Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor

    Obschon emotionale Eruptionen Manius Maiors in Präsenz Manius Minors nahezu ebenso selten waren wie umgekehrt, genügte das übervolle Maß an Rage, in die der Jüngling sich geredet hatte, vollauf, um nicht kleinlaut zu verstummen, sondern die Provokation zu akzeptieren, zumal sie seine Ästimationen aufs Vortrefflichste konfirmierten, wie sie ihn aufs Neue zum unmündigen Knaben zu degradieren suchten. Doch mitnichten war er ein solcher und so trutzte er mannhaft der physischen wie verbalen Offensive gleich einem Felsen in der Brandung, die Arme vor der Brust verschränkt und den paternalen Blick standhaft erwidernd, respektive jene dunklen Flecken im Schemen des Antlitzes vor seiner Nasenspitze fixierend.


    Gänzlich unpräpariert trafen ihn hingegen die verwundenden Worte, die den Tod seiner Mutter aufs Neue aktualisierten und ihm in ihrer Vortragsweise wie gackernder Hohn über sämtliche seiner bisherigen Annahmen bezüglich der Relation seiner Eltern erklangen, da doch Gracchus Maior augenscheinlich sich imstande sah, seine Gemahlinnen gleich einer defekten Tunica zu replatzieren, während sein Sohn ohnehin jede Hoffnung konnte fahren lassen, ein Substitut für seine verehrungswürdige Gebärerin zu gewinnen. Stets war sein Vater ihm in gewisser Weise fremd geblieben, doch nun, da er im Zorne diese Worte sprach, schien selbst jenes letzte, bedeutsame Band, die vermeintlich geteilte Zuneigung zu jener Claudia Antonia, zerschnitten. Tränen stiegen ihm ob jener Einsicht in die Augen, doch war er keineswegs gewillt, nun doch sich als jenes Knäblein zu offenbaren, als das sein Vater ihn sah, weshalb er die Schwäche durch nochmalig gesteigertes Temperament zu kompensieren suchte.
    "Du treuloser... Feigling!"
    , stieß er hervor, unfähig die Wortwahl zu kontrollieren und somit, obschon es in jenem Kontext gänzlich inadäquat mochte sein, jenes verborgene Bild offenbarend, das er in Mantua von seinem Genitoren hatte entworfen.
    "Ich hasse dich! Ich hasse dich!"
    , sandte er endlich hinterher, während er mental zur Reculade bereits bließ, sodass er sogleich sich abzuwenden und hinfortzueilen suchte, um der Präsenz jener innominablen Unperson, die sich sein Vater nannte, indessen zugleich einem weiteren Wortgefechte in jenem exaltierten Status sich zu entziehen.
    Deplorablerweise waren die Tränen jedoch geeignet, seine ohnehin limitierte Sicht weiter zu reduzieren, weshalb ihm gänzlich entging, dass die Tür zum maternalen Cubiculum eine sanfte, dem gesunden Auge durchaus vernehmliche Welle zueeigen war, welche in seiner Eile nun ihm zum Verhängnis wurde, da er darüber stürzte und sogleich in temporärer Desorientierung zu Boden fiel. Als ob derer Emotionen nicht genug in seinem Geiste tobten, mischte sich nun somit noch ein gehäufter Scheffel Scham unter den Zorn, die Trauer und die Abscheu, während er schniefend sich mühte zügig aufzustehen und zumindest ein Substrat an Würde zurückzugewinnen, ehe er seine Flucht kontinuierte.

    Schon die Titulatur war geeignet, den Zorn Manius Minors weiter anzufachen, da sie doch implizierte, dass Manius Maior ihn noch immer als jenen infantilen Tropf geringschätzte, der er vor geradezu innumerablen Jahren war gewesen, da er noch in der Tat der Minimus der Flavii Gracchi war gewesen. Nicht weniger entrüstete ihn aber auch die erste Explikation, da doch das Verb "Freigeben" implementierte, dass der Spiritus Loci, das beständige Memento in jenen Objekten, die zum alltäglichen Gebrauch der Claudia Antonia waren bestimmt, eine Last darstellen, derer zu entledigen desirabel sein mochte. Und in der Tat wagte der Vater die wahre Intention zu enthüllen, nämlich die Scham angesichts seiner Treulosigkeit, die ihn würde erfassen, wenn er nun sich mit einem jungen Ding bar jeder Größe und Anmut, die Minors Mutter hatte ihr Eigen genannt, vergnügte und dabei in seinem Mühen, das Andenken an jene erste und einzig wahre Gattin zu verdrängen, disturbiert werden würde.
    "Glaubst du etwa, sie wird eifersüchtig auf Mama sein?"
    , replizierte der Jüngling somit voller Ingrimm, die Arme vor der adipösen Brust in Feindseligkeit verschränkend.
    "Wird sie fürchten, du oder ihre Kinder, zu deren Geburt sie selbst doch kaum imstande gewesen sein mag sich auf eigenen Füßen zu halten, würden ihre wahre Mutter und Gattin nicht rasch genug vergessen?"
    Nicht selten hatte der junge Flavius, insonderheit seit jener Flucht in Mantua, Dissens verspürt zu den Entschlüssen seines Vaters, doch hatte er lediglich ein einziges Mal für den Hauch eines Augenblickes offenen Widerstand geprobt und im Übrigen jedwede Kritik, wie es einem gehorsamen Sohne anstand, ungeachtet der Bitterkeit des Geschmackes hinabgeschlungen, sodass es den Anschein haben mochte, seine beachtliche Leibesfülle rühre von eben jenem Umstand und nicht von seiner Lust an süßen Speisen. Diesmal indessen war er außerstande den braven Sohn zu mimen, sodass es aus ihm herausbrach gleich den Wassermassen des Padus, nachdem die etruskischen Verbündeten Palmas seine Dämme hatten zerstört, uneingedenk des Umstandes, dass hierdurch, similär zu jenem fatalen Beschluss der Renegaten, nicht abzuwägender Schaden mochte evoziert werden:
    "Ihre Kinder... und deine Kinder, deren Ästimation deiner Heiratspläne du augenscheinlich für gänzlich unbedeutend erachtest! Die in die Wahl ihrer neuen Mutter einzubeziehen dir offenbar obsolet erscheint, dass du selbst deinen Stammhalter erst vor den Augen aller in deine Entschlüsse einweihst!"
    Voller Bitterkeit und Abscheu verbalisierte er jene Gedanken, doch mengte sich bald Jähzorn in seine Worte:
    "Glaubst du etwa, noch immer einen unmündigen Minimus vor dir zu haben, dem du nun ohne dessen Auffassung auch nur zu hören schlicht diese Aurelia vorsetzen kannst?"
    Aggression blitzte in den insuffizienten Augen des jungen Flavius, als er zum Fanal seiner Accusatio voranschritt:
    "Wie kannst du es wagen, dieses Weib an die Stelle von Mama zu setzen?"

    Das Cubiculum seiner Mutter lag unweit desjenigen ihres Primogenitus, weshalb der junge Flavius an jenem Tage auch ohne jedwede Intention den Raum passierte und, irritiert durch die einen Spalt geöffnete Tür, einen Blick hinein riskierte, wo er am Fenster verweilend den Schemen seines Vaters erblickte, welcher augenscheinlich eine Szenerie unten auf der Straße betrachtete. Sehr lange schon war Manius Minor in diesem Raume, den er insonderheit in den ersten Wochen nach der Nachricht vom Tode der Mutter häufig hatte aufgesucht, niemandes mehr ansichtig geworden, doch nun traf er ausgerechnet hier auf Manius Maior, der doch erst kürzlich sich erklärt hatte, das Andenken an Claudia Antonia hinfortzuwischen, um einem Weibe, das hinsichtlich ihrer Lenze eher eine Tochter denn eine Gattin in adäquater Weise mimen konnte, aufs Neue die Rechte zur Ehe zu reichen. Welch Ironie, ihn nun frei von vorwitzigen Ohren und servilem Schutze ausgerechnet im materialisierten Memorium seiner Mutter zu erblicken!


    "Was tust du hier?"
    , herrschte der junge Flavius seinen Vater somit in unverhohlener Inimität an, da doch der vorliegende Kontext prompt seinen gerechten Zorn ob der Pietätlosigkeit seines Vaters gegen seine verblichene Gattin aufs Neue entfachte, seinen Degout gegen die versprochene Stiefmutter neuerlich erschmecklich machte, nachdem all dies in den letzten Tagen stets zu prokastinieren gewesen war, ja Vater und Sohn, verwickelt in ihre Obliegenheiten und ungünstige Umstände, seit der Cena kein einziges Wort mehr hatten gewechselt. Hier, unter den Augen von Mercurius und Apoll, deren Gestalt dem jungen Flavius noch aus jenen fidelen Jahren, als sich noch kein undurchdringlicher Schleier der Unschärfe auf das Augenlicht sich gelegt hatte, in glasklarer Erinnerung war, musste die Konfrontation geschehen, musste Gracchus Maior seiner Treulosigkeit gemahnt werden, um das Andenken der Claudia Antonia zu wahren und eines Tages, da sich die Seele Gracchus Minors mit der ihren vereinigen mochte, jener dieser zumindest würde versichern können, dass er alles versucht hatte, sie nicht der Vergessenheit anheim fallen zu lassen.

    Zitat

    Original von Morrigan
    Der Diener des jungen Mannes betrat so eben das Atrium, Morrigan nickte in seine Richtung. „Dein Begleiter ist auch wieder da.“ Sagte sie zu ihrem „Gast“.
    „Ich würde mich freuen, wenn du uns mal wieder besuchen würdest. Nicht jeder Gast ist so angenehm wie du.“ sagte sie und sie meinte es wirklich so, denn es gab auch andere unangenehme Kunden, die man am liebsten vor die Tür setzen wollte, aber wenn sie einen gewissen Einfluss in der Stadt hatte war dies nun mal leider nicht möglich. Aber wenn sie so waren, wie der junge Flavier, ja wenn sie nur alle so wären...


    Augenscheinlich erfreuten sich Dirnen eines beachtlichen Salärs, wenn weniger Jahre Arbeit genügten, um sich Land zu kaufen, denn obschon dem Knaben die Preise ruraler Flächen zur Gänze unbekannt waren, so deutete doch der Umstand, dass der größte Teil der Bewohner der Urbs die gesamte Spanne seines Lebens außerstande sich erwies, von seinem spärlichen Lohn auch nur ein wohnliches Heim zu erwerben, zu schweigen von umfangreichen Landbesitz vor den Toren der Stadt, ein monetäres Überflügeln dieser Schichten durch Mätressen an. Indessen war er nicht genötigt diesbezüglich weiter Konversation zu betreiben, wie er auch jenes überaus lästigen Sujets der Eheschließung entledigt wurde, als Patrokolos wieder vorstellig wurde.
    Somit erhob sich der junge Flavius endlich, während der Sklave bereits dem Zwiegespräch sich hinzugesellte und seinen Herrn unverbrämt adressierte:
    "Domine, verzeih meine Verspätung. Ich war- Nun, ich hoffe, die Dame hat dich zufrieden gestellt."
    Ob eines Fehlens sämtlicher Referenzen oder Kriterien, die einen Lupanar-Besuch ponderabel machten, war Manius Minor jedoch unschlüssig, ob und in welcher Weise er sich an dieser Stelle äußern musste, sollte oder wollte, zumal die überaus zuvorkommende Lupa noch immer im Raume war und das Verdikt unvermittelt erfahren würde.
    "Ich bin... zur Gänze saturiert, durchaus."
    , ließ er endlich verlauten, ehe der Drang in ihm zurückkehrte, endlich jenes Etablissement zu verlassen, um jene Tranquillität zu erlangen, derer er für die mentale Bewältigung jener Impressionen so dringlich bedurfte. Somit fragte er in etwas infantiler Manier nur:
    "Gehen wir nach Hause?"
    , worauf Patrokolos mit nicht geringem Amusement replizierte:
    "Wie du wünscht, Domine!"
    Und ohne eine bestimmte Annuntiation bezüglich weiterer Visiten machten die beiden sich auf gen Villa Flavia Felix. Denn derartige Perspektiven vermochte der junge Flavius zu jenem Zeitpunkt ohnehin nicht zu umreißen, wo er selbst noch keinerlei Sekurität besaß, ob der Akt der fleischlichen Lust an sich überhaupt ihm prinzipiell plaisierlich war gewesen oder nicht.

    Sim-Off:

    Ich bitte ebenfalls meine Absenz zu exkulpieren!

