Beiträge von Caius Decimus Scaurus

    Zitat

    Original von Maximus Decimus Meridius


    Ich nickte meinem Onkel nur freundlich zu, auch dem anderen Typen und konzentrierte mich dann wieder auf die Rennstrecke. Als die Fahrer einfuhren, hielt es mich nicht weiter auf meinem Platz, ich sprang auf und jubelte genauso wie die Massen in unserem Fanblock den Fahrern der Aurata zu.


    AURATA VICTRIX!

    Ich kassiere in bar. Selbstverständlich kannst du auch deinen Bankier einschalten, dann wirst du dir ganz sicher sein können, dass das Geld auch wirklich in die richtigen Truhen fließt.


    Ich lächelte höflich. Von den derzeitigen Fällen der Misswirtschaft einiger Aquarii wollte ich lieber nicht sprechen, die Cura Aquarum sollte eine weiße Weste behalten. Und ich selbst hatte mir ja nichts vorzuwerfen. Der nun fordernde, fast inquisitorische Ton des Helvetiers ließ mich etwas schmunzeln. Natürlich musste man diese Offenheit zwangsläufig als Dreistigkeit ansehen, aber es war nunmal die Wahrheit. Daher nickte ich und ließ mich dankend auf der Bank neben ihm nieder.


    Ich freue mich, dass Du jemanden brauchst. Du siehst aber nicht gerade hilfsbedürftig aus..., fügte ich schmunzelnd hinzu, um die Situation etwas aufzulockern.


    Nun, ich heiße Caius Decimus Scaurus. Ich bin Neffe des Decimus Meridius. Ich wurde in Tarraco geboren und habe dort bis vor kurzem gelebt. Meine Ausbildung war dank der guten wirtschaftlichen Lage der Familie sehr umfassend, ich wurde in allen nötigen Künsten geschult und spreche fließend Griechisch. Die Namen meiner Brüder und Schwestern werden dir sicher nichts sagen, sie sind bisher nirgends in Erscheinung getreten.


    Was sind meine Ambitionen? Ich möchte Senator werden. Das ist das letztendliche Ziel, das ich bei allem vor Augen habe. Ich möchte ein wirklich guter Senator für Rom und seine Bürger sein. Und ich möchte es mir selbst erarbeiten. Nenn es jugendlichen Unsinn, aber ich möchte mich nicht auf den Lorbeeren meines Onkels ausruhen und mit ihnen protzen. Ich weiß, in welcher Gens ich lebe, aber dazu gehört mehr... ich will meines eigenen Glückes Schmied sein.


    Ich nahm dankend Platz und wartete dann ab, bis der Sklave mit dem Wein zurückkam. Noch einmal dankte ich Meridius und prostete ihm zu, bevor ich einen guten Schluck nahm.


    Ich mache die Arbeit ein gutes Vierteljahr. Ich weiß, das hört sich noch nicht nach viel an, und ich denke, jetzt zu gehen wäre auch reichlich überstürzt, aber länger als ein halbes Jahr will ich dort nicht zubringen. Purgitius ist ein exzellenter Arbeitgeber und ein fordernder Mann, aber wenn wir ehrlich sind, sollte ich in meinem Alter schon weiter sein. Ich bin Aquarius, nicht gerade das Rühmlichste, was das Imperium zu bieten hat...

