Beiträge von Claudia Romana

    Sabinus – wenn das Sabinus war; Marcellus hatte mit seinem Misstrauen Romana etwas angesteckt – hatte, seit er ein Kind war, ordentlich zugelegt. Es war ein Zeichen von Genusssucht, welches einem Römer nicht gut zu Gesichte stand. Ein wahrer Sohn der besten Stadt der Welt hatte gewisse Kriterien zu erfüllen in Romanas Augen; sie mochten unerfüllbar sein von allen Männern außer ihrem Vater, und gerade deshalb war sie froh, dass es ihr als Vestalin verboten war, zu heiraten. Wäre sie nicht ins Atrium Vestae gekommen, so hätte ihr Vater sie an einem Mann verheiratet, den sie ziemlich sicher als ihrer nicht würdig befunden hätte. Denn ja, Romana war insofern typische Claudierin insofern als dass sie durchaus eingebildet war. So wie der Römer über den Barbaren stand, stand der Claudier über dem typischen Römer. Nun, dies galt nun auch für Sabinus, der sich nun Marcellus gegenüber vorstellte, und seinen Fehler berichtigte. Nicht aus Antiochia war er, sondern aus Alexandria, nicht dass Romana es für vorstellbar befand dass zwischen diesen zwei Orten sonderlich viel Unterschied bestand, beides griechische Außenposten in einem götterverlassenen Land im Osten.


    Sabinus wandte sich an sie, und er nannte ihren Namen. Natürlich war das kein Beweis – immerhin war sie als Vestalin so etwas wie eine öffentliche Figur - aber etwas in der Art und Weise, wie er sie ansprach, zerstreute ihre Bedenken darüber, dass der Mann nicht ihr Cousin war. Irgendwie erinnerte er Romana an Tante Macerina. Vielleicht seine Augenbrauen und sein Mund, vielleicht seine patrizische Art, sein so offensichtlich teurer Geschmack. Ihrem weiblichen Auge entging nicht, was Marcellus vielleicht nicht unbedingt auffiel; die besonders exquisite Qualität des Gürtels, eine besonders raffinierte Falte in den Gewändern, der Hang dazu mit fortlaufendem Alter in die Breite zu gehen. Romanas Lächeln wurde etwas ehrlicher als vorher. „Cousin Sabinus. Das letzte Mal, dass ich dich gesehen habe, warst du noch ein Kind. Willkommen zurück zuhause“, machte sie mit ihrer ihr eigenen rauchigen Stimme, die um einiges älter klang als Anfang 30.


    Marcellus übernahm nun das Wort. Er erklärte in kurzen bündigen Worten, was vorgefallen war, und Romana nickte nur grave. Ihren Augen musste der tief sitzende Schmerz über den Tod ihres Vaters anzusehen sein. Sabinus konnte sich vielleicht erinnern, dass Romana schon als kleines Mädchen furchtbar an ihrem Vater gehangen hatte. Wie sehr hatte ihre Liebe zu ihrem Vater ihr Leben gezeichnet! Ihr freiwilliger Eintritt bei den Vestalinnen war nicht bloß ihrer religiösen Überzeugung geschuldet, sondern auch ihrem Willen, ihrem Vater eine Vorzeigetochter zu sein. Eine Tochter, die in öffentlichen Angelegenheiten – wo Frauen üblicherweise kaum brillieren konnten – den Namen der Gens Claudia hochhalten konnte. Der Verlust war so massiv, dass Romana sich nur mit Not davon abhalten konnte, den ganzen Tag darüber nachzudenken.


    Marcellus hatte es freilich nicht leicht, dachte sie sich. Sie wusste zumindest, wo ihr Vater war. Marcellus wusste das nicht. Galeo, dachte sie sich, wo bist du! Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihr unverwüstlicher Bruder tot war. Aber eine andere Möglichkeit lag kaum auf der Hand.


    Ihr Blick wanderte noch einmal kurz zur Barbarin, mit einem misstrauischen Blick – würde die Germanin jählings zur Berserkerin mutieren? – bevor sie wieder zu Sabinus schaute, mit einem bejahenden Blick. „Es tut mir Leid, dass wir dich nicht unteren froheren Umständen begrüßen können“, fügte sie Marcellus‘ Worten hinzu. „Doch dein Besuch verschafft uns Freude in diesen schwierigen Zeiten. Sag, Cousin, was hat dich nach Rom gezogen?“ Wer es das Heimweh? Sie würde es ihm nicht verübeln können, denn in Rom war es am Besten.

    Was genau Romana heute in die Villa, in der sie aufgewachsen war, verschlagen hatte, würde sie vielleicht selber nicht so richtig beantworten können. Ihr Zuhause, das war das Atrium Vestae; sie hatte zwar noch immer ihr Zimmer in der Villa – warum denn nicht, stand sie doch weitestgehend leer – doch wenn sie hier war, war sie nicht daheim. Sie war ein Gast. Wenn sie mit sich ehrlich war, war sie hier aus keinem besseren Grund, als dass sie hier die Nähe ihres Vaters verspürte.