    Einige Zeit darauf war es Manius Minor endlich gelungen, sein Ross zu besteigen, was indessen neuerliche Niederlagen impliziert hatte, da der Jüngling ob seiner Leibesfülle als definitiv außerstande sich erwiesen hatte, allein sich zwischen die vier Knäufe des Sattels zu schwingen, obschon die Stute mit einem Stockmaß von lediglich drei Cubiti selbst dem etwas klein gewachsenen Jüngling bequem das Überblicken des Pferderückens gestattete. Nach diversen, durchaus demütigenden Bemühungen endlich hatte Indutiomarus endlich ein Trepplein hervorgeholt, mit dem er den jungen Flavius recht bequem in den Sattel verfrachtete, sodass nun endlich der eigentliche Reitunterricht beginnen konnte.
    Nachdem diese herculische Obliegenheit nun erledigt war, ergriff Indutiomarus nun das Halfter, an welchem doch die Zügel ebenso appliziert waren.
    "Du kannst schonmal die Zügel nehmen. Aber vorerst werde ich die Kommandos geben. Deine Aufgabe wird es nur sein, dich ruhig auf dem Pferd zu halten. Jede deiner Körperregungen wird nämlich später dazu dienen, das Pferd zu kontrollieren, insbesondere deine Schenkel, Gewichtsverlagerungen und natürlich Bewegungen an den Zügeln. Aber dazu kommen wir später, wie gesagt. Jetzt musst du einfach nur die Bewegungen von Sachmet aufnehmen, ohne aber die Körperspannung zu verlieren. Aber du sagtest ja schon, dass du nicht das erste Mal auf einem Pferd sitzt."
    Der Jüngling vermochte kaum zu sagen, welche jener Informationen ihn in höherem Maße konsternierten: So sollte er einesteils jedwede Körperregung kontrollieren, was ihm für gewöhnlich lediglich dann gelang, wenn er etwa vor Schreck erstarrte und damit sämtliche Muskeln kontrahierte, womit ihnen selbstredend auch der Bewegungsspielraum genommen war. Mochte dies angesichts dem vor ihm Liegenden ein Zustand sein, welcher sich nur allzu leichtlich erreichen ließ, waren die konkreteren Anweisungen von noch höherer Komplexität, denn wie war es zu bewerkstelligen, zur gleichen Zeit das Auf und Ab des Pferderückens zu absorbieren, ohne nicht zugleich der Körperspannung verlustig zu gehen? War man in jenem Falle nicht genötigt, jede Regung des Tieres zu antizipieren, um zur rechten Zeit den Muskeln die adäquaten Befehle zu erteilen?


    Doch während Manius Minor noch spintisierte, hatte Indutiomarus bereits Fahrt aufgenommen und zog die Stute mit sich, die sich folglich ebenfalls unvermittelt in Bewegung setzte, weshalb der junge Flavius vor Schreck beinahe zu Boden gepurzelt wäre. Doch bewiesen hier die ungezählten Stunden hoch zu Ross doch ihre Utilität, da sie dem Jüngling nun gestatteten, sich im Sattel zu halten und nach einer Weile gar in jene familiare Stellung zu verfallen, in welcher er die meiste Zeit auf ihrer Reise nach Mantua hatte verharrt.
    "Setz dich gerade hin, Domine!"
    , erfolgte indessen prompt die Schelte des Indoktrinators:
    "Du willst doch wie ein Patrizier aussehen und nicht wie ein altes Mütterchen auf ihrem Ochsenkarren!"
    Selbstredend hatte er dies überaus korrekt insinuiert, weshalb der Jüngling tatsächlich seinen Rücken straffte, wobei ihm nun gewahr wurde, dass die Bewegungen seiner Stute nunmehr in weitaus stärkerem Maße sich in seinem Leib fortsetzten und ihn in merklicher Weise durchschüttelten. Keinesfalls hatte er sich das Reiten derartig inkommod imaginiert! Doch waren die Würfel längst gefallen und keinesfalls würde er nun, da er unter höchsten Mühen Sachmets Rücken erklommen hatte, kleinmütig sich davon stehlen, um nicht zuletzt seinem Onkel Furianus, dem begeisterten Reiter, wie auch seinem Vater und den übrigen Anverwandten einzugestehen, dass er außerstande war jene Kunst sich anzueignen. Tapfer biss er sich somit auf die Lippe, blickte nach vorn und mühte sich, jenem Geholper zumindest durch die Imagination seiner selbst als stolzer Feldherr, welcher mutig zur Schlacht ritt, seinen kläglichen Lektionen zumindest subjektiv einigen epischen Glanz zu verleihen, zumal Indutiomarus nunmehr gar das Tempo erhöhte, sodass mit zunehmender Dauer jener Übung auch seine Schenkel waren genötigt, durch Druck in die Flanken des Tieres zu vermeiden, dass der stolze Reiter seitlich hinab rutschte und kläglich im Staube der Reitbahn landete.


    Mit einem beherzten
    "Brrrr!"
    , lief der Lehrer endlich aus und kam zum Stehen, nachdem er zuvor unzählige Male nicht der Stute, sondern deren Reiter eine Order nach der anderen hatte erteilt, um seinen Sitz bis in die kleinsten Finessen zu korrigieren, insonderheit ihn von der temporalen Lordose abzuhalten, aber auch die Position seiner Füße am Bauche Sachmets aufs Genaueste zu fixieren. Fühlte der Jüngling sich somit überaus exhaustiert und kleinmütig, da doch augenscheinlich er außerstande war, über einen längeren Zeitraum jene Haltung zu bewahren, die einem Reiter wohl anstand, so wirkte Indutiomarus überaus relaxiert und zeigte der derartig breites Lächeln, während er vom Zentrum des Reitplatzes auf das stehende Ross zutrat, dass selbst der fehlsichtige Flavius dieses zu erkennen vermochte:
    "War doch gar nicht so schwer, oder?"
    "Nunja."
    , japste Manius Minor, seine Ermattung schwerlich verbergen könnend,
    "Es gibt durchaus zahlreiche Aspekte zu beachten!"
    Jener Locus communis war indessen nicht geeignet, wie etwa bei Grammaticus oder dem Rhetor zustimmende Worte zu ernten, sondern vielmehr ließ der kernige Instrukteur lediglich ein kehliges Lachen vernehmen.
    "Nicht so verkopft, junger Mann! Reiten lernt man einfach durch Reiten! Lass' dich auf dein Pferd ein, werde eins mit ihm! Dann kommt alles andere von selbst!"
    Jene Aussage wiederum konfundierte den Jüngling zur Gänze, da er doch zu keinem Zeitpunkt eine irgend geartete autopoietisch sich evolvierende Expertise verspürt hatte, sondern vielmehr jede Minute im Sattel als höchst schweißtreibendens Laborieren vernommen hatte, sodass er nun, nach nach jener ersten Lektion, bereits eine große Bandbreite muskulären Ermattungsschmerzes in seinem Leib verspürte, wie er sie selbst nach einem ganzen Tag heiteren Dahintrabens niemals hatte eingestellt, ungeachtet des Umstandes, dass ebenso eine derartig zirkuläre Explikation keinerlei Stütze mochte darbieten. Letztlich gelangte er somit zu dem Schluss, die Ergründung jener salbungsvollen Worte ebenso wie das laboreuse Exerzieren mit dem Ross für den heutigen Tage zu einem Ende zu bringen, da ihm nunmehr nur nach einer einzigen Praktik gelüstete:
    "Ich nehme an, ich benötige ein Bad! Und eine Massage!"
    Insonderheit aber musste er aber der ledernen Feminalia ledig werden, welche er zur Schonung der zarten Haut auf der Innenseite seiner Oberschenkel für die Reitstunden angelegt hatte, die indessen sich als äußerst inkommod erwiesen, zumal auf der Villa keinerlei Beinkleid zu finden gewesen war, welches in ordentlicher Weise den voluminösen Schenkeln des Jünglings adäquat gewesen wäre, womit sie über die übliche, dem ungeübten Hosenträger wohlmerkliche intrapedale Enge hinaus an Kommodität hatte eingebüßt. Da das Entkleiden, Baden und Massiert-Werden hingegen aufs Trefflichste harmonierte, war der junge Flavius guter Dinge, dass zumindest jener Teil der Reiterferien sich als überaus delektierlich würden erweisen.

    Die weitere Approximation ließ die Züge des älteren Flavius weiter verschwimmen, doch war es selbstredend nunmehr kaum von Bedeutung, da der visuelle Eindruck in Manius Minor bereits geprägt war und den Schluss ließ, dass eine Ignoranz der Physis in jenem Falle womöglich zu präferieren war, um nicht beständig von den eigentlich recht positiven Einstellung gegenüber dem hochgeschätzten Onkel Flaccus abzugleiten in eine Abscheu vor der Similität, die dessen Gestalt mit der von Bettlern auf den Straßen Roms aufwies. Dennoch zuckte der Jüngling für einen Augenschlag zurück, als ihn die Hand berührte, schalt sich dann jedoch, dass nur aufgrund des infamiliaren Äußeren keineswegs gleich eine pestiziöse Infektion zu fürchten war und somit eine Furcht vor engem Kontakt zur Gänze einer rationalen Basis entbehrte. Dennoch gab der junge Flavius ein wenig Hölzern dem sanften Druck des Älteren nach und schritt in similärer Weise an dessen Seite gen Atrium, konfundiert von all jenen Impressionen und unschlüssig, welche Reaktion hierauf einem Jüngling seines Standes adäquat sein mochte. Letztlich obsiegte indessen die Pflicht zur Treue gegen die Familie, weshalb er auf die doch recht indefinite Frage doch eine Replik darbot:
    "Nun, ich bin wohlauf. Ich... nun..."
    Ehe weitere Explikationen erfolgen konnten, stockte der junge Flavius jedoch, da erst jetzt er erkannte, dass die Jahre seit jener gräulichen Flucht aus Rom eine derartige Fülle von Informationen bereithielten, dass zweifelsohne eine Priorisierung zu erfolgen hatte, wofür indessen zu antizipieren war, welche Fakten Flaccus bereits bekannt waren und welche überhaupt dessen Interesse erweckten. Nach einigem Spintisieren entschloss er sich endlich an ihrer letzten gemeinsamen Impression anzuknüpfen und lediglich die eigenen Stationen zu benennen, da sämtliche weitere Novitäten zweifelsohne bereits vonseiten seines Vaters oder anderer Familiaren ihm konnten verkündet werden:
    "Ich wurde wohl behütet während des Krieges. Aurelius Ursus brachte mich bei einem seiner Klienten in Cremona unter. Ein Eques, der seinen Lebensabend in seiner Heimat genoss und mich überaus herzlich aufgenommen hat. Ich pflege noch immer Kontakte zu ihm."
    Dies gewahrte den Jüngling, dass er beizeiten wieder einmal einen Brief an den guten Vindex sollte senden, um diesen über neueste Entwicklungen in Kenntnis zu setzen.
    "Nachdem wieder Frieden eingezogen war in Rom kehrte ich indessen hierher zurück und setzte meine Edukation bei dem Rhetor Quinctius am Forum Romanum fort. Ein Orator von noch geringer Bekanntheit, doch vorzüglicher Bildung und Methode, wie mir scheint. Außerdem legte ich kurz nach meiner Rückkehr die Bulla ab."
    Wie zur Konfirmation jener Fakten griff er an den verwaisten Platz an seiner Brust, wo einst das güldene Medaillon war gehangen, das er bisweilen noch heute vermisste, wenn Schicksalsschläge ihn ereilten, gegen die er den Schutz seiner divinen Patrone erhoffte, er nun jedoch eines physischen Memoriums an diesen entbehrte.
    "Meine Mutter sandte außerdem auch Titus wieder hierher, doch verweilte sie in Patavium, wo sie kürzlich... verstarb."
    Schwermut erfasste Manius Minor aufs Neue, als er jenen Umstand vermeldete, er stockte und blickte in die Ferne, wo er die exquisite Wandgestaltung des Atrium noch in voller Schärfe auszumachen vermochte, aber in keinster Weise beachtete, da seine Gedanken doch zu jenem Bild gingen, als die Claudia in ihrer makellosen Perfektion in dieser Halle war ausgestellt gewesen. Wie gewohnt aufgemacht, doch leblos, leichenblass und von einer indeskriblen Alterität. Er gedachte seines letzten Briefes, der niemals erwidert worden war, des Qualmes, den ihr Scheiterhaufen entfaltet hatte und welcher jene Assoziationen in ihm hatte erweckt, die ihm noch heute die Schamesröte ins Antlitz zu treiben geeignet waren.
    Nach einigem Verweilen in jener Betrübnis erinnerte er sich jedoch, dass es keinesfalls zu erstreben war, mit einem gedrückten Eindruck von sich den Onkel zu hinterlassen, sodass er eilig noch Erfreuliches an das Ende seines Rapports setzte:
    "Mir sind jedoch einige Anverwandte ein Trost, die ebenfalls nach dem Krieg hierher kamen, insonderheit die Söhne des Flavius Milo. Sie und weitere Freunde begingen auch kürzlich meinen sechzehnten Geburtstag."

