Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor

    Zitat

    Original von Titus Pompeius Atticus
    “Naja, die Extremitäten des Löwen sind aber ziemlich lang und haben scharfe Krallen an ihren Enden“, bemerkte Atticus unter faszinierter Beobachtung der Szenerie. Um den Löwen zu töten würde dem Jäger nicht viel anderes übrig bleiben, als den Abstand zwischen sich und dem Tier zu verkürzen, doch dies barg die wirklich übergroße Gefahr, schlichtweg eben jenen Klauen und den Zähnen etwas zu nahe zu kommen und getötet zu werden.
    Doch der zweite Jäger hatte den ersten gerettet und nun ein ganz ähnliches Problem, auf dessen Lösung Atticus schon gespannt war. Wäre er gezwungen, zu wetten, er würde dem Löwen zumindest eine durchaus reelle Chance einräumen, die Arena lebend zu verlassen.


    Da Atticus nur die Ahnung eines Durchschnittsbürgers hatte, was ein Consul so machte, hatte er nur eine ebenso durchschnittliche Ahnung, was man dabei wohl lernen könnte. Oder anders gesagt, er konnte sich nur wenig lernenswertes momentan vorstellen, war aber sofort bereit, zuzugestehen, dass er einfach keine Ahnung hatte. Darüber hinaus war die Antwort ohnehin sehr diplomatisch. Aber was sollte der Quaestor auch sonst einem Fremden gegenüber sagen? Atticus jammerte auch nicht bei jeder Zufallsbekanntschaft über die Nöte und Sorgen seines Lebens in ausführlicher Elegie.
    “Cursus Honorum? Oh, äh, nein. Also, es wäre sicherlich interessant und ist zweifelsfrei sehr ehrenvoll, aber ich werde – wie der Großteil meiner Verwandtschaft auch – Ritter werden. Die Augusta hatte mich auch gefragt, wo ich da starten wollen würde mit meiner Karriere. Bei den Vigiles.“ Kurz warf Atticus dem Flavius einen Seitenblick zu, um dessen Reaktion darauf zu erhaschen, ließ ihm aber im gleichen Augenblick nicht wirklich die Zeit, auf diese Worte zu reagieren, sondern begann unwillkürlich mit der Verteidigung dieser Entscheidung. “Ja, ich weiß, die Vigiles sind jetzt nicht unbedingt die prestigeträchtigste Einheit, es sind hauptsächlich Libertini und Peregrini, die dort dienen, aber... sie besitzen mehr als die doppelte Mannstärke der Cohortes Urbanae und haben nicht nur die Aufgabe, Feuer zu löschen, sondern auch die Prüfung der Statik diverser Gebäude, und darüber hinaus noch Aufgaben in der Verbrechensbekämpfung und die Nachtwache. Und stell dir mal vor, wie Rom jetzt nach dem Aufstand aussehen würde, wenn es sie nicht gäbe? Es ist jetzt vielleicht nicht ein Posten, bei welchem man sich im Ruhme sonnen kann, aber wenn ich eines Tages Praefectus Vigilium wäre, ich glaube, dann könnte ich durchaus sehr stolz sein.“
    Oh, das war vielleicht doch ein wenig sehr viel Information und nahe am Herz-Ausschütten. Atticus lächelte verlegen und kratzte sich den Nacken. “Äh, also... ich mein so generell...“


    Augenscheinlich handelte es sich also um einen Rittersohn, welcher die ihm bestimmte Karriere anstrebte. Insofern konnte dies durchaus das Plazet des jungen Flavius gewinnen, selbst wenn der Pompeius sich seinem Dafürhalten nach doch ein wenig despektierlich hinsichtlich seines Einstiegsamtes äußerte:
    "Nun, auch die Vigiles vollziehen einen ehrenvollen, wertvollen Dienst. Meines Erachtens ist ein Tribunat in jener Einheit durchaus höher zu bewerten als die restierenden Offizierspositionen, welche man Anfängern im Cursus Honorum zu verleihen pflegt."
    , erwiderte der Flavius daher, während er zugleich den erstaunlich ausgeglichenen Kampf der beiden Jäger gegen den Löwen verfolgte. Für den Verwundeten schien durchaus noch Hoffnung zu bestehen, doch zweifelsohne würde seine Karriere als Venator in den Arenen Roms bis auf weiteres beendet sein.
    "Auch das Amt des Praefectus Vigilum erscheint mir durchaus erstreblich. Bist du bereits mit Scaevius Camerinus bekannt?"
    Wenn er auf der Festivität des Aurelius mit der Augusta parliert hatte, so verfügte er gewiss über Kontakte in die höchsten Kreise Roms.
    "Oder gedenkst du ein Tirocinium Fori bei einem Kommandeur zu absolvieren?"
    Dies zumindest konnte ja nicht schaden, sofern man die Tres militiae nicht lediglich als Eintrittskarte in die ertragreicheren ritterlichen Ämter zu absolvieren gedachte, sondern einen strategisch bedeutsamen Posten wie den des Praefectus Vigilum anstrebte.

    Als die Sonne sich am Morgen über dem Forum Romanum erhob, begann ein Feiertag, welcher für die Flavii im Grunde von subalterner Bedeutung war: die stultorum feriae. Traditionsgemäß bildeten sie das Finale der Fornacalia, jener uralten Festivität aus den Tagen Numas, doch war ihre Bedeutung seit jenen Tagen beständig gewachsen. Der altehrwürdigen Tradition gemäß spielten für die Reihe dieser Feiertage nämlich die stadtrömischen Curiae, eine ebenso alte Institution zur Unterteilung der Bürgerschaft, eine bedeutsame Rolle: Jeder Römer hatte an dem durch den Curio Maximus deklarierten Termin sich im Kultlokal seiner Curia einzufinden, um dort eine Probe von in seinem Hause gemahlenem Speltkorn der Fornax darzubringen. Doch obschon auch bei der Übertragung des Imperium der Magistrate den Curiae noch eine gewisse Bedeutsamkeit zukam (ein Liktor repräsentierte hier jede von ihnen in den Comitia curiata), so hatten sie deplorablerweise für das praktische Leben der Bürger ihre Bedeutung weitgehend eingebüßt, sodass selbst viele noble Geschlechter nicht einmal mehr zu sagen vermochten, welcher Curia ihre Familie angehörte.


    Aus diesem Grunde existierte ein Termin für all jene, die nicht mehr zu bestimmen vermochten, an welchem der angesagten Termine sie zu erscheinen hatten, der parallel zu den Quirinalia lag, und da inzwischen die unbestreitbare Majorität der Bürgerschaft zu jener miserablen Gruppe gehörte, stellten die stultorum feriae inzwischen die zentrale Festivität zu Ehren der Fornax dar, selbst wenn dem quiritischen Konservativismus gemäß weiterhin auch die spärlich besuchten Fornacaliae in den Curiae stattfinden. So hatte auch der Quaestor Consulum bereits wenige Tage zuvor an den Fornacalia der Curia seiner Familie partizipiert und der Spendung des Vesen durch seinen Vater beigewohnt, obschon er nicht recht zu bestimmen vermochte, ob die traditionelle Zuordnung seiner Gens wahrhaftig jener Zeit der Könige entsprang, zu welcher die Flavii zumindest namentlich sich nicht zurückzuverfolgen wussten, oder es vielmehr eine Erfindung von Tradition darstellte, die nach der Erhebung seiner Ahnen in den Patrizierstand war bewerkstelligt worden. Heute indessen würde ihm die Rolle des Curio zufallen, der die Weizengaben jener anzunehmen hatte, die zum heutigen Tage auf dem Forum waren erschienen, um sie in einem an der Curia Iulia errichteten Ofen gemäß den Mores maiorum zu rösten und sodann symbolisch zu mahlen und darzubringen.