    Romana hatte ihren Vater abgöttisch geliebt, und die Nachricht über seinen Tod, und die Art seines Todes gleich gar, hatte sie am Boden zerstört. Ihr Vater war ihr ein und alles gewesen, die Quelle ihrer Stärke, der Beste aller Römer. Und jetzt… jetzt war er tot. Natürlich hatte Romana schon immer gewusst, dass er eines Tages sterben würde, doch selbst diese Gewissheit hatte sie nicht darauf vorbereitet. Mit Ungemach in ihrem Bauch erinnerte sie sich daran, welche absurden Gedanken sich in ihrem Hirn getollt hatten, als sie damals in die Villa gekommen war, um den Leichnam ihres Vaters zu sehen; sie hatte noch insgeheim erhofft, man hätte ihr einen Streich gespielt, und ihr Vater würde sie mit einer seiner typischen kräftigen Umarmungen empfangen. Natürlich war das Unsinn. Menecrates war ein ernsthafter aber gütiger Mensch gewesen, ein wahrer Römer, der sich nie für solche Scherze einspannen lassen hätte. Nein, das einzige, was dieser Tag gebracht hatte, war Entsetzen, Tränen, und, ja, Wut.


    Er war tot, und Romana fühlte sich so allein wie noch nie vorher in ihrem Leben. Daran änderte auch die Präsenz ihres Neffen Marcellus nicht, der Sohn von Galeo. Galeo, auch der Gedanke an ihn jagte ihr einen Stich durch den Herzen. Niemand wusste, wo ihr älterer Bruder war. Vielleicht lag ja ein Fluch auf der Gens Claudia, auch wenn Romana nicht wusste, was genau die Ursache sein könnte. Hatten die Claudier nicht immer gemäß der Mos Maiorum gehandelt, hatten sie nicht fromm die Götter respektiert? Die Antwort darauf zu wissen wäre eigentlich das Metier einer Vestalin, aber sie stand auf dem Schlauch.


    Und so saß sie hier, Marcellus gegenüber, und sie schwiegen sich an, um Worte ringend. Marcellus sah so aus, als ob er gerade etwas sagen wollte, da wurde die Ankunft eines Claudiers gemeldet. Sabinus? Romana runzelte ihre Stirn auf Marcellus‘ Frage. Ein inneres Bild erschien vor ihr, das eines kleinen kugelrunden Dreikäsehochs, damals vor fast 30 Jahren, als sie selber bloß ein Kind gewesen war. „Du hast recht, Marcellus. Das ist der Sohn von Onkel Constantius“, konstatierte sie. „Und ja, er lebt… oder lebte… in Aegyptus.“ Was genau ein Römer in jenem Land verloren hatte, entzog sich ihrer Kenntnis. Natürlich, Legionen mussten dort sein, um die Einheimischen zu unterjochen, aber Romana würde sich nie an einer Absenz aus ihrer italienischen Heimat erfreuen können. Soweit sie wusste, war Sabinus bloß nach Alexandria emigriert, um dort auf Juhe zu gehen. Er war also wieder hier, in Rom?


    Sie erhob sich, und folgte Marcellus ins Peristyl, wo der Ankömmling stand. Sie versuchte in ihn den rundlichen Knaben von damals wieder zu erblicken, doch viel zu viele Jahre waren ins Land gegangen. „Salve, Sabinus“, machte sie mit einem freundlichen Lächeln, das ihre Augen nicht gänzlich erreichte, und schaute auf Marcellus, der davon begann, von Antiochia zu reden. Sie benötigte eine Sekunde, um zu erkennen, dass das ein kleiner Test von Marcellus war. Über alle Zweifel würde das Bestehen dieser Prüfung den Mann vor ihnen nicht erheben, aber Romana hielt in ihrem Hirn bereits schon die Namen aller Kinder ihres Onkels Constantius parat. Darunter befanden sich, wiederum, Leute, die Romana gerne hier in Rom hätte; geschätzte Cousins und Cousinen, mit denen Romana hierin dieser Villa aufgewachsen war.


    Aus den Augenwinkeln bemerkte sie eine blonde Sklavin. Eld-irgendwas. Sie war Marcellus‘ kleines Spielzeug, wenn sie die Lage recht verstanden hatte. Sie konnte nur hoffen, dass sie ihren Neffen nicht davon abhielt, eine ordentliche Römerin zu heiraten. Und auch, dass sie nicht beschloss, durch irgendeine unfassbare Barbarei den Namen der Gens Claudia der Lächerlichkeit preis zu geben. Denn diese Germanen waren unberechenbar und, anders als tugendhafte Römer, geleitet von ihren Instinkten. Und für Germaninnen mochte das vermutlich gleich im erhöhten Maße gelten.

    Nach Absprache soll Titus Claudius Sabinus der Sohn von Marcus Claudius Constantius und Amilia Macerina werden. Das macht ihn, als Enkel des Senators Claudius Macrinius, zu einem Angehörigen des Ordo Senatorius.

    In diesem Fall ist ja alles geklärt! Wir haben im Familienrat 3/3 für deine Aufnahme gestimmt, und somit heissen wir dich sehr herzlich in der Gens Claudia willkommen!


