Beiträge von Flavia Celerina

    Liebes IR-Volk,


    es ist richtig schön, von der Ferne seiner Beerdigung zusehen zu können. :D Danke für eure Worte, eure Trauer und Erschütterung. Es ehrt mich, wenn für euch Celis Tod eine Lücke bedeutet. Und es ist kein Scherz, wenn ich sage, da kommen mir die Tränen!:)


    Trotz allem bitte ich euch nun, haltet euch nicht länger zurück! Tut, was getan werden muß! Ich war immer für unorthodoxe Sachen zu haben und hab mich deswegen nicht umsonst freiwillig in die Scheiße geritten. Also, spielt weiter! Schreit es meinetwegen durch alle Gassen, wer an dem Frevel Schuld hatte. Tut euch bitte keinen Zwang an. Es wäre wirklich schade drum.
    Wie ich hörte, hat der CD schon vor Freude gejubelt. Endlich was zu tun! Und das auf Monate hinaus.
    Genau, endlich was zu tun! Auch wenn ich nun nicht mehr für eine Gerichtsverhandlung zur Verfügung stehen kann, will ich doch hoffen, daß ihr was anständiges draus macht, aus dem Stoff, den ich euch geliefert habe. Das seid ihr mir schuldig! :D
    Denkt dran Leute, es herrscht immer noch Dunkelheit über Italia! Wütendes Donnern und erschreckende Blitze schicken die Götter hinab auf die Erde.
    Macht, daß die Sonne wieder scheint!


    Liebe Grüße aus dem Orcus!


    Eure Celi

    Auf einer Matratze, am Boden liegend, fand ich mich wieder. Wie schäbig und ernüchternd war dieser Moment, als mich die Realität eingeholt hatte und jenes Traumgebilde wie ein Schleier von mir abfiel. Mir war bewußt, was geschehen war und was noch vor mir liegen würde. Ich hatten den heiligen Hain entweiht, auch wenn es aus Liebe geschehen war und ich hatte gemordet. Auch wenn meine Hand nicht den Dolch geführt hatte, so war es um meinetwillen geschehen. Ich war es, die ihn auf dem Gewissen hatte. Ich war es, die den Namen meiner Familie damit in den Schmutz zog. Und ich war es, die Ehebruch begangen hatte. In aller Öffentlichkeit. Schamlos.
    Während der Arzt sich an meinem Arm zu schaffen machte, ihn versuchte zu richten, wurde mir klar, wie sinnlos seine Bemühungen waren. Wie Sinnlos der schmerzstillende Trank, den er mir vorher verabreicht hatte. Dies alles war dem Tode geweiht. Denn dieser würde mich ereilen, wenn sie fertig mit mir waren. Ich fragte mich, auf welche Art dies geschehen würde. Ganz gleich, wie sie mir das Leben nehmen würden, es gäbe reichlich Zuschauer, die nur darauf lechzten, den Tod der Frevlerin mitzuerleben. Ihr Name, mein Name wäre auf ewig verdammt. Statt auf einem Scheiterhaufen würden meine Gebeine auf einem Müllhaufen landen. Kein Platz im Familienmausoleum. Kein Platz für die Frevlerin.
    In einem ungestörten Augenblick, da der Arzt sich von mir abwandte, um noch mehr Verbandsmaterial zu holen, trat Cleomedes zu mir. Er wußte so gut wie ich, daß er den einzigen unausweichlichen Schlüssel bei sich trug, der eine gewisse Art der Flucht bot, die mich jetzt noch retten konnte. Ein Schlüssel in Form eines kleinen unscheinbaren Anhängers aus Alabaster, den er stets unter seiner Tunika zu tragen pflegte. Im Innern desselben befand sich eine Flüssigkeit, die keinem geringeren als Sokrates bereits das Gehen erleichtert hatte. Der Saft des Glefeckten Schierlings, gemischt mit einer kleinen Dosis Opium, würde es nun auch mir erleichtern, zu gehen. Die Vorzüge dieses Giftes waren das Ausbleiben diverser Nebenwirkungen. Keine verfärbte Haut, kein verzerrtes Gesicht, welches mich hernach entstellt hätte.
    In jenem einen Moment, da der Arzt den Raum verließ und auch sonst alle miteinander beschäftigt waren, genügte nur ein Blick zu meinem Sklaven. Und er wußte sofort, was dieser Blick zu bedeuten hatte. Einer wie er wußte, worauf es ankam. Wann die Zeit zu Leben und die Zeit zum Sterben war.
    Fast automatisch war der Griff zu dem Anhänger, den er gänzlich unauffällig hervor holte, ihn öffnete und mir einige Tropfen des todbringenden Saftes in den Mund tröpfelte. Einige Tropfen ließ er für sich übrig, denn wie hätte er mich gehen lassen können, wenn er hätte zurückbleiben müssen?
    Der Tod kam auf leisen Sohlen, so daß niemand ihn erwartet hätte und alle überraschte, als er kam.
    Er kam und raubte mir den letzen Atemzug. Ganz leise, ganz schmerzlos.

