Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor

    Der Flavius lauschte aufmerksam dem jungen Seius und lächelte milde, als jener mit größtem Verve seine Argumente platzierte und dabei geschickt offenbarte, dass er über hinreichend klassische Bildung, aber auch jugendlichen Idealismus verfügte, welchen er selbst (wohl ob des Umstandes, dass er die wahre, bisweilen hässliche Fratze der Politik am Exempel seines Vaters gleichsam mit der Muttermilch hatte aufgesogen) niemals hatte zu entwickeln vermocht.

    "Nun, wie ich sehe, kennst du deinen Cicero und die Philosophen vortrefflich und ich freue mich bereits jetzt darauf, deinen Reden zu lauschen!"

    , bemerkte er und präsentierte erneut ein diesmal offeneres Strahlen.

    "Womöglich könntest du uns bei der nächsten Gelegenheit zu einem Gastmahl eine Kostprobe geben!"

    Dass Jünglinge bei derarten Gesellschaften ihre rhetorischen Talente zum Besten gaben, war immerhin durchaus möglich und sorgte insonderheit bei der Commissatio nach dem eigentlichen Essen bisweilen für heitere Zerstreuung. Dass Ravilla hierfür ein herausragender Kandidat war, lag bereits jetzt auf der Hand.


    Dennoch war er genötigt, die aufstrebenden Gedanken des Jünglings ein wenig zu bremsen, weshalb nun er mit der Schulter zuckte und eine reserviertere Mimik offenbarte.

    "Deplorablerweise entbehren viel zu viele Senatoren viel zu sehr jener ethischen Ideale und der Begeisterung für kluge Köpfe und gute Ideen.

    Ehe sie geneigt sind, deinen Reden auch nur zu lauschen, werden sie gänzlich andere Fragen stellen:

    Wer ist dieser Mann?

    Kennen wir ihn oder zumindest seine Familie?

    Verfügt er über bedeutsame Fürsprecher und Kontakte?

    Besitzt er jene Gravitas und Dignitas, derer es bedarf, um ein öffentliches Amt zu bekleiden?

    Aber selbstredend auch jener letzte Punkt, den du bereits nanntest: Inwiefern werde ich von jener Wahl profitieren? Unterstützt sein Patron bei der nächsten Gelegenheit meinen Klienten? Verspricht seine Wahl, dass meine Belange verfolgt oder die meiner Feinde vereitelt werden?


    Sodann erst werden Fragen folgen wie:

    Ist er kapabel, das angestrebte Amt zu bekleiden?

    Welchen Anliegen will er sich widmen und ist dies die richtige Wahl?

    Sind seine Reden glaubwürdig?"

    Ein Seufzen entfleuchte Gracchus Minor, als jene unrühmliche, doch realistische Beschreibung der römischen Politik er hatte vorgetragen. Zweifelsohne war dies einer jener Aspekte, aus welchen heraus er einst sich den Lehren Epikurs hatte zugewandt, die das öffentliche Leben mit jener glänzenden Fassade hoher Tugenden und staatstragender Parolen und dem maroden Innenleben partikularer Interessen und ignoranter Seilschaften als unwahr verachteten.

    "Versuchen wir es also noch einmal von einem grundlegenderen Ansatz her: Wie würdest du meine Lage einschätzen? Und welche Maßnahmen würdest du empfehlen, um mich in jener Situiertheit zum Erfolg zu führen?"

    "Sehr erfreulich!"

    , erwiderte der Flavius und präsentierte ein sublimes Lächeln. Der Privatheit seiner Räumlichkeiten und des Anlasses entsprechend trug er keine Toga, welche ja in ihrer Voluminität ein wenig günstiges Kleidungsstück für das alltägliche Sitzen, Liegen und Gehen darstellte, doch dass sein Tiro ihm den Respekt erwies, selbst im Hause im Staatskleid zu erscheinen, erfreute ihn selbstredend. Dennoch fühlte er sich geneigt, Ravilla zumindest die Option auf eine legerere Garderobe ebenfalls zu offerieren:

    "Soweit wir im Hause sind, ist es dir im Übrigen gestattet, auf die Toga zu verzichten."

    Weiter hielt Minor sich jedoch nicht mehr mit dergestalten Nihilitäten auf, sondern eröffnete sogleich das Feld:

    "Ich habe nach dir schicken lassen, um die Belange des Wahlkampfes mit dir zu erörtern. Wie du weißt, kandidiere ich für das Amt des Aedilis Curulis und arbeite derzeitig daran, Senatoren für meine Wahl zu gewinnen. Sind dir denn die Mechanismen dieses Wahlkampfes bekannt?"
    Einen Augenblick erwog er, bei dieser Frage zu verharren, doch da ein simples "Ja" oder "Nein" doch eine mäßige Aussagekraft besaß, nachdem jene Selbst-Ästimierung ja allzu sehr im Auge des Betrachters lag, fügte er eine kleine "Prüfungsfrage" an:

    "Oder setzen wir anders an: Was würdest du mir raten, wie ich vorgehen sollte?"
    Selbstredend verfügte der Flavius längst über einen elaborierten Plan, welchen wie gewöhnlich er mit seinem Vater sowie einigen Vertrauten seit dem Tag seines Entschlusses, dieses Amt anzustreben, erarbeitet hatte. Dennoch ergab sich ja womöglich eine Inspiration und ganz sicher würde er so erfahren, wie der Seius politisch dachte!