    Wie alt stellst du dir Tiberius vor? Damit ich weiss, wo ich dir einen Platz im Stammbaum empfehlen kann :)

    Wenn Romana ehrlich war, waren Marcus und Livineia… nicht ganz Gesellschaft zweiter Wahl, aber innerhalb der Gens Claudia gäbe es andere Leute, die Romana auch ganz gerne gesehen hätte. Dass sie nicht hier waren, bedrückte sie, doch dagegen konnte nichts getan werden – und Livineia und Marcus waren doch ebenfalls zwei Leute die sie sehr lieb hatte. Nur war es ein wenig schwierig, sie nicht als Kinder zu sehen, denn so hatte Romana sie vorrangig in Erinnerung. Ja, die beiden Geschwister waren nunmehr erwachsen, auch wenn böse Zungen behaupten konnten, dass sie das sehr spät geworden waren. Dennoch, Romana kam nicht umhin, die beiden zu betrachten wie zwei Jungvögel, die aus ihrem Nest herausgefallen waren und nun umständlich herumtapsten. Für Romana war immer ihr Vater, Menecrates, eine Quelle der Stärke gewesen, und sie fühlte sich nun bemüßigt, die selbe Rolle für Marcus und Livineia spielen zu müssen – die der weisen Tante, welche die beiden Küken aufnahm und hegen würde, bis sie flügge waren. Der plötzliche mütterliche Instinkt, den Romana sonst aus verständlichen Gründen nie bemerkte, befremdete sie ein wenig, aber wenn Galeo nicht hier war, und auch Vater nicht – wer, wenn nicht sie?


    Livineias Versprechen ließ Romana lächeln. Die Vestalin war insgeheim eine Naschkatze, auch wenn sie Sorge trag, es nicht zu übertreiben. Denn in die Breite wuchs man schneller, als man es sich denken konnte! „Das klingt gut! Ich bringe Hunger mit“, machte Romana, und fragte sich, ob sie sonst etwas noch hätte mitbringen sollen. Eine Flasche Wein war gewiss üblich, doch gleich zum Frühstück? Etwas, was sie in rauen Mengen hatte, war Mola Salsa – die miserabel schmeckenden Spreuweizenpuffs, die bei Opfern benutzt wurden – aber wer Mola Salsa zum Frühstück aß dem konnte auch nicht mehr geholfen werden.


    Romana runzelte die Stirn über Livineias Bemerkung, als sie sich in den Garten in Bewegung setzten. Sie beschloss, dies als Aufforderung zu einer Gegeneinladung anzusehen. „Hach ja, Livineia, dich muss ich auch in das Atrium Vestae einladen, du wirst meine vestalischen Schwestern sicher sehr mögen“, hoffte sie. Marcus konnte sie ja aus ersichtlichen Gründen nicht mitbringen; ein kaiserlicher Dispens war nötig, um einen Mann ins Atrium zu holen.


    Romana blickte sich im Hortus um. Sehr viele schöne Kindheitserinnerungen waren damit verbunden. Sie hatte schon immer Pflanzen geliebt, und ihre ältesten Erinnerungen bestanden darinnen, wie sie im Gras der Villa Claudia umhergetapst war, und weiter hinten in den Himbeersträuchern Abenteuer erlebt hatte. Ein Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. „Der Hortus ist schön wie immer“, rief sie aus, als sie sich hinsetzte und Marcus zunickte. „Wachteln, das werde ich mir nicht entgehen lassen“, machte sie und nahm sich eine der vorgelegten Köstlichkeiten.


    Sie merkte auf, als Marcus begann, vom Cursus Honorum zu reden. Dies zu durchschreiten sah sie als Pflicht an für jeden Claudier. Wäre sie als Mann geboren worden, so hätte sie dies auf jeden Fall getan. Aber das war sie nicht, und so fiel diese Rolle an Marcus – auch wenn Romana sich einbildete, auf ihre eigene Karriere sehr stolz sein zu können.


    „Vigintivir! Welche gute Nachrichten!“, sprudelte es aus ihr heraus, und sie gebat ihrer Stimme Einhalt. „Das ist… genau das, was deine Vorfahren von dir erwarten würden. Dein Großvater ist ein exzellenter Politiker, er wird dich weise auf diesem Pfad führen können. Sag mir, als welche Art von Vigintivir hast du vor, zu kandidieren?“ Möglicherweise hatte sich Marcus noch nicht so viele Gedanken darüber gemacht – darin war Romana ihm einen schritt zuvor, denn sie hatte schon lange feste Meinungen zum Cursus Honorum!

    Danke für die Antwort! Ich schätze, wenn Romana damals, als sie Salinator angekeift hat 18, 19 oder Anfang 20 war, geht das gerade noch hin. Sie ist halt auch kein totaler Jungspund mehr ^^


    Und ja, ich weiß, bei der Zeitdilation im IR würden selbst Einstein die Ohren schlackern :D Daran muss ich mich auch erst wieder ein bisschen gewöhnen.

    Romana mochte den Mercatus Urbi nicht, sie war sie kein sonderlich kommerziell gesinnter Mensch, und frisch fröhlich auf Shoppingtour zu gehen war nicht ihr Metier. Doch anscheinend war dem Atrium Vestae das Salz ausgegangen, dass die Vestalinnen zur Vorbereitung der Mola Salsa brauchen, und kurzentschlossen hatte die Vestalis Maxima Claudia Romana zum Mercatus Urbi geschickt, zusammen mit ein paar Bediensteten der Vestalinnen, um dort ein Fass Salz zu beschaffen und ins vestalische Atrium zu bringen.