    Die Arbeit als Aquarius machte mir inzwischen immer mehr Spaß. Dennoch - ich fühlte ein seltsames Loch, eine Leere, die ich auszufüllen suchte. Zuerst hatte ich versucht, Briefe zu schreiben. Briefe an entfernte Verwandte, an Freunde. Eine Zeit lang fand ich es auch wirklich spannend, diese Briefwechsel aufrecht zu erhalten, aber irgendwann schliefen auch diese Kontakte völlig ein. Und ich suchte wieder nach etwas, das mich wirklich erfüllen konnte. Ich fühlte mich wie ein Becher, den man bisher nur zur Hälfte gefüllt hatte. Viel passte noch hinein und es dürstete mich nach mehr. So ergriff ich die Möglichkeit eines freien Tages, um mir die schönsten Catull-Gedichte unter den Arm zu klemmen und gänzlich ohne Sklavenanhang in den Park zu schlendern. Es war, wie man so schön sagte: man ließ den Alltag völlig hinter sich. Sobald man ein wenig den Außenrand des Parks hinter sich gelassen hatte, wurde auch sämtlicher störender Lärm ausgeblendet. Ich konnte mich völlig auf die warme Brise konzentrieren, die durch die Bäume wehte und sie leise seufzen ließ. Ich spürte die wärmende Sonne auf meinem Gesicht und beobachtete staunend ein Vogelpaar beim Nestbau. Zu beiden Seiten des sauber angelegten Weges erstreckten sich saftig grüne Rasenflächen, auf denen bereits hie und da kleinere Myriaden von Frühlingsblühern zu neuem Leben erwachten. Die Natur meldete sich wieder zurück, nachdem sie so lange unter der dichten Schneedecke ausgeharrt hatte. Die Traurigkeit, die ich all die Tage gespürt hatte, die Verzweiflung, die der Tod meiner Mutter hervorgerufen hatte, all das war in diesem Augenblick völlig weggeblasen. Meine Gedanken kreisten nicht mehr sinnlos umher, sie ließen sich einfach treiben. Sie hatten kein bestimmtes Ziel, genau wie der Wind, der die Blumen mit ihren Köpfen wiegen ließ. Behutsam strich ich mit der Hand über die Rinde eines Baumes und atmete den holzigen Geruch ein, der auf meiner Handfläche zurückgeblieben war. Die Äste trieben langsam feine Knospen. Bald würden die Bäume wieder in voller Pracht stehen. Warum machten wir Menschen es uns im Leben eigentlich so schwer? Diese Frage geisterte mir plötzlich durch den Kopf. Es gab so vieles, das wir so wichtig nahmen. Dabei war nichts davon wirklich von Belang. Vielleicht war es einfach nur wichtig, zu sein und nicht ständig zu versuchen, etwas zu werden. Wir versuchten stets, von der Stelle zu kommen, und merkten dabei gar nicht, dass wir uns immer noch nicht vom Fleck bewegt hatten. Wir waren so sehr davon überzeugt, irgendwo ankommen zu müssen, und kannten doch nicht das Ziel unserer Reise. Auflachend registrierte ich diese Erkenntnis und war dankbar dafür, endlich wieder klare Gedanken fassen zu können. Hier, in diesem goldenen Elysium direkt in Rom.


    Schweigend ließ ich mich an einem Baum nahe einer Parkbank nieder. Ich sah nicht, wer darauf saß und nahm daher an, ich wäre allein. Genüsslich entrollte ich das erste Gedicht und las es laut. Catull hatte auch noch nach den Jahrzehnten nach seinem Tod eine Wucht und Tiefe, die anderen Dichtern unserer Zeit oft abging. Alles hatte so eine verzweifelte Gravität und war dabei doch so geprägt von jugendlichem Leichtsinn. Wie konnte jemand so verzehrend lieben? So sehr lieben, dass es gleichzeitig in blanken Hass umschlug? Ich musste wieder lachen und las jede Zeile laut für mich, um mir ihren Sinn vor Augen zu führen. Die Liebe war wahrlich wunderbar und schrecklich zugleich. Sie glich der Kallypso, die Odysseus mit ihren Reizen gefangen hielt und nicht eher gehen ließ, bis dass die Götter ihr nicht etwas anderes befahlen. Die Liebe war verzehrend, gab aber auch unendlich viel. Und diese Liebe verspürte ich gerade in Form einer tiefen Dankbarkeit für mein Leben. Nichts war wichtig in diesem Augenblick.

    Nein, ich hatte freilich nicht vergessen, wie wir miteinander umgegangen waren. Und gerade brachte wieder freudige Kindheitserinnerungen in mir auf. Lächelnd und wohlig seufzend rief ich all das wieder zurück, was im Alltagsstress verschütt gegangen war. Erinnerungen an unbeschwerte Stunden, an denen mir Seiana die übelsten Streiche gespielt hatte und ich mir nicht zu fein war, es ihr postwendend zurückzugeben. Immer tiefer reiste ich in den Gräben und Gängen meiner memoria. Und immer weiter ging ich zurück. Plötzlich lächelte mir ein wohl vertrautes Gesicht entgegen. Ein weibliches Gesicht mit edlen, weisen Zügen. Es war das Gesicht meiner Mutter. Sie hauchte mir Worte zu, aber ich verstand sie nicht. Mein Blick wurde verzweifelt und erste Tränen blitzten in meinen Augen, während ich zur Wand an Seiana vorbei starrte.