    Obschon dieses Ritual traditionsgemäß während der Parentalia stattzufinden pflegte, während derer die Magistrate ihre Insignien ablegten, um gänzlich sich der Ehrung der Maiores hinzugeben, hatte der junge Flavius heute wieder seine Toga angelegt, da doch die besonderen Erfordernisse eines Opferpräsidiums von den allgemeinen Gebräuchen der Nivellierung dieser Tage dispensierten. Wie zu all seinen Amtshandlungen stand somit Manius Minor, umringt von zahlreichen Opferhelfern und Assistenten, zuvorderst der Curia Iulia und erwartete die Gaben der Quiriten.

    Sim-Off:

    Ich bitte die Verspätung zu exkulpieren, doch war ich gestern gänzlich unpässlich.

    Als Morrigan eintrat, vermochte Manius Minor sie nicht zu identifizieren, doch als sie zu sprechen begann, verspürte er eine seltsame Vertrautheit, selbst wenn ihre Stimme fundamental differierte von dem erotisch-geheimnisvollen Timbre, welches er von ihrem letzten Aufeinandertreffen memorierte. Während der Trecenarius also sie jeder Frage weiter einschüchterte, spintisierte der Quaestor, woher ihm diese Person bekannt war, bis endlich seine Reminiszenz zurückkehrte, was ihn mit einer gewissen Geniertheit erfüllte. Das Mägdlein, welches inmitten der Kommissionäre stand, war niemand anderes als jenes, an welches er seine Unschuld verloren hatte. Es erschien bizarr, dass sie nun grässlicher Verbrechen beschuldigt wurde, dass jene Gesellschaftsdame einen Sklavenaufstand unterstützt hatte.
    Als sich das Verhör aufs Neue den Christen zuwandte, war der junge Gracche indessen wieder ein wenig verwundert, nachdem der Tiberius selbst noch am Vortage sie eher als Sündenböcke denn als wahre Schuldige introduziert hatte.
    "Sofern die Zeugin in den Aufstand derart tief involviert war, wird sie uns doch zweifelsohne direkt die Frage beantworten können, welche Rolle die Christen innerhalb des Aufstandes einnahmen, respektive ob ihre Beteiligung überproportional zu ihrem Anteil an der Bevölkerung der Subura ausfiel."

    Zitat

    Original von Aulus Tiberius Verus
    Noch immer tat sich Verus mit seiner Aufgabe schwer, da sie seiner geschundenen Seele erneut kalte Berechnung abverlangte. Immer wieder musste der Verstand über das Herz siegen, welches immer kräftiger kämpfte. Seine Vernunft zerbrach zusehens in diesern permanenten Angst, die den Prätorianern ihr eigen war. Sie lebten in einer ständigen Angst vor Feinden. Verus übernahm diese soldatische Denke, dass es immer Feinde gab und zog damit auch schwarze Gedanken an sich. Der einstig gute Mann wurde immer zynischer; beißender und geißelnder. "Das wird einiges an Arbeit verlangen aber ich bin bereit mich in diese Sache einzuarbeiten," sagte Verus mit trockener Stimme, die dringend Flüssigkeit bedurfte und sehr raubeinig einbrach. "Ich denke aber, dass ich mit meiner Erfahrung als Statorum für diese Arbeit geeignet bin." Tatsächlich war Verus geschult als Ermittler und Ordner von Dingen. Dieser Tiberius hatte ja selbst in Germanien mehrere Jahre eigenständig einen "Polizeibezirk" an der Grenze verwaltet. Auch wenn diese Arbeit und seine Kampfeinsätze deutliche Spuren hinterlassen hatten. Nicht nur die Narben an seinem Körper oder die Schnittnarbe an seiner Wange, sondern auch die seelischen Wunden, die nicht immer zu verbergen waren. Seine Augen zeigten sehr deutlich den "soldatischen" Blick. Dieser Blick war leer aber auch gleichermaßen traurig.


    "Nun, der Kaiser wird dich nicht ohne Grund zum Trecenarius ernannt haben."
    , konfirmierte der junge Flavius die hoffnungsvolle Prognose des Centurio. In der Tat hatte er in Mogontiacum persönlich die Kapazitäten des Tiberius erproben dürfen und auch hinsichtlich seines Potentials als Ermittler stets nur Gutes vernommen.


    Ein wenig genant räusperte sich und fragte sodann:
    "Sagt dir deine neue Tätigkeit zu?"

    "Oh, dies ist selbstredend einsichtig."
    , konzedierte der Quaestor. In der Tat brachte er Verständnis für jene Explikation auf, wusste er doch darum, dass das Ausrichten von Spielen, welche zwischen spektakuläreren Darbietungen der Magistri Vici, also gemeinhin schnöden, zu Wohlstand gelangten Libertini untergingen, keinen Sinn ergab.


    "Gedenkst du alternativ an einem anderen Festtag Spiele auszurichten?"
    , fügte er dann nach einigem Nachsinnen an, um den Consul möglicherweise zu kalmieren.

    Manius Minor war ebenfalls seit dem frühen Morgen auf den Beinen, obschon an diesem Tage seine Obliegenheiten als Quaestor zu ruhen hatten. Durchaus erfreute ihn der Umstand dieser Festivität, welcher die Familie nun bereits seit einiger Zeit entgegenfieberte, obschon sein Interesse heutig wie immer eher der Schwester der Braut als Claudia Sassia selbst galt. Zwar hoffte er, dass auch Silana durch den Einzug ihrer Schwester womöglich auch häufiger in der Villa Flavia zu Gast würde sein und sie so endlich die Gelegenheit würden erhalten, ihre lange prokrastinierten philosophischen Dispute fortzuführen, doch letztlich vermochte er nicht zu sagen, wie ihre Relation sich würde entwickeln, denn nicht nur Scato, sondern auch er selbst hatte heutig eine Frau an seiner Seite: In Absprache mit Cornelius Scapula (und dem Brautpaar selbstredend) waren auch die Cornelii als Freunde Manius Maiors zu der Festivität geladen worden, um der Gesellschaft Roms die Gelegenheit zu geben, den jungen Gracchen und seine Angetraute gemeinsam zu sehen und damit die Sekurität der projektierten weiteren Hochzeit zu konfirmieren. Dass der ältere Gracche am Vorabend nach Roma war zurückgekehrt, hatte an diesem Umstand nichts geändert, ja Scapula würde zweifelsohne erfreut sein, seinen alten Freund und Weggefährten wieder in die Arme schließen.


    Also standen an diesem Morgen, als die claudische Prozession die Villa erreichte, nicht nur Manius Flavius Gracchus Minor an der Seite seines Vaters, sondern ebenso Cornelia Philonica, deren pubertäre Mängel noch immer nicht sich gewandelt hatten. Noch immer war sie so selbstredend von hagerer, hochaufgeschossener Gestalt, sodass sie ihren Verlobten um einen halben Kopf überragte. Zwar hatte sie ihr dünnes Haar unter einer ausladenden, roten Perücke nach der Mode des Kaiserhauses verborgen und ihre aknöse Haut teils unter einem züchtigen, doch modischen Kleid verborgen, teils mit Puder zu cachieren versucht, doch jeder, der nähertrat, würde ihre körperlichen Makel zu identifizieren imstande sein, zumal sie, sobald sie zum Reden ansetzte, eine gewaltige Zahnlücke zwischen ihren gigantischen Schneidezähnen offenbarte. Manius Minor, der heute in Abstimmung mit seiner designierten Braut eine himmelblaue Toga trug, zumindest erachtete sie nach wie vor als eine der unattraktivsten Damen, welche die römische Hautevolee offerierte, obschon selbstredend er sich dennoch in sein Schicksal zu fügen bereit war, da ihre Verbindung von allseitigem Nutzen würde sein und sein Vermächtnis, dem flavischen Namen Ehre und Erben zu bereiten, beförderte.