    Es war nicht die Intention der, wie üblich, in voller vestalischen Montur ausgestatteten Patrizierin gewesen, über den Sklavenmarkt zu gehen, doch hatte Marcus Manilius Mancinus, ihr Liktor, ihr zugesteckt, dass man über diese Route am schnellsten zum besten Salzhändler kam. Also presste die schlaksige Vestalin ihre Lippen zusammen und hastete, schnellen Schrittes, durch das menschliche Elend, welches der Sklavenmarkt darstellte. Nein, Romana war nicht gegen Sklaverei, genau so wenig, wie sie gegen Würste war – dennoch ging sie nicht in Fleischereien, um zuzusehen, wie jene hergestellt wurden.


    Ein Anblick jedoch ließ sie in ihren Schritten inne machen. Ein furchtbarer, grauenvoller Mummenschanz entspannte sich vor ihr. Romana war – und sie war stolz darauf – eine Frau, die fest in den Moralitäten von gestern verfestigt war. Wenn etwas nicht gutgeheißen worden wäre in der Zeit der Könige, so war das nichts wert. Innovationen waren manchmal erforderlich – die Legionen des Marius waren notwendig, um die römische Sendung, die Völker hart aber weise zu lenken, zu erfüllen – doch das, was der einschlägig bekannte Sklavenhändler Titus Tranquillus hier aufführte, schlug dem Fass den Boden aus.


    Mit großen, verständnislosen Augen glotzte sie, als eine Sklavin erst ihre sexuelle Schaffenskraft heraustrompetete, und sich dann auch noch vollständig auszog, um ihre weiblichen Körperteile vorzuzeigen. Romana hielt ihre Hände vors Gesicht, wie geblendet von einem Blitz.


    „Schande!“, rief die Vestalin in ihrer für einer Frau ungewöhnlich tiefen, und relativ resonanten, Stimme. „Oh tempora, oh mores!“ Sie hatte durchaus einen Hang zur Dramatik, besonders, wenn sie etwas sah, dass in ihren Augen den Ruin Roms nur beschleunigen konnte. „Ist denn niemand hier, der diesem unsäglichen Tun einen Riegel vorschieben will?“ Vor Wut kochend, drehte sie sich auf den Fersen um, und eilte, mit ihrem Gefolge im Schlepptau, schleunigst vom Sklavenmarkt hinfort.

    Mustergültig war Romana nicht, und das wusste sie auch, dennoch, eine geringe Meinung von sich selber hatte sie nicht. Für eine Vestalin gehörte ein gewisses Selbstbewusstsein dazu. Es war ein Leben voller Pflichten, Privilegien, Sonderbarkeiten. Sie stand stark außerhalb dessen, was für eine römische Frau typisch war - die ewige Suche nach dem Ehemann, das Katzbuckeln unter demselben sobald man ihn gefunden hatte… das Gebären von Kindern. Üblich für eine Vestalin, die das Keuschheitsgebot gebrochen hatte, war das lebendige Begraben, doch eine viel größere Strafe als das würde es für sie sein, eine Schar von Kindern um sich hopsend zu haben, tagein, tagaus. Nicht, dass sie Kinder nicht mochte, es war nett, mit einem kleinen Neffen oder einer kleinen Nichte eine halbe Stunde herumzualbern, doch dann wurde es Zeit, selbige wieder den Eltern angedeihen zu lassen, denn danach war die Luft raus. Doch Romana würde nie freiwillig jemanden anvertrauen, dass dieser Aspekt die Jungfräulichkeit relativ wünschenswert machte. Es war ja nicht so, dass sie tadellos war. Sie hatte schon Männern hinterhergeschaut. Einige hatte ihr über einen längeren Zeitraum hinweg gefallen. Bei zwei oder drei hatte sie sich sogar vorgestellt, wie nett es sein würde, ihnen beizuliegen… Gefühle und Gedanken erlaubte sie sich, doch nie eine Reaktion darauf.


    Dass Romana ihren Neffen zuerst grüßte, war ein wenig mehr als nur zufällig. Sie war, instinktiv, ein Familientier – und ein Mann hatte in einer Familie einfach mehr wert als eine Frau. Es sei denn, jene Frau war Vestalin, doch selbst sie konnte ihre Karriere nur in eine Richtung lenken, dem Dienst an den Göttern. Marcellus standen Türe und Tore offen, auch wenn sie ihn für etwas unangetrieben hielt – darauf müsste sie noch zu sprechen kommen. Livineia hingegen, nun, sie war schon über 20 und noch nicht verheiratet. Jeder einzelne Tag, an den dieser Zustand andauerte, schmälerte ihren Wert für die Familie. Ein paar wenige Jahre nur noch, und Livineia musste sich auf ein Leben als alte Jungfer einstellen, und das ohne dass sie eine Vestalin wäre! Dass Galeo, der beste ihrer Brüder – Lucius war ein ungeliebter Nichtsnutz, und Marcus war leider allzu jung gestorben – da nichts vorantrieb, war enttäuschend, denn Romana hielt sich nicht für eine gute Kupplerin – doch lieber würde sie sich in diesem lächerlichen Handwerk versuchen als Livineia, und damit der Gens Claudia, solch einer Schande preiszugeben.