    Ein galanter Stratege, schlachtenerprobt und weise, angetan in schimmernder Rüstung, die Feldherrenbinde um die Brust und das das wallende Paludamentum um die Schultern, den Busch von Rosshaar auf dem Haupte, das Schwert in der Scheide und hoch zu Ross. Auf diese Weise imaginierte Manius Minor sich jenen Imperator perfectus, dessen Normen auch er als strahlender Schwärmer des Militärwesens eines Tages zu genügen gedachte, sodass es letztlich unumgänglich erschien, nun endlich die hohe Kunst der Reiterei sich anzueignen. Durchaus schon war er viele Male auf dem Rücken eines Pferdes gesessen, hatte gar halb Italia zu Pferd durchquert und dabei die grässlichsten muskulären Schmerzen zugezogen, doch hatte er niemals selbst das Tier geführt, ja auch nur Zügel in Händen gehalten. Folglich bedurfte er eines Instruktoren, der ihm all jene Qualitäten zu verleihen imstande war, derer er einst als Offizier im Dienste des Kaisers bedurfte, wofür Onkel Furianus' Landsitz unweit von Rom, wo jener ein eigenes Gestüt samt Auslaufflächen und adäquater Dienstbotenschaft unterhielt, geradezu prädestiniert erschien.


    Gleich am Tage nach seiner Ankunft suchte er somit den Reitstall auf, wo ihn bereits Indutiomarus, der Meister der Stallungen, mit einem Pferd am Zügel erwartete.
    "Dies ist nun der stolze Hengst, auf welchem ich die Reitkunst lernen soll?"
    , salutierte er den Hühnen, der ihn um einen Kopf überragte, mit freundlichem Lächeln, was jenen indessen inspirierte, in höchstes Amusement zu verfallen und nach einem kehligen Auflachen zu replizieren:
    "Nein, Domine! Ein Hengst wäre für einen Anfänger viel zu temperamentvoll! Das hier ist eine ruhige Stute - sieh!"
    Sogleich deutete er auf die Hinterläufe des Rosses, wo der junge Flavius zweifelsohne selbst, sofern nicht ohnehin sämtliche Umrisse in jener Proximität als verschwommen sich erwiesen hätten, die Genitalien des Viehs nicht zu identifizieren vermocht hätte, die an jenem Orte, wie er vermutete, wohl similär zum Menschengeschlechte zur Gänze fehlten.
    "Oh, selbstredend."
    , erwiderte er dennoch endlich, wobei es ihn in nicht geringem Maße kalmierte, vorerst mit einem gutmütigen Exemplar konfrontiert zu sein, da doch trotz sämtlicher Träume und Wünsche die Größe jener Tiere ihm einen gewissen Respekt einflößte.
    Und schon schritt der Rittmeister zur Tat, erkundigte sich noch rasch,
    "Hast du bequeme Klamotten an? Dann können wir anfangen!"
    , und reichte dem Jüngling auch bereits die Zügel, welche dieser ein wenig konsterniert in Empfang nahm, als handele es sich um eine höchst fragiles Exemplar einer Tonskulptur.
    "Du solltest dich mit dem Pferd vertraut machen! Es ein bisschen streicheln und tätscheln und ihm vielleicht einen Apfel geben!"
    Nun erst nahm der junge Flavius Notiz davon, dass Indutiomarus eine sorgsam verschlossene Tasche am Gürtel trug, welcher er nun eine Frucht entnahm und ihm in die freie Hand drückte, was neuerlich für nicht geringe Konfusion sorgte, da die Stute just in jenem Augenblick des erstrebenswerten Gutes gewahr wurde und mit den Zähnen danach schnappte, was seinerseits Manius Minor intuitiv zurückweichen ließ, uneingedenk der Zügel, welche wiederum das Tier drängten ihm zu folgen.
    "Pass auf deine Finger auf!"
    , warnte noch der Rittmeister, als das Ross bereits seine Fänge in dem Obst versenkt und der Jüngling furchtsam die Hand zurückriss, sodass eine Hälfte des süßen Präsentes schlicht zu Boden fiel, ehe das Tier bereits das Haupt senkte, um auch sie sich ebenso einzuverleiben. Verschreckt stand indessen der Jüngling daneben, unschlüssig, ob sein Vorsatz sich jenen Bestien zuzuwenden, tatsächlich als eine weise sich würde erweisen.
    "Hab keine Angst! Sachmet ist ein ganz liebes Mädchen!"
    , intervenierte dessenungeachtet Indutiomarus aufs Neue, obschon der Jüngling noch diskomfortiert sich fühlte von dem Gedanken, seiner Finger in jenem mahlenden Mundwerk verlustig zu gehen, das den Apfel binnen kürzester Zeit zum Verschwinden gebracht hatte.
    "Du kannst sie ruhig ein bisschen tätscheln. So!"
    , bemühte der Rittmeister ein weiteres Mal, diesmal sich direkt zum Pferde wendend und den gewünschten Vorgang präsentierend, indem er seine Hand zum Hals der Stute führte und dort sanft darüber strich, was der junge Flavius lediglich nach einigem Zögern imitierte, um mit Erstaunen konstatieren zu können, dass an jener Stelle sich bereits die Mähne des Tieres über das kurze Fell legte, welches er ob der similären Farbe in seiner Fehlsicht mitnichten hatte wahrgenommen.

    Als Flaccus sich umwandte, blickte er in die Augen eines durchaus gealterten, doch noch immer sichtlich unreifen Jünglings, welcher zu identifizieren ihm trotz der Jahre seit ihrer letzten Begegnung recht leicht fallen mochte, da die beginnende Pubertät kaum das infantile Äußere des Knaben hatte gemindert.


    Der Jüngling hatte durch einen eifrigen Sklaven, welchen er auf dem Weg zur Bibliotheca passierte, von der Ankunft seines geliebten Onkels erfahren und war sogleich losgeeilt ihn zu suchen, getrieben nicht lediglich von familiarer Zuneigung, sondern zugleich von nicht geringem Vorwitz und Sorge, wie der zuletzt in deplorablem Zustand zurückgelassene Flavius sich entwickelt haben mochte, ob noch immer Krankheit seinen Leib zeichnete oder er doch endlich genesen war, um seinen Ehrenlauf in jener ungleich friedlicheren Welt fortzusetzen.
    Durchaus erschien die Stimme des Mannes, der capite velato seine Blumen kredenzte, dem Jüngling bekannt, als er eintrat und still und leise sich am Eingang postierte, um die Zeremonie nicht zu disturbieren. Doch glaubte er, eine Differenz zu der geschliffenen und klaren Artikulation, welche seinem Onkel stets zueigen gewesen war, zu vernehmen, eine Art der Insekurität oder Ermattung, die den Jüngling ein wenig disturbierte. Als die Gestalt sich umwandte, erschrak der junge Flavius förmlich, denn obschon er durchaus nicht sämtliche Details der wüsten Gestalt seines Onkels visuell erfasste, so genügten doch bereits die langen, durch ihre Struppigkeit voluminös erscheinenden Haare, der Schatten des Bartes im Antlitz, die noch hagerer als ohnehin gewohnt gebaute Gestalt, um den deplorablen avunculären Status zu ermessen, sodass Manius Minor sein Gegenüber eben mit großen Augen anstarrte und hastig die Luft ausstieß, ehe er sich nötigte, in jener Gestalt doch die admirierte Person zu erkennen, an deren Seite er über Wochen durch Italia war geritten, die ihm bereits in Kindertagen mit seinen profunden Kenntnissen ergötzt hatte und die womöglich geeignet war, den Platz seines Vaters als Orientierung seines jungen Lebens zu ersetzen:
    "Ave, Onkel... Flaccus..."
    , presste er somit endlich hervor, die Insekurität in seiner Stimme nicht gänzlich zu verbergen imstande.

    Als Fusus endlich den Wein reichte und der Knabe das plätschernde Geräusch des der Opferspalte zumäandernden Rebensaftes vernahm, wurde er der Aridität seines Mundraumes gewahr und spürte in sich die drängende Neigung, seinem Vater den Gutus aus den Händen zu reißen, um dessen Inhalt begierig in den eigenen Schlund zu ergießen, seinen Durst zu stillen und endlich ein Substitut zu erhalten für jene Congii an Wasser, welche seine Poren bereits der sengenden Sonne hatten preisgegeben. Doch selbstredend motivierten nicht nur die Pietas gegenüber den Rezipienten des köstlichen Nasses, sondern insonderheit sein Wissen um Anstand und Sitte, davon abzusehen und lediglich zu imaginieren, wie der schwere Rotwein ihm wohl goutieren würde, sein herber Geschmack auf der Zunge ihm indessen ohnehin nur zu größerem Verlangen nach einem Becher Wasser treiben denn saturieren mochte, womit seine Begierde pünktlich mit dem glucksenden Versiegen des Weinstromes ohnehin wieder verflogen war.


    Indessen folgte nun ein erneutes Rendez-vous mit Helios, denn schon trat die flavische Opfergruppe wieder hinaus auf den Tempelvorplatz und Manius Maior ergriff den Aspergill, um die Menge zu reinigen, was seinerseits in Manius Minor eine vergebliche Hoffnung erweckte, durch das rituelle Besprengen einige Kühlung zu erhalten, denn obschon ihn als Minister in der ersten Reihe einige Tropfen gar sein Antlitz erreichten, so wurden sie doch unvermittelt eins mit dem bereits renovierten Schweißfilm, der den gesamten Leib des Knaben ohne Lücken bedeckte, noch ehe er die unterste Stufe des Tempels hatte erreicht.
    Patrokolos war es nun, der ihn aus jener Desillusion erweckte, als er ihm die Wasserschale als ein neues seduktives Element jener Zeremonie reichte. Begierig blickte der junge Flavius auf die sanfte Wasseroberfläche, wünschte sich sie mit seinem gesamten Kopf zu durchstoßen und die wohlige Kühle, die ihm durch das Metall der Schüssel überaus deutlich vernehmlich war, auf seinen Wangen, der Nase, der glühenden Stirn zu spüren und seine salzumrandeten Augen im klaren Nass zu reinigen. Doch statt dem gesamten Antlitz vereinte sich lediglich eine kleine Perle seines Sudes, welche während seinem Starren das Kinn verließ, mit der Menge des Wassers, in dem sie mit einem kaum vernehmlichen Glucksen verschwand. Dann aber war Manius Maior zur Stelle und tauchte seine Hände ein, wo sie einen Augenblick länger verweilten denn für gewöhnlich, versanken darin zur Gänze, anstatt lediglich die Fingerspitzen zu benetzen. Nun folgte das Mallium Latum, das Manius Minor Manius Maior mit feuchten Händen überreichte, es jedoch nicht wagte, den eigenen Schweiß mit ihm abzuwischen, sondern erst nach der neuerlichen Rezeption es ein wenig länger in Händen behielt, um die leichte Kühle, die das hinterlassene Wasser von den Händen seines Vaters darin bewahrt hatte.


    Während er dann verfolgte, wie die niederen Ministri den Stier entkleideten, kreuchte in dem jungen Flavius das inadäquate Gefühl des Neides empor, da das Tier doch nun der erhitzenden Kleidung entledigt wurde, was doch letztlich lediglich geschah, um dem Vieh dem quiritischen Ritus gemäß den Garaus zu machen.
    Sodann erfolgte die gebräuchliche Opferhandlung, wie gewohnt erklang das Wort, erschoss jenes grausige Krachen des Schädels, ein diesmalig eher schwächliches Klagen, sodann das Geräusch spritzenden Blutes. Doch während das Vieh aufgebrochen wurde, um die Vitalia zu entnehmen, vermeinte der Knabe einen besonders ungoutierlichen Odeur aus dem Wanste zu vernehmen, sodass er seinen Vater keineswegs beneidete, jene insonderheit pestiziösen Innereien einer genaueren Inspektion zu unterziehen, was entsprechend nur einen geringen Zeitraum okkupierte, ehe die Litatio wurde ausgegeben und der erquicklichere Teil des Festes beginnen konnte.


    Erfreulicherweise dispensierte Gracchus Maior seine Anverwandten nämlich von der Last, die Kremation der Vitalia zu durchleiden, bei welcher Opferherr und Equipage recht nahe an dem aufgeschürten Altare zu verweilen hatten, um nicht nur der Hitze des Sonne, sondern dazu der des Feuers sich auszusetzen. Stattdessen marschierten die Flavii im Gänsemarsch zu einem kühlenden Baldachin, Manius Minor warf den angesichts der kurzen Zeit beachtlich welken Lorbeer von sich und ließ sich eine Waschschüssel sowie einen großen Becher kühlen, mit Zitronenscheiben garnierten Wassers reichen. Nun erst vermochte er voller Dankbarkeit zu ermessen, welch überaus große Bedeutung der Gott der Meere und Gewässer für die Menschen hatte...