    Mutter..., murmelte ich, ohne zu realisieren, dass ich es wirklich gesagt hatte. Noch immer war ich gefangen in diesem Wachtraum. In diesem Albtraum, der mir wieder frisch vor Augen führte, wie unsere Mutter gestorben war. Zum ersten Mal seit unserem Aufbruch aus Tarraco sah ich diese Bilder völlig ungefiltert und ergab mich ihnen bedingungslos. Mit voller Wucht traf mich eine Szene, in der ich mich mit meiner Mutter stritt. Wie immer über völlig nebensächliche Dinge. Ich erkannte, wieviel ich ihr noch hätte sagen wollen, wieviel auf der Strecke geblieben war. Ich verbarg das Gesicht in meinen Händen und fing an, bitterlich zu weinen. Ich konnte es nicht mehr kontrollieren, die Tränen flossen sturzbachartig über meine Wangen. Das wollte ich meiner Schwester eigentlich nicht antun, denn sie stand sicher noch genauso unter Schock. Sorgen um mein Auftreten machte ich mir bei ihr nicht, sie wusste, dass ich durchaus bereit war, Gefühle offen zu zeigen. Doch in so heftiger Form hatte ich mich lange nicht mehr der Trauer und Verzweiflung hingegeben. Ich vermisste meine Mutter mehr als alles auf der Welt. Und ich konnte dabei nur hoffen, dass es ihr jetzt besser ging, wenn es dieses Elysium wirklich gab. Einmal in Berührung gekommen mit der Philosophie, zweifelte ich immer mehr daran. Aber die Hoffnung darüber hielt mich fest am Leben. Vielleicht würde ich ihr wiederbegegnen und wir wären alle wieder vereint. Aber in diesem Leben würde sich nichts mehr umkehren lassen. Sie war unwiederbringlich von uns gegangen.

    Ich nickte nur und ließ den Ianitor ziehen. Derzeit hatte ich keine Bedürfnisse, als die Rohre im peristylium zu reparieren. Und der heutige Arbeitstag würde wohl einzig und allein damit zugebracht werden, die Leitungen freizulegen und noch einmal gründlich nach Lecks abzusuchen, um danach die ersten Ersatzleitungen zu verlegen. Das Werkzeug wurde auf einer freien Fläche des periystyliums gestapelt und der ganze Innenhof dann abgesperrt, damit sich niemand Unbefugtes verletzen konnte. Ächzend machten wir uns zuerst daran, die Erde aufzulockern und dann die Rohre freizuschaufeln. Schnell stand mir der Schweiß im Gesicht und ich nahm einen Schluck aus dem Wasserschlauch, den ich schließlich kreisen ließ.

    Nach kurzer Zeit erblickte ich in der Runde einen alten Freund. Ich nickte ihm grinsend zu und er erkannte mich auch.


    Lucius, was verschlägt dich hierher?, fragte ich verschmitzt und wrang den Lappen über meinem Kopf aus, um mir dann den Rücken zu waschen.


    Ich wollte nachdenken, das macht man am besten hier. Schon Seneca wohnte über einer Therme.


    Ich staunte nicht schlecht. Er war noch immer der Alte.


    Nun, dann sag mir, zu welchen Überlegungen du bezüglich Platons Gleichnis gekommen bist...


    Er atmete tief durch. Da musste er schon mehr überlegen.


    Ich denke, dass das, was wir hier sehen, nicht dem entspricht, was wirklich ist... Platon verdeutlicht ja den Schritt des Erkenntnislosen hin zur Erkenntnis. Und den sind wir noch nicht gegangen...


    Ich selbst nickte nur. Soweit war ich in meinen Gedanken schon gekommen, darüber hinaus tat aber mein Kopf weh, wenn ich daran dachte, was sich hinter dem, was wir sahen, verbarg.

    Die Diskussion hatte ich nicht zu führen, sondern mein Vorgesetzter. Ich hatte zwar meinen eigenen Kopf, aber nicht die Zeit und Muße, mich mit solchen Querelen auseinander zu setzen.


    Mach das! Ich wünsche noch einen schönen Tag, vale bene.


    Sprachs und machte wieder kehrt in Richtung Innenstadt.