    „Euer Großvater ist nicht hier? Oh…“, machte Romana, und Betroffenheit schlich sich über ihr Gesicht. Sie verehrte ihren Vater – ihren biologischen Vater; die legale Fiktion, dass der Vater der Vestalinnen der Kaiser war, existierte zwar, doch würde er nie den Wert, den Menecrates in Romanas Herz hatte, schmälern. Für sie war er der edelste Mensch, den Rom je hervorgebracht hatte, und kein anderer Mann würde sich je an ihm messen können. Ein weiterer Grund, nie zu heiraten.


    „Ahh, Galeo ist bei unseren Großeltern, ich bin sicher dass sie sich über die Gesellschaft freuen!“, entgegnete sie freundlich zu Livineia, die ihre innere Genervtheit gut genug übertünchte, um sie vor ihrer Tante zu verstecken.


    „Das sehe ich“, versetzte sie, wiederum zu Marcellus, die Augenbrauen runzelnd. „Das sehe ich ja.“ Sie ließ ihren Blick über das Atrium wandern, mit seinen Säulen, Mosaiken und Statuen. Furchtbar überdimensioniert für zwei oder drei Claudier. Sie ließ ihren Blick senken, kurz in Gedanken vertieft über den Gang des Schicksals. War dies alles, was der Gens geblieben ist? Wo waren Kaiser Claudius und Tiberius? Sie schüttelte den Gedanken ab.


    „Frühstück! Welch wohltuendes Wort, gehen wir doch!“, lächelte Romana, mit wachsender Entschlossenheit, nicht weiterzumachen wie noch bis zu diesem Tag.

    Frage zu deinem letzten Satz, wie lange ist in Game der Bürgerkrieg her? Ich kann mich erinnern dass ich mich anno dazumal mit meiner id mit Salinator gefetzt habe, zu einer Zeit wo Romana schon aufgehört hat ein Mädchen zu sein - und ich habe auch durchaus vor, simon damit zu prahlen :P Romana sollte aber vom Alter her Anfang bis Mitte 30, nicht 80 sein :D geht das zeitlich ok, ist das zu lange her, oder ist es im Grunde genommen Wurscht?

    Draußen vor der Porta hielt eine Sänfte, getragen von zwei Pferden, eines hinten und eines vorne, an. Geführt wurde die Sänfte von einem jungen, nicht sehr ansehnlichen Liktor, der mit einem Rutenbündel in der Hand sich seinen Weg durch die vollen Straßen Roms gebahnt hatte. Der Sänfte entstieg zuerst eine Sklavin, ausgestattet mit Wachstafel und einem merkwürdig geistig abwesenden Gesichtsausdruck, und dann eine Frau, offensichtlich ihre Besitzerin.


    Sie war von bemerkenswert großer Statur, eingekleidet in der Tracht der Vestalinnen, das Haar kunstvoll zur voluminösen Haartracht der Vestalinnen, den seni crines, hochgesteckt. Ein blasses Gesicht, ein dünner Mund, eine aquiline Römernase, seelenvolle große Augen. Die Frau drehte ihre Schultern kurz, als ob sie regelrecht eingerostet wären, holte tief Atem, und betrat die Villa der Gens Claudia. Ihr Zuhause. Ihre Geburtsstätte. Claudia Romana war daheim angekommen.


    Es war schon einige Zeit her, dass sich Romana das letzte Mal in die Villa zurückbegeben hatte. Es war so viel passiert. Sie hatte sich zurückgezogen in die Arbeit, die im Atrium Vestae angefallen war, während die Welt draußen dich weitergedreht hatte. Ihr Freundeskreis, mühsam aufgebaut und heiß geliebt, hatte sich in die Winde verflogen. Geschätzte Freundinnen waren im Kinderbett verstorben, oder an der Grippe, oder einfach verschollen. Wie Germanica Calvena, welche seit dem Beginn des unseligen Bürgerkriegs niemand mehr gesehen hatte. Dies hatte ihr einen besonderen Schlag versetzt. Anders als sie hätten kaum zwei Frauen sein können, doch war sie ihre liebste und älteste Freundin gewesen. Viel zu viele Mitglieder ihrer Familie waren auch verstorben, oder in den Äther verschwunden, ganz als ob der Orcus selber sie verschluckt hätte.


    Die einzige ihrer Freundinnen aus dieser Zeit, die ihr wirklich geblieben waren, war Lartia Restituta, und das wohl weil sie ebenfalls Vestalin war, und sie sich jeden Tag sahen. Dieser Lebenswandel machte Romana zu einer effektiven, hingebungsvollen Vestalin, doch ein gesundes, ausgewogenes Leben sah anders aus. Kurz entschlossen hatte sie also einen Brief an die Villa gesandt, mit der „Vorwarnung“, dass sie in drei Tagen zum Frühstück erscheinen würde. Es galt auf jeden Fall, wieder einmal Familienbande zu pflegen.


    Nachdem sie durch die Türe ins Atrium eingetreten war, gefolgt von ihrer Leibsklavin und ihrem Liktor, erblickte sie sofort ihren Neffen Marcellus, und ihre Nichte Livineia. Ein freundliches Lächeln, reserviert für Familienmitglieder, die sich einige Zeit nicht mehr gesehen hatten, erschien auf ihrem Gesicht.