    Lediglich ein ungehaltenes "Aaaah!" entwich mir. Ich konnte nicht mehr, nein ich wollte nichts mehr dazu sagen. Marcus würde sich kein bißchen ändern. Nicht in hundert Jahren. Die Situation war einfach zu festgefahren. Was sollte ich nun Prisca sagen? Wie sollte ich Aulus noch unter die Augen treten, dem ich so selbstsicher beteuert hatte, ich würde Marcus noch umstimmen können. Er war eben einfach ein unverbesserlicher Dickkopf, der von seiner Meinung, die er sich einmal gebildet hatte, nicht mehr so schnell abrückte.
    Jedoch meine Entschuldigung schien ihn verwirrt zu haben. Wie eindringlich er mich nun ansah und wie dann um einiges später nur ein gebrummtes Ja kam. Von da an schwiegen wir uns nur an. Die Stimmung des Abends, die so verheißungsvoll war, sie war dahin. Aufgelöst wie das Badesalz, welches man zuvor dem Badewasser zugesetzt hatte. In diese Stille trat nun die Sklavin auf den Plan, die vor einer Weile von einem anderen Sklaven eine Wachstafel in Empfang genommen hatte. Nun reichte sie mir diese Tafel mit den Worten, es handele sich hierbei um eine Einladung.
    Herrje, eine Einladung! Als hätten wir keine andere Sorgen! Ich nahm sie entgegen und öffnete sie schließlich unter Marcus fragenden Blicken und begann laut zu lesen.


    Zwecks Ausbau der Beziehungen lädt die gens Flavia, respektive der ehrenwerte Flavius Gracchus, zu einer cena ein: Marcus Aurelius Corvinus, nebst Gattin und zwar am NON SEP DCCCLX A.U.C. (5.9.2010/107 n.Chr.


    "Zwecks Ausbau der Beziehungen lädt die gens Flavia, respektive der ehrenwerte Flavius Gracchus, zu einer cena ein: Marcus Aurelius Corvinus, nebst Gattin und zwar am NON SEP DCCCLX A.U.C."Ich reichte die Tafel wieder der Sklavin und erwiderte Marcus Blick. "Offenbar teilt Manius deine Meinung nicht ganz," gab ich trocken zurück. Selbstverständlich würden wir diese Einladung annehmen, auch wenn Marcus davon wenig begeistert sein durfte. Dies gebot schon die Höflichkeit gegenüber meiner Familie.