    Die Schlange vor den Thermen war heute besonders lang. Ich selbst hatte mir meine beiden Sklaven mitgenommen, um notfalls durchzusetzen, dass ich schnell genug hinein kam. Plötzlich wurde es hinter mir laut.


    Ungewaschener Pöbel, lasst mich hindurch!, schallte es nach vorn. Ich blickte mich um und sah einen mir bekannten Patrizier, der von einigen grobschlächtigen Plebejern unterer Herkunft daran gehindert wurde, voranzukommen in der Schlange. Kurzerhand nickte ich meinen Sklaven zu. Als Anhänger des Optimatenlagers - so es politisch noch Gewicht hatte - war ich auch Anhänger alter Sitten. Und die verlangten nunmal Vorrang für die Oberschicht, besonders für Senatoren wie diesen hier.


    Lasst den Mann durch, Gesocks!, rief ich, während meine Sklaven die Rüpel zur Seite drängten und einen Korridor für den Senator öffneten. Der nickte mir dankbar zu und ich konnte nach ihm hinein. Den obulus warf ich in die Urne, dann zog ich mich um. Während meine Sklaven es sich in der Umkleidekabine gemütlich machten, um hoffentlich auf meine Habseligkeiten Acht zu geben, machte ich den obligatorischen Rundgang. Letztlich verschlug es mich ins Heißbad. Stöhnend ließ ich mich ins Wasser sinken und legte mir einen nassen Leinenlappen auf den Kopf.


    O tempora, o mores!, stöhnte ich vor mich hin. Es war höchste Zeit, dass die Decimer geadelt wurden, um ihren gerechten Platz an der Sonne zu erhalten.

    Ich wies die Handwerker an, den Wagen hinter das Haus zu fahren und griff mir bei der Gelegenheit schon einmal eine Hacke. Hinten angekommen begannen die Handwerker, alles abzuladen und sich Richtung Peristylium zu bewegen. Ich selbst sprach noch mit dem Ianitor.


    Außer dem Schlüsselbund für die Truhen des Praefecten brauchen wir nichts, danke!, antwortete ich lachend und hoffte, dass der Mann Humor besaß. Der schien in letzter Zeit etwas rar gesät zu sein.

    Das verwunderte mich wiederum.


    Und wie kannst du hier leben ohne Wasseranschluss? Wird dir das Wasser täglich gebracht?, bemerkte ich lächelnd, ohne einen Anflug von Belustigung zu zeigen.


    Die rechtliche Grundlage wirst du mit dem Curator Aquarum, Spurius Purgitius Macer, abklären müssen. Ich bin nur das ausführende Teil dieses Prozesses und wurde angewiesen, diese Casa zu besuchen. Sollte das nicht der Richtigkeit entsprechen, wende dich bitte an den Curator.

    Salve., grüßte ich den Mann, der an seiner Kleidung erkenntlich, scheinbar nicht der Ianitor, sondern einer der Hausbewohner war.


    Ich heiße Caius Decimus Scaurus und bin der zuständige Aquarius. Es ist sicher kein angenehmes Anliegen, aber es muss gemacht werden: das jährlich einzuziehende Wassergeld ist fällig. Aus den Unterlagen, die zusammen mit dem Hausanschluss übergeben worden sind, dürfte die Rohrgröße ersichtlich sein.


    Sim-Off:

    Siehe PN :)

    Im Zuge meiner Nachforschungen kam ich nun zum officium des Curators. Kurz klopfte ich an, wurde hereingebeten und grüßte höflich.


    Salve, Curator. Ich habe unangenehme Neuigkeiten für dich.


    Kurzerhand legte ich eine Wachstafel mit den betreffenden Namen auf den Tisch vor ihm.




      [*]Manius Horatius Eraster
      [*]Publius Semionius Strabo
      [*]Decimus Veratius Clodius



    Bei diesen Aquarii habe ich während meiner Arbeit an den Rechnungsbüchern Unregelmäßigkeiten festgestellt.


    Damit er sich selbst überzeugen konnte, reichte ich ihm auch eine Abschrift.