    Ziel eines Tirocinium fori war es, einen jungen Mann in die Subtilitäten des öffentlichen Lebens zu initiieren und eine profunde Kenntnis der Mechanik der Res publica zu verschaffen, wozu selbstredend die Zeit das Wahlkampfes sich insbesondere eignete. Aus diesem Grunde ließ Manius Minor kurz nach dem Einzug Ravillas nach selbigem schicken, um in seinem Officium mit dem Erörtern jener Fragen zu beginnen und zugleich zu erfahren, wie der Spross cappadokischer Priester und römischer Kriegsmannen ihm mochte vonnutzen sein.


    "Guten Morgen, Seius!"

    , salutierte er den Jüngling, als dieser das Officium betrat, welches in römischer Weise lediglich mit zwei Klinen (auf deren prächtigerer der flavische Senator hatte Platz genommen), einem Regal voller Buchrollen sowie einem Schreibpult (an dem Patrokolos, Minors Leibsklave war platziert) eingerichtet war.

    "Nimm Platz! Ich hoffe, deine Kammer behagt dir und du kannst wohl darin ruhen?"

    "Ave, Octavius! Welche Freude, dich nun einmal persönlich kennenzulernen. Bisher konnte ich dir nur aus der Ferne im Senat wie auf der Rostra lauschen."

    , erwiderte Gracchus Minor den Gruß des jungen Octavius, als dieser nach Lucretius Carus, welcher bereits ein wenig früher war erschienen, um erste Aspekte ihrer gemeinsamen Amtszeit zu erörtern, als zweiter Gast das Triclinium betrat, gefolgt von einem gewaltigen Nubier sowie einer blonden, augenscheinlich wohlgeformten Dienerin, was in der Kombination dem Senator ein wenig skurril erschien.

    "Dies ist meine Gattin Cornelia Philonica."

    , präsentierte er sodann seine Gattin, welche ihn selbst um einen guten Kopf überragte, was angesichts seiner kleinen, doch feisten Statur nicht sonderlich erstaunte, deren hervorstechendste Eigenschaften aber zweifelsohne eine klaffende Zahnlücke zwischen den oberen Schneidezähnen sowie eine auffallend unreine Haut waren, die selbst der aufgetragene Puder nur mäßig verbarg. Zeichnete sich die Dienerin des octavischen Gracchen durch weibliche Kurven aus, entbehrte die spindeldürre Cornelia obendrein jedweder dieser Vorzüge. Dessenungeachtet erhob sie sich damenhaft von ihrem Korbsessel und salutierte den jugendlichen Gast mit einem sittsamen

    "Salve, Octavius."
    Mit einem weiteren Wink wies der Gastgeber sodann auf Lucretius Carus, einen eher farblos erscheinenden Mann mittleren Alters, der parallel zu dem Flavius zum Aedilis Plebis war erkoren worden. Obschon dies einem designierten Vigintivir kaum konnte entgangen sein, erwähnte Manius Minor auch hier das Augenscheinliche:

    "Dies ist Lucretius Carus, mein designierter Amtskollege."

    Wie er es dem greisen Claudius hatte versprochen, lud Manius Minor kurz nach seiner Wahl zu einer Cena in die Villa Flavia Felix, um alte Verbündete und neue Gefährten zu versammeln und seinen Schlachtplan für das bevorstehende Aedilat zu schmieden. Selbstredend hatte er neben seinem designierten Amtskollegen Lucretius Carus, seinem Mentor Claudius Menecrates und seinem beigeordneten Vigintivir in spe Octavius Gracchus auch seinen Tiro fori Seius Ravilla geladen, dazu hatte auch Manius Maior sich offen gehalten, ob ihm beschieden war, zum Mahle zu erscheinen.


    Hierfür hatte der Maiordomus das Wintertriclinium herrichten lassen, das in den kühlen Februartagen mit mehreren Kohlebecken geheizt und mit zahlreichen Öllampen erleuchtet wurde. Dort wartete der jüngere Flavius die Gäste, angetan mit einer lachsfarbenen Synthesis und geleitet von seiner Gattin Cornelia Philonica.


    Sim-Off:

    Die geladenen Gäste dürfen sogleich sich hierher geleitet fühlen und der Porta echappieren :)

    Manius Octavius Gracchus

    Casa Octavia

    Roma


    M' Flavius Gracchus Minor M' Octavio Graccho s.p.d.


    Anlässlich meiner Wahl zum Aedilis Curulis lade ich dich herzlich zu einer Cena in die Villa Flavia Felix ANTE DIEM XII KAL MAR DCCCLXXI A.U.C. (18.2.2021/118 n.Chr.) zur sechsten Stunde. Ich wäre erfreut, zu diesem Anlass deine Bekanntschaft zu machen, die kommende Amtszeit zu projektieren und mich an unserem gemeinsamen Wahlsieg zu erfreuen.


    Vale bene!


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    Consularis Herius Claudius Menecrates

    Villa Claudia

    Roma


    M' Flavius Gracchus Minor H Claudio Menecrati s.p.d.


    Anlässlich meiner Wahl zum Aedilis Curulis lade ich dich herzlich zu einer Cena in die Villa Flavia Felix ANTE DIEM XII KAL MAR DCCCLXXI A.U.C. (18.2.2021/118 n.Chr.) zur sechsten Stunde, um mit dir als meinem Mentor und Freund jenen Triumph adäquat zu verkosten.


    Dein Kommen würde mich herzlich erfreuen!