    Als der Consul eintraf, nickte sein Quaestor, der ihn am Vortage noch in einer bedeutsamen Angelegenheit hatte aufgesucht, wie Cornelia Philonica, ihm respektvoll zu, ehe auch sie ihre Appetenz auf die Braut richteten, die nun ebenfalls sich präsentierte.

    Jene sich anbahnende Liason sagte dem jungen Flavius zwar nicht zu, doch wusste er keinen Weg, die herzliche Cordialität seiner Stiefmutter zu torpedieren, ohne die Etikette zu verletzten, weshalb er schlichtweg lächelte, selbst als Prisca ihn zu touchieren wagte, um sodann zumindest seinem Wunsch nachzukommen.


    "Dann sehen wir uns zum Nachtmahl! Ich habe noch einige Dinge zu erledigen."
    , erklärte er, verabschiedete sich und wandte sich sodann wieder seinen Obliegenheiten zu, während er im Hinterkopf doch bedachte, welche neuen Relationen sich durch die Präsenz seiner Tante im Hause ergeben mochten.


    Deplorablerweise hatte der junge Flavius den ersten Vorlauf verpasst und damit auch den Start der von ihm favorisierten Factio Russata. Indessen schien es auch geboten, die Konkurrenz der eigenen Heroen zu inspizieren, und der Abfall der Anspannung, welcher nach der Exekution sich in ihm verbreitete, lud geradehin dazu ein, sich nun dem Divertisement der Spiele zuzuwenden.


    In der Tat gestaltete dieses Rennen sich als überaus kurzweilig, denn in jeder Runde schienen sich die Positionen zu wechseln, ehe final doch der vielschrötige Hamiris den Sieg davontrug. Gefangen von jenem mitreißenden Spektakel entging ihm gar, dass der Consul unterdessen die Loge verließ...

    Die zweite Sitzung begann der junge Flavius zwar weitaus relaxierter als jene am Vortage, doch dafür zeigte sich aufs Neue eine gewisse Konfusion in der Debatte, da einerseitig jene geladene Zeugin diffuse Informationen preisgab, anderseitig die Vertreter der Stadtkohorten sich diverse Wortgefechte lieferten, welche zwar Einblicke in deren jeweilige Probleme gestatteten, dem eigentlichen Ziel der Kommission jedoch nur mäßig zuträglich waren. Die Sympathien des Quaestors schwankten dabei analog zur Relation, welche er zu den jeweiligen Protagonisten unterhielt, denn sowohl erschien ihm der Einwand des Optio adäquat und dessen Empörung verständlich, wie er auch die Zurechtweisung durch den Trecenarius akzeptierte. Alle Parteien hatten ihre Intentionen, doch faktisch entsprach es nicht dem Ziel der Kommission, Verantwortlichkeiten zuzuweisen, weshalb auch Manius Minor jenen Herd nicht weiter befeuerte.


    Stattdessen blickte er auf die Tabula, auf welcher Patrokolos dem Befehl des Consul gemäß den Gedankengang hatte notiert:

    Morde in der Subura


      [*]Motiv: Hass Varias auf Rom
      [*]vgl. Identität der Mordopfer (reiche Bürger)
      [*]vgl. Parolen an den Wänden
      [*]Ziel der Morde: Anstachelung zum Aufstand?


    Selbst aus der knappen Distanz fiel es ihm schwer, die eingekratzten Lettern zu identifizieren, doch im Grunde hatte er ohnehin sich die wesentlichen Fakten eingeprägt. Im Grunde traf die Rückfrage des Petronius doch die Problematik der heutigen Sitzung, denn auch der junge Flavius vermochte nicht recht zu destillieren, welche der Aussagen Quintilia Pinas nun als sachdienlich waren zu ponderieren.

    Zitat

    Original von Herius Claudius Menecrates
    Der Consul begrüßte es, dass sich bisher schweigsame Mitglieder aktiv in die Ermittlungen einbrachten. Er nickte sogar zustimmend. Doch bevor er auf Macers bemerkungen eingehen konnte, antwortete Tiberius.
    "Nichts, was wir festhalten, ist in Stein gemeißelt, deswegen hatte ich gesagt, 'nach bisherigem Kenntnisstand'. Sobald wir auf weitere Erkenntnisse bezüglich des Datums stoßen, ändere ich die Eintragung. Tiberius besitzt den Einblick und hat die Opferliste. Wir gehen also zunächst vom festgehaltenen Datum als Brandherd aus.
    Eine Verschwörung hingegen nimmt einzig der Trecenarius an. Bisher hat sich keines der Ermittlungsmitglieder ebenfalls dafür ausgesprochen. Richtig ist, dass wir zum Beginn des Brandherdes zurück müssen. Den Zusammenhang zwischen den Morden und dem Aufstand hingegen sehe ich als erwiesen an. Es liegt nicht nur eine zeitliche Stimmigkeit vor, sondern vor allem ein Geständnis der Haupttäterin."
    Er nickte nochmals, bevor er sich dem Trecenarius zuwandte.


    "Ich pflichte der Ansicht des Consul bei, dass es bisherig an stichthaltigen Indizien für eine Verschwörung fehlt. Eine Koinzidenz ist immerhin nicht zwangsläufig eine Kausalität."
    , kommentierte er das Resümee des Consul schließlich jenen philosophischen Locus communis, mit welchem gerade die alexandrinischen Naturphilosophen sich befasst hatten. Sein Hinweis traf indessen nicht allein auf die Involviertheit der Helvetii und Sergia Faustas zu, sondern ebenso auf die Morde:
    "Indessen möchte ich auch Purgitius' Fragen unterstreichen: Welche Relevanz besitzen jene Morde für den Aufstand selbst? Wir sollten uns nur dann mit ihnen weiter befassen, wenn sich eine direkte Kausalität feststellen lässt, also etwa die Absicht, durch sie eine größere Zahl an Aufständischen zu generieren."
    Er wies auf die Tabula, wo eben dies war notiert worden.
    "Dies wird aber nur Varia uns beantworten können. Insofern unterstütze ich ihre Befragung, an welchem Ort auch immer."

    "Durchaus."
    , erwiderte der Jüngling, obschon seine Freude über die Rückkehr seines Vaters keineswegs seiner Expertise im Senat war geschuldet.


    Sein diktionaler Fehltritt, welcher ihm in der Insekurität seiner Formulierung war unterlaufen, war ihm hingegen entgangen, weshalb der amüsierte Unterton des Aedils ihn doch ein wenig derangierte, zumal er keine Ironie an seiner Anfrage zu erkennen vermochte. Da jedoch Insekurität durch ihre Offenbarung sich nicht zu verringern pflegte, wie Manius Minor in zahllosen Situationen schmerzlich hatte erfahren, mühte er sich jene zu cachieren und wählte dagegen die Offensive:
    "Es fehlte an Gladiatoren?"
    In Rom existierten vier Ludi, weshalb der Quaestor kaum zu imaginieren imstande war, dass sämtliche von ihnen keine adäquaten Gladiatoren zu stellen in der Lage waren. Selbstredend war jene stumme Fehde, die beide Magistrate miteinander zu verfechten schienen, jedoch nicht seine Schlacht, weshalb arglos er zuletzt erklärte:
    "Mir scheint, der Consul war lediglich irritiert, dass deinen Ankündigungen keine Taten gefolgt waren."