    Die drückende Last jener Konversation fiel von dem jungen Flavius gleich ehernen Ketten und nicht lediglich im figurativen Sinne atmete er auf, als die Cornelii sich zu Tisch begaben. Schon wandte auch er sich zu der Tafel, an welcher die Milonen wie auch Lucretius Carus sich platziert hatten, als mit einem Male ein neuerlicher unfavorabler Hospitant erschien, welchen Manius Minor, sofern seine Hypermetropie ihm die Fernsicht in demselben Maße hätte versagen würde als im Nahen, indubitabel an seinem geckenhaften Stolzieren schon aus größter Distanz zu identifizieren imstande war, da jener doch gleich einer alten Kriegsversehrung in periodischen Abständen ihn heimsuchte. Noch vortrefflich waren ihm die Remineszenzen an zahllose Disputationen mit seiner geliebten Mutter präsent, wenn sich die Visite der Quintilia ankündigte, memorierte er seine bockige Zurückweisung der lästigen Pflicht, jenem verschlagenen Knaben Gesellschaft zu leisten, während die Claudia ihn im Stich ließ, um sich mit der Mutter Carbos in eine Exedra zurückzuziehen. Doch hatte endlich stets die Claudia durch diverses Zureden und die Versprechen unzähliger Köstlichkeiten oder harscher Strafen obsiegt. Letzten Endes hatten seine übelsten Apprehensionen indessen dennoch sich bewahrheitet, war etwa sein geliebter Tribun Quintus, eine preziose Figur von dunklem, nahezu schwarzem Holze, weswegen er zum Praetorianer war erkoren worden, der Zerstörungswut des Papirius zum Opfer gefallen, während seinerseits der junge Flavius selbst gar eines Büschels Haar war verlustig gegangen. Und doch hatte Antonia niemals die Hoffnung fahren lassen, hatte vielmehr lediglich die Sklaven, welche zur Aufsicht der Knaben waren abgestellt worden, gescholten und gestraft und es stets auf Neue versucht, ja im Verein mit Quintilia gar ihre Sprosse genötigt, die Anniversarien des jeweils anderen zu zelebrieren. Und so war es selbst heute, nach der Durchtrennung des einenden Bandes mit dem Tod seiner Mutter, vonnöten, dass Papirius Carbo erschien, um mit linkischem Lächeln eine Buchrolle zu überreichen, deren Präsentation durch Patrokolos rasch offenbarte, dass es sich um die similäre handelte, die Manius Minor bereits im Vorjahre von ihm hatte erhalten, sodass sie zweifelsohne unumwunden dem Maiordomus würde anvertraut werden, der mit ihr nach Belieben verfahren sollte. Selbstredend akzeptierte der junge Flavius dennoch jenes Präsent ohne eine einzige kritische Annotation, simulierte gar Gratitüde und kehrte dann endlich nach den delivrierlichen Worten seines Vaters zu den Klinen zurück.


    Das Mahl, das man im folgenden reichte, entsprach in seiner Opulenz dem besonderen Anlasse des Tages: Als Gustationes trugen die Sklaven Zuchhini auf Alexandrinische Art, marinierte Melonen, in Honig eingelegte Pilze sowie die selbstredend irrenuntiablen Eierspeisen auf, die Klimax der Mensae Primae bildete Frikassee vom Schweine mit Aprikosen und Entenbrust in Pflaumensauce. Der vornehmliche Tenor der Speisen war, den Vorlieben des Jubilars gemäß, süß und ohne Geizen mit Mark und Fett, wozu man ebensolche Weine reichte, die von den vortrefflichsten italischen Reben stammten.
    Zum Dessert endlich kehrte der Kuchen vom Morgen zurück, welchen man aufs Vortrefflichste inszenierte, indem zu der inzwischen späten Stunde sämtliche Lampen des Raumes wurden gelöscht, um sodann den aufs Neue illuminierten Kuchen aufzutragen, der mit einem gemeinen Applaus und endlich durch ein neuerliches Verlöschen durch den Jubilar begrüßt wurde. Selbstredend oblag es Manius Minor ebenfalls, sein Präsent höchstselbst anzuschneiden, doch übertrug er die weitere Teilung der Speise nach dem ersten Stücke für sich selbst der Wüstenblume, welche Tante Domitilla ihm am Morgen geschenkt hatte und die ihm den ganzen Abend bereits hatte aufgetragen, obschon dies zweifelsohne nicht ihrer Profession zu entsprechen schien, wie diverse Ungeschicklichkeiten, bisweilen auch ein enerviertes Rollen ihrer wohlansehnlichen Augen dem aufmerksamen Beobachter eröffnete.


    Der spätere Abend war geprägt von heiterer Konversation der Attendenten: Erstlich disputierte die Kommilitonenschar des Quinctius Rhetor die Vorzüge und Nachteile in der Didaktik ihres Magisters, folgend auch, inwiefern die Unterweisung durch den Grammaticus besser privatim oder in einer öffentlichen Ludus Grammaticus war zu genießen. Schließlich gab Lucretius Carus ein heiteres Genethliakon des Albius Tibullus zum Besten, wofür er wärmsten Beifall erntete, ehe man sich Novitäten der Urbs zuwandte.


    Beschwingt durch den süßlichen Wein, dem Manius Minor an diesem Tage stärker als für gewöhnlich zusprach, beteiligte er auch er sich aufs lebhafteste an den Disputen. Indessen mied er konsequent, (selbstredend neben Papirius Carbo) auch nur ein weiteres Wort an seine Angetraute zu verlieren, die recht solitär an der Seite ihres Onkels war platziert, bisweilen mit ihrer Tante einige Worte tuschelnd, um im Übrigen jedoch, stets sich mühend die Lippen verschlossen zu halten, mit melancholischem Blick ihre sorgsam lackierten Nägel zu inspizierte. Fortunablerweise waren die Details jener miserablen Szenerie dem Jubilar jedoch verborgen, da sie doch in zu großer Proximität war platziert worden, als dass der Jüngling sämtliche ihrer Regungen zu identifizieren vermochte, sodass er beinahe imstande war, jene undelektierliche materialisierte Remineszenz seiner Pflichten zu vergessen.
    In der Tat verließen die Cornelii (nach Papirius Carbo, der selbstredend lediglich bis kurz nach der Mensa Secunda sich die Ehre gab) auch als erste die Festivität, einige Zeit später die meisten der Flavii und als letzten Gast komplementierte der junge Flavius endlich Lucretius Carus hinaus, da ihn nunmehr eine derartige Erschöpfung hatte befallen, dass er beinahe bei Tisch in Morpheus' Reich entglitten wäre.


    ~~~ finis ~~~

    In welch artifizieller Weise Prisca ihre Verachtung ob all ihrer Diener zum Ausdruck brachte, mochte in dem jungen Flavius lediglich noch mehr Degout erwecken, zumal doch sein geliebter Patrokolos ebenso der Dienerschaft war zuzurechnen und doch sein engster Vertrauter war, dem bisweilen Freuden zu bereiten durchaus seinem Verständnis eines guten Herrn entsprach, abgesehen davon, dass die Saturnalia in der Villa Flavia Felix mitnichten waren geprägt gewesen von konfusem Chaos und völliger Umwendung der natürlichen Ordnung des Haushaltes, sodass es Manius Minor zu keiner Zeit hatte an Annehmlichkeiten in diesen Tagen gefehlt, respektive dieser Mangel einen eher adventurösen denn defizitären Charakter hatte getragen.
    "Ich schätzte einige meiner Sklaven sehr wohl!"
    , replizierte er somit in provokanter Manier, dabei aufs Neue bedauernd, in welch deplorablen Zustand die Familia Flavia Romae würde geraten, wenn diese Natter das Szepter des Haushaltes würde an sich reißen.


    Doch hurtig wandelte sich das Sujet zu den Spielen für, respektive des, Flavius Scato. Mit einigem Erstaunen nahm der Jüngling zur Kenntnis, dass die Aurelii, augenscheinlich bemüht, ob ihres minoren patrizischen Status mit ihrem Reichtum zu protzen und sich so die Gunst des flavischen Hauses zu sichern, ein mehr denn opulent, ja geradezu lächerlich dekadentes Geschenk anlässlich des Sieges seines Neffen hatten offeriert. Ironischerweise fand der junge Flavius im Laufe der Explikationen Priscas, während er schweigend lauschte, doch zu der originären Intention seiner Präsenz bei diesem Mahle zurück, da er doch aus eigenem Antrieb sich nunmehr mühte das Timbre der Stimme des Weibes zu decodieren, wobei ihm selbstredend seine Refutation ihr gegenüber enge Konstriktionen auferlegte, sodass alles letztlich nur als anbiedernd, schmalzig und degoutierlich erschien, gleichwie generös es in Wahrheit mochte sich gestalten.

    Zitat

    Original von Morrigan
    „Nun ich bin frei. Ich verdiene mit dem hier mein Geld. Zum Glück bin ich in einer recht guten Position, so dass ich mir meine Kundschaft aussuchen kann.“ Ja spätestens jetzt sollte es dem Flavier dämmern, dass er wirklich in den Genuss einer Sonderbehandlung gekommen war. „Aber um auf deine Frage zurück zu kommen, ich will dass hier so lange machen, bis ich genug Geld zusammen habe um mir ein Stück Land zu kaufen, irgendwo weit weg von der Stadt, mit schön viel Natur drumherum.“ Antworte sie ihm, dass sie auch Geld benötigte um Angus frei zu kaufen verschwieg sie tunlichst, denn schließlich war ihr Liebster Sklave im Haushalt der Flavier.
    So recht wusste sie nicht wie sie das doch recht schleppende Gespräch am laufen halten sollte. Also fragte sie schließlich. „Und hast du schon Pläne bezüglich deiner zukünftigen Ehefrau? Oder ist da noch alles offen?“


    Durchaus gereichte es dem Knaben zur Irritation zu erkennen, dass jemand in der Tat freien Willens das Handwerk einer Dirne ausübte, denn obschon sie ihre Freiheiten mochte genießen, so schien es doch fernab jedweder Potentialität, dass jemand ohne Not sich dazu hingab, ihm in seiner unansehnlichen Gestalt zu Willen zu sein, respektive ihn gar in die Artes Amatoriae zu indoktrinieren und in seiner Unbeholfenheit zu jeder einzelnen Aktion zu drängen genötigt zu sein. Da sein Äußeres somit keineswegs ihre Motivation für jenes Stelldichein darstellte, verblieb lediglich sein Geldbeutel verblieb, was ihn augenblicklich erinnerte, dass in einem derartigen Etablissement zweifelsohne auch das Monetäre nunmehr zu regulieren war, solange er seines Sklaven entbehrte, der ja für gewöhnlich derartiges zu übernehmen hatte:
    "Wie viel erhältst du für deine Dienste?"
    Doch prolongierte Morrigan den Dialog ein weiteres Mal, fragte nach seinem Eheweib, die inzwischen eine Mixtur von Vorwitz und Gram in ihm evozierte, da er zum einen sich mitnichten fühlte geneigt, die Wahl seines Partners zur Gänze seinem ungeliebten Vater zuzueignen, zum anderen jedoch inzwischen keineswegs mehr generaliter eine Abneigung gegen das weibliche Geschlecht verspürte, wie dies noch vor zwei Jahren war gewesen, als er in trutziger Widerständigkeit seinen Unmut dem Vater hatte kundgetan, und somit durchaus eine gewisse Indiskretion verspürte, wie jene Person, derer er lediglich in frühester Kindheit war ansichtig geworden, sich entwickelt mochte haben und ob sie womöglich nicht doch als durchaus agreabel sich erweisen würde. Indessen erschien jene Explikation seines Innersten mitnichten geeignet, einer wildfremden Lupa anvertraut zu werden, zumal man ihn stets hatte gewarnt, die Dienerschaft in zu großer Weise in das eigene Seelenleben zu integrieren, um Verletzungen zu meiden, sodass er lediglich das gemeinhin Publike vermeldete:
    "Ich werde Cornelia Philonica, die Nichte des Cornelius Scapula, ehelichen. Sie ist mir bereits seit einigen Jahren versprochen."
    Mochte der kundige Seelenpfleger jenen Worten durchaus eine gewisse Reserve entnehmen, die Manius Minor bezüglich seiner ehelichen Pläne hegte, so mühte er sich doch, seine Furcht und Insekurität bezüglich des Kommenden zu verbergen und konfident und saturiert mit seinen ehelichen Perspektiven zu wirken.

    Sim-Off:

    /Edit: Deplorablerweise unterlag ich einem tragischen Irrtum bezüglich des Namens meiner Verlobten, was hiermit zur Stringentisierung meiner Vita korrigiert wird.