    Vale bene!


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    Aufs Neue verspürte Manius Minor den Drang, stante pede nach Baiae zu reisen, um seinen Bruder nach Jahren wieder einmal persönlich in die Arme zu schließen, ihn vor den Tücken der aurelischen Natter zu warnen und sicherzustellen, dass ihr vipernhaftes Gift nicht ihn inmitten der rustikalen Sorglosigkeit des Landlebens würde treffen. Doch wusste selbstredend er, dass dies keine Option für ihn war, nun, da er nach Ewigkeiten nach Rom war zurückgekehrt und Vieles aufzuholen hatte, was in den vergangenen Jahren er schändlich versäumt hatte.


    Ohnehin vermochte er dem Gedanken nicht weiter nachzuhängen, da nun endlich die beiden Zwillinge das Triclinium betraten. Mit Erstaunen nahm Minor Notiz, wie groß die beiden flavisch-aurelischen Sprösslinge bereits waren, dass sie gar schon auf eigenen Beinen wandelten und, wie kurz darauf sich offenbarte, sogar des Sprechens mächtig waren. Auch kam der jüngere (oder mittlere?) Flavius nicht umhin, die Possierlichkeit der beiden, die lediglich durch die Länge der Haarpracht voneinander zu differieren schienen, anzuerkennen, selbst wenn er sich, konträr zu seiner Gattin, zurückzuhalten vermochte.

    "Wie niedlich die beiden sind! Avete, ihr beiden kleinen Flavii!"

    , rief Philonica aus und präsentierte ein geradezu maternales Lächeln, welches die breite Zahnlücke zwischen ihren Schneidezähnen offenbarte und ihren Gatten erinnerte, dass sie selbst (konträr zu seinem beinahe schon greisen Vater) noch weit entfernt davon schienen, Kinder und Erben für den Fortbestand der Gens Flavia produziert zu haben.


    Unverhohlen musterten die beiden Kinder ihren Bruder, welcher trotz der Fehlsicht die Blicke förmlich zu spüren vermeinte. Mitnichten war er jedoch imstande zu entscheiden, ob ihre Züge eher denen Aurelia Priscas oder denen seinen Vaters glichen, zumal er keinerlei Vorstellungen hatte, wie das maskuline Antlitz Manius Maiors in seinen Kindertagen mochte sich dargeboten haben, selbst wenn lange schon er nicht mehr imstande war, die sich einschleichenden Falten darin zu identifizieren. Dessenungeachtet bot sich doch die Frage, ob überhaupt seine Stiefmutter die Kinder seines Vaters hatte zur Welt gebracht oder nicht gar der Untreue war verfallen, da doch es Minor ein wenig absonderlich erschien, dass ausgerechnet jetzt, nach vielen Ehejahren, der Kindersegen sich hatte eingestellt.

    "Salvete!"

    , ließ er dennoch sich zu einem limitiert freundlichen und ein wenig hölzernen Gruß hinreißen und neigte leicht das Haupt. Da jedoch er nicht recht wusste, was er mit jenen unbekannten, infantilen Geschwistern an Konversation pflegen mochte, fügte ein wenig unbeholfen er an:

    "Dass euer großer Bruder derart groß ist, hattet ihr wohl nicht erwartet!"

    Augenscheinlich derangierte der süffisante Ton seines Scherzes den jungen Seius ein wenig, sodass sogleich er sich zu rechtfertigen geneigt fühlte.

    "Ich verstehe."

    , erwiderte er daher gnädig, obschon er selbst nicht den Hauch einer Erfahrung mit jedweden Handelsgeschäften besaß und folglich mitnichten Verständnis für das Tagewerk eines Klein- oder Großhändlers, respektive die Differenzen zwischen beidem imstande war aufzubringen. Indessen beschied er, dass die Zucht von Maultieren durchaus als jenes ehrenwerte Gewerbe war zu ästimieren, welches auch einem Senator war gestattet, und dass folglich auch deren Vertrieb nicht als ehrenrührig war zu verstehen.

    "Womöglich wird mir deine Erfahrung in derlei Belangen von besonderem Nutzen sein, da ich selbst wenig von diesen Dingen verstehe."

    , war somit sein Fazit.


    Der Umstand, dass weder väterlicherseits, noch mütterlicherseits ein Anwesen hier in der Urbs existierte, konfirmierte seine Vermutung, dass der Jüngling über wenige Relationen hier verfügte, was jedoch für einen Anverwandten des einst gefürchteten, letztlich jedoch der Damnatio memoriae anheimgefallenen Seianus nicht ungewöhnlich mochte erscheinen.

    "Patrokolos, sorge für ein adäquates Zimmer für unseren neuen Klienten."

    , wies er schließlich sogleich seinen Leibsklaven an.

    "Wenn es dir beliebt, werden wir heute Abend zusammen speisen. Ich hoffe, mein Vater wird sich zu uns gesellen."

    Die Villa Flavia Felix hielt stets einige wenige Gästezimmer für unerwartete Besucher bereit, sodass lediglich nach dem Gespräch mit dem Sohne des Hausherrn ein Sklave hinforteilen musste, um das entsprechende Gemach mit dem Maiordomus zu definieren und den jungen Seius dorthin zu eskortieren. Das Zimmer verfügte über einen kleinen Vorraum, in welchem ein Diener mochte schlafen, dahinter tat sich ein bescheidenes, doch geschmackvoll eingerichtetes Cubiculum mit einer Kline, einer Truhe, einem Hocker, einem Schreibpult sowie einem von Läden verschlossenen Fenster zur Straße auf. Zweifelsohne war dieses im Obergeschoss platzierte Gemach nicht das prächtigste aller Gästezimmer, doch durchaus ordentlich und wohl auch einem Freund der Familie zuzumuten.

