Ogulnius Picens hatte sein Wort gehalten, so unglaublich dies auch scheinen mochte. Er hatte tatsächlich den Brief eingeworfen, sodass ihn der stets getreue Briefbote austragen konnte nach Mantua. Dort traf er auch tatsächlich ein. Außer der Anschrift war der ganze Brief auf Parthisch gehalten, in der Pahlawa-Schrift, sodass ihn wohl niemand lesen könnte.
Ad manum Bashiris servus Ser. Artorii Reatini
Castra Legionis I
Mantua
Italia
Mein werter Freund Bashir,
es tut mir Leid, dass ich erst jetzt schreibe, widrige Umstände hielten mich vom Verschicken des Briefes ab. Wie ich schon vermutet hatte, hatte mein Herr, Q. Ogulnius Picens, von dem ich dir in so hohen Tönen erzählt habe, und der, wie du ja weißt, in der Casa Ogulnia in Rom lebt, nichts dagegen, dass ich dir schreibe, und selbstverständlich ist er auch damit einverstanden, dass du auch einen Brief für mich an seine Adresse zurückschreibst.
Ich hoffe, dir gereicht deine momentane Lage zum Besten. Mir selber geht es gut, ich erfreue mich bester Gesundheit und hoffe wirklich, dass ich dich einmal in Mantua besuchen kann, so wie es mir mein Herr erlaubt. Momentan sieht es jedoch noch nicht so aus, doch ich denke, bald wird mein Herr mir recht geben, wenn ich ihm sage, man müsse Mantua und Umgebung gesehen haben.
Oh Bashir, zwar hast du mir schon deine Meinung dazu gesagt, doch ich möchte sagen, dass ich es noch immer begrüßen würde, wenn wir, falls ich einmal nach Mantua komme, zusammen eine kleine Erkundung der Gefilde östlich von Mantua unternehmen würden. Ich bin mir fast sicher, am Ende eines solchen Ausfluges würden wir uns beide schon viel heimischer fühlen.
Mir ist es erlaubt, ein wenig Geld anzusparen, welches ich mir selber verdienen kann durch den Verkauf von Gegenständen, die meine Herren nicht mehr benötigen. Bald werde ich Geld haben, um solch einen Ausflug mir leisten zu können.
Ich möchte dir noch etwas erzählen, mein Freund, denn ich denke nicht, dass du schon weißt. Mein Herz ist einer ganz wundervollen jungen Dame makedonischen Ursprungs zugeflogen, sie ist ebenfalls Sklavin bei den Ogulniern. Sie heißt Charis, und ich würde sie gerne mitnehmen nach Mantua, wenn es die Zeit erlaubt. Allerdings glaube ich zurzeit noch nicht, dass sie bereit ist, Mantua und seine Umgebung zu sehen, doch hoffe ich, sie davon überzegen zu können, dass sie ganz begeistert sein wird. Selbstredend werde ich dich informieren, wenn sie endlich gewillt ist, Mantua zu besichtigen.
Wenn du dich fragst, ob mein Herr die Angelegenheit mit dem Turban bemerkt hat, die Antwort ist, Ahura Mazda sei Dank, nein. Ich hoffe, du konntest etwas anfangen mit seinen Überresten. Noch einmal möchte ich dir danken, dass du mich vom elenden Verbrennen errettet hast.
Der himmlische Segen des Ahura Mazda sei mit dir.
Mit brüderlichen Grüßen,
Phraates