    Minute um Minute verging, da ich in Schweigen verharrte. Zu sehr hatte mich dieses tragische Ereignis mitgerissen. Ein so junges hoffnungsvolles Leben war einfach erloschen, wie eine Kerze, deren Flamme, die eben noch so vielversprechend gezüngelt hatte und doch erbarmungslos einem Lufthauch erlegen war. So haftete mein Blick für eine Weile an der armen Toten, auf das ich nichts wahrnehmen konnte. Selbst nicht Nigrinas und Aulus dankende Worte. Erst als ich in meinem Augenwinkel Manius Gracchus wahrnahm, konnte ich mich von ihr lösen, nickte noch nachträglich den beiden Geschwistern zu und wandte mich dann dem Onkel zu.
    "Salve Gracchus! Es freut mich, dich zu sehen… an diesem tragischen Tag," begrüßte ich ihn, jedoch konnte mein Gesicht nicht meine Freude reflektieren, die ich empfand. Wie tragisch ein solcher Tag war, wusste ich aus eigener Erfahrung. Damals, als nach langer Krankheit mein Bruder verstorben war, fühlte ich ähnlich. Vielleicht noch intensiver, da es ja mein Bruder war, der bestattet worden war. Der Tod, erst recht wenn er in der eigenen Familie zuschlag, war immer grausam und ungerecht. Er ließ immer eine Leere zurück, die niemals ausgefüllt werden konnte. Ich bewunderte die Geschwister dafür, wie gefaßt sie waren, auch wenn Aulus sich immer wieder Selbstvorwürfe machte, was wohl seine Art war, mit der Trauer umzugehen. Nigrina indes wirkte still und in sich gekehrt. Sie trauerte im Stillen, was eine ungeheurere Stärke bedeutete, wie ich fand.
    Schließlich erschien noch der junge Manius Minor, den sie liebevoll Minimus nannten. Sehr tapfer, wie er da am Totenbett stand. Er war ordentlich gewachsen, seitdem ich ihn das letzte Mal gesehen hatte.

    Neben meinem Arm, der zweifellos gebrochen war, schmerzen alle meine Glieder mehr oder minder. Die ungesunde Haltung, die ich während der ganzen Zeit in Cleomedes Armen einzunehmen hatte, ließen meine Beine einschlafen und meine Hüfte schmerzen. In einem lichteren Moment, versuchte ich mich zu winden, was mir nur unzureichend gelang, da mich die Schmerzen bei der kleinsten Bewegung wieder überkamen. Doch dadurch hatte ich erreicht, das die Palla nach einer Weile von meinem Kopfrutschte und einen Teil meiner Haare und des Gesichtes frei gaben. Mich störte das nicht im Geringsten. Außer den entsetzlichen Schmerzen war mit inzwischen alles gleich. Denn was war noch von Belang, wenn man alles verloren hatte?

    Wie widerwärtig, dies Vorstellung, die die Claudia nun zum Besten gab. Christen, die Blut tranken und Ihresgleichen auffraßen. schrecklich! Ich konnte ihr nur zustimmend zunicken, jedoch war mein Gesicht vom Ekel verzerrt. Dies machte sogar Serranas Erklärung, die etwas von einer Rechtfertigung hatte, warum und weshalb sie ausgerechnet die Sommerfrische (oder sollte ich besser die Mückenplage sagen)in Germanien "genießen" wollte, nebensächlich. Vielmehr war es der Unmut über die Christen und Hebräer, denen nur ein einziger Gott ausreichte. Nunja, wohin diese übertriebene Sparsamkeit geführt hatte, hatten insbesondere die Hebräer vor nahezu vierzig Jahren aus der Hand einer meiner Verwandten am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Jerusalem war gefallen und die Juden waren verstreut über alle Lande.
    "Die Hebräer waren schon von jeher ein einfältiges Volk! Wusstet ihr schon, sie halten sich für auserwählt! Sie, die Hebräer! Ist das nicht unglaublich vermessen?" Mindestens gen!auso vermessen, wie wir uns anmaßten, die Herrn der Welt zu sein, aber das spielte jetzt keine Rolle.
    "Ich will nicht wissen, was diese Kannibalen des Nächtens in den Katakomben treiben!" Ob sie sich tatsächlich noch an der alten Germanica vergreifen würden, bezweifelte ich zwar, doch nickte ich ihr zustimmend zu.
    "Warum man diese Bestien nicht verhaftet? Das frage ich mich auch! Wir sind einfach zu nachlässig gegenüber diesen Verbrechern!", antwortete ich der Iunia, die diese Frage zurecht gestellt hatte. Doch die größte Gefahr lauerte in den eigenen vier Wänden!
    Stellt euch vor, was wäre, wenn sich unter euren Sklaven zu Hause schon Christianer befänden! Ihr würdet diese Brut nähren, wie eure eigenen Kinder und würdet ihnen sogar Unterkunft gewähren! Zum Dank vergiften sie dann die Gedanken eurer anderen Sklaven, die noch nicht diesem Irrglauben verfallen sind. Am besten man läßt das gesamte Sklavenpack auf den Kaiser schwören, dann entlarvt man dieses Gesindel! Und dann ab vor die Löwen mit diesem Gesocks!"