    "Nun, du kannst morgen hier in der Villa erscheinen, alles wessen du bedarfst, erhältst du selbstredend, sofern du nicht deinen eigenen Stylus präferierst. Und selbstredend darfst du deinen Sklaven ebenso mit dir bringen. Das heißt: Sofern du keine Unterkunft in der Stadt hast, wäre es mir auch eine Freude, dich als Gast hier im Hause wohnen zu lassen."
    , replizierte der Flavius auf die Frage Ravillas, wobei mit Schaudern er daran dachte, wie hilflos er selbst ohne seinen Patrokolos nur wäre. Die Wohnstatt im Hause des Patrons hätte für letzteren auch den Vorzug, dass der Tiro fori jederzeit ihm zur Hand würde sein und somit auch auf spontane Termine ihn würde begleiten.


    Sodann lauschte Minor der Narration seines Lehrlings in spe ein wenig weitergehender, wobei die noble Abkunft von jenem berühmten Seianus selbstredend ihm imponierte, die Funktion des Jünglings als Viehhändler ihn hingegen ein wenig befremdete, da doch niemals er ihm selbst wäre in den Sinn gekommen, die reichen Erträge der flavischen Güter mit eigener Hand zu vertreiben, was der Arca des Hauses zweifelsohne auch nicht zum Nutzen hätte gereicht. Indessen verfügte er über hinreichend Kontakte mit fremden Kulturen (insonderheit durch seine alexandrinische Periode), dass er dafürhalten konnte, dass derartige Gebräuche, sich als Spross nobler Familien als Krämer zu verdingen, in anderen mochte nicht ehrenrührig sein, sodass Ravilla daraus keine Falle war zu spinnen.

    "Nun, dann hoffe ich, dass du nicht gedenkst im Senate Maultiere anzupreisen."
    , bemerkte lediglich er mit einem ironischen Lächeln, wobei die Worte halb im Jux, halb als Warnung waren gesprochen, jene orientalischen Gebräuche nicht hier in der Urbs einreißen zu lassen.

    Weder Elektra, noch Lycomedes oder Cleon waren dem Flavius ein Begriff, der niemals Asia hatte besucht und wenig Aufmerksamkeit den Kulten jener Lande hatte geschenkt, insoweit sie von den klassischen griechischen Divinen differierten, weshalb Ma ihm selbstredend ebenfalls unbekannt war. Doch würde sich dies womöglich ändern lassen, nachdem der Seius sich geneigt zeigte, das Tirocinium in seinem Umfeld zu absolvieren, selbst wenn ihm die Zuweisung eines "schilldernden Nimbus" doch ein wenig übertrieben erschien.

    "Nun, dann wollen wir es miteinander versuchen."

    , konfirmierte er daher seine Offerte, um sodann doch ein weiteres Mal auf seine Rückfrage zu insistieren, die augenscheinlich ein wenig falsch war interpretiert worden:

    "Und welcher Linie der Gens Seia entstammst du nun? Und was vermagst du mir zu deinem Werdegang zu berichten?"

    Selbstredend würde er eine gewisse Kenntnis über seinen Klienten und Tiro fori benötigen, um korrekt ihn zum Einsatz zu bringen und zu fördern.

    Wie gewöhnlich in den vergangenen Tagen hatte Manius Flavius Gracchus Minor eine besonders gebleichte Toga über seine Tunica Laticlava gelegt, als er zur Curia Iulia ging, um sich als Candidatus der heute endlich zu vollziehenden Wahlen zu präsentieren. Sämtliche seiner Ratgeber, sein Vater inkludiert, hatten ihm versichert, dass diese Wahl kaum würde zu verlieren sein, zumal bereits im Vorfeld diverse Senatoren und Consulare, Claudius Menecrates eingeschlossen, ihre Unterstützung hatten zugesagt, sodass deren Pedarii ebenfalls genötigt würden sein, ihm ihre Stimmen zu geben. Und dennoch hatte der jüngere Flavius eine gewisse Nervosität verspürt, hatte an den morgendlichen Traum von Strafgericht der Götter denken müssen, der selbst wenn es ein reines Gespinst des Morpheus mochte gewesen sein, ihn hatte erinnert, dass nicht allein die Sterblichen über sein Wohl und Wehe würden entscheiden.


    Nachdem jedoch das Procedere des Wahlvorgangs war vollendet, in welchem selbstredend er getreu der paternalen Vorgabe hatte gestimmt, und die Consuln seinen Namen verlasen, atmete er erleichtert auf und beschloss, dies zumindest als göttliches Zeichen zu werten, dass ihm eine letzte Chance war gegeben. Während Applaus aufbrandete, malte sich ein entspanntes Lächeln auf seine Lippen und er blickte an den Consuln vorbei auf die Statue der Victoria am Ende der Kammer, obschon in Gedanken er dort das lächelnde Antlitz seiner geliebten Mutter imaginierte, die der Siegesgöttin gleich zu ihm hinab war gestiegen.