    Auch der Flavius hob den Blick, als die Konfrontation zwischen dem entwaffneten Jäger und der Bestie sich anbahnte, obschon er auf seinem neuen Platze verharrte. Als dann neuerlich die Pranke des Löwen punktiert wurde, lächelte er ob jener ironischen Iteration:
    "Der Jäger sollte sich weniger auf die Extremitäten fixieren, sondern seine Waffen womöglich ein wenig weiter führen!"
    , kommentierte er, als bereits der zweite Jäger ihm zu Hilfe eilte und final das Tier überwand.


    Dann erst lauschte er wieder der Erklärung des Jünglings, dem die Präsenz der Augusta offenbar einige Ehrfurcht abverlangt hatte, welche bis zum heutigen Tage fortwirkte. Dass überaus pubertäre Motive dahinter lagen, vermochte er dementgegen nicht zu antizipieren, da selbige erstlich bei ihm kaum je ausgeprägt waren gewesen und er ob seiner Fehlsicht auch keine sonderliche Empfänglichkeit für visuelle Reize besaß.
    Somit unterließ Manius Minor auch hier weitere Kommentare, sondern wandte sich lieber den karrieristischen Erwägungen Atticus' zu, die ohnehin von größerem Interesse waren und auch einiges über seine Identität verrieten.
    "Es ist eine große Aufgabe und zugleich eine große Ehre. Ich assistiere primär dem Consul Herius Claudius Menecrates, von welchem es vieles zu erlernen gibt."
    , ging er jedoch zuerst auf die finale Frage des Pompeius ein, wobei er im Generellen verblieb, da es ihm doch unschicklich erschien, angesichts eines Unbekannten sein Herz zu ergießen, womöglich gar Kritisches zu formulieren. Besser war es, sich den Fragen und Anliegen des Jüngeren zuzuwenden:
    "Wie lautet denn dein Karrierewunsch? Wünscht du ebenfalls in den Cursus Honorum aufzusteigen?"
    Die senatorischen Jünglinge seines Alters waren dem jungen Flavius weitgehend bekannt, war er doch faktisch mit ihnen (oder ihren Feinden) aufgewachsen, selbst wenn Manius Maior ein eher zurückgezogenes Leben für einen Mann seiner Importanz hatte geführt. Da indessen immer wieder die Söhne von Equites in den Senat strebten und die Augusta zweifelsohne nicht die Karrieren gemeiner Plebejer beförderte, äußerte er diese Vermutung.

    Die eindringliche Rede seines Vaters bedrückte den jungen Gracchen und als er geendet hatte, verspürte er gleichsam eine neue Form der Verbundenheit, welche auf der similären, desperaten Hoffnung auf Erlösung gründete, obschon ihre Auslöser in gänzlich differenten Gefilden lagen. Sie beide mühten sich in desperater Hoffnung, ihr Schicksal zu erfüllen, ihrem Platz in Gesellschaft, Familie und Staat möglichst rechtschaffen gerecht zu werden und damit der Gnade einer divinen Macht, sei es des Genius Populi Romani, sei es der Götter der Unterwelt, sich als würdig zu erweisen. Manius Minor wusste in indubitabler Weise um seine Schuld und jene Ira Deorum, welche er durch sein gottloses Leben als Epikureer hatte evoziert, hatten doch die Unsterblichen (respektive die Manen seiner geliebten Mutter) selbst ihm die Lage und ihre possiblen Auswege erleuchtet, selbst wenn er in unseligen Momenten doch bezweifelte, ob er in irgendeiner Weise würde kapabel sein, sich von seinen Sünden reinzuwaschen. Manius Maior hingegen schien seine eigenen Schlüsse gezogen und höchstselbst sich in jene missliche Lage manövriert zu haben, in welcher nun er zu ertrinken drohte.


    Dabei erschien seine desillusionierliche Interpretation dem flavischen Jüngling keineswegs als so zwingend, wie sein Vater diese augenscheinlich erkannte:
    "Vater, du hast Rom bereits viel gegeben. Du hast im Cultus Deorum gedient und mit einem fulminanten Wahlergebnis das Consulat errungen. Und auch dieses Amt erfülltest du zur Zufriedenheit aller!"
    Zumindest schien dies dem jungen Flavius so angesichts der respektvollen Weise, in der alle von ihm sprachen.
    "Und dieser rastlose Einsatz konfirmiert doch nichts weiter als den Umstand, dass es stets dir um Rom ging, selbst wenn deine Mühen nicht immer jenen Lauf nahmen, den du projektiertest. Eure Intentionen waren rein und Cornelius war ohne Zweifel ein besserer Princeps, als der kränkliche Valerianus und insonderheit sein ordinärer Praefectus Urbi es je gewesen wären!"
    Cornelius Palma hatte der Jüngling einst ein Panegyricum gehalten, weshalb er sich intensiv mit dessen Leistungen, ebenso aber seinen Schwächen hatte befasst.
    Er richtete sich ein wenig auf und Wasser von seiner Brust und Armen rann geräuschvoll in das Becken.
    "Du sagtest mir einst, dass drei Maximen unser Handeln zu bestimmen haben: Familie, der Staat sowie die Wahrheit!
    Dass ein Aelius auf dem Caesarenthron den Interessen unserer Familie widersprach, diesbezüglich dürfte Konsens bestehen, zumal, wie wir wissen, insonderheit der schrankenlose Vescularius unseren Stand unterdrückte und ihm schadete, wo immer es ihm possibel war.
    Dies jedoch deutet bereits an, welchen Schaden dieses unselige Gespann unserem Staatswesen bereitete: Ein Herrscher, welcher die alten Familien seines Volkes zurückstößt und demütigt, welcher stattdessen allein auf Emporkömmlinge und Speichellecker sich stürzt und allein seinen Lüsten sich hingibt, ist ein Tyrann! Vor Jahrhunderten vertrieben unsere Vorväter die Könige Roms eben aus diesen Gründen, sie begründeten ein Staatswesen, welches seither trotz mancher Bedrängnisse blüht und gedeiht!
    Und hinsichtlich der Wahrheit-"

    Er stockte, als ihm gewahr wurde, dass er hier noch eines Argumentes gebrach, sodass er für einen Augenblick innehielt, ehe doch ihm eine Einrede, wenn auch in mäßigerer Qualität als zuvor, in den Sinn kam:
    "Hinsichtlich der Wahrheit wirst du konzedieren müssen, dass jener Bürgerkrieg nicht eure hehren Intentionen zu negieren vermag: Es entsprach eurem wahrhaftigen Willen, möglichst verborgen und friedlich einen adäquateren Caesaren zu installieren, selbst wenn dies nicht in jener Weise gelang. Eure Intentionen wahren wahrhaftig und die unglücklichen Fehlschläge, welche indessen keineswegs dir anzulasten sind, sondern dem Tiberius oder anderen Konspiranten! Die Wahrheit ist, dass du und die deinen ihr Leben riskierten, um für eure Familien, euren Staat und die Wahrheit einzustehen. Selbst als jener grässliche Krieg war entfesselt, kehrtest du in die Höhle des Löwen zurück, um das Blutvergießen zu beenden. Insofern vermag ich nicht zu erkennen, welcher Fehler just dir anzulasten wäre."

    Sim-Off:

    Selbstredend kein Problem.