    Der Tiberier ließ sich nicht lange bitten. Er bann mit seiner äußerst spannenden Erzählung, die mich beinahe darüber das Essen vergessen ließ. Das von mir aufgespießte Stückchen Fleisch wollte einfach nicht mehr in meinen Mund, denn meine Aufmerksamkeit galt nun voll dem Erzähler. Die exotischen Namen, mit denen er Orte und Menschen benannte, sie klangen so fremd aber gleichermaßen auch anregend. Sie regten meine Fantasie an. Das Gehörte verschmolz mit dem Wissen über Alexanders Feldzüge zu einem ganz neuen Bild. Einem Bild, für das ich dem Tiberier ein wenig beneidete. Vielleicht weil er geschafft hatte, was mir und wohl den meisten verwehrt blieb.
    Doch nicht nur ich staunte ob dieser abenteuerlichen Erzählungen. Er verstand es ebenso Prisca und seine eigene Tochter in seinen Bann zu ziehen.
    Letztendlich führte ich jenes Stückchen Fleisch doch noch zum Mund und verspeiste es. Der kraftvolle Wein, dessen Bouquet mich an Johannisbeeren erinnerte, sorgte für eine Abrundung des Genusses.

    Die erfrischend salzige Brise, die vom Meer kam, durchzog das Zelt. Der Wind spielte mit den Bahnen von Stoff, die als Planen dienten. Gelegentlich erlaubten sie einen großzügigen Blick hinaus aufs Meer. Und wenn man genauer schaute, so erkannte man die Rückkehrenden Boote der Fischer, die mit ihrem Fang in den Hafen ihres Dorfes einfuhren.
    "Die meisten Leute in dem Dorf dort drüben sind wohl Fischer. Habt ihr jemals fangfrischen Fisch gegessen, der über einen Lagerfeuer, womöglich noch auf einem Zweig aufgespießt, gegart wurde?" Ich hatte es einmal gewußt. Wage, längst vergessene Kindheitserinnerungen taten sich wieder auf. Verblasste Erinnerungen an schöne Momente, damals in Hispania. Drei Kinder, zwei Jungen und ein Mädchen, die sich von zu Hause davon geschlichen hatten, um die Stadt zu erkunden. Der Hafen hatte uns schon immer fasziniert. Nicht nur die großen Schiffe, die über das mare nostrum segelten, oder die Galleren. Besonders den Fischern hatten wir unsere Aufmerksamkeit geschenkt. Wenn die starken Männer, deren Gesichter vom Wind und Wetter geprägt waren, ihren Fang von den Booten schleppten. Wann, wenn nicht dort, bekam man die Tiere des Meeres so hautnah zu Gesicht?
    Unser kleiner Ausflug hatte meinen Steifbrüdern und mir anschließend noch ordentlichen Ärger eingebracht. Doch darüber hatte sich längst der Schleier des Vergessens gelegt.

    Neben den beiden anderen Sklaven, hatte sich auch Cleomedes mit mir im Atrium engefunden. Direkt hinter dem Rex Nemorensis hatte er sich postiert und hielt mich dabei immer noch. Die immer stärker werdenden Schmerzen und die dazukommende Müdigkeit erfaßten mich. Ein Königreich für ein Bett, oder wenigstens eine Kline!

    Immer noch in Cleomedes Armen, konnte ich nur ein seufzendes ja von mir geben, als ich neben mir die Stimme des Galliers hörte. Inzwischen hatte der Ianitor den Männern Einlaß gewährt. Und als nun auch Cleomedes sich anschickte, die Villa zu betreten, seufzte ich wieder, diesmal vor Schmerzen.