    Als nach ihm auch sein Freund Lucretius Carus als Aedilis Plebis wurde benannt, stimmte auch er selbst in den Applaus der Menge ein und nickte seinem Freund, der ihm gegenüber seinen angestammten Platz hatte, anerkennend zu. Gemeinsam würden sie zweifelsohne ihr Bestes geben.


    Zunächst galt es jedoch, die unteren Ämter zu verteilen, wobei selbstredend er wieder seinem Vater und den Consularen den Vortritt zu geben gedachte, selbst wenn es auch für ihn nicht ohne Bedeutung würde sein, wer als Quattuorvir viis in urbe purgandis ihm als Unterstützung würde beigegeben werden. Jenen Octavius Gracchus hatte bereits er auf dem Forum erlebt und schon damals erwogen, dass seine Versprechungen nicht eben bescheiden sich hatten ausgenommen. Doch stand zunächst es anderen an, ihr Wort zu erheben.

    ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~


    "Ich fasse zusammen: Die Anklagepunkte lauten:

    I. Fortgesetzte Verachtung der Götter. Bewiesen und bezeugt durch alle Anwesenden.

    II. Fortgesetzte Verachtung der eigenen Ahnen durch Müßiggang. Bewiesen und bezeugt durch Consular Manius Flavius Gracchus, Verginius Mamercus und den Kreis der sogenannten Myrmidonen zu Alexandria.

    III. Fahrlässige Tötung der leiblichen Schwester durch Desinteresse. Bewiesen und bezeugt durch die Geschädigte Flavia Flamma.

    IV. Vernachlässigung der Res Publica im Amt des Tresvir monetalis. Bewiesen und unter Folter bezeugt durch Patrokolos, Sklave des Angeklagten.

    V. Wiederholte Verachtung der eigenen Ahnen durch Müßiggang mit besonderer Schwere der Schuld, da Warnungen ergangen waren. Bewiesen und bezeugt durch Cornelia Philonica und Consular Manius Flavius Gracchus.

    VI. Duldung von Unterschlagung des flavischen Familienvermögens durch Desinteresse. Bewiesen und bezeugt durch die Begünstigte Aurelia Prisca.

    Ich beantrage daher eine Verurteilung des Beklagten und die Strafe der ewigen Verdammnis im Tartaros."

    , drang die scharfe Stimme an sein Ohr und er blickte zu Boden. Es schien ihm, als habe jener Prozess bereits Stunden gedauert, waren umständlich Beweise erhoben, gewürdigt und disputiert worden, hatten Anklage und Verteidigung vehementeste Diskussionen ausgefochten, sodass unendlich ermattet er sich fühlte und ausgedörrt, obschon ihm doch kein einziges Mal war gestattet gewesen, das Wort selbst zu erheben. Sämtliche seiner Verfehlungen waren in größter Ausführlichkeit erörtert worden, jedes Detail seines zügellosen Lebens in Alexandreia, alle Unzucht, seine weibischen Eskapaden und seine lästerliche Rede über die Unsterblichen war aufgeführt worden, konfirmiert durch seinen damaligen gestrengen Hausherren sowie seine Gefährten. Ebenso hatte er dem gemarterten Patrokolos ins Antlitz müssen schauen, während dieser unter Tränen gestand, wie sein Herr während seines Vigintivirates nahezu kein Engagement an den Tag hatte gelegt, wie widerwillig und lediglich getrieben von Furcht um sein sorgloses Leben er an öffentlichen Opfern hatte partizipiert, während er doch weder gegen die Empfänger der Gaben, noch gegen das Volk von Rom jedwede Obligation hatte verspürt und somit auch gerade das Nötigste hatte unternommen. Nun, da alles Innerste nach außen war gekehrt, da nichts als ein Häuflein Elend von ihm war verblieben, wünschte er sich nichts sehnlicher, als dass das Urteil rasch erging und er zu welchem Ende auch immer würde entlassen werden.


    Er blickte auf und sah in die schwarzen Augen Plutos, dessen Conclusio soeben das Ende des Prozesses hatte eingeleitet. Der Schwarze fuhr gewichtig sich durch den Bart und nahm sodann auf der Bank der Anklage wieder Platz, woraufhin auf der anderen Seite flachen Podests am Kopfende der Curia Iulia, auf welchem der Göttervater höchstselbst auf einer güldnen Sella curulis thronte und, assistiert von Iuno und Minerva, seines Richteramtes waltete, seine geliebte Mutter mit zaghaften Bewegungen sich von ihrem Platz an seiner Seite erhob.

    "Ich kann diese Anklagepunkte nicht aufheben."

    , hob sie an und korrigierte den Sitz ihrer Stola, welche als römische Matrone sie auswies.

    "Mein Sohn hat schändlich versagt, hat alle Werte, die ich, sein Vater und seine Lehrer ihn lehrten, vergessen und verspottet. Ich selbst stieg aus den Gefilden der Seligen zu ihm herab und warnte ihn, ermahnte ihn und konnte ihn auf den rechten Weg zurückführen.

    Und doch versagte er aufs Neue, floh in die Welt des Rausches und der Träumereien, anstatt seiner Bestimmung zu folgen und unsere stolze Linie fortzuführen."

    Ein Seufzen entfleuchte ihm, als er seine Mutter, die als einzige in diesem Gericht des Senates der Götter für ihn sprach, ihrer Desillusion Ausdruck verlieh. Erwartungsvoll blickten die Unsterblichen, welche auf den Bänken der Consulare in vorderster Reihe saßen, sowie seine Ahnen auf den Plätzen der Pedarii zu der einsamen Seele, die hier für ihren missratenen Sohn Partei hatte ergriffen.

