Auch Manius Minor war neu auf seinem erhobeneren Posten und similär zu Seius Ravilla, der zusammen mit den beiden Juristen aus der flavischen Klientel, dem übrigen privaten Consilium, und seinem Accensus auf einer Bank zu seiner Rechten platziert wurde, voller Erwartung, wie der aedilicische Alltag sich gerierte. Tatsächlich erschienen jedoch zunächst ordinäre Kaufleute, Händler und Handwerker in einer schier endlosen Reihe, welche Klagen wegen Verstößen ihrer Konkurrenten gegen die Lex Mercatus vorbrachten, sodass die Fälle zunächst sorgfältig aufgenommen und sodann zur Entscheidung archiviert wurden. Der Aedil hatte nichts zu unternehmen, als stets jovial zu nicken und die Parteien mit einer Salutation zu verabschieden, das Consilium hingegen nur dabei zu sitzen und gelehrt dreinzublicken.
Erst als der Praeco eine kleine Pause verkündete, ergab sich Raum für eine interne Beratung auf dem Tribunal.
"Flavius, es wäre nun an der Zeit, die Klagen zu prüfen, um jeweils ein Edictum wegen Strafverhängung erlassen zu können."
, erklärte Sabinius Maro, der erfahrene Advocatus neben Ravilla auf der Consilium-Bank, der eben aus jenem Grund zu den Begleitern Gracchus Minors war erkoren worden, weil er als ehemaliger Scriba in staatlichen Diensten über eine exzellente Verfahrenskenntnis in öffentlichen Verwaltungsakten wie der Strafpraxis der Aedile verfügte.
Die Erklärung erweckte bei Minor indessen gleich die Furcht, nun höchstselbst sich ins Getümmel stürzen zu müssen und er fragte nicht ohne Irritation:
"Wem obliegt jene Prüfung? Ich hoffe, ich habe nicht alleinig die Marktstände abzuschreiten?"
"Nein, nein. Normalerweise übernehmen das abgeordnete Milites der Cohortes Urbanae. Hast du diesbezüglich bereits mit dem Praefectus Urbi gesprochen?"
Selbstredend war dies eine rhetorische Frage, denn Sabinius Maro war in jedwede Aktionen hinsichtlich des flavischen Aedilats involviert gewesen und hätte diesbezüglich zweifelsohne Kenntnis gehabt.
"Dies scheint mir entfallen zu sein."
, erwiderte Minor nachdenklich und legte die Stirn in Falten. Einen Augenblick schien er still nachzusinnen, dann fiel sein Blick auf den Seius:
"Seius, wie wäre es, wenn du dich zur Praefectura Urbis... oder gleich der Castra Praetoria aufmachst und dort einige Soldaten zu unserer Verfügung organisierst? Ich sende dir gern ein offiziöses Schreiben mit, welches dich legitimiert. Sodann könntest du direkt die Soldaten bei der Überprüfung der Klagen eskortieren. Was denkst du?"
Dies mochte keine sonderlich staatstragende Aktion darstellen, doch gehörten Kontrollen zu den wichtigsten Aufgaben der öffentlichen Administration, mit welcher Ravilla einst als Magistrat auch befasst würde sein. Dessenungeachtet erfüllte er dem Aedil damit eine wenig geliebte Obliegenheit, sodass auch schlicht praktische Überlegungen den Senator dazu motivierten.