    Mir kamen die beiden Sklaven äußerst gelegen. So mußte ich nicht weiter auf Septimas Fragen eingehen. Viel interessanter war nun der Gallier, der endlich auch nun die tiberische Genehmigung für den Eintritt ins Becken bekam. Septimas Frage nach seinen Schwimmkünsten veranlaßte mich zu grinsen, so tief war nun das Becken auch nicht. Doch womöglich mußte er eine von uns retten. Donn konnte es schon hilfreich sein, wenn er schwimmen konnte.
    "Nun, dann komm! Komm zu uns!", befahl ich ihm. In der Tat, enthaart sah er noch ein Stückchen reizvoller aus. Weniger barbarisch. Nun galt es, sich von den Qualitäten des Sklaven zu überzeugen. Doch vielleicht hatte die Tiberia noch einige Anregungen, um den Gallier zu beschäftigen.
    "Nun ja, ein so starker Mann mit solchen Muskeln," meine Augen streiften ihn dabei, als er sich in die Fluten des Beckens begab, "eignet sich besonders gut dazu, sich von ihm schützen zu lassen. Stell dir nur vor, wenn sich seine stählerne Muskeln gegen jeden Angreifer stellen. Vielleicht wäre er auch begabt dazu, ihn in einer der Schulen ausbilden zu lassen. Was meinst du, wozu würde er sich am besten eignen? Als retiarius vielleicht? Dann ist aber vorsicht geboten, damit man sich nicht in seinem Netz verfängt.", scherzte ich und kicherte dabei.
    "Oder vielleicht doch als Murmillo, schließlich ist er Gallier. Allerdings sieht man dann nicht mehr viel von seinem schönen Gesicht."
    Alexandros und sein neuester Duft kamen nun gänzlich ungelegen.
    "Du hast es gehört, wir werden ihn nach dem Bad benutzen. Nun geh!" Alexandros murmelte noch etwas unverständliches- Tief getroffen und schwer beleidigt verließ er das balneum.

    "Letztendlich obliegt es doch der Frau, den Willen des Mannes so zu beeinflussen, auf daß er am Ende gar nicht mehr anders kann, als sich selbst zu ihrem Diener zu machen.", meinte ich schließlich auch noch dazu, denn darin, so glaubte ich, bestand die wahre Kunst. Allerdings erforderte dies jahrelange Übung, die gelegentlich auch von Mißerfolgen begleitet wurden. Aber waren es nicht die Mißerfolge, aus denen sich der beste Lehmeister hervortat?


    Oh ja, es hob meine Stimmung ungemein, denn Lupus verstand sich hervorragend auf die Kunst des Schmeichelns. Und nicht nur das! Er war regelrecht begnadet. Wie er vor mir in die Hocke ging, mir kokett den Becher aus der Hand nahm, meine andere Hand weiterhin haltend und mir allerlei Süßholzraspeleien zuflüsterte, einfach göttlich! Genau so etwas in der Art wollte ich jetzt hören. Wer in aller Welt war sein Mentor gewesen? Oder war dieses Können etwa angeboren?
    "Das hast du sehr schön gesagt! Wahrlich, du betörst mich, mein Lieber!" Auch wenn dies wohl nicht der passendste Ort dafür war. Herrje, nicht auszudenken, wenn jetzt Marcus hereinplatzte! Na und? Der gute Lupus kümmerte sich doch nur seiner statt um mich, da es mir doch so schlecht ging! Ein wahrer Wohltäter, gänzlich uneigennützlich!