    Zitat

    Original von Morrigan
    So gingen sie also wieder zurück zu jenem Ausgangspunkt, wo er vor Stunden als unberührter junge gestanden hatte, eben jenes Atrium betrat er nun als Mann.
    Natürlich war von dem Diener noch nichts zu sehen, der ließ sich wahrscheinlich nach allen Regeln der Kunst verwöhnen. Morrigan musste schmunzeln.
    „Würdest du bitte den Diener des jungen Mannes holen?“ sprach sie die kleine Sklavin des Hause an, diese beeilte sich den Auftrag aus sofort auszuführen.
    „Kann ich dir für die Wartezeit noch einen Wein anbieten. Vielleicht möchtest du noch ein wenig reden? Du könnest mir ja erzählen, was du so machst, welche Karriere du anstrebst. So ein junger Mann wie du, der will doch bestimmt was erreichen im Imperium oder?“ fragte Morrigan lächeln und interessiert, denn sie wusste je nach dem in welcher Lage sich der Diener gerade befand, ein paar Minuten würde es wohl schon in Anspruch nehmen, bis er wieder vorzeigbar hier erschien. Sie deutete als auf die im Atrium stehenden Clinen und forderte mit dieser Geste den Flavier auf doch Platz zu nehmen. Sie selber ließ sich auch auf eine der Clinen nieder und Borkan war es, der ihr einen Becher Wein reichte, bevor er den Flavier fragend anschaute, ob er auch was wollte.


    Aufs Neue durchschritten sie das großzügige Etablissement, wobei der Knabe diesmalig auch imstande war, die reichhaltige Dekoration zu bewundern, die dem Gast einerseits ein behagliches Umfeld bereitete, zugleich aber geeignet war seine Lüsternheit zu erwecken und bisweilen erotische Inspirationen zu offerieren, was indessen die Kapazitäten des jungen Flavius für den heutigen Tag überstieg.


    Im Atrium endlich erwartete ihn mitnichten Patrokolos, was Manius Minor für einen Augenschlag ein wenig derangierte, da er es doch gewohnt war, zu jeder Zeit und insonderheit vor einem Aufbruch nach draußen unmittelbar das Geleit seines Leibsklaven zu erhalten, sofern dieser nicht gerade das stille Örtchen okkupierte. Doch war in diesem Falle wohl zu konzedieren, dass er keinerlei Einspruch hatte erhoben, dass sein geliebter Patrokolos seinerseits die Qualitäten des Hauses durfte erkunden, sodass ihm nun auch eine kurze Weile des Wartens zuzugestehen war. Also nahm der Knabe die Offerte an und setzte sich auf die eine Kline, um seine nunmehrig neuerlich makellose Aufmachung nicht durch Liegefalten zu konfundieren, wo er ebenso von dem dargebotenen Wein Gebrauch machte.
    Zugleich schloss er aus der nunmehrigen Redseligkeit Morrigans, dass auch die nachmalige Konversation augenscheinlich zu den Konventionen des Geschlechtsaktes zählte, weshalb er artig berichtete:
    "Ich werde dem Weg meiner Väter folgen, wie es vorherbestimmt ist. Ich werde den Cursus Honorum durchlaufen, so weit es mir beschieden ist, eine Familie gründen und die Tradition der Flavii fortführen."
    Vorbei waren die Jahre, in denen der Knabe voller Begeisterung die einzelnen Stufen des Ehrenlaufs mit sämtlichen Details expliziert hatte, lautstark die Vor- und Nachteile sämtlicher Priesterämter taxiert und sich kapabel hatte erachtet, es seinen imperialen Ahnen gleichzutun und militärischen Ruhm zu erringen, der zur Okkupation des Kaiserthrones vonnöten war. Doch heute zählte er beinahe sechzehn Lenze, hatte die Beredsamkeit studiert und auch die Konstriktionen seiner Herkunft bereits zu spüren bekommen, was einiges an Enthusiasmus hatte verlustig gehen lassen.
    Doch war ein Funke infantilen Vorwitzes durchaus noch verblieben, welcher sich nun mit einer umsichtig gestellten Frage die Bahn brach:
    "Und du? Strebst du etwas an? Deine Manumissio?"
    Selbstredend vermutete der junge Flavius, dass es sich bei einer Dirne stets um eine Sklavin handelte, da doch wohl kein freier Mensch eine derartig anstößige Tätigkeit mochte wählen, um sich nach dem Belieben der Kunden gebrauchen zu lassen wie Vieh. Doch hatte er sich kurioserweise niemals die Frage gestellt, welchen Träumen ein Sklave mochte folgen, ja selbst die Intimität seiner Relation zu Patrokolos hatte derartiges niemals zutage gebracht...

    Das Sujet wechselte abrupt von den Verehelichungsplänen zu Saturnalien, dann mit einem Male zu Spielen, welche kurioserweise zu Ehren seines Neffen sollten veranstaltet werden, doch kümmerte all dies den jungen Flavius nicht im Geringsten, da er doch viel zu sehr okkupiert war, sich die prekären Konsequenzen jenes soeben geschlossenen Paktes in schillerndsten Farben zu imaginieren, selbst wenn diese bisweilen kontrafaktisch sich erweisen mochten:
    Zweifelsohne würde jene Aurelia nämlich machtgierig das Szepter des flavischen Hauses an sich reißen, seine arme Tante Domitilla ihrer sämtlichen Okkupationen berauben, welche doch ihren Lebensinhalt mochten darstellen, sodass es zweifelsohne zum Konflikt zwischen beiden würde kommen, welchen wiederum Manius Maior schlicht würde geschehen lassen, da er doch niemals zu den bestimmten Patres Familias zu zählen gewesen war. Dies wiederum würde chaotische Verhältnisse in der Villa evozieren, da zweifelsohne beide Frauen im Folgenden gegeneinander würden arbeiten, bemüht, die Dienerschaft auf ihre jeweilige Seite zu ziehen, Zwietracht im gesamten Haushalt sähen, sodass selbst das traute Mahl im Kreise der Familie zu einem Schlachtfeld würde mutieren, bei dem diese Sklaven dieses, jene Sklaven jenes auftrugen, sodass selbst auf der Mensa heillose Konfusion würde auftreten. Uneingedenk blieb hierbei selbstredend der Umstand, dass Flavia Domitilla, wie man soeben noch hatte verlautbart, ihrerseits in den Hafen der Ehe und damit in einen differenten Hausstand würde einfahren, womit weniger ein zu viel denn ein zu wenig an weiblicher Führung in der Villa Flavia Felix verblieb.
    Dessenungeachtet entspann Manius Minor allerdings weitere Erschröcklichkeiten, da doch zweifelsohne jenes Weib Manius Maior würde umgarnen, ob ihrer zu konzedierenden, femininen Attraktivität ihn durch erotische Zuwendungen zu ihrem Sklaven machen, was ohnehin dem Naturell seines Vaters entsprechen mochte, da er doch seit jeher ein Feigling war gewesen. Im Folgenden aber würde sie auch Antonias Kinder ihm abspenstig machen, Konflikte provozieren, indem sie ein Übermaß an Respekt und Demut ihr selbst gegenüber einforderte, und durch die Hilfe des servilen Pater Familias stets zu ihren Gunsten entscheiden, letztlich jenen schwachen Flavius gar nötigen, seinem eigen Fleisch und Blut seine Gunst zu entziehen und sie aus dem Hause hinauszukomplementieren!
    Zuletzt würden die Aurelii ihr intrigantes Spiel vollenden, indem Prisca am Ende selbst einen Sohn hervorbrachte, den sie rasch als alleinigen Erben des flavischen Vermögens würde installieren, damit Titus, Flamma und ihn selbst als Nachkömmlinge minderer Qualität zurücklassend, sodass ihnen selbst die Aufnahme in den Senat oder adäquate eheliche Bande würden versagt bleiben, während jene flavisch-aurelische Brut prosperierte, das Haus ihrer Ahnen sein Eigen nannte und zugleich doch sich lediglich den aurelischen Traditionen verbunden fühlte, sodass das Erbe der flavischen Imperatoren ebenso verschüttet würde sein wie das Andenken an Claudia Antonia, jene adorable Matrone!
    Diese und weitere Szenarien durchfleuchten den Geist des Jünglings, als mit einem Male die präsumierte Natter ihr Wort an ihn richtete und somit aus seinem Spintisieren erweckte. Selbstredend vermochte er hierauf erstlich keinerlei Replik zu geben, da ihm doch selbst war entgangen, um welche Spiele es sich handelte, die hier die Aufmerksamkeit der Aurelia hatten erregt.
    "Oh, mir sagen die Saturnalia durchaus zu."
    , verlautbarte Manius Minor jedoch endlich mit einem Hauch von Trotz in der Stimme, da er auch in Unkenntnis der Sache den Beschluss fasste, von vornherein in eine prinzipielle Opposition seiner baldigen Stiefmutter gegenüber zu treten, um zu klarifizieren, dass er, konträr zu seinem Vater, keineswegs jener Feigling war, der sich dem neuen Regiment ohne jedwede Résistance würde beugen, zumal ihm als Erstgeborenen auch der Schutz seiner Geschwister oblag, deren Rechte, wie figuriert, ebenso in höchster Gefahr schwebten.

    Keineswegs fühlte Manius Maior sich geneigt, die Entourage seines Freundes zu präsentieren, was indessen der findige Scapula auf sich nahm, nachdem er dem Jüngling das Präsent gereicht hatte, welches jener selbstredend artig enthüllte, ein Lächeln, konnektiert mit einem schamhaften
    "Danke, sehr reizend!"
    akzeptierte und postwendend an Patrokolos weiterreichte. Als der Name des Mädchens offenbar wurde, gewahrte der junge Flavius jedoch unverwandt den Anlass ihres Erscheinens, noch ehe der Cornelius sich weiterer Worte befleißigte, was eine gewisse Form der panischen Erregung evozierte, da sich hier unverhofft jene Person präsentierte, welcher er eines Tages die Rechte zur Ehe reichen würde, an welche er würde gefesselt sein bis dass der Tod sie schied, welche gleichsam nach seiner Mutter auserkoren war, die neue Frau seines Lebens zu werden. Doch wie sollte dies gelingen? Sie überragte ihn ob seines bescheidenen Wuchses um mehr als einen Kopf, ihre Statur war geradezu konträr zu jener Manius Minors und entbehrte sämtlicher Vorzüge, mit denen etwa seine angebetete Alcisthene oder Morrigan, deren Rundungen er höchstselbst aufs Innigste hatte erkundet, aufwarteten, ja verfügte darüber hinaus über eine überaus derangierende Färbung ihrer Haut! Wie also sollte er jemals imstande sein, jener Gestalt gegenüber Zuneigung zu verspüren, wie Kinder zeugen, wo sie doch beim ersten Anblick bereits bei dem Jüngling mehr Abscheu denn Begehren erweckte, was angesichts der Kapriolen, welche seine Hormone derzeitig schlugen und in ihm beständig Lüsternheit gegen dieses oder jenes Weib erweckten, durchaus notabel erschien.
    Und dabei entgingen ihm noch jene sublimen Unansehnlichkeiten, welche die junge Cornelia nunmehrig jenseits der sie plagenden, sorgsam überpuderten Pusteln offenbarte, als sie ihre schmalen, bisherig stets geschlossen gehaltenen, dezent geschminkten Lippen eröffnete, um ihrerseits eine Salutation an Hausherr und Jubilar zu richten:
    "Salve, Flavius Gracchus. Und... nun... Flavius Gracchus Minor!"
    Insekurität troff aus jeder Silbe, welche zweifelsohne nicht zuletzt gespeist war aus einem Bewusstsein, nun doch zur Darbietung ihres Mundraumes genötigt zu sein, wo zwischen ihren enormen Schneidezähnen eine beachtliche Lücke klaffte, die augenscheinlich einer Fehlstellung zu danken war, sodass selbst der hypermetropische Jüngling imstande war jene Deformation zu identifizieren.
    "Salve, Cornelia."
    , replizierte Manius Minor, wobei ihm entging, dass zumindest das Timbre in den Stimmen beider Angetrauter eine Similität ersten Ranges darstellte, da dieser doch nicht weniger insekur erschien denn jene, was sich dahingehend prolongierte, dass er außerstande sich fühlte ein weiteres Wort an sie zu richten, gleichsam ein wenig Konversation zu betreiben und somit das ihm obliegende Interesse an ihrer Person zu heucheln. Stattdessen fühlte er sich genötigt, durch okuläre Verengungen seine Augen zur Produktion eines schärferen Abbildes des Mädchens zu nötigen, um doch zumindest einige visuelle Impressionen mehr zu gewinnen, während das arme Mädchen ratlos verweilte, ehe sie endlich ihrerseits die Initiative ergriff:
    "Ich gratuliere dir... zu deinem Geburtstag. Wie ich sehe, hast du zahlreiche Gäste."
    Jene Verbalisierung des Augenscheinlichen war keineswegs geeignet, dem Jüngling einige Admiration über die Cornelia einzuflößen, vielmehr fühlte er sich geradezu disturbiert durch ihre Anrede, die ihm neuerlich eine Replik auferlegte:
    "Durchaus. Einige Freunde der Familie sind erschienen. So auch ihr."
    Wäre dies für gewöhnlich mit einem charmanten Lächeln vorzutragen gewesen, enthielt der junge Flavius sich diesmalig jedweder Exprimierung von Sympathie, da er doch eine nicht geringe und stetig wachsende Abscheu verspürte ob jenem unansehnlichen Fräulein, welches all jene Konstriktionen repräsentierte, die seine Familie, sein Stand und nicht zuletzt sein Vater ihm auferlegten, ihn einzwängten einem Tunnel gleich, der ihm lediglich das vorwärtige Kriechen gestattete, unentrinnbar dem präfigurierten Finale entgegen, und jedwede Freiheit versagten. Mit größter Tapferkeit indessen ignorierte Philonica jene Inbenignität und fragte aufs Neue:
    "Und wer sind diese Gäste? Möchtest du uns bekannt machen?"
    Selbstredend war dies ebenfalls ein legitimes Ansinnen, als Angetraute Bekanntschaft mit dem Umfeld des künftigen Gemahls zu machen, ebenso auch selbst jenen präsentiert zu werden und somit Einblick in die baldigen eigenen Kontexte zu erhalten, doch dies erschien Manius Minor aufs Neue lästig und als ein unanständiger Vorwitz, der sein Privatleben begierig okkupierte, während er zugleich nicht im Geringsten gewillt war, jene klägliche Gestalt seinen Gästen zu präsentieren, weshalb er letztlich eine minimalisierte Form der Vorstellung erwählte, indem er von seiner aktuellen Position aus lediglich durch Fingerzeig die einzelnen Personen identifizierte und dabei benannte:
    "Der Knabe dort hinten ist Titus, mein Bruder. Die beiden jungen Herren dort auf der Kline sind die Söhne des Flavius Milo, Iullus Flavius Fusus und Caius Flavius Scato. Neben ihnen steht meine Tante Flavia Domitilla. Jener mit dem Becher ist Lucretius Carus, ein Kommilitone aus der Rhetorenschule..."
    So perpetuierte er der Reihe nach die Liste, bis sämtliche Attendenten nominiert waren, während die Cornelia aufs Neue gute Miene zu jenem undelektierlichen Spiel machte und Interesse suggerierte, indem sie bisweilen ein knappes Nicken zeigte oder einen Laut des Verstehens entfahren ließ.
    "Es ist gut, so eine große Familie zu haben."
    , resümmierte Philonica endlich, was den jungen Flavius aufs Neue ratlos hinterließ, da derartige Loci communes doch kaum kommentabel erschienen, zumal in einer Situiertheit, in der der gesamte Dialog eine Last präsentierte. Endlich entspann sich indessen doch ein knapper Wortwechsel:
    "Durchaus. Iullus besucht sogar gemeinsam mit mir den Rhetoren."
    "Besuchst du die Schule des Menenius? Mein Großvetter Publius geht dorthin."
    "Nein, ich besuche Quintilius Rhetor. Nahe dem Forum Romanum."
    Aufs Neue trat eine unbehagliche Pause ein, die beide Disputanten mit ratlosen Blicken füllten und Manius Minor konfirmierten, dass jenes Fräulein nicht nur in ihrer Physis keinerlei Reiz erbot, sondern zugleich auch dem Charakter nach von geringem Interesse war, da doch selbst jenes Gespräch sich als von größter Viskosität sich erwies.
    "Nun... Dann möchte ich dich nicht weiter von deinen übrigen Gästen abhalten. Es sind ja so viele."
    , verlautbarte sie endlich und wandte sich fragend zu ihrem Oheim, während Manius Minor zu Manius Maior blickte in der Hoffnung, dass jener ihm die Absolution erteilte, tatsächlich die Cornelii Cornelii sein zu lassen und sich jenen Gästen zuzuwenden, deren Besuch ihm tatsächlich plaisierlich erschien und auf deren Gesellschaft er brannte, zumal diese ihm als ein Schutzschild gegen die Obliegenheit zur Konversation mit seiner Verlobten dienen mochte.