    Manius Horatius Eraster


    Aquarius für Trans Tiberim


    Monatliche Abrechnungen:


    Aprilis DCCCLVII A.U.C. (104 n.Chr.): 3074 Sz


    Maius DCCCLVII A.U.C. (104 n.Chr.): 2986 Sz


    Iunius DCCCLVII A.U.C. (104 n.Chr.): 3024 Sz


    Iulius DCCCLVII A.U.C. (104 n.Chr.): 3110 Sz


    Augustus DCCCLVII A.U.C. (104 n.Chr.): 2965 Sz


    September DCCCLVII A.U.C. (104 n.Chr.): 2010 Sz


    October DCCCLVII A.U.C. (104 n.Chr.): 1526 Sz


    November DCCCLVII A.U.C. (104 n.Chr.): 1434 Sz


    December DCCCLVII A.U.C. (104 n.Chr.): 1599 Sz


    Ianuarius DCCCLVIII A.U.C. (105 n.Chr.): 1489 Sz


    Februarius DCCCLVIII A.U.C. (105 n.Chr.): 1576 Sz


    Das ist die Rechenschaft Erasters. Wie du ganz deutlich sehen kannst, hat er ab September letzten Jahres deutlich weniger verbucht als zuvor. In Gesprächen mit Kunden konnte ich erfahren, dass diese aber den selben Satz gezahlt haben wie zuvor. An deren Schlampigkeit oder schlechter Zahlungsmoral liegt es also nicht. Bei den übrigen zwei liegt der Fall genauso.

    Die Sache mit den Unregelmäßigkeiten in den Abrechnungen ließ mich nicht mehr los. Ich nahm zwar nicht an, dass das Ganze keine grassierenden Zustände innerhalb der Cura angenommen hatte, aber die drei Namen waren bestimmt beteiligt. Während der Woche führte ich daher mit ihnen unverbindliche Gespräche während der Arbeit und beim obligatorischen Absacker in der nächsten Taverne. Dabei konnte ich in Erfahrung bringen, dass diese drei sich Trans Tiberim als Verwaltungsdistrikt teilten und dort gern die eine oder andere Sesterze unter den Tisch fielen lassen. Das tarnten sie seit Monaten mit schlechten Verhältnissen bei den Wasseranschlüssen und schlampigen Zahlungen seitens der Kunden. Ein paar Gespräche mit jenen "Betrügerkunden" brachte jedoch ans Licht, dass die immer korrekt gezahlt hatten. An denen lag es also nicht. Der Verdacht der Hinterziehung seitens der drei Kollegen lag nun also nahe. Darüber musste ich mit dem curator reden.

    Der Senator dachte länger nach. Diese Zeit nutzte ich, um einen unauffälligen Blick auf das atrium zu riskieren. Eine schöne Einrichtung, es machte etwas her und zeigte, dass diese Gens zwar etwas in Vergessenheit geraten, aber noch lange nicht bedeutungslos, war. Ich hatte zwar von Tarraco aus nicht allzu viel mitbekommen von den übrigen Gentes, aber die Helvetier waren mir ein Begriff. Daher fühlte ich mich etwas klein hier. Aber das schob ich beiseite und schenkte dem Senator ein ehrliches und zwangloses Lächeln. Als er mir dann antwortete, konsultierte ich noch einmal die Preistabelle und nickte dann bestätigend.


    Ja, genau, 350 Sz. ist der Satz, den ich abrechnen muss.


    Ich wartete seine Antwort ab und übte mich in Geduld. Dann fiel mir aber etwas ein.


    Ich hoffe, das ist nicht zu indiskret, Senator. Ich merke nur - und das sage ich mit allem Respekt der alten Sitten - dass die Helvetier ein wenig von ihrem Glanz eingebüßt haben. Wäre eine helfende Hand an deiner Seite vielleicht benötigt? Ich weiß, das hört sich jetzt etwas überraschend an, aber meine Tätigkeit als Aquarius erlaubt auch die Tätigkeit als Privatsekretär.

    Vom Sklaven wurde ich in das Atrium geführt. Geduldig wartete ich ab, bis der Senator eintrat. Höflich grüßte ich ihn.


    Salve Senator. Ich hoffe, dich nicht gestört zu haben. Ich behellige dich auch ungern, es wird allerdings nicht lange dauern. Du ahnst es vielleicht schon, das Wassergeld für dieses Jahr wird fällig. In deinen Dokumenten müssten sich die nötigen Angaben befinden, die mir sagen, welche Abgabe genau zu zahlen ist. Keine Angst, es handelt sich um eine jährliche Gebühr und fällt daher kaum ins Gewicht.