    "Und doch flehe ich euch an, ihr Götter, um meinetwillen diesen Knaben zu schonen. Zweifellos hat er versagt, doch bitte ich euch: Rechnet ihm mein ehrbares Leben, mein Pflichtgefühl und meine eheliche Treue, die ich meinem Gatten und seiner Familie trotz aller Widrigkeiten bewies, an! Seht mit gnädigem Blick auf ihn, der aufs Neue sich von Gottlosigkeit und dem Müßiggang loskämpfte und gewährt ihm noch eine Chance!


    Wie der Imperator Caesar Augustus könnt ihr jeden begnadigen, auch den schlimmsten Missetäter! Habt nun Erbarmen mit diesem edlen Spross jener uralten Familie, die schon mit so vielen Männern euch gedient hat! Denkt an die Verdienste seines Vaters, der als Pontifex die Brücke zu euch baute und erhielt! Denkt an seinen Großvater, der unermüdlich dem Staatswesen diente! Denkt an alle, die ihr Vermögen, ihre Liebe und ihre Hoffnungen Manius Flavius Gracchus Minor setzten!


    Noch ist Zeit, dass diese Hoffnungen sich erfüllen! Denkt an seinen treuen Dienst an den Grenzen des Imperiums! Erwägt seine Quaestur, in der er so treu diente, dass selbst der greise Claudius Menecrates ihm Zuneigung und eine Auszeichnung schenkte! In ihm steckt die Kraft der Flavii und Claudii - selbst mit all seinem Versagen ist er in der Lage, die Waage ins Gleichgewicht zu bringen und durch unermüdlichen Einsatz für die Pax Deorum, die sichtbare und die unsichtbare Welt seine Schuld zu begleichen!"


    Ihre bleichen Hände schoben langsam das ausladende Tuch von ihrem Haupte und entblößten ihre ebenmäßigen, dunklen Haare. Mit flehendem Blick sah Claudia Antonia nun hinauf, wo mit versteinerter Miene die Göttertrias in die Reihen der Götter und Ahnen blickte. Tränen glitzerten in ihren Augen und sammelten sich, um als Tropfen über ihre zarten, doch leblosen Wangen zu rollen. Ihre Stimme bebte, als nach kurzem Verharren sie fortfuhr:

    "Habt Mitleid mit mir armer Mutter, die zu früh aus dem Leben schied, um ihren Sohn zurechtzuweisen! Habt Mitleid mit meinem Fleisch und Blut, das ich unter Schmerzen gebar, das ich aufzog und umsorgte und entreißt es mir nicht in alle Ewigkeit, wo es doch noch Hoffnung gibt!


    Gewährt ihm eine neue Chance! Eine letzte Chance!"


    ~~~


    Manius Minor sog erschrocken Luft ein, als mit einem Schlag er erwachte. Noch war es dunkel im winterlichen Rom, doch durch die geschlossenen Läden seines Cubiculum dämmerte bereits der Morgen. Und doch war ihm die vertraute Stimme seiner geliebten Mutter noch im Ohr. Gleich den Laren und Penaten des Hauses schien sie über ihn zu wachen, schien selbst gegenüber den Unsterblichen seine Sache zu vertreten. Selbst nun, da er ihre Ratschläge in den Wind hatte geschlagen, da er jämmerlich hatte versagt, verwandte sie sich für ihn! Eine letzte Chance wollte sie ihm geben!


    Doch ob die Götter dies ebenfalls taten?


    Er blinzelte und erblickte im Halbdunkel des Raumes seinen Patrokolos, im Reich des Morpheus grässlich gemartert, doch nun unschuldig schlummernd zu seinen Füßen, nicht ahnend, welche Mären sein Herr neuerlich hatte erträumt. Würde er mit sich andere ins Verderben reißen, wenn er sich nicht bewährte? Zweifelsohne würde es zum Schaden der Gens Flavia gereichen, da doch sein Bruder Titus bisherig keinerlei Ambitionen zeigte, die Bürde der Familie zu tragen, sondern viel lieber mit seinem Vetter Serenus die Welt bereiste. Doch würde auch seinen getreuen Diener die göttliche Strafe ereilen?


    In diesem Augenschlage öffneten sich in dem noch immer makellosen Antlitz des Sklaven die Augen und zugleich der Mund zu einem herzhaften Gähnen.

    "Domine, du bist schon wach? Aber sicher - der große Tag..."

    , bemerkte er, als er gewahr wurde, dass Manius Minor nicht mehr schlief. Rasch rappelte er sich auf, um seinem Herrn aus dem Bett zu helfen.


    Mit einem Schlage waren die Reflexionen des Flavius hinsichtlich seines Sklaven fortgewischt. Heute war Wahltag! Womöglich würde der Tag erweisen, ob sein Vater wahr hatte gesprochen, als er ihm den Konsens der Götter zu seiner Kandidatur hatte verkündet. Noch eine Chance... womöglich war sie ihm tatsächlich gegeben!

    "Entstammst du immediat einer dieser Familien?"