    Natürlich beließ ich auch meine Hand in seiner, da er doch alle Register seines Talentes zog, um mir ein dankbares, wenn auch schwärmerisches Lächeln abzuringen. Und dabei, so mußte ich gestehen, verlangte es ihm gar keiner großartiger Mühen ab, denn ich war regelrecht ausgehungert nach Komplimenten und Courschneidereien. Ja, ich war im Begriff, ihm zu verfallen und Septima… wer war eigentlich Septima? Nun, Septima war in diesem Augenblick zur Nebensächlichkeit degradiert worden. Jedoch nur kurz. Denn Lupus war sich durchaus bewußt, daß wir beide uns hier nicht allein befanden. Und er es nun auch der Tiberia recht machen mußte. Ein wenig Enttäuschung, gar Eifersucht schwang kurzzeitig in meinem Blick mit, als er sich von mir ab und ihr zuwandte. Doch schnell übertünchte ich dies wieder mit gespieltem Wohlwollen, wie ich es nur allzu oft tat. Jedoch als er mit ihr zu flüstern begann, spitzte ich meine Ohren, um ja nichts zu verpassen.
    "Das habe ich gehört!", brach es aus mir tadelnd hervor und aus meinem Antlitz war jedwediges Lächeln entschwunden. Stattdessen belegte ich die beiden mit einem strengen Blick, dem ich jedoch nicht lange standhield, denn irgendwannbegann ich zu kichern. Ja, in der Tat, ich kicherte! Eine Frau in meinem Alter sollte nicht mehr kichern! Allerdings tat ich dies wohl nur, weil Septima den jungen Aurelius in seinem Tun zügelte.

    In der Tat, ihm blieb nur der Blick auf unser vermeintliches Glück, was wohl eher auf Septima zutreffend war. Doch konnte er sich nicht in der Tatsache trösten, sich bald schon mit dem Gedanken zu beschäftigen in den sicheren Hafen der Ehe einlaufen zu können. Und dann auch noch mit einer Flavia! Natürlich, die Verhandlungen liefen noch. Aber immerhin, ein kleiner Hoffnungsschimmer!
    "Ich bin mir sicher, dir wird eines Tages auch ein solches Glück zuteil, letztendlich bringst du die besten Voraussetzungen mit, würde ich meinen. Doch bevor es soweit bist und du uns ganz und gar verlustig gehst, sollten wir dein Angebot schon annehmen!" Davon war auch die Tiberia nicht abgeneigt, die sogleich einen Vorschlag machte. Nämlich den, er möge uns doch etwas vorlesen. Tatsächlich hätte dies den Effekt der Entspannung noch überaus gefördert, nur glaubte ich, man könne dem jungen Aurelius noch weitaus mehr abverlangen.
    "Wie wäre es, wenn du aus dem Stehgreif etwas rezitierst und uns dabei die Füße massierst?" Die waren zwar heute noch nicht sehr beansprucht worden, dennoch war dies eine hervorragende Methode, alle Ermattungen des Müßigganges abzuschütteln.

    Der Ritt vom Hain bis zu den Toren Roms war beschwerlich gewesen. Des öfteren hatte ich das Bewußtsein verloren, denn jede Bewegung war eine Tortur für meinen verletzten Arm. Mir war, als stürbe alles in mir. Alles ging langsam und schmerzvoll zugrunde.


    Da der Morgen schon angebrochen war, mußten die Pferde am Stadttor zurückgelassen und der Rest des Weges zu Fuß zurückgelegt werden. Mein Sklave Cleomedes ließ es nicht zu, daß auch ich gehen sollte. So trug er mich, bis zu den Pforten der Villa Tiberia.
    Meine Palla verdeckte mein Gesicht. Deshalb blieb es mir verborgen, als der Rex Nemorensis zur Tür schritt. Nur sein klopfen nahm ich wahr. Wir waren wohl noch recht früh. Früh genug, um den Bittstellern und Klienten, die zur täglichen Salutatio eilten, aus dem Weg gehen zu können.

