Sukzessive hatten die Schmerzen, welche durch die infamiliare Belastung des Leibes auf dem Rücken eines Pferdes entstanden, sich in den folgenden Tagen gemildert, ohne gänzlich abzuklingen. Statt den Muskeln, meldete nun vielmehr die Haut sich zu Wort, um das stetige Reiben des Stoffes am Sattel des Pferdes zu beklagen. Am Abend erblickte Manius Minor gerötete Oberschenkel, was sich erst in den folgenden Tagen durch die Einfügung einer zusätzlichen Schicht in Form einer ledernen Reithose meliorisierte. Dennoch deprivierte die Monotonie der Bewegungen und der deplorable Zustand der infantilen Muskulatur des Knaben auch die Gelenke im Rücken und an allen Enden, womit ein neues Leiden gefunden war, welches ihn bei Tage und Nacht traktierte. Mit den Tagen verstummten indessen auch jene Klagen ob der Schmerzen, der Widrigkeiten der Reise, ebenso seine ab und an fröhlichen Fragen etwa bezüglich der Landschaft, welche ob seiner Fehlsichtigkeit sich ihm kaum erschloss. Bar jedweder Äußerung stierte der junge Flavius vielmehr lediglich auf den Rücken des Tieres, ließ vorwärts sich tragen und übte im Stillen, auf welche Weise er sein Vehikel zu beeinflussen vermochte.
Als sie endlich die sumpfige Landschaft um Mantua durchquert hatten, verbreitete sich doch eine gewisse Freude in dem Knaben, der das Ende der Reise kommen sah. Rasch quartierten sie sich dem eingeschliffenen Usus entsprechend ein, Onkel Flaccus wurde auf eine Liege verfrachtet und Manius Minor zur Wacht an dieser abgestellt, während Manius Maior sich nicht wie gewohnt dem Erwerb von Proviant widmete, sondern aufbrach, um Kontakt mit Aurelius Ursus aufzunehmen.
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Als es endlich wieder an der Pforte klopfte, erschien es dem Knaben, als sei bereits ein vollständiges Saeculum vergangen, so inbrünstig und voller Furcht hatte er die parentale Rückkehr erwartet, welche an diesem Tage in weit höherem Maße unsicher gewesen war als bisher. Geradezu erschrak der junge Flavier, als das Pochen unvermittelt in den Raum drang, sodass er, bis zum Rande gefüllt mit Kleinmut, einen Satz über die Kline, auf welcher Flaccus lag, einen feuchten Lappen auf der Stirne, und an die der Tür gegenüber liegende Wand machte. Zweifel nagten plötzlich an ihm, schlimme Befürchtungen, man habe seinen Vater inhaftiert, einer Tortur ausgesetzt und Versteck wie Passwort von ihm erpresst, um die Flavii nun gänzlich auszumerzen.
Fortunablerweise erfolgte der Anruf indessen ein weiteres Mal, in welchem Manius Minor die Stimme des Vaters klar zu erkennen glaubte, sodass er sich voller Umsicht der Tür näherte, den Riegel beiseiteschob und hinauslugte, um dort die bärtige Gestalt Manius Maiors zu erspähen. Rasch wurde nun Platz gemacht und der Knabe fiel dem Rückkehrer um den Hals voll von Erleichterung, ein weiteres Mal dem Waisentum entgangen zu sein.
"Vater, wird nun alles gut?"
fragte er, da im Laufe der Einsamkeit mit dem fiebrigen Onkel die Hypothese in ihm gereift war, Mantua mochte das finale Ziel und Aurelius Ursus ihr Hüter werden, welcher die Familie vor dem grausigen Zugriff des Vescularius bewahren würde.