    Ein Magistrat wurde für gewöhnlich mit gesondertem Respekt traktiert, auch wenn er bei einem anderen Magistraten zu Besuch war, weshalb der junge Gracchus ein wenig Indignation verspürte, als er eine ganze Weile mit Patrokolos allein im Tablinum zu warten hatte. Als der Aurelius sodann jedoch eintrat und sich exkulpierte, nickte er dennoch artig.
    "Selbstredend."
    Sogleich wurde (wie so häufig, wenn der Jüngling mit älteren Senatoren parlierte) die Frage seines Vaters angeschnitten, dessen gewaltiger Schatten ihm Schutz bot und ihn zugleich sprichwörtlich in den Schatten stellte.
    "Mein Vater befindet sich auf dem Wege der Besserung, danke der Nachfrage. Soweit ich weiß gedenkt er wieder nach Rom zurückzukehren, sobald es ihm seine Gesundheit gestattet."
    Exaktere Informationen vermochte Manius Minor noch immer nicht darzubieten, denn seit seinem Besuch in Baiae war mehrere Male die geplante Rückkehr prokrastiniert worden.


    In Gedenken an die aurelische Natter in seinem eigenen Hause verspürte noch immer er wenig Sympathie für deren Vetter, selbst wenn dieser ihm durchaus kein Leid hatte getan, weshalb er nicht geneigt war weiter sich in privater Konversation zu ergehen, sondern (selbstredend weiterhin mit ausgesuchter Höflichkeit) erklärte:
    "Ich hoffe es erscheint dir nicht unhöflich, wenn ich sogleich auf den Anlass meines Besuches zu sprechen komme, doch wie du schon sagtest, sind unsere Pflichten vielschichtig und unsere Zeit begrenzt.
    Ich wurde von Consul Claudius zu dir gesandt, um mich hinsichtlich deiner projektierten Spiele zu erkundigen. Konkret geht es um die Compitalia, zu welchen du im Senat Gladiatorenspiele veranstalten wolltest."

    Die Stimme des Quaestors wurde umsichtiger mit jedem Wort und schließlich verstummte er lauernd, um nicht den ranghöheren Senatoren durch konfrontatives Auftreten zu indignieren und ihm Raum zu bieten, sich bezüglich dieser Rückfrage zu erklären.

    Zitat

    Original von Herius Claudius Menecrates
    Pünktlich zu Beginn der neuen Sitzung traf Quintilia Pina ein.
    "Ja, hier findet die Befragung statt", antwortete der Consul, der Pinas Frage trotz Flüstern hörte, als er die Tür öffnete. "Tritt ein." Er ließ Pina den Vortritt und erklärte ihr dabei die Situation, weil das Flüstern ihn glauben ließ, die Zeugin sei eingeschüchtert.
    "Hier ist keine Form von Furcht nötig. Das ist kein Gerichtssaal, wir sind keine Richter und wir fällen auch kein Urteil. Wir versuchen die Ursache der Unruhen zu ermitteln und du kannst uns dabei helfen." Er lächelte ein wenig, bevor er Platz nahm.


    Auch am Folgetag erschien der junge Flavius ein wenig früher, sein Protokoll vom Vortage unter dem Arm. Um an diesem Tage nicht erneut die publike Offenbarung seiner Inkapabilitäten zu riskieren, hatte er sich eine neue List ersonnen, mit welcher er der Protokollierung dieser Sitzung hoffte entgehen zu können.
    "Consul, ich bin untröstlich, doch wird es mir deplorablerweise heutig nicht vergönnt sein, erneut das Protokoll zu führen."
    , erklärte er mit tristem Blick, welcher eher dem Bedauern genötigt zu sein, den höchsten Mann im Staate zu betrügen, als dem über seine Unfähigkeit, den von ihm erforderten Dienst zu leisten, war geschuldet. Zugleich erhob er seine Rechte, die Capsa am Morgen mit einem Verband hatte umwickelt, um seiner Ausflucht größere Dramatik zu verleihen.
    "Augenscheinlich fehlt es mir an einer gewissen Übung, längere Sitzungen zu protokollieren, sodass meine Sehnen sich ein wenig entzündet haben.
    Ich könnte jedoch offerieren, dass mein Leibsklave Patrokolos, welcher mein uneingeschränktes Vertrauen genießt und dessen Diskretion außer Zweifel steht, für mich die schriftlichen Notizen führt. Dies würde es mir womöglich auch erlauben, mich intensiver an der inhaltlichen Debatte zu beteiligen."

    In den Augen des jungen Flavius existierte ohnehin kaum ein Grund, die Disputationen in derartiger Geheimhaltung zu führen, zumal auch der Liktor proximus des Claudius ja war präsent gewesen, als der Tiberius einen augenscheinlich streng geheimen Rapport hatte verteilt, den deplorablerweise Manius Minor erst nach seiner Heimkehr am Vortage sich hatte vortragen lassen können, um seinen schockierenden Inhalt zu erfahren.


    Dennoch blieb es selbstredend die Entscheidung des Consul, sodass der junge Gracche schlicht wartend der Reaktion seines Protektoren und Vorgesetzten harrte.

    Sim-Off:

    Ich belasse dies einmal in einer Zeitebene vor Eröffnung der Sitzung ;)

    Zitat

    Original von Herius Claudius Menecrates

    Sim-Off:

    Würde sich bitte der Spieler, der die Morde simuliert hat, bei mir per PN melden? Das wäre super!
    Ich gehe in dem Glauben, dass nur Ritter aufwärts Siegelringe tragen. Die Ringe müssen allerdings nicht zwangsläufig den Opfern gehören.


    Da der Consul ebenfalls keine weiteren Fragen hatte, wandte er sich an seinen Sekretär.
    "Vielen Dank für deine Aussage, Faustus. Für heute bist du entlassen."


    Als Faustus die Tür zuzog, wandte sich der Consul an die Anwesenden. "Ich denke, wir haben für den ersten Tag genug gehört und viele Informationen im Kopf, die wir durchdenken können und müssen. Ich schlage anstelle einer Pause vor, dass wir uns morgen zur gleichen Stunde in der gleichen Runde wiedertreffen. Die Angelegenheit mit den Ringen im Hals müssen wir nicht sofort klären. Es mag sein, dass wir im Zuge der Ermittlungen automatisch auf die Antwort stoßen oder wir sprechen in ein paar Tagen erneut das Thema an."


    Nun endlich entspann sich ein Disput, was einerseits erfreulich schien, andererseits jedoch den jungen Flavius nötigte, sich zahlreiche Wortbeiträge einzuprägen, Namen und Befunde zu strukturieren und all dies ohne die Option, dies schriftlich oder graphisch niederzulegen. Insofern blieb ihm kaum Zeit, sich auf die Disputation selbst zu konzentrieren und sie intensiver zu reflektieren.


    Dass es in Rom zu Morden kam, verwunderte ihn mitnichten, denn nicht erst seit jener grässlichen Nacht, in welcher er im Knabenalter sich mit dem Libitinarius sich aus Rom hatte verflüchtigt, um den Schergen des Vescularius zu entgehen, wusste er, dass in manchen Regiones der Stadt tagtäglich Ermordete in den sinistren Gassen der Insulae wurden aufgefunden, dass potente Syndikate wie eifersüchtige Liebhaber, vor allem jedoch schäbige Straßenräuber beständig das Menschenleben gering achteten und bisweilen eben beendeten. Insofern fühlte er nicht nur aus sentimentaler Loyalität seinem vormaligen Exerzitienmeister Octavius gegenüber geneigt, die Ahnungslosigkeit der Cohortes Urbanae für berechtigt zu erachten, selbst wenn er den Tiberius ebenfalls in der Sache als stets korrekten Offizier hatte erfahren, der nicht umsonst mit diversen Auszeichnungen geehrt worden war. Selbst wenn er nichts Rechtes mit seiner augenscheinlich zerbrochenen Persönlichkeit anzufangen wusste, wenn ihre gemeinsame Reise von Germania her nicht selten zu vehementen Irritationen hatte geführt und sein Werdegang mehr als partikulär erschien, so verspürte er doch ein gewisses Verständnis für sein armseliges Dasein und seine prinzipiell hehren Intentionen, obschon diese von diversen Desillusionen getrübt wurden. Tiberius Verus war gleichsam das tragische Opfer unglücklicher Umstände, das mehr Mitleid als Abscheu verdiente, doch vermochte der junge Flavius sich nicht dazu durchzuringen, die Schranken seines Standes zu überschreiten und sich jenem Abtrünnigen patrizischer Lebensführung zu öffnen. Dessenungeachtet waren all jene abschweifenden Gedanken, welche ihn bei der Betrachtung der knappen, doch offendierenden Beiträge des Trecenarius befielen, in diesem Kontext gänzlich ohne Belang und lenkten den unfreiwilligen Sekretär dieser Zusammenkunft ohnehin nur von seiner ambitionierten Aufgabe ab, sämtliche Wortbeiträge zumindest sinngemäß sich einzuprägen.