    Sim-Off:

    Siehe PN :)

    Ich musste einige Zeit warten und wollte schon unverrichteter Dinge abziehen, als sich hinter mir die Tür öffnete. Noch einmal drehte ich mich um und blickte dem Ianitor entgegen.


    Salve, ich bin Aquarius in den Diensten der Curia, um hier die fällige Wassersteuer einzutreiben. Es müsste schon einmal ein Kollege bei euch geklopft haben. Der hat aber niemanden angetroffen und ist dann wieder abgezogen. Ist dein Herr zu sprechen?


    Ich begann zu grinsen. Ja, so war Meridius. Zwar manchmal etwas versonnen, wenn es um seine Tage als Legat ging, aber immer fast schon so realistisch, dass es wehtat. Aber lieber mochte ich ihn so als einen Mann, der immer alles schön redete.


    Da hast du leider Recht. In Tarraco habe ich etwas in der heimischen Pferdezucht auf unserem Gut gearbeitet, aber das ist ja nichts im Vergleich zu einem ganzen Rennstall. Wenn ich dir dennoch meine Hilfe anbieten darf, wäre es mir eine Freude. Ich mag Pferde und administrativ werde ich in letzter Zeit beim Curator Aquarum immer besser. Ich stelle hiermit übrigens ein Gesuch auf Mitgliedschaft...
    Aber lass uns trotzdem die Daumen drücken für die Gespanne der Aurata, vielleicht hat Fortuna ja heute ein Auge auf dich geworfen.
    , antwortete ich neckisch und ließ dann eine Olive in meinem Mund verschwinden.


    Während wir noch plauderten, redete uns jemand von hinten dazwischen. Verärgert sah ich mich um und erblickte das junge Gesicht eines Mannes, den ich etwa auf mein Alter schätzte. Und da ich mir selbst auf meine Manieren einiges einbildete - schließlich war meine Mutter eine strenge Lehrmeisterin gewesen -, machte er sich bei mir schlagartig unsympathisch. Das zeigte ihm deutlich mein angewiderter Gesichtsausdruck. Und wäre er der Statthalter Syriens gewesen, Manieren waren das Alpha und Omega eines Mannes von Welt. Dass er mich bei seiner Begrüßung kategorisch ignorierte, darüber sah ich hinweg. Schließlich war ich noch nicht lange in Rom und daher brachte man mich noch nicht allzu oft in Verbindung mit meinem Onkel. Aber selbst das wäre ja schon eine Frage des guten Tons gewesen.


    Waren meine politischen Kenntnisse sehr solide, stand es um meinen militärischen Wissensstand eher schlecht. Was an Rängen in den Legionen vorhanden war, konnte ich mir aus meinen Kindertagen noch halbwegs zurechtdichten, aber bei den Stadteinheiten Roms sah der Fall schon ganz anders aus. Der Lagerpräfekt war aber ein recht beachtlicher Rang. Nur passte die Einheit, in der dieser ungehobelte Klotz diente, ganz recht zu seinem Auftreten. Die städtische Feuerwehr, in der Sklaven dienten... Verächtlich spukte ich einen Olivenkern in den Boden vor mir und blickte den Mann - oder sollte ich lieber sagen: Jungen - vor mir an. In Anbetracht dessen, dass mein Onkel anwesend war und ich ihn mit einer unflätigen meinerseits nicht blamieren wollte, sparte ich mir einen Spruch und schluckte den Unmut herunter. Ich war zwar verärgert, dass man uns hier so ins Wort fiel, aber dadurch wollte ich mir das Rennen nicht vermiesen lassen. Stattdessen wollte ich diesen Dorftrottel mit Ignoranz strafen, wie es einem Decimer angemessen war. Im Gegensatz zu mir schien der Jungspund nicht zu wissen, aus welcher hohen und angesehenen Familie er stammte. Von Octavius Anton erzählte man sich auch heute noch Geschichten. Dieser Ruhm reichte noch aus, um die Octavier in die Riege der guten Familien einzureihen, aber er genügte wohl nicht, um solche geistig zurückgebliebenen Subjekte wie den Vigil hier an seine Herkunft zu erinnern. Genug der Gedanken, gerade stolzierte eine bildhübsche Patrizierin mit ihren Sklaven durch die Tribüne und hielt meinen Blick gefangen. 8)