    Sim-Off:

    /Edit: Deplorablerweise unterlag ich einem tragischen Irrtum bezüglich des Namens meiner Verlobten, was hiermit zur Stringentisierung meiner Vita korrigiert wird.

    Zitat

    Original von Morrigan
    Bevor sie ihm jedoch seine Tunika reichte fragte sie. „Kann ich noch etwas für dich tun?“ Vielleicht wollte er ja reden oder so, Morrigan hatte das ja inzwischen schon des öfteren erlebt. Auch wenn der junge Mann bisher nicht den Eindruck erweckt hatte das er ein Rhetorisches Genie ist, aber Morrigan schon dieses Wortkargheit darauf, dass er wahrscheinlich schüchtern gewesen war, er hatte ja nicht wirklich gewusst was auf ihn zukommt.


    Aufs Neue schenkte die Lupa jeder Faser des flavischen Leibes ihre Aufmerksamkeit, rieb mit dem Tuche wie zuvor mit dem Schwamm jede Stelle, bis der letzte Rest an Humidität gewichen war, um sogleich mit der Ölung zu kontinuieren, die ihrerseits den gesamten Leib aufs Wohligste salbte, doch handelte es sich bei jenen Aktionen um vertraute Handgriffe, die tagtäglich auch die Sklaven der Villa Flavia Felix an dem Knaben vollzogen, womit sie jenen weitaus weniger schreckten denn die zudringlichen Avancen, die noch im Wasser waren vollführt worden. Gedankenverloren ließ Manius Minor all das über sich geschehen, die Dekorationen an den Wänden, wo sein Sehvermögen ihm wieder klare Konturen zu identifizieren gestattete, inspizierend und bisweilen spintisierend, ob jene Flut von Impressionen nicht doch ein Traum gewesen waren, ehe ein Blick hinab zu der emsig palpierenden Morrigan ihn eines Besseren belehrte.


    Als sie nun endlich all ihre Obliegenheiten hatte vollzogen und sich ein weiteres Mal bezüglich seiner Wünsche erkundigte, vermochte der Knabe dennoch nichts seiner Satisfaktion hinzuzufügen, zumal die Remineszenz an die erlüsternde Haptik ihres Leibes bereits wieder zu schwinden begann und somit lediglich der Anblick eines nackenden Schemen verblieb.
    "Meine Tunica, wenn dies keiner Umstände bedarf."
    , verblieb somit auch sein ultimativer Wille, den das Mädchen ihm zu erfüllen imstande war, obschon der junge Flavius bereits jetzt erwog, eines Tages, wenn all jene Novitäten sich in ihm gesetzt, er gleichsam seine Impressionen verarbeitet und womöglich um ein Weniges extendiert hatte, neuerlich ihre Dienste in Anspruch zu nehmen, da doch trotz aller Schrecken er jenes Abenteuer keinesfalls als gänzlich unerfreulich würde memorieren.


    So legte er die Tunica an, ließ ebenso die Toga sich reichen und mit einigen Umständen ob deren Volumen um den Leib legen, ehe ihm gewahr wurde, dass er seines geliebten Patrokolos noch gar nicht war ansichtig geworden, seit er das Etablissement hatte betreten:
    "Wo ist Patrokolos, mein Diener?"
    , fragte er daher verwundert die Meretrix.

    Deplorablerweise entging dem jungen Flavius, wie sich die Gestimmtheit der Aurelia änderte, sobald auch der Aurelius selbst jene Offerte akzeptiert hatte, womit auch jedwede Compassion mit seiner neuen Mutter (welch absurde Titulatur für eine Dame, die zum Zeitpunkte seiner Geburt nicht im entferntesten einer Empfängnis fähig mochte gewesen sein!) sich erübrigte und lediglich die Impression ihrer unbedacht anmutenden, prompten Akzeptanz in seinen Geist sich prägte, was sie für den Jüngling zu jenem Invasoren mutieren ließ, die sich nur allzu bereitwillig in die traute Familia Flavia zu drängen anschickte.


    Indessen kontinuierten die Oberhäupter beider Geschlechter ihre Verhandlungen, fixierten gar bereits jedwede Kontexte, noch ehe auch nur eines der Kinder, sofern man von Manius Minor absah, in Kenntnis war gesetzt. Endlich verschloss der Jüngling so seinen Mund, um eine Mimik anzunehmen, die größte Similität zu jener besaß, welche sich beim Genuss einer lädierten Frucht sich in sein Antlitz zu malen pflegte. Und mit einem Male verspürte er die heftigste Regung, sich von jenem Ort des Verrates zu absentieren, ja ihm schien es gar ein wenig blümerant zu werden, doch hielt ihn zugleich die Pflicht, welche hingegen ihr Potential zur Résistance von Augenschlag zu Augenschlag mehr einbüßte.

    Nach dem morgendlichen Opfer hatte Manius Minor jenen Ehrentag zuerst mit seinen ihm eigenen Lustbarkeiten zugebracht, indem er sich mit Patrokolos in die Bibliotheca zurückgezogen hatte, um einige Werke zu hören, sich aber auch das genaue Aussehen seiner Präsente erläutern zu lassen, um endlich wieder hervorzukriechen und sich im Balneum der Villa Flavia Felix der Relaxation hinzugeben. Nun am Abend indessen folgte der finale offiziöse Teil der Feierlichkeiten, denn zum Mahl im Kreise der Familia würden sich noch Freunde gesellen, die nur partiell zu jenen Personen zählten, die der Jüngling von Herzen als ihm zugeneigt mochte bezeichnen, während andere wie die Cornelii Scapulae wohl eher als Freunde der Stirps zu titulieren waren.


    Dennoch zählte auch zumindest ein Gast, nämlich Lucretius Carus, durchaus zu seinen Kommilitonen, mit denen er in der Rhetorenschule Bekanntschaft gemacht hatte und zum heutigen Tage ob seiner durchaus akzeptablen Provenienz auch in die flavische Villa hatte laden dürfen.
    "Salve, Care!"
    , begrüßte der junge Flavius den Freund demgemäß mit größter Cordialität und herzte den schmächtigen Kameraden, der ihm ein derart breites Lächeln präsentierte, dass es selbst dem fehlsichtigen Manius Minor nicht entgehen konnte.
    "Flavius, mein Lieber! Ich danke Dir für deine Einladung!"
    , replizierte Carus und ließ sich ein Objekt reichen, welches für den jungen Flavius Similität zu einem Ball aufwies, obschon es sich selbstredend um ein sorgsam verpacktes Präsent handeln musste. In der Tat entpuppte es sich als solches und als der junge Gracche es endlich mit ungeübten Händen eröffnet hatte, entrollte sich daraus einer Schlange gleich ein lederner Gürtel, der rot gefärbt und mit einer güldenen Schnalle versehen schien. Sanft ertastete der Jüngling darauf Punzierungen, die er indessen nicht unumwunden zu identifizieren imstande war, was hingegen unerheblich sich erwies, da doch Lucretius ihm eilig einige Erläuterungen diesbezüglich präsentierte:
    "Ich dachte, ein Gürtel ist ein nützlicher Gegenstand. Er wurde aus bestem Milchkalb-Leder gefertigt. Außen sind die Caducei eingeprägt wegen - nunja, wie auf deinem Siegelring eben. Ich habe gelesen, dass die Germanen Gürteln die Kraft der Mannbarkeit zuschreiben und was ist wohl besser geeignet für einen sechzehnten Geburtstag?"
    Carus war überaus belesen und zeigte, konträr zu Manius Minor, stets größtes Interesse an fremden Kulturen des Nordens, sodass es den jungen Flavius keineswegs verwunderte, jene Explikationen zu erhalten. Indessen verwies die neuerliche Übereignung von Kleidungsstücken, ja gar das zweite cingulare Präsent darauf, dass die Zeiten, in welchen ihm Freunde und Anverwandte Spielwaren, Süßigkeiten und dergleichen Infantilitäten nun irrevokabel der Vergangenheit zuzuordnen waren und nun die Zeiten mehr oder minder ennuyanter Gaben des alltäglichen Gebrauches zu erwarten waren. Letztlich war ein Gürtel indessen besser als ein weiteres Buch zu bewerten, welches nur Platz in der Bibliothek einnahm und womöglich niemals wieder würde in seine Hände geraten, während er beim Anlegen eines derartig extravaganten Gürtels (ebenso wie bei Fusus' Toga) womöglich doch der Donatoren würde gedenken können.


    Die folgende Entourage evozierte hingegen ein bemühtes Blinzeln des Jünglings, denn obschon er zwei der drei Personen als Cornelius Scapula und seine Gemahlin zu identifizieren wusste, vermochte er doch die dritte im Bunde, welche ihrerseits die Palla vom Haupte zog und mit merklichem Vorwitz um sich blickte, keineswegs einzuordnen. Sie war von hagerer Statur, hoch aufgeschossen und, soweit es der junge Flavius von Ferne erkennen konnte, lediglich mit recht dünnem Haar und einem nahezu innotablen Umfang weiblicher Rundungen gesegnet. Hinzu trat eine ungesund blasse Gesichtsfarbe, welche, wie dem jungen Flavius selbstredend nicht erkenntlich war, einer starken Puderung zur Kaschierung einer grässlichen Akne geschuldet war, den Jüngling hingegen vage an die jenes leblosen Fußes gewahrte, welcher ihm auf seiner Flucht aus Rom beständig vor Augen war gewesen. Letztlich konnte er somit jene Person keiner Familie zuordnen, lediglich ihre Convoyage legte die Annahme nahe, dass es sich um eine, wenn auch höchst unansehnliche Anverwandte oder Freundin der Cornelii handelte. Fragend blickte Manius Minor demgemäß zu Manius Maior, der weitaus bessere Kenntnis von der cornelischen Stirps hatte, dann wieder zurück zu der sich nunmehr approximierenden Gruppe.