    Als final der Consul dem delikaten Diskurs für den heutigen Tag ein Ende setzte, war der junge Flavius somit recht erleichtert und erhob sich prompt, um nicht in die Verlegenheit zu geraten genötigt zu sein, seine inexistenten Notizen irgendeinem der Kommissionäre zu offenbaren. Eilig strebte er seinem im Atrium wartenden Stabe zu, ließ sich vom Consul exkulpieren und begab sich nach Hause, um im Gespräch mit seinem Sklaven Patrokolos die zentralen Abläufe der ersten Sitzung zu verschriftlichen.

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus Minor
    Zwischen jenen Polen bewegten auch die übrigen Gefechte sich in dieser zweiten Runde. Keiner der Delinquenten vermochte gegen die wohlexerzierten Gladiatoren zu bestehen, obschon mancher den Berufskriegern ein admirables Duell lieferte. Früher oder später obsiegte jedoch die Kondition der Gladiatoren, respektive die ungerechte Unterstützung durch die Peitschen der Knechte, über die bereits von der ersten Kampfrunde ermatteten Sklaven, weshalb nach einiger Zeit überall bisweilen blutende, doch stets lebendige Gladiatoren im Triumph ihre Waffen gen Himmel reckten.


    "Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan! Der Quaestor Consulum Manius Flavius Gracchus Minor dankt euch für eure Geduld und wünscht euch viel Spaß mit dem zweiten Vorlauf!"
    , erklärte der Herold die Exekution für beendet, während auf der Rennbahn die Praetorianer und Knechte bereits emsig die Barrikaden beiseite räumten, während andere Staatssklaven die getöteten Delinquenten an scharfen Haken von der Bahn schleiften. Alles musste schnell gehen, denn binnen Kurzem sollten nun wieder die Gespanne über die Bahn eilen!


    Während auf dem Sande der Rennbahn die ehemals Aufständischen um ihr Leben fochten, saß der Quaestor in der Sekurität seiner Loge und kam neuerlich ins Sinnieren über die Necessität der Strafe, spezifischer jener spektakulären Exekutionen, in welchen der Delinquent im Grunde ohne Notwendigkeit zusätzliche Pein wurde bereitet, indem man entweder sie verbrannte (obschon das Verstummen der Schreie darauf hindeutete, dass jener Tod nicht allzu lange dauerte), sie um ihr Leben fechten ließ, womöglich wider ihre eigenen Gefährten, oder auf andere Weise ermordete. Gewiss entsprach dies den Mores Maiorum, gewiss verlangte dem Volk nach Crudelitäten, wie sie in der langen Tradition des Gladiatorenkampfes, der Tierhatz und selbst bei den Wagenrennen, in welchen immer wieder Einzelne in spektakulärer Weise den Tod fanden, wurden gepflegt. Ebenso hatten die Täter (obschon er noch immer hinsichtlich der Christen, die Tiberius Verus in der consularischen Kommission ein wenig unklar inkulpiert hatte, seine Zweifel hegte) durchaus Schuld auf sich geladen, welche es zu sühnen galt, ja hatten nicht alleinig dem Imperium getrutzt (wofür der Jüngling noch ein Verständnis mochte aufbringen), sondern unbeteiligte, simple Zivilisten, ja selbst Frauen und Kinder ohne Not getötet und gequält. Insofern mochte eine spektakuläre Hinrichtung als adäquate Form der Abschreckung dienen, um all jene, denen die Sedition in den Fingern juckte, vor selbiger abhorreszieren zu lassen. Und dennoch verspürte er ein Unbehagen, als er dort unten (seine Loge war in größter Nähe zur Rennbahn, sodass er selbst die furchtsamen Antlitze der Delinquenten zu studieren vermochte) jene Gefechte erblickte. Es erschien ihm pervers, jene nackten Unseligen der blutlüsternen Menge zur Freude zum Blutvergießen zu nötigen, ja er fragte in jenem Augenschlage sich gar, was es über seine gesamte Gesellschaft, das römische Volk aussagte, dass sie sich an derartigen Taten ergötzten. Es erschien ihm ungerecht, die zarte Hoffnung auf Rettung zu erwecken, um sodann sie als Getäuschte doch noch dem Tod ins Auge blicken zu lassen. Und es erschien ihm bedenkenswert, dass man Gefährten auf Gefährten hetzte, womöglich selbst Freunde mit der falschen Hoffnung auf Rettung entzweite und sie gar nötigte, sich im immediaten Nahkampf gegenseitig des Lebens zu berauben.


    Auch fragte Manius Minor sich schlagartig, wie er reagieren würde, würde man ihn nötigen, einen anderen Römer, ja gar einen Freund wie seinen teuren Licinius Carus, um seines eigenen Lebens willen zu töten. Würde auch er sich sogleich auf ihn stürzen, eingedenk seiner korporalen Inferiorität, um sich durch rasche Reaktionen einen winzigen Vorteil zu verschaffen? Würde er sich verweigern und lieber mit Peitschen flagellieren lassen, als auf sich die Schuld eines Mordes um seiner Selbst willen zu laden? Epikur hätte wohl diese Variante präferiert, da er doch die Freundschaft schätzte und den Tod, ja sämtliche korporalen Befindlichkeiten verachtete. Doch wie würden es die Götter ponderieren? War auf ihre Gnade zu hoffen, wenn man sich jenen Christen gleich vor sie in den Staub, um betend in die Unterwelt zu gleiten? Oder würden sie, wie er es von den Germanen hatte erfahren, lediglich einen furchtlosen Krieger in die Gefilde der Seligen aufsteigen lassen, selbst wenn er seinen Mut nackt und mit einem Dolch gegen einen Landsmann bewährte?


    Der Jüngling vermochte all jene Fragen nicht recht zu beantworten, warfen seine Gedanken doch stets nur weitere Fragen auf, weshalb endlich er sich erhob, um an die Brüstung zu treten und grüßend dem Volk sich zu präsentieren, ein versonnenes, äußerliches Lächeln auf den Lippen, während in ihm er eher Dunkelheit als Stolz verspürte.