    „Salvete!“, machte sie als Begrüßung. Dies waren die Kinder von Galeo, dachte sie sich. Sie hatte gehofft ihren älteren Bruder in der Villa Claudia anzutreffen, doch jener war anscheinend leider nicht zugegen. Am Liebsten wäre ihr jedoch die Präsenz ihres Vaters gewesen, doch auch jener war anscheinend beschäftigt. Wie dem auch sei, sie trat auf Marcellus zu. Jener war ein groß gewachsener junger Mann, und damit in etwa gleich groß wie Romana. „Mein lieber Neffe!“, machte sie und gab ihm eine leichte Umarmung, bevor sie sich an Livineia wandte. „Livineia, wie schön, dich zu sehen“, sagte Romana mit ihrer charakteristischen dunklen Stimme in einem warmen Tonfall, und beugte sich runter, um auch ihr eine Umarmung anzugedeihen.

    Hallo, herzlichen Dank dafür :)


    Um deine Fragen zu beantworten:


    1. Ganz genau, das sind Romanas Eltern.
    2. Ich würde gerne als Sacerdos Vestalis wieder einsteigen. Dies war Romanas Amt, als sie ins Exil gegangen ist, und es ist mit ihrem Charakter imho nicht vereinbar, dass sie aus den Vestalinnen ausgeschieden ist.
    3. Siehe Nummer 2, Atrium Vestae in Rom bitte!


    Nach Absprache darf ich an die Sim-off-Verwaltung ran.

    Sollte Menecrates zurückkommen, so sollte die Sim-Off-Verwaltung aber selbstverständlich wieder an ihn gehen, bitte :)


    Ich habe einen per Artbreeder erstellten Avatar, wie komme ich an das Ticketsystem ran um den reinzusetzen? EDIT: Gefunden!

    Bitte Romana ins Exil schicken. Ich habe es schon viel zu lange vor mich hergeschoben.


    Wenn möglich, bitte sim-on an Vestalin belassen, die halt nicht viel tut.


    Parthenope bitte auch gleich ins Exil mitschicken.

    Sacerdos Vestalis Claudia Romana Vigintiviro A Tiberio Ahalae Tiberiano s.p.d.


    Ich bedanke mich herzlich für die Anteilnahme für den Tod meines verstorbenen Bruders. Deine tröstlichen Worte bedeuten mir sehr viel in diesen schweren Tagen. Ich würde gerne meinen Anteil am Erbe des Verstorbenen annehmen.


    Claudia Romana

    Serrana schien ja äußerst begeistert zu sein, dass Romana hier war, was es Romana im Grunde ihres Herzens nur noch schwerer machte, die bevorstehende Nachricht kund tun zu müssen. Aber vorerst hielt sie sich damit zurück. Die Iunierin war die Erste, die ihr ihre Kinder vorstellte. ”Laevina.” Um Romanas Lippen bildete sich ein schmales Lächeln. “Nach ihrer Urgroßmutter, nehme ich an. Sie trägt einen sehr respektablen Namen. Victorius, der Siegreiche. Ich mag die Namen.“ Ausgiebig betrachtete sie die Kinder.


    Zumindest, bis Calvena ihren Sohn präsentierte. Rufus. “Der Rothaarige...“, murmelte Romana. Da hatte Calvena wohl die Haarfarbe ihres Sohnes im Vorhinein erraten? Es wäre bei so einem Namen ja fast schon blamabel, würde der Kleine schwarzhaarig werden. Und gerade, als sie sagen wollte, auch dies fände sie einen schönen Namen, wurde ihr das Windelbündel in die Hände gedrückt.


    Es war bei jener Sekunde, dass Romana ganz anders wurde. Mit jenem ungeschickten, ungeübten Griff, mit welchen Kinderlose Kinder zu tragen pflegten, hielt sie Rufus davon ab, zu Boden zu fallen, während sie ihn anschaute, sein Gewicht in ihren Armen spüren. Was war das? Was zum Henker war das?


    Ihr drangen die Worte von Prisca an ihr Ohr. Sie wandte ihren Kopf um und versuchte sich an einem Lächeln. “Ich... trage doch gar keinen Schmuck.“ Es musste etwas verwundert klingen. Wusste nicht jeder, dass Vestalinnen keinen Schmuck trugen, aufgrund eines der vielen religiösen Verbote, die auf ihnen lasteten? Offenbar nicht. Romana senkte ihren Kopf wieder, versuchte, auszuloten.


    Nach weiteren zwei oder drei Sekunden wusste sie, was das Gefühl war. Neid. Sie beneidete Calvena. Sie beneidete Serrana. So sehr, dass ihr fast übel wurde innen drinnen. Warum ich nicht, dachte sie sich. Es war abstrus, dass sie, die glühende Vestalin, das sich dachte, aber diese Gefühle kamen in ihr auf. Es schauderte ihr davor. Sie schluckte.


    “Ähm... danke. Hier.“ Sie hielt das Kleinkind wieder zurück zu Calvena, und wartete, bis diese das Kind wieder an sich genommen hatte. Sie spürte, wie ihr die Gänsehaut kam vor lauter... war das Neid? Bei den Göttern? War es Missgönnung?


    Es war wohl jetzt an der Zeit, schnell ihren zurechtgelegten Spruch hervorzukramen. “Ich... ähm... ich muss was gestehen. Ich war nur schnell am Reinschauen. Ich war gerade am Weg zum Tempel der Luna. Die wollen mich dort haben, denn morgen ist ihr Festtag und ich glaube, mit der Mola Salsa ist was nicht in Ordnung. Zumindest habe ich das so verstanden. Das bedeutet... ich kann nicht lange bei euch bleiben. Es tut mir fürchterlich Leid! Aber ich hoffe, ihr verbringt auch ohne mich einen schönen Tag.“ Der Neid. Oh, der Neid! Sie spürte sich in ihn hinunterfressen, wie Säure, in ihre Seele. Nichts wie weg, kam ihr.