    Die Ironie der Kommentierung seines Scherzes ließ den Knaben seiner Konzentration nochmalig verlustig gehen, sodass er gar vergnügt in sich hineinlachte, da doch jene Worte geradezu als typische Äußerung seines Neffen zu bezeichnen waren, welche er in eben jener Form zweifelsohne seiner Mutter hätte zugeeignet.
    "Ich danke dir, mein Junge! Deine Rüstung steht dir ebenso vortrefflich!"
    , replizierte er somit, gefangen in jener amüsanten Imagination eines Fusus Militaris, der zwar hinsichtlich seines Temperamentes durchaus Similitäten zu jenem Coriolanus aufzweisen mochte, doch weder in seiner Gestalt, noch seinen Neigungen komparabel zu sein schien.


    Doch verwarf Manius Minor jenes vergnügliche Scherzen schließlich doch, räusperte sich, blickte in die Runde, als wären Fusus und die Sklaven eine Schar Geschworener, und nickte.
    "Marcius Coriolanus, siegreicher Feldherr Roms!"
    , begann Manius Minor dann endlich seine Deklamation, wobei die Anrede zugegebenermaßen die leichteste Partie jener Exerzitie darstellte, ehe der Knabe gedanklich erst in das imaginierte Haus eintrat, welches den Lehren des Quinctius gemäß als Vehikel der Kommemoration des Redetextes diente. Das Vestibulum barg hierbei wie gewohnt das Exordium, jenen Redeteil, der gleich dem Umkleideraum hinter der Porta gewissermaßen ein Präludium zum eigentlichen darstellte, in diesem Falle also der bittenden Rede der Mutter Coriolans. Durchaus fand er an den Wänden bereits ein imposantes Schlachtengemälde, welches ihm jedoch erst in den Blick geriet, als er das Lachen von Kindern vernommen hatte, die die Familie des Renegaten symbolisierten.
    "Die Väter Roms, ja selbst deine greise Mutter und deine geliebte Gattin, die Mutter deiner Söhne, stehen vor dir! Vor dir sind wir erschienen, um dir den einmütigen Willen der Quiriten zu unterbreiten, die darauf brennen, dich aufs Neue in ihrer Mitte begrüßen zu dürfen. Lange hast du die Geschicke unserer Stadt geführt und viele siegreiche Schlachten geschlagen, was dich als großen Feldherrn und Strategen auszeichnet, weshalb wir nicht zweifeln, dass du klug entscheiden und unserem Bitten Gehör schenken wirst."
    Für eine Captatio benevolentiae mochte dies genügen, wie der Knabe hoffte und welche er, wie er zu seiner größten Befriedigung notierte, trotz der Länge der Sätze fehlerfrei rezitiert hatte.


    "Vor dir stehen wir somit heute um dich zu ersuchen, von Rom abzulassen und in dein Vaterhaus zurückzukehren, anstatt es mit Feuer und Schwert zu vernichten. Doch wie konnte es zu jener schrecklichen Lage kommen?"
    Fragend blickte der Knabe um sich, als wären nicht lediglich Fusus, Patrokolos und Vulpes sein Auditorium, sondern sämtliche Bücher der Bibliotheca, die in ihren Regalen wie die Senatoren auf den Stufen der Curia ihm folgten.


    "Du entstammst doch den Marcii, einem der edelsten und ältesten Geschlechtern Roms, welches gar selbst schon zu jenen Zeiten unserer Res Publica dienten, als Iunius Brutus die Könige vertrieb! Seither lenken sie mit den übrigen Patres die Geschicke des römischen Volkes, bekleiden die höchsten Ämter im Staate, brachten Consuln und Praetoren hervor und führten zahlreiche Heere unserer Stadt in die Schlacht, wo sie unsterblichen Ruhm erlangten. Doch auch du selbst musst hinter ihnen nicht zurückstehen, denn du rettetest am Lacus Regillus einem Bürger das Leben und für deine Heimatstadt warfst du die Volsker nieder-"
    Für einen winzigen Augenblick stockte der junge Flavius, geistig sich bereits im Atrium bewegend, wo er von den Masken der Maiores hinab zu einigen Vasen geschritten war, deren assoziatives Pendant er nicht mehr sicher zuzuordnen wusste.
    "Mit Recht darfst du dich somit deiner Ahnen rühmen und ihre Verdienste hervorheben, ja es erscheint mitnichten abwegig, dass du all jene mit Misstrauen betrachtest, die nicht auf noble Herkunft und persönlichen Ruhm, sondern durch die Plebs ihre Macht legitimieren und Mitsprache in den Angelegenheit der Res Publica beanspruchen. Doch übermannte dich auch Hochmut, als du begannst, das Volk gering zu schätzen, das doch an deiner Seite gekämpft hatte, und eine Hungersnot für deinen politischen Kampf gegen die Tribuni Plebis auszunutzen. Dies waren die Gründe, warum deine Wahl zum Consul scheitern musste, da doch der Consul das Haupt der gesamten Res Publica, bestehend aus Senat und Volk von Rom. Es mag dies eine tiefe Kränkung gewesen sein, da doch dieses Amt schon diverse Male von deinen Ahnen bekleidet wurde und dir wohl anstünde. Schlimmer noch mag das Exil dich gegen dein Volk aufgebracht haben und ich muss gestehen, dass jenes Verdikt durchaus von großer Ungerechtigkeit war, dass die Tribuni Plebis ihre Macht missbrauchten und das Volk über Gebühr gegen dich aufhetzten, den Rat der Patres in den Wind schlugen und dich aus Rom verbannten.
    Das größte Unrecht begingst danach jedoch du, als du mit dem Feinde Roms paktiertest, um dich gegen dein Vaterhaus zu wenden! Als du das Heer des Feindes in das Land führtest, das deine Väter einst selbst mit ihrem Blut bezahlten, und jene dem Tode weihtest, die du einst selbst in die Schlacht führtest."

    Mit größtem Engagement rezitierte Manius Minor jene Zeilen, während sein gedanklicher Rundgang hurtig voranging, er an einzelnen Objekten verharrte, welche verlorene Wahlen, militärische Siege und grässliche Frevel symbolisierten, um endlich die Narratio zu beenden und in medias res zu gehen und damit jenen Teil seines imaginierten Hauses zu betreten, der der Familie vorbehalten war. Dort im Tablinium und dem angegliederten Tabularium mochte er jene Argumente finden, welche es zuerst zu widerlegen galt:
    "Du magst sagen: 'Rom hat mich verbannt! Ich bin kein römischer Bürger mehr!' Ich aber sage dir: Die Comitia haben jenes Verdikt aufgehoben und wünschen dich wieder in ihre Reihen zurück! Aus diesem einen Grunde sind gar mehrere Gesandtschaften zu dir gekommen, um dir die frohe Kunde zu bringen, dass du neuerlich jenem Volk zuzurechnen bist, das an Größe alle Italiker übertrifft! Du bist wieder ein Römer, wie auch-"
    Neuerlich stockte der Knabe, da ihm beinahe ein 'ich' entfleucht wäre, da er doch die Rolle der Volumnia eingenommen hatte. Da dies indessen zweifelsohne ein weiteres komisches Moment evoziert hätte, welches zu meiden er sich anschickte, korrigierte er sich, noch ehe es ausgesprochen war:
    "-deine Mutter dich geboren hat! Die Gesetze unseres Volkes und deiner Väter lassen also keinen Zweifel, dass du ein Römer bist wie ich.
    Auch magst du sagen: 'Man hat mich der Schande preisgegeben, als man mir das Consulat verweigerte!' Doch auch hier musst du erkennen, dass das letzte Wort in dieser Angelegenheit nicht gesprochen ist. Jedes Jahr werden neue Consuln gewählt, jedes Jahr besteht die Option und jedes Jahr scheitern angesehene Männer in ihrer Kandidatur! Keineswegs musst du dich also ob jener vermeindlichen Schande grämen, vielmehr nach vorn blicken: Das Volk brennt auf deine Rückkehr und möchte dich in seiner Mitte wissen. Warum also sollte es Einwand erheben gegen eine neuerliche Kandidatur, die nach dieser neuerlichen Probe deiner militärischen Kapazitäten zweifelsohne von Erfolg bekrönt sein wird, aufdass du zukünftig wieder unsere Heere zum Sieg führst?
    Du magst sagen: 'Warum sollte ich mich jenen Risiken stellen, wo mir Rom ohnehin offen steht, nachdem das volskische Heer die Quiriten bereits geschlagen hat?' Doch auch hier ergeht meine Warnung:"

    Neuerlich stockte der Knabe, da jene Passage ihm besondere Mühen bereitet hatte, wo doch jene augenscheinlichen Triumphe Roms, namentlich jener über den über Jahre Italia durchpflügenden Hannibal, historisch nach den Lebzeiten des Coriolanus lagen und somit illegitime Argumente darstellten. Letztlich war es ihm so lediglich verblieben, einige allgemeine Annotationen zu machen:
    "Die Quiriten sind ein zähes Volk, schlachtenerprobt und von unbeugsamem Willen. Iuppiter Optimus Maximus selbst hat dem Romulus die Weissagung gemacht, sein Volk, die Gens Togata, werde den Erdkreis beherrschen. Wie soll es also geschehen, dass das Volk der Volsker jenen göttlichen Spruch zunichte macht?"


    Nun endlich war die Positionierung der eigentlichen Argumente an der Reihe, für welche Manius Minor sich einiger Mahnungen Manius Maiors erinnert hatte. Lagen diese bereits ein knappes Jahrzehnt zurück, war er auch unverständig und infantil noch gewesen in jenen Tagen, so hatten sich die parentalen Worte doch gewissermaßen imprägniert und wogten immer wieder durch seinen Geist: 'Deine Herkunft, dein Stand und dein Menschsein gebieten drei Intentionen, nach welchen dein persönliches Streben stets auszurichten ist: das Wohl der Familie, das Wohl des Imperium Romanum, sowie die Wahrheit - in eben dieser Reihenfolge.' Galten jene Worte für die Flavii, so mussten sie auch generalisabel sein für sämtliche Personen similärer Herkunft und similären Standes, worunter wohl auch jener Coriolanus zu subsummieren war:
    "Als deine Mutter ermahne ich dich deshalb, deine Waffen zu strecken, wie es dir die Wahrheit, dein Vaterland und deine Familie gebieten:


    Willst du die Wahrheit nämlich nicht verleugnen, so musst du erkennen, dass dein Groll gegen die Plebs Romana ein Irrsinn ist. Gedenke der Fabel des Menenius Lanatus, die er damals zu jenen Männern sprach, die voller Zorn ebenfalls Rom den Rücken gekehrt hatten: Wie die Glieder des Leibes des Magens bedürfen, da jener sie nährt und sättigt, so bedarf umgekehrt auch der Magen der Glieder, denn wie sonst soll die Speise in ihn gelangen, wie soll der Leib sich bewegen und existieren?
    Der Staatskörper bedarf somit der Plebs und keineswegs dürfen ihre Interessen ungehört verhallen, ebensowenig wie die Klugheit und Expertise der Patres darf übergangen werden. Beide Prinzipien, Senat und Volk von Rom müssen ihre Stimme erhalten, damit der Staatskörper gesund bleibt."

    Bei der Präparation jener Worte waren dem jungen Flavius die Lektionen seines Grammaticus bezüglich des Kreislaufes der Konstitutionen von Gemeinwesen nach Polybios in den Sinn gekommen, wonach die Regierungsformen sich beständig ablösten, dass die Herrschaft eines Einzelnen, der Besten und des Gesamtvolkes stets nach einiger Zeit ins Negative driften würden, um einer anderen guten Regierungsform Raum zu bieten. Lediglich eine Mischverfassung, wie sie in Rom schon zu Zeiten besagten Historikers hatte bestanden, konnte jenen Circulus vitiosus durchbrechen und so Beständigkeit und Ruhe für das Gemeinwesen garantieren.
    "Du wirst also erkennen müssen, dass deine Ideen ein deplorabler Irrtum gewesen waren, dass deine römische Heimat das beste aller möglichen Gemeinwesen darstellt.