    Zitat

    Original von Titus Pompeius Atticus
    “Ja, richtig, neben Duccius Callistus und einem der Tiberier.“ Atticus konnte sich aber beim besten Willen nicht mehr an den Namen des Tiberius erinnern. Die beiden hatten kaum Worte gewechselt, und allzu neugierig wollte Atticus ja auch nicht sein angesichts des Schicksals, das die Tiberii überhaupt dazu gebracht hatte, in der Villa Aurelia Zuflucht zu suchen.
    Kurz war sich Atticus nicht sicher, ob es denn ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war, dass der Quaestor sich erinnerte, wo er gelegen hatte. Atticus erinnerte sich nicht daran, wer wo gewesen war. Seine Aufmerksamkeit war nach den diversen Debakeln mit diversen hochgestellten Damen damals stur auf den Teller vor sich gerichtet gewesen und er hatte sich Mühe gegeben, sienen Patron möglichst wenig weiter zu blamieren. Dass der Quaestor sich dennoch an ihn erinnerte, hieß entweder, dass der junge Mann ein sehr gutes Gedächtnis hatte, oder aber, dass Atticus sich so sehr daneben benommen hatte, dass er trotz allem im Gedächtnis geblieben war.
    Glücklicherweise ließ der Flavius ihm nicht allzu viel Zeit, darüber nachzugrübeln. “Nein, ich bin Klient von Consular Purgitius. Er hat mich nur netterweise mitgenommen zu dem Fest, wohl weil es gerüchteweise hieß, der Kaiser könnte kommen. Dann hätte er mich vorstellen können. Aber naja, so war es ja trotzdem auch sehr schön.“
    Atticus überlegte sich, was er den Quastor wohl fragen konnte, um die Konversation am laufen zu halten. Die Gepflogenheiten der Höflichkeit geboten ja geradezu eine Gegenfrage. Aber nun nach dem Patron des Flavius zu fragen erschien ihm doch arg plump. Andererseits, was fragte man so einen Quaestor überhaupt? Konversation war schwierig, Atticus hörte lieber zu, als selbst zu reden.
    Und just in diesem Moment fiel ihm auf, dass der Flavius ja noch immer stand, während er bequem saß. Irgendwie war es doch eine seltsam anmutende Situation, die sich aus all diesen Kleinigkeiten ergab. Atticus versuchte also, sich irgendwie an seine Höflichkeit zu erinnern und etwas nicht ganz dummes zu sagen. Was dabei aber herauskam war ein: “Oh, willst du dich setzen? Wir können rutschen.“ Das erfüllte vielleicht nicht ganz die Kriterien einer wohlgeformten Unterhaltung mit einem Senatorensohn.


    Aufmerksamkeit war eine Fähigkeit, welcher jeder Politiker bedurfte und gerade für den jungen Flavius, der ja genötigt war, sich so viel als möglich einzuprägen, um seine Fehlsicht zu cachieren, besaß darin einige Übung. Von dem ohnehin eher vernachlässigbaren Malheur des jungen Pompeius hatte er hingegen keine Notiz genommen, weshalb diese Episode auch nicht sein Gewissen konnte belasten.


    Vielmehr beschied er, einer spontanen Eingebung folgend und auf die Qualitäten eines Klienten des ehrenwerten Consulars Purgitius vertrauend, tatsächlich den offerierten Platz einzunehmen und soeben noch das Brechen des Jagdspießes zu verfolgen.
    "Oh!"
    , entfleuchte es ihm ob der animalischen Kraft des Löwen, der nun einem unbewaffneten Jäger sich gegenüber sah. Den Blick weiter auf das Geschehen in der Arena gerichtet bemerkte er sodann an die Adresse des jungen Pompeius:
    "Nun, immerhin gab die Augusta sich die Ehre. Sie ist ebenfalls eine Zierde für jedes Gastmahl, nicht wahr?"

    "In der Tat, ich habe die Ehre Rom in diesem Jahr als Quaestor Consulum zu dienen. Unter Consul Herius Claudius Menecrates."
    , explizierte Manius Minor nicht ohne Stolz auf die Bemerkung Pollas, da er bezüglich seines Vaters ohnehin nichts weiteres anzumerken wusste.


    Ehe er jedoch mit den bedeutsamen Obliegenheiten seines Amtes zu prahlen imstande war, betrat Prisca das Atrium und begrüßte die Flavia so überschwänglich, als seien die beiden Frauen und nicht Polla und er die Blutsverwandten. Zumindest von cognatischer Seite, wenn er sich der Erklärung seines Tante hinsichtlich ihrer Großmutter entsann. Ihrer Bemerkung an seine Adresse entnahm er, der ob seiner mäßigen Sehkraft darauf angewiesen war, sämtliche Nuancen in den Stimmen um sich die Emotionen zu entlocken, die ihm so wohlvertraute Spur der Falschheit, mit der die aurelische Natter stets ihn in Gesellschaft anzusprechen pflegte. Durchaus bereitete ihn auch ihre Nähe Unbehagen, doch wie sie ihre Differenzen verbarg, so verzog auch der Jüngling keine Miene, als sie sich neben ihm postierte.
    "Claudius beauftragte mich mit diversen Aufgaben, die ich dankenswerte in meinem Officium hier in der Villa bewerkstelligen kann."
    , erwiderte er hinsichtlich ihrer Bemerkung.


    Fortunablerweise dispensierte Polla sie aber nun von ihrer unerfreulichen Gemeinschaft, indem die alte Flavia ein wenig Zeit der Rekonvaleszenz erbat.
    "Selbstredend, Tante Polla! Wir werden ja noch hinreichend Zeit haben, deinen Bericht zu hören! Womöglich zur Cena heute Abend?"
    Er blickte mit betonter Freundlichkeit zu der Aurelia.
    "Mutter, würdest du meiner Tante ein vorläufiges Gästezimmer zuweisen? Ich muss mich noch ein wenig meinen Amtsgeschäften widmen."
    Immerhin war dies die Aufgabe der Matrone eines Hauses, dennoch bereitete es dem Jüngling durchaus Freude, seiner Stiefmutter in jener verblümten Weise Order zu geben.


    Keineswegs war mit dem unprofessionellen Fechten der Delinquenten bereits die Klimax jener durch den jungen Flavius ersonnenen Exekution erreicht, obschon mancher bereits sich wieder seinen Erfrischungen mochte zuwenden. Denn während die Aufständischen auf der Rennbahn noch um ihr Leben stritten, verteilten sich ihre kommenden Opponenten bereits auf klandestine Weise unweit der winzigen Arenen: Eine Weile hatte der Quaestor gemeinsam mit dem Magister Ludi des Ludus Magnus disputiert, wie kurzweilige Kämpfe für Menschen waren zu produzieren, welche bereits in gänzlicher Desperation nur ihres Todes harrten. Final waren sie deshalb schließlich bei jenem Modus verblieben, in dem man den Gefangenen ihr Schicksal verschwieg und jene Saat der Hoffnung säte, welche man in der ersten Runde der Hinrichtung hatte gesät. Glaubten also die nunmehr sich ihrem vorläufigen Triumphe zustrebenden Delinquenten, ihre jeweilige Arena lebend zu verlassen, präparierte sich bereits ihre Nemesis in Form kampferprobter Gladiatoren, verdeckt unter langen Kutten, unweit jener Schlachtzonen.


    Als dann endlich die letzten Kämpfe gefochten waren und die bisweilen schwer lädierten Überlebenden sich hoffnungsvoll erhoben, während die an jedem Gatter befindlichen Knechte den getöteten Delinquenten beiseitezerrten, ergriff aufs Neue der Herold das Wort:
    "Einen Teil der Mörder, die Rom unsicher machten, hat den Tod gefunden und die Medizin geschmeckt, die sie selbst unschuldigen römischen Bürgern verabreichten!
    Aber was ist mit den anderen? Sollen sie Gnade erfahren?"