    “Zumindest habe ich eure Kinder kennen gelernt, dafür war es ja wert, zu kommen. Aber nun... nun muss ich wirklich gehen. Sonst machen die Aeditui der Luna noch einen gewaltigen Terz...“

    Romana nickte. “Ja. So ist es. Der Zorn der Götter war immens.“ Warum denn auch nicht? Wie sollte denn eine Göttin reagieren, wenn auf ihrem Heiligtum ohne großes Federlesen herumgepoppt wurde, als ginge es darum, eine Herde von Kaninchen auszustechen? Nein, das ging nicht an. Livineias ungehaltene Worte, welche fast wie ein ungläubiges Ächzen, in Worte verpackt, klang, ließ Romana über sich ergehen, wie ein Fels die Brandung über sich ergehen ließ. Livineia redete sich in Rage. Das kannte sie. Das kannte sie sehr gut von sich. Ihr kam der Verdacht, dass sie und ihre Nichte sich in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich waren.


    Im Grunde war es nämlich das, was sie gedacht hatte. Corvinus hatte eine schauderhafte Vorstellung dabei geliefert, seine Frau vom Übel zu beschützen. Es war vielleicht ein Segen, dass die Verbindung zwischen ihm und ihrer Adoptivschwester nicht zustande gekommen ist. Dass Celerina sich umgebracht hatte, das rief in Romana ohnehin die Geschichte von Lucretia ins Gedächtnis. War dies auch so ein Fall? Denn es war nicht nur eine bloße Vergewaltigung, es war ein Frevel. Doch was, wenn sie wirklich mit diesem Sklaven da freiwillig...? Es wäre, als ob man versuchte, seinen eigenen Arbeitstisch zu vergewaltigen. Wobei, wenn dieser Arbeitstisch die Utensilien hätte, die einen Mann auszeichneten, einen wahren Mann von... jetzt hör mal auf, Romi, zischte eine scharfe Stimme in ihr, der Romana auch gehorchte.


    Sie unterdrückte ein Schmunzeln, als Livineia sich ereiferte darüber, dass ein Verwandter von Celerina (Romana war sie, als sie sie damals getroffen hatte, wie gesagt, nicht wie eine Frevlerin vorgekommen) in den Untersuchungen beteiligt war. “Ja, das stimmt natürlich. Aber diese Flavier... nun ja... sie machen ohnehin, was sie wollen.“ Sie seufzte. “Den Platz, den der Aurelius hinterlassen hatte, den haben sie auch prompt mit einem weiteren Flavier besetzt. Einem Typen, dem ich persönlich es kaum zutrauen würde, auch nur einen Tempel in der Provinz zu verwalten... naja. Fast hat man das Gefühl, es gälte heute mehr, ein Flavius zu sein als aus der Gens Claudia!“ Was unerhört war. Denn was waren die Ahnen dieses sogenannten Kaisergeschlechtes gewesen? Bauern vom Land! Und in den Claudiern floss das Blut von Helden, Halbgöttern und Kaisern! Schien heute alles total wurscht zu sein. Nicht, dass Romana etwas gegen Plebejer hatte. Sie hatte viele plebejische Freunde. Es waren ja alles Römer. Aber in ihr drinnen herrschte doch ein gewisses elitistisches Denken vor: als Patrizierin konnte sie auch nicht aus ihrer Haut.


    Morrigan derweil bot noch etwas Wein an. Mit einer langsamen Geste streckte sie den Arm, in dem sie den Becher hielt, zur Perserin hin aus. “Ja, füll ein“, sagte sie, dabei schaute sie die Sklavin nicht einmal an.

    Sim-Off:

    Am Besten spielt das vor dem Anschlag der Christen auf Romana: der Plot ist ja noch nicht abgeschlossen. ;)


    Konnte es sein, dass sie leicht verspätet war? Es wäre glatt möglich. Auch wenn Romana sich bemühte, ihre Termine einzuhalten—Zeitmessung war halt schwierig. Besonders, da sie sich in der letzten Sekunde doch noch entschieden hatte, zu Fuß zu gehen, begleitet von ihrem Liktor, der nun draußen Daumen drehen konnte. Sie wollte nicht prätentiös erscheinen, nicht als verwöhntes Patrizierkind, nicht als abgehobene Vestalin. Hier, unter ihren liebsten Freundinnen, wollte sie normal sein. Zumindest zu diesem Zeitpunkt.


    Ein Sklave wies sie durchs Haus. Er machte Anstalten, sie anzukündigen, aber Romana scheuchte ihn weg. Sie brauchte keine Fanfaren und Ankündigungen. Schon so hatte sie... ja... Präsenz genug.


    Als sie ins Tablinium eintrat, atmete sie dann doch auf. Es waren erst drei hier. Calvena, Serrana und Prisca! Na, das war ja was! “Salvete, ihr drei!“, machte sie. Ihre Stimme, gravitätsvoll und tief, kündete von ihrer Anwesenheit, ohne dass sich eine der dreien umdrehen musste.