    , fragte er, da neben zweifelsohne zahllosen unbedeutenden Zweigen zumindest eine auch im ritterlichen Range karrieriert hatte. Selbstredend bedurfte ein Flavius aber grundsätzlich keinerlei Nachhilfe in der römischen Historie, doch fehlte ihm, obschon sein Vater als Pontifex in kultischen Belangen weitaus erfahrener war als jeder mediokre Senator, selbstredend die Kenntnis über sämtliche religiösen Sitten in fernen Provinzen, selbst wenn er memorierte, dass sein Onkel Aristides einst während der Parthischen Kampagne des Divus Iulianus jene Region hatte bereist, wobei indessen seine Berichte diesbezüglich kulturelle Fragen weitgehend hatten ausgespart, da doch das Interesse an den Belangen der Unsterblichen in jener Generation recht eindeutig war verteilt. Insofern halfen die Ausführungen des Seius durchaus, den jungen Kandidaten einzuordnen, war es doch keine Seltenheit, dass Eliten ferner Provinzen den Aufstieg im Zentrum des Imperium ebenfalls versuchten, selbst wenn beiweitem nicht jedem dies gelang. Die Abkunft aus aristokratischem Hause wie die augenscheinliche Bindung an religiöse Fragen mit einem Hauch von Exotik waren insgesamt aber geeignet, Manius Minor (und zweifelsohne auch Manius Maior) dem Jüngling gewogen zu machen, weshalb kurzum er beschied:

    "Wir könnten zumindest es gemeinsam versuchen. Ich kandidiere, wie dir womöglich bekannt ist, für das Aedilat und so du wünscht, könntest du ein Tirocinium fori bei mir absolvieren."

    Dies war eine spontane Eingebung, doch lag es wohl auf der Hand, dass Ravilla bisherig keine derarte Edukation hatte genossen, sodass dies ein willkommener Weg würde sein, die Qualitäten des Seius zu erproben und zu erfahren, wofür er sich eignete.

    "Ob du das Patronat meines Vaters erlangen kannst, obliegt letztlich diesem, doch könntest morgen du zur Salutatio erscheinen und ich würde vorherig ihn zu deinem Fall präparieren."

    Der neue Leibsklave Manius Maiors stand dem alten augenscheinlich in nichts nach, wie Manius Minor respektvoll erkannte. Er griff nach einem Stücklein Brot, als plötzlich er auf seines Vaters Wort hin erstarrte. Priscas Befinden beunruhigte ihn? Ja, sie fühlte sich gar unpässlich? Selbstredend erschien Minor es nicht unwahrscheinlich, dass die Geburt zweier Kinder selbst eine Frau der Energie einer aurelischen Natter Tribut zollte, doch hatte nichts dergleichen er bei seiner Ankunft bemerkt. Dessenungeachtet waren derartige Novitäten erfreulich, selbst wenn er vermied, ein saturiertes Lächeln zu präsentieren.

    "Onkel Aristides wird zweifelsohne erfreut sein. Ist Titus noch mit Serenus auf Reisen?"

    , bemerkte er endlich und fragte sich, ob nicht auch er selbst den Weg nach Süden sollte antreten, um seine Anverwandten wieder einmal selbst zu sehen.


    Sodann wartete er auf die beiden Kinder... seine Halbbrüder...

    Die Hand auf seiner Schulter verströmte eine Wärme, welche über die physische Wirkung hinaus den Körper des jüngeren Flavius durchströmte, da doch selten bereits derartige Körperlichkeiten zwischen seinem Vater und ihm zu erleben waren gewesen. Dass er trotz seiner jüngsten Desillusion ihn als reif erwog, die nächste Stufe des Cursus Honorum zu erklimmen, erfüllte ihn mit freudiger Dankbarkeit, welcher sogleich er nicht lediglich durch seinen Blick sondern ebenso durch seine Stimme Ausdruck verlieh:

    "Ich danke dir, Vater. Ich möchte dich nicht enttäuschen."


    In diesem Augenschlage trat Lucretius Carus an die beiden Flavii heran, was jene geradehin magische, familiale Dyade zerbrach und gleichsam Manius Minor in die Realität der rastlosen Geschäftigkeit zurückholte, welche insonderheit ihn nun während des Wahlkampfes vorantrieb.

    "Flavius, ich danke dir sehr, dass du nicht nur deinen Sohn, sondern auch mich unterstützt. Gerne darfst du dir das beste Stück unserer Opfergabe aussuchen."

    , erklärte sein Freund überschwänglich und wies auf das Schwein, das zu zerlegen der Opferschlächter bereits begonnen hatte. Minor selbst wusste nicht, mit welchen Stücken der Coquus der Villa Flavia Felix rechnete, doch vermutete er, dass er (als Bedienter eben eines Pontifex, der recht häufig Opferfleisch mit nach Hause brachte) für alle Eventualitäten war gerüstet.


    Mit einem vertraulichen Nicken entfleuchte er so der Situation und wandte sich den übrigen Teilnehmern der Kulthandlung zu, da selbstredend auch hier es galt, einige Hände zu schütteln und freundliche Gesten zu zeigen.

    Als der Bittsteller eintrat, erblickte Manius Minor in dem jungen Mann zunächst nichts weiteres als einen jungen Mann aus gutem Hause. Recht bald in dessen verschwommen das Bild des Gastes zu einem jener vertrauten Schemen, zu denen vor den Augen des Flavius dank seiner Hypermetropie jeder Mensch wurde, der näher zu ihm trat.