    Zudem ist Rom aber nicht nur ein wohlregierter Staat, er ist vor allem dein Vaterland, welches zu negieren impossibel ist! Gedenke deines Standes, der stets im Dienste jener Stadt gestanden hat, gedenke deines Ahnherren Numa Pompilius, der als erster die Kulte dieser Stadt ordnete, gedenke jener Patres, die bereits den Königen Rat und Hilfe boten, die die Unwürdigen aus dieser Stadt vertrieben und seither die Geschicke dieses Staates lenken! Bedenke auch, dass diese Stadt es war, in die hinein deine Mutter dich gebar, die dich aufzog und nährte, dass deine heutigen Feinde jene sind, mit denen gemeinsam du die Toga Virilis anlegtest, erstmalig den Senat betratest und Magistraturen bekleidetest! Du magst einen Groll gegen einige von ihnen hegen, magst dich von ihnen gekränkt und abgewiesen fühlen. Doch letztlich ist diese Stadt dein Vaterland, wurde der Tempel des Ianus, dessen Pforten deinethalben geöffnet wurden, von deinem Ahnen erbaut. Du selbst hast für sie blutige Kriege gefochten, hast unendliche Mühen auf deine Schultern geladen und die Volsker niedergeworfen, um sie groß zu machen!
    Dies ist dein Vaterland, welches du nimmermehr kannst negieren!


    Insonderheit ist es aber nicht nur dein Vaterland, sondern auch das deiner Familie. Rom ist die Stadt, wo die Gräber deiner Ahnen liegen, die Tempel, die sie erbauten, stehen! Hier ist dein Haus, sind deine Penaten und Laren heimisch! Und hier brachte deine Frau dir Söhne zur Welt, die einstmals deinen Namen tragen und dein Andenken ehren sollen! Willst du tatsächlich all dies der Zerstörung anheim fallen lassen? Willst du, dass die Gräber deiner Väter zu Staub zerfallen, deine Frau und deine Mutter in die Hände jener fallen, die du selbst gegen sie führst?
    Ich frage dich: Wer soll zu den Parentalia Opfergaben auf die Gräber deiner Ahnen stellen, wenn du eines Tages selbst die Verwesung schaust? Wer soll an jenen uralten Stätten den Göttern Roms opfern, die auch die deinen sind? Wo sollen deine Söhne Tugend und Stolz erlernen, wenn nicht an jenem Ort, wo sie die Ehrenmäler ihrer Ahnen erblicken, wo der Name Marcius klingt wie Donnerhall? Sollen sie stattdessen als Fremde in einem Dorf jener Volsker leben? Sollen sie vergessen, woher sie stammen und was sie sind?"

    Der Raum der Familie war das Cubiculum seines imaginären Hauses, der ja zum Privatissimum einer herrschaftlichen Domus zählte. Einen Augenschlag blickte er sich imaginär nochmalig darin um, doch glaubte er, jedes Detail erfasst zu haben. So verblieb die Peroratio, die seine Deklamation zu einem Ende führen sollte:
    "Nein, Marcius Coriolanus: Dies darf nicht geschehen! Höre die Worte deiner Mutter, erkenne die Wahrheit, gedenke deines Vaterlandes und deiner Familie! Lass ab von deinem schändlichen Tun, strecke die Waffen und kehre dorthin zurück, wo du herstammst, als das, was du bist: ein Patricius Romanus, ein stolzer Quirite und Sohn einer römischen Matrone! Darum bitte-"
    Ein letztes Mal stockte der Knabe, da ihm doch gerade noch zur rechten Zeit wurde gewahr, dass er ein stärkeres Verb hierfür präpariert hatte:
    "-nein: flehe ich dich an! Nein, ich befehle es dir als deine Mutter, in deren Leib du geformt wurdest und deren Milch dich genährt hat, die dich erzog und dir die Toga Virilis reichte! Lass mich nicht in Gram sterben, sondern erfülle mich mit Stolz, wie es deine Mutter verdient hat!"
    Als der junge Flavius geendet hatte, musste er erkennen, dass er sich durch seine eigenen Worte in größte Emotionalität gesteigert hatte, sodass es ihm fast schien, als wäre der Scheme des vor ihm lauschenden Fusus in der Tat der Renegat Coriolanus (obschon er sich doch nicht fühlte, als sei er ein altes Weib, das ihn geboren hatte). Nach einigem Schweigen indessen malte sich ein zufriedenes Lächeln auf seine Lippen, da er doch mit minimalen Insekuritäten den langen Redetext vorgebracht hatte und nicht geringen Stolz empfand, eine derartige Rede erdacht zu haben.

    Sich anschließend an die Herrschaften war nun das Gesinde an der Reihe, welches selbstredend nicht sämtlich in persona dem jungen Herrn zu gratulieren imstande waren, da dieser nicht geneigt war seinen gesamten Ehrentag mit jener Obliegenheit zu vergeuden, sodass Sciurius als Villicus in Vertretung aller sich Manius Minor zuwandte und ihm seine Verehrung versicherte. Hinzu trat das obligate Präsent der Dienerschaft, welches in einförmiger Weise jedem Jubilar des Hauses angetragen und so auch für den jungen Flavius dargebracht wurde: Es handelte sich um einen voluminösen Käsekuchen, ein flaches, mit Honig bestrichenes und in einem Muster mit Mohn bestreutes Gebilde, in dem für den heutigen Anlass sechzehn Cerei postiert waren.
    In der Tat liebte Manius Minor jene Kuchenform, weswegen er sie sich auch ausdrücklich als Geburtstagskuchen gewünscht hatte, sodass dennoch seine Augen zu leuchten begannen, obschon das Objekt seiner Begierde bis auf weiteres in voller Intaktheit verweilen durfte, um erst als Dessert zum Geburtstagsmahl am Abend seine Vernichtung zu schauen. Dass man ihn dennoch bereits nun hervorholte, hatte jene Bewandnis, dass auch dem Iuppiter Liber, des Jünglings diviner Patron, dessen Festtag mit dem Geburtstag alljährlich koinzidierte, diese Süßspeise zu offerieren war. Primär folgte nun indessen zuerst eine mehr abergläubische denn religiöse Praxis, nämlich das Ausblasen der Kerzen, welches Manius Minor durch hurtiges Operieren tatsächlich in einem Atemzuge gelang, womit er wiederum den Applaus der Attendenten erntete.


    Angesichts all jener Präsente und guten Wünsche keimte in dem Jüngling nunmehr neuerlich die Remineszenz an seine Mutter auf, verbunden mit der Frage, was diese ihm wohl geschenkt hätte, wäre sie in der Menge der Gratulanten gestanden, doch nötigte er sich rasch jenen Gedanken beiseite zu wischen, zumal auch die vergangenen Dies Natales ohne ein Präsent der exilierten Claudia vonstatten gegangen waren, sodass er außerstande war auch nur zu erraten, welcher Warengruppe ein maternales Geschenk an einen Heranwachsenden zuzuordnen gewesen wäre.
    Stattdessen würde nun er ihr eine Gabe darbringen müssen, da sie doch zu den Verstorbenen zählte und den Manen der Familie hinzugefügt worden war, welche vom Elysium her über die Sterblichen wachten und an jenem Tage ebenfalls eines kleinen Opfers versichert sein durften. Primär galt der Geburtstag indessen als das Fest des persönlichen Genius, über welchen der Jüngling in Ermangelung einer eigenen Familia bishero nicht verfügte, weshalb Iuppiter Liber vertretend hierfür das Opfer entgegenzunehmen genötigt war und für welchen schon vor vielen Jahren eine Statuette auf dem Lararium war erworben worden, um dem Knaben eine persönliche Rezipienten am familiaren Hausaltar zu ermöglichen. Ironischerweise stellte sie in ihrer Machart geradezu das Oppositum jener Person dar, dessen Schutzgottheit sie repräsentierte: War die Statuette muskulös und dem Abbild des jungen Adonis gleich, besaßen nahezu sämtliche Körperpartien des Jünglings durch mehr oder minder voluminöse Fetteinlagerungen ein schlaffes und bisweilen teigiges Äußeres. Verfügte jene über einen maskulinen Bartwuchs, hatte jener lediglich dreimalig das Messer des Barbiers erblickt. War jene aus strahlendem Silber gefertigt, so fühlte dieser sich eher unscheinbar und matt. Lediglich das Füllhorn, welches Iuppiters Inkarnation des Wohlstandes in Händen hielt, mochte auch Manius Minor zusagen, sodass wohl beide zumindest in ihrer Affinität zum Überflusse hin eine Similität aufwiesen.
    Ob jener geringen Konvergenzen bedrückte es den jungen Flavius in diesem speziellen Falle auch keineswegs, dass er ob seiner Fehlsicht seines divinen Patrons niemals in voller Wohlgestalt ansichtig wurde, da dieser doch ohnehin lediglich seine Aufmerksamkeit auf die zahlreichen ihn torquierenden Makel, insonderheit die optischen, lenkte. Zumindest erkannte er indessen beim Herantreten an das Lararium, dass man zum Festtage seine Statuette mittig postiert und einem Triumphator gleich mit Lorbeer bekränzt hatte, da die Pose der seinigen doch von den Genien seines Vaters und der übrigen maskulinen Anverwandten recht deutlich zu differenzieren war.


    "Dann soll auch Iuppiter Liber sein Fest erhalten!"
    , kommentierte er somit mit einem knappen Seufzen, ehe er sich umwandte und vor dem Lararium Stellung bezog, sich die makellos weiße Toga über das Haupt zog und die Arme hervorstreckte, als wolle er der Gottheit auch die Differenz augenfällig machen, dass er konträr zu jenem mitnichten ein Füllhorn der Frugalität in Händen hielt.
    "Iuppiter Liber, Vater des Überflusses, an deinem wie meinem Festtage trete ich vor dich um deines Schutzes zu gedenken!"
    , begrüßte er die hinter dem lorbeerbekränzten Figürchen stehende Gottheit, deren üppiger Segen über ihn doch bisweilen überaus beschränkt erschien.
    "Höre mich an deinem Festtage, da meine Geburt sich zum sechzehnten Male jährt!
    Wie der Weihrauch hinauf steigt zum Himmel, so erreiche dich mein Gebet!"

    Patrokolos hatte am heutigen Tage die Ehre ihm zu assistieren und reichte ihm die Acerra, die ohnehin beständig am Lararium bereit stand, um den Bewohnern spontane Darbringungen zu ermöglichen. Der Jüngling träufelte einige Körner in das integrierte Altarfeuer und wartete, während der süßliche Duft sich verbreitete.
    "Seit sechzehn Jahren wachst du mit den Göttern des Hauses, den Laren und Penaten wie den Maiores-"
    Bis hierhin mochte dieses Gebet nicht von der gebräuchlichen anniversaren Praxis differieren, doch verspürte der junge Flavius nun ob des erst so kurz zurückliegenden Ablebens seiner Mutter die dringliche Neigung, diese persönlich hervorzuheben:
    "-insonderheit den Manen der Claudia Antonia, meiner geliebten Mutter, über mich und die Meinen!"
    Er schluckte in nicht geringer Nervosität ob jener Abweichung vom Protokoll, vielmehr aber noch ob der Ergriffenheit, die der Gedanke der aus cälesten Höhen über ihn wachenden Mutter evozierte.
    "Seit ich an deinem Festtage geboren wurde, wachst du über mich und verleihst mir Kraft und Freiheit!"
    Letzteres mochte nicht uneingeschränkt als korrekt bezeichnet werden, solange Manius Minor unter den Fittichen Manius Maiors zu leben genötigt war, welche jenem zunehmend als lästig erschienen, da sie, abzusehen von der gestörten Relation der beiden Gracchi, lediglich einen recht schmalen Weg der Freiheit offerierten, doch war hier der Zuständigkeit seines Schutzgottes doch wohl Respekt zu zollen.
    "Dafür gebe ich dir gerechte Gaben. Nimm an diesen Wein, die Frucht des Weinstocks und nimm an diesen Kuchen, den wir am Abend dieses Festtages mit Dir zu teilen gedenken!"
    Dem Usus entsprechend wurde der Wein in einer Patera vor das Lararium gegossen, der Geburtstagskuchen hingegen wurde zur Gänze auf dem Altare platziert, wo er den verbleibenden Tag ruhen konnte, ehe man ihn zum Triclinium transportierte, wobei ein kleines Stück, welches als separater Appendix dem vollendeten Rund angefügt war, zurückbleiben würde als Anteil des Iuppiter Liber am Opfer, wie dies die Vitalia bei einem blutigen Opfer zu tun pflegten.
    "aufdass ich diesen Tag noch viele Male zu Deiner Ehre begehen kann und Dir gute Gaben gebe bis ans Ende meines Lebens!"
    Damit war dem Iuppiter hinreichend geopfert, doch sollten auch die Hausgötter nicht neglegiert sich erachten, weshalb nun ein Strauß wundervoller Herbstblumen dem jungen Flavius gereicht wurde, welche er ebenfalls offerierte:
    "Ihr Laren und Penaten des Hauses, Ihr Manen meiner Familie! Nehmt an diese Blumen als gerechte Gabe und wacht über mich und die Meinen, aufdass ich mit ihnen vereint diesen Tag noch viele Male begehen kann und Euch gute Gaben gebe bis ans Ende meines Lebens!"
    Nun endlich war Manius Minor jener religiösen Obliegenheit endgültig ledig und er wandte sich nach rechts, um das Gebet und zugleich das Opfer zu einem adäquaten Ende zu bringen.