippten Baumstamm. Die Borke war voller Moos. Als sie so weiter gingen, sah Caius oft zu Axilla hin. Sie schien ihm ausgeglichener zu sein, und hin und wieder lächelte sie vor sich hin. Es war also eine gute Idee gewesen, mit ihr hierher zu kommen, wenn sie ads glücklicher machte. Caius ließ sie ganz in Ruhe, ging immer nur weiter mit ihr, ohne sie zu bedrängen, aber lächelte ihr versonnen zu, wenn sie ihn ansah. Sie überquerten einen kleinen Bach und gingen geradewegs auf eine riesige alte Eiche zu. Der Umfang des Stammes musste selbst mit zwei Leuten nicht zu umfassen sein. Die Krone war ziemlich ausladend. Caius stoppte und wandte sich um, Axilla war ein paar Schritte zurück geblieben. Sie lehnte an einem Baum, hatte die Augen zu und summte. Caius kam die Melodie bekannt vor, nur woher, wusste er nicht mehr. Er stand einfach nur da, sah sie an, wie die Blätter bunte Muster auf sie malten, und hörte ihr zu.


    Und als er so da stand und sich mehr als je bewusst war, dass er sein Herz an sie verloren hatte, kam das schlechte Gewissen und traf ihn wie ein Vorschlaghammer. Er kam sich schäbig vor. Sie passte so viel besser hierher, in den Wald, als in den Palast. Sogar nach Alexandrien hatte sie besser gepasst. Er wusste nicht mehr, ob sie es so formuliert oder er es sich so gedacht hatte, aber ein Begriff fiel ihm ein, goldener Käfig. Axilla war wie eine Nachtigall, wunderschön und zerbrechlich und bezaubernd. Bis man sie einsperrte. Caius schluckte einen schweren Kloß hinunter und ging auf steifen Beinen zu seiner Frau zurück. Vor ihr blieb er stehen. Zaghaft berührte er sie an der Wange und ging das Risiko ein, dass sie wieder ablenkte. Aber er musste das sagen, sonst würde er zerplatzen.
    »Es tut mir leid, dass... Das mit den Wachen. Und dem Palast. Mit...Vala. Das war...blöd von mir, auch wenn ich's nicht rückgängig machen kann. Lass uns neu anfangen, Axilla. Wir könnten vielleicht in die domus Iuniana ziehen.« Caius hatte sich das im Vorfeld genau überlegt. Ihm lag nichts am Palast, das war ja auch immer schon so gewesen. Außerdem würde er jederzeit wieder da hingehen können, und er arbeitete ja eh dort. Und wo man wohnte, war ja nun wirklich egal. Irgendwo rief leise ein Waldkauz.
    »Wenn du magst. Und vielleicht können wir deinen Freund mal einladen.« Gut, das hatte ihn jetzt einiges an Überwindung gekostet, ganz besonders, wenn man an das letzte Treffen dachte. Aber er hatte es ganz gut hinbekommen, das zu sagen. Es war nicht nur so, dass er den Germanen nicht mochte. Caius hatte Angst. Nicht vor ihm, sondern um Axilla, wenn er in ihrer Nähe war. Und das würde wohl auch noch eine sehr lange Weile so bleiben. Aber wenn es half, ihnen beiden, würde er zumindest versuchen, sich mit der Situation irgendwie abzufinden.

    Warum Axilla nicht die Freiheit genießen wollte, wie Caius das tat, war ihm ein Rätse. Immerhin hatte sie die fehlende Ortskenntnis auch nicht davon abgehalten, als sie auf dem Weg hierher gewesen waren. Als sie also vorschlug, lieber in den Wald zu reiten, stutzte er, dann schwächte sich sein Grinsen zu einem Lächeln, und dann erst nickte er.
    »Ja. Klar. Machen wir das... Das Rennen vielleicht später«, stimmte er also zu. Er wurde nicht schlau aus Axilla. Das wurde er einfach nicht. Vielleicht sollte er komplett aufhören, sie verstehen zu wollen. Wenn er mit ihr darüber reden wollte, blockte sie ab. Wenn er es überspielen wollte, machte sie nicht mit. Er war langsam wirklich aufgeschmissen, einfach, weil ihm die Ideen ausgingen. Aber er wollte wirklich keinen Streit, nicht mal einen winzig kleinen. Nur...was sollte er denn tun? Er gab sich die größtmögliche Mühe, aber alles, was er machte, war irgendwie falsch. Schnell kam das Gefühl aus der Nacht wieder, in der er sich einfach neben Axilla gelegt hatte, wach, bis er mit dem Bewusstsein eingeschlafen war, sie neben sich zu haben. Dann heute Morgen... Da wusste Caius immer noch nicht, wie er das eigentlich einschätzen sollte. Und das schlimmste war, dass er sich gerade fragte, wie Seiana reagiert hätte.