    Die Worte, die jedoch er an ihn richtete, differierten doch sichtlich von jenem sprachlichen Einheitsbrei, den man für gewöhnlich auf den Straßen Romas vernahm, bediente der Jüngling sich doch eines recht blumigen, ja gerade hin schwülstigen Redestiles. Ein wenig amüsiert lauschte Gracchus Minor den Worten daher, selbst wenn vieles von dem, was Ravilla mit großer Nonchalance erwähnte, bestenfalls ihm peripher war bekannt, da er Tabernae nicht zu frequentieren pflegte und auch der wortreich gepriesene Valerius nicht mehr für ihn repräsentierte als einen Collega seines Vaters, mit dem noch nicht einmal er ein Gastmahl gepflegt hatte, sodass einen Augenschlag er argwöhnte, der Seius verwechsle ihn mit seinem Vater.


    Die formulierten Pläne waren hingegen äußerst konkret und nicht unprätentiös, wenn man bedachte, dass dieser Jüngling dem Flavius bisherig keinerlei Begriff war, noch nicht einmal der Angustus Clavus des Ritterstandes seine Tunica zierte und er nicht weniger anstrebte als den Aufstieg in die höchsten Ämter Roms!

    "Du wünscht also in den Senat aufzusteigen und was dir fehlt, ist ein Mentor, der dies dir ermöglicht."

    , resümierte Minor mit einem sublimen Lächeln und einem Hauch von Ironie in der Stimme.

    "Ich fürchte, mehr als ein Mentor wird dafür vonnöten sein, daher sage mir doch: Woher kommst du? Welchem Geschlecht gehörst du an und verfügst du über die Mittel und Kapazitäten, um diesen steinigen Weg zu beginnen?"

    Der Kreis des Senates war äußerst exklusiv und die Väter des Staatswesens pflegten nur jene unter sich zu akzeptieren, die von ähnlichem Vermögen, Bildung und idealerweise nobler Abstammung waren. Zwar gelang seine Jahrhunderten zunehmend Parvenüs aus den niederen Ständen und gar dfn Provinzen der Aufstieg bis an die Spitze des Staatsschiffes, doch beargwöhnten selbstredend alteingesessene Geschlechter wie die Flavii derartige Entwicklungen. Dennoch: das Auftreten wie die Chuzpe seines Bittstellers imponierte Minor und erweckte seinen Vorwitz.

    Eben noch erhaschte Manius Minor einen Blick auf Claudius Menecrates, der augenscheinlich ebenfalls war erschienen, um seiner Rede zu lauschen, da tauchte bereits mit Decimus Serapio ein weiterer Unterstützer vor ihm auf und drückte ihm die Hand.

    "Ich danke dir für dein Vertrauen, Decimus!"

    , erwiderte er und präsentierte ein genantes Lächeln. Just während er den noch immer recht ansehnlichen Prätorianer fixierte, musste er daran zurückdenken, dass sein Vater einst hatte postuliert, er habe ihn nach der palmarischen Verschwörung in Mantua allein zurückgelassen, um eben diesen Serapio, damalig Praefectus Praetorio, auf die Seite der Verschwörer zu ziehen. Stets hatte er den Vorsatz gehabt, sich bei diesem über den Wahrheitsgehalt jener Schutzbehauptung zu erkundigen, wozu sich indessen niemals die Gelegenheit hatte ergeben, was selbstredend bei diesem Zusammentreffen nicht anders war, sodass nach einem ungewöhnlich langen, wortlosen und versonnenen Blick Gracchus Minor repetierte:

    "Ich danke dir!"

    Das war nun in der Tat einleuchtend, dass ein zukünftiger Aedil die Kandidaturen für potentielle Mitarbeiterpositionen beobachtete. Dies hätte mir eigentlich nicht entgehen dürfen, denn ich war ja aus einem ähnlichen Grund hier, bloss für den Chef und nicht für mich selbst. Dann kam ein Themenwechsel, den ich so nicht erwartet hatte.

    Nein, ich habe mir noch keine Gedanken gemacht. Die Berufung in die Reihen der Senatoren wäre in der Tat schön. Darauf habe ich seit dem Tode meines Vaters hingearbeitet, denn diesen Platz hat mein Vater für mich schon hart erarbeitet. Sicherlich werde ich nach einer etwaigen Erhebung heiraten. Die Verlobung haben wir vor wenigen Tagen vorgenommen und eingetragen.

    Warum mit der Heirat gewartet wurde, das war sicherlich auch Flavius klar. Es war einfach ein ziemlich grosser Unterschied, ob man einen kleinen Quaestor heiratete, oder einen Senator.

    Und dann möchte ich mich zuerst einigen Gesetzen zuwenden, die mir nicht den Eindruck machen, als würden sie das abbilden, was gelebt wird oder sinnvoll ist.

    "Oh, dann gratuliere ich dir auch herzlich zu deiner Verlobung! Wer ist denn die Erkorene?"

    , bemerkte der Flavius auf Florus' Hinweis auf die vollendete Brautschau, wobei er nicht zweifelte, dass es sich um eine adäquate Partie für einen aufstrebenden Jungsenator würde handeln, er jedoch durch die Nennung des Namens verhoffte, den Jüngling besser einem der größeren Verwandtschaftsverbündnisse des Senats zuordnen zu können.


    Indessen erweckten selbstredend auch die projektierten Gesetzesinitiativen seine Appetenz, da es doch gerade für einen Quaestorius nicht eben gewöhnlich erschien, direkt derartige Debatten im Senat anzustoßen.

    "Welche Gesetze im Besonderen erscheinen dir denn als inadäquat?"

    , fragte er daher durchaus auch aus inhaltlichem Interesse.