    Praefectus Urbi hin oder her, der Kerl wurde immer aufdringlicher! Mittlerweile durfte es wohl auch Nigrina klar gewesen sein, worauf Salinator spekulierte. Ich hoffte es zumindest. Sie ließ sich doch hoffentlich nicht von seinen Komplimenten einlullen! Nein, bestimmt nicht. Sie spielte nur mit ihm! Oder?
    Seiner Beteuerung, er habe Geschmack im Überfluß glaubte ich ihm aufs Wort, konnte es aber nur mit einem gezwungenen Lächeln erwidern.
    Dann fragte Nigrina ihn auch noch nach seiner Begleitung! Die Antwort, die darauf folgte, ließ mich schlimmes ahnen. Warum nur war ich heute Abend hierhergekommen? Warum hatten die Götter zugelassen, daß sich dieser Homo novus hinter uns setzte? Genau, damit er sich nun zwischen uns drängen konnte! Ich glaubte es ja nun nicht, wie unverschämt! Ohne Rücksicht auf Verluste zwängte er sich neben uns. Gerade noch rechtzeitig konnte ich auf den freien Platz zu meiner Rechten ausweichen, sonst wäre ich zweifellos Opfer seines breiten Hinterteils geworden. Ich konnte nur hoffen, daß dieses Glück auch Nigrina zu Teil wurde.


    Ja, tatsächlich, bis jetzt hatten wir unsere Identität erfolgreich vor ihm verbergen können. Das dies aber nun kaum noch möglich schien, lag auf der Hand.
    Hatte er soeben tatsächlich Honigkekschen gesagt, oder war mein Gehörgang verstopft? Nein, nein, ich hatte richtig gehört! Honigkekchen! Wie kam er nur darauf? Da brauchte man nicht lange zu fragen, wenn man sich seine Leibesfülle betrachtete! Natürlich wollte ich Salinator für meinen Teil, nicht mit allen Tatsachen konfrontieren, das wäre ja noch schöner gewesen!
    "Ich bin Celina und das ist…" Ich lenkte meinen Blick auf meine Begleitung, damit sie sich selbst vorstellen konnte. Celina war im Übrigen mein Kosename aus Kindertagen gewesen, also nicht ganz gelogen.

    Natürlich konnte ich Prisca da nur zustimmen und sicher hätte die Germanin und ihr Bastard noch stundenlang für echauffierende Aufregung sorgen können. Dennoch ermüdete mich dieses Thema, denn wir konnten es über kurz oder lang nicht an einem Tag lösen. Diese Sache bedurfte Zeit, viel Zeit wenn es sein mußte.
    "Ja, das ist es! Aber Prisca, verschwenden wir nicht unsere kostbare Zeit an diese Barbarin. Laß uns über etwas anderes reden!" Das war weitaus besser und interessanter, als ständig nur Schimpftiraden zu schwingen.
    "Hast du denn wieder etwas von ihm gehört?", fragte ich mit einem erwartungsvollen Lächeln, denn gerade solche geheimnisvoll romantischen Geschichten waren es, die über manches hinweg halfen, wenn man sich der Aussichtslosigkeit gegenüber stehen sah.
    Dennoch hatte ich es im Gefühl, dies alles würde auf irgendeine Weise gut ausgehen. Allerdings wie, das war mir schleierhaft. Vielleicht würde Marcus der Schlag treffen, so daß er, ähnlich wie Gracchus, nicht mehr richtig sprechen konnte. Vielleicht richteten es die Götter ein, daß er nur noch JA sagen konnte. Ja zu allem, was man ihn fragte. Und mit etwas Geschick würde alles, aber auch wirklich alles gut werden. Doch ich fürchtete, dies blieb nur Wille und Vorstellung.
    Es hatte mir in der Tat das Herz gebrochen, ihre Bitte abzulehnen. Ich konnte nicht ihre pronuba werden, so gerne ich es auch geworden wäre. Leider! Und der Grund, warum dies nicht ging, fuchste mich noch mehr! Wieder einmal machte mir meine Vergangenheit einen Strich durch die Rechnung.
    "Nein, es geht leider nicht Prisca. Du weißt doch, die Ehe mit Marcus, sie ist nicht meine erste Ehe. Ich war doch schon einmal vorher verheiratet." Deplorabel, äußert deplorabel! Aber da biß die Maus keinen Faden ab. Es war, wie es war.
    "Aber vielleicht fragst du einfach Septima, wenn die Zeit gekommen ist. Sie sagt bestimmt nicht nein."