    Caius steuerte sein Pferd nach links, ignorierte seinen Kopf und deutete voraus in den Wald.
    »Ich war schon ewig nicht mehr da, aber wenn es so ist wie früher, dann müssen wir in ein paar hundert Schritt absitzen und zu Fuß weiter.« Es gab hier keine festen oder auch nur angestampfte Wege, denn eigentlich musste ja niemand durch den Wald durch oder so, und das Dickicht wurde irgendwann zu dicht für die Pferde. Als Mensch kam man da noch problemlos weiter, notfalls würden sie eben die Wildwechsel nutzen.


    Einige Pferdeschritte später tauchten sie in den Wald ein. Hier war es ein klein wenig kühler, weil schattiger, auch wenn die Sonne durch die Baumkronen ein grünbuntes Muster zeichnete.
    »Weiter da drüben gibt es eine ziemlich krasse Schneise. Die Ravenner behaupten, dass die von Hannibals Elefanten stammt, aber das ist natürlich Blödsinn. Der war ja viel weiter westlich. Glaub ich zumindest«, sagte Caius und unternahm damit einen weiteren Überspielungsversuch, um die Situation zu ändern.

    Sim-Off:

    Versemmelt :(


    »Ja, genau, ich kenn dich! Deswegen mach ich mir ja Sorgen!« jammerte Caius ein wenig herum. Dass Piso ihm versprach, aufzupassen, änderte daran auch gar nix. Er seufzte. Sogar fast zeitgleich mit Piso. »Das hat damit nichts zu tun«, sagte er und schüttelte den Kopf.
    »Manchmal glaub ich, dem Kaiser ist sowas echt egal, eigentlich. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, kann ich nicht sagen.« In seinem Fall vielleicht gut, aber eigentlich war sowas eher schlecht. Caius wirkte nachdenklich.
    »Hm...naja.« Überhaupt kippte gerade die ganze Stimmung.
    »Ich hab keine Ahnung, Pi. Ich vertrau da ganz auf die Priester. Ich denk mir halt nur, dass Pluto da auch ein Wörtchen mitzureden hat und...ach egal, schaden kann's doch nicht. Jedenfalls...wenn du Hilfe brauchst oder so, dann kannst du auf mich zählen. Ja?« Caius ging ganz automatisch vom Schlimmsten aus. Vera war ja noch nie die kerngesundeste Person gewesen...

    »Das ist ja wohl...« Caius ärgerte sich und schüttelte den Kopf. Was sollte man denn da machen, einfach hingehen auf gut Glück? So ein Blödsinn!
    »Ja, verdammt beschäftigt. Dann gehen wir morgen hin. Du kommst mit«, bestimmte Caius. Salinator saß bestimmt auf seinem fetten Hintern und drehte Däumchen.


    Sim-Off:

    Inzwischen hat man dir da sogar geantwortet.

    Caenis' Blick ruhte eine ganze Weile auf Axilla, auch wenn sie immer wegsah, bevor Axilla sich vergewissern konnte, dass Caius' Mutter sie wirklich anschaute. Nach noch einer Bemerkung, diesmal über Axillas Frisur, hatte sich Caenis' Vorrat an Gesprächsthemen wohl erschöpft, denn sie sagte nichts mehr und entschuldigte sich etwas später. Dann ging sie und ließ Caius und Axilla allein. Caius sah ihr mit gerunzelter Stirn hinterher, sagte aber auch nichts dazu.


    »Tja also...« begann er und sah Axilla ratlos an.
    »Was das eben war, kann ich dir nicht sagen. Ich glaub, sie hat versucht, nett zu sein.« Caius hob eine Schulter und griff dann nach seinem Glas Milch, um es zu leeren. Was er davon halten sollte, wusste er nicht. Ihm wär es fast lieber gewesen, Caenis hätte es nicht versucht.
    »Aber in einem Punkt hat sie recht, du schaust wirklich hübsch aus«, sagte er aufrichtig und lächelte seine Frau an.
    »Magst du noch was essen oder wollen wir dann los? Ich glaub, die haben uns in der Küche schon was zusammengepackt.« Caius hatte nicht so drauf geachtet, was Axilla gegessen hatte oder wie viel.

    »Wir könnten da vorn links in den Wald«, übertönte Caius das Brausen des Windes.
    »Oder wir reiten noch ein Stückchen weiter und biegen später ab!« Sie jagten dahin, Axilla auf ihrem kleinen Pferd und Caius auf seinem. Sie waren sogar tatsächlich alleine, auch wenn Caius dabei um Axillas Sicherheit Willen irgendwie ein mulmiges Gefühl hatte. Aber dafür hatte er den Dolch dabei, und in dem Packen auf dem Pferderücken war noch einer versteckt. Und wenn er musste, würde er den auch benutzen. Zwar hatte er vorher überlegt, ob er nicht doch wen bitten sollte, ihnen nachzureiten und aufzupassen, aber er hatte Axilla versprochen, dass sie den Ausflug allein machen würden, und das Versprechen würde er halten.


    »Wer zuerst da vorne an dem Baum ist?« fragte er Axilla und deutete weit voraus auf eine einsam stehende, hellgrüne Zypresse neben einem Kornfeld. Er sah sie verwegen grinsend an, bereit, seinem Pferd jederzeit die Hacken zu geben.