    Wütendes Krakeelen erhob sich in den Rängen, als jene, welche ihre Familiaren und Freunde während des Sklavenaufstandes hatten verloren, die Perspektive der Gnade erkannten. Für eine Weile ließ der Herold jenes Pfeifen und Schimpfen in den Rängen erschallen, ehe er und mit ihm zahllose weitere Herolde an allen Enden des Circus wieder Ruhe geboten:
    "Nein! Nein, habt keine Angst! Auch diese Männer wird die Gerechtigkeit Roms treffen!"
    Furchtsam blickten nun die Delinquenten auf der Rennbahn um sich. In diesem Augenblick warfen die Gladiatoren ihre Mäntel von sich. Darunter präsentierten sich Murmillones, Thraeces, Hoplomachi und Samnites in voller Staffage, jeder von ihnen bewaffnet mit seinem charakteristischen Schwert samt Schild. Mit schweren Schritten bewegten sie sich auf die Gatter zu, welche die Knechte ihnen bereitwillig öffneten.
    "Auch sie sollen erfahren, wie es ist, wehrlos einem schwer bewaffneten Mörder gegenüber zu stehen! Auch sie sollen um ihr Leben kämpfen!"
    , kommentierte der Herold und aufs Neue erklangen die Fanfaren, um die zweite und finale Runde der Hinrichtung zu initiieren.


    Waren die vorhergehenden Kämpfe bereits höchst ungleich gewesen, so boten sich dem Publikum nun noch disparatere Kampfpaare, denn während auf der einen Seite schwer bewaffnete Berufskämpfer standen, beschränkte sich die Kampferfahrung jener nackten, lediglich mit einem ärmlichen Dolch bewaffneten Sklaven zumeist auf nicht mehr als die Tage des Aufstandes. Die meisten ließen folglich nun jedwede Hoffnung sinken.


    Einer von ihnen, ein Jüngling, dem sein überwundener Mitaufwiegler augenscheinlich in der Kraft der Desperation die Nase hatte gebrochen, versuchte etwa sogleich, Reißaus zu nehmen und wandte sich dem Gatter zu. Anstatt selbiges zu überwinden (worauf die Praetorianer ihn erwartet hätten), traf ihn jedoch lediglich hart die Peitsche der Knechte, während hinter ihm der Gladiator, ein Thraex seine Sica emporhob und mit schweren Schritten auf ihn zuhielt. Da der Sklave indessen unbeirrt versuchte, die Absperrung zu übersteigen, traf ihn hart ein Schlag des dort bereitstehenden Knechtes, weshalb er zurücktaumelte, ehe ihn die Waffe des Gladiatoren in den Rücken traf.


    Unweit davon gerierte der Delinquent sich hingegen geschickter: Einem Hoplomachus gegenüber duckte er immer wieder sich unter den Hieben des schwer gerüsteten Gladiatoren hinweg und schreckte hier und dort immer wieder vor dem Kurzschwert des Kämpfers zurück. In jener Weise bewegte er sich so leichtfüßig durch die Parzelle, dass man dafürhalten mochte, er habe jene Strategie ersonnen und sein gesamtes Leben exerziert. Zunehmend ermattete jene Strategie den Hoplomachus, wie erfahrene Kenner der Materie leichtlich mochten erkennen. Hinzu trat eine gewisse Fahrlässigkeit, welche der Delinquent nach einer Weile des Tänzelns geschickt nutzte: Mit einem Male sprang er vor und stieß seinen Dolch am Rundschild des Gladiatoren vorbei in dessen Magenregion. Getroffen taumelte der Hoplomachus zurück und riss seinen Schild hoch. Mit einem Schrei stürzte er nun sich aufs Neue auf den bisherig von Fortuna favorisierten, der wiederum mit einem desperaten Sprung sich an dem massigen Gladiatoren vorbei rollte und lediglich am Rücken von dem Kurzschwert gestreift wurde.
    Ungerechte Hilfe erlangte der Hoplomachus nun jedoch von jenseits dem Gatter, denn die dortig befindlichen Knechte schlugen nun mit ihren Peitschen nach dem geschickten Sklaven, der unter jedem Treffen zusammenzuckte und von der letalen Bedrohung innerhalb seiner Parzelle abgelenkt wurde. So nahm es nicht wunder, dass nach einem besonders guten Treffer der Peitsche er mit schmerzverzerrten Antlitz sich krümmte, als plötzlich ein Tritt des Gladiatoren ihn erreichte und er getroffen zu Boden stürzte. Voller Zorn ob jener unwürdigen Darbietung rammte der Hoplomachus sein Schwert in den Brustkorb des Delinquenten und vereinte seinen Schrei mit dem Johlen der Menge.


    Zwischen jenen Polen bewegten auch die übrigen Gefechte sich in dieser zweiten Runde. Keiner der Delinquenten vermochte gegen die wohlexerzierten Gladiatoren zu bestehen, obschon mancher den Berufskriegern ein admirables Duell lieferte. Früher oder später obsiegte jedoch die Kondition der Gladiatoren, respektive die ungerechte Unterstützung durch die Peitschen der Knechte, über die bereits von der ersten Kampfrunde ermatteten Sklaven, weshalb nach einiger Zeit überall bisweilen blutende, doch stets lebendige Gladiatoren im Triumph ihre Waffen gen Himmel reckten.


    "Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan! Der Quaestor Consulum Manius Flavius Gracchus Minor dankt euch für eure Geduld und wünscht euch viel Spaß mit dem zweiten Vorlauf!"
    , erklärte der Herold die Exekution für beendet, während auf der Rennbahn die Praetorianer und Knechte bereits emsig die Barrikaden beiseite räumten, während andere Staatssklaven die getöteten Delinquenten an scharfen Haken von der Bahn schleiften. Alles musste schnell gehen, denn binnen Kurzem sollten nun wieder die Gespanne über die Bahn eilen!

    Die Reaktionen der Delinquenten auf ihre Situationen fielen höchst different aus:


    In einer Parzelle unweit der Loge der Ausrichter übertraf der Unbewaffnete den Bewaffneten beiweitem an Größe und Masse, weshalb er, anstatt furchtsam auszuweichen, prompt die Offensive wählte und sich auf seinen Gegner stürzte, mit einer Hand die Dolchhand des anderen umfassend und mit der anderen seine Rippen mit heftigen Hieben traktierend. Hektisch mühte sich der Delinquent mit dem Dolch, sich aus dem ehernen Griff seines Kontrahenten zu entwinden, doch endlich löste sich sein Griff von der Waffe. Doch augenscheinlich bedurfte der Unbewaffnete dessen nicht, denn nun schloss sich sein Griff, einem Schraubstock gleich, um den Hals des deplorablen Gegners, der noch eine Weile resistierte, ehe er lediglich zuckend noch seinen Geist aushauchte (respektive nicht mehr auszuhauchen vermochte).


    An anderer Stelle zeigte sich hingegen ein gänzlich differentes Bild: Dort warf der Bewaffnete, ein Jüngling orientalischer Provenienz, den Dolch schlicht in den Staub, um auf die Knie zu fallen und seinen Gott (zweifelsohne den gekreuzigten Halbgott der Christen) anzurufen und um gnädige Aufnahme zu bitten, während sein Kontrahent unbeeindruckt nach der nun mehr ledigen Waffe griff und dem vermeintlichen Christen mit einem raschen Schnitt die Kehle zu durchtrennen.


    Für gewöhnlich erwiesen sich die Kampfpaare jedoch als symmetrischer, sodass bisweilen spannende Ringkämpfe, bisweilen unwürdige Ausweichjagden in den winzigen Parzellen vor sich gingen, in welchen jedoch beständig die Todesfurcht der jeweiligen Kontrahenten in der Hektik ihrer Bewegungen und der Kraft der Desperation, welche all ihre Regungen bewegte, erkennbar blieb. Hielten die Delinquenten in ihren Kämpfen dagegen inne, griffen jene zwei Gehilfen, die bereits die Absperrungen mitgetragen hatten, zu Peitschen und trieben sie aufs Neue an, ihr Schicksal zu erfüllen.