    Sie schritt auf die Damenrunde zu und hätte sich am Liebsten erst einmal gleich auf Calvena geworfen, um sie mit ihren Armen zu erdrücken. Aber das ging nicht. Denn in ihren Armen... und auch in Serranas... “Mei, wie lieb“, entfuhr es Romana, nach keinerlei Maßstäben eine besondere Kinderglucke. Das hohe, verzückte Gesäusel, in das diverse Leute, insbesondere Geschlechtsgenossinnen, ausbrochen, wenn sie so einen Winzling sahen, tat ihr in den Ohren weh. Dennoch, putzig waren die Kinder ihrer beiden Freundinnen. Sie ergriff Calvena, aus Mangel einer Alternative, an den Schultern und gab ihr zwei freundschaftliche Küsse auf die Wange. Es war zwar ziemlich neumodisch, so etwas zu tun, und Neumodischkeit war wirklich nichts, was man mit Romana, die öfters mit ihren Gedanken im Gedankengut von schon lange vergangenen Zeiten festzustecken schien, in Verbindung bringen konnte. Aber, wie gesagt, eine Alternative bot sich ihr nicht. Das selbe bei Serrana, Bussi, Bussi. Nur bei Prisca war sie unschlüssig. Nun fein, sie hatte sie auf ihre Hochzeit eingeladen. Was war da als Begrüßung angemessen? Prisca könnte sich beleidigt fühlen, wenn sie nicht die selbe Begrüßung erfuhr wie Calvena oder Serrana. Also fein. An die Schultern mit den Händen, zwei Küsschen – aber diese nur gehaucht und eher Luftküsse.


    Dann trat sie wieder zurück und setzte ein Schmunzeln auf. “Das sind ja ganz prächtige Kinder, die ihr beiden da habt. Wie sind denn ihre Namen?“, machte sie zu Serrana und Calvena hin, während sie einen kurzen Blick auf die beiden warf. Serrana hatte sich extrem gut gehalten. Sie schaute mehr oder minder so aus wie schon immer. Weniger mädchenhaft vielleicht. Calvena jedoch war eindeutig gealtert. Der bisschen Speck stand ihr, wie sie fand, sehr gut—wer mochte denn magere Schreckschrauben? Nicht, dass Calvena vorher eine gewesen wäre, nein, nein, eh nicht. Wenn sie, Romana, sich selber betrachtete... sie war gealtert. Trotz Mangel an Schwangerschaft. Ihre oft harte Arbeit zehrte an ihr. Sie war kein blutjunges Mädchen mehr. Leider.


    Bei alledem war es, wenn man Romanas Geringschätzung für Sklaven kannte, im Übrigen kein Wunder, dass die Claudierin dem Sklaven keinen Blick schenkte. Warum denn auch?

    “Ja. Klar.“ Romanas Grinsen war ein wenig verzogen. Ohne Lupercal keine Lupercale, ohne Lupercale keine Lupercalien. Nun ja, sie war jetzt doch wohl ein Stadtkind geworden auf ihre alten Tage. Ein richtiges Stadtkind, das dachte, Rom wäre die ganze Welt. Globale SPQR-Osmose. Wenig hatte sie noch von dem eher ländlich geprägten Mädchen, welches von Etrurien hierher nach Rom gekommen war, um Vestalin zu werden. Wie lang war das schon her? Jahre! Romana wollte gar nicht daran denken. Damals in Clusium, tja, da hatte es auch kein Lupercal gegeben. „Ein“ Lupercal zu sagen, war sowieso daneben, da es implizierte, es gäbe mehrere. Es gab nur ein einziges.


    Romana fiel gar nicht ein, dass so eine Aussage von einer wie ihr sehr seltsam klingen musste, denn egal, was hier passierte, es war römisch. Wäre dieses Fest orientalischen Ursprungs gewesen, und hätten die Halbnackten hier durch ihr Herumgerenne Serapis oder Baal gefeiert, dann hätte Romana über die bloße Tatsache, dass in Rom so etwas erlaubt wurde, gewütet, dass die Wände buchstäblich gewackelt wären.


    Doch alleine durch seine römischen Wurzeln erntete das Fest Romanas Zuspruch, denn für die Claudia war alles, was urrömisch war, automatisch hehr und achtbar. So wie dies auch für die Vestalia zutraf. Sie entgegnete die Frage Axillas mit einem erstaunten Blick. Wie immer, wenn sich Verwunderung in ihrem Blick widerspiegelte, blinzelte sie ziemlich stark, als ob sie etwas in den Augen hätte.


    “Nnn... nein. Bei der Vestalia kommen alle Matronen Roms zum Tempel der Vesta und opfern ihr Speisen. Und zwar vor der Repräsentierung der Vesta auf Erden, der Fla...“ Romana hielt in der Mitte des Wortes inne. Blickte hinauf. Blinzelte. Wandte sich an die Lartierin, die noch immer neben ihr stand. “Verfl...“, sie verbiss sich einen Fluch. Schnell wirbelte sie wieder zu Axilla hin. “Du, Axilla, das tut mir jetzt fürchterlich Leid! Ganz entsetzlich Leid! Aber ich glaube, ich habe jetzt gleich Feuerwache... und das kann ich nicht versäumen. Ich muss jetzt ganz schnell weg.“ Die Tatsache, dass es im alten Rom keine exakten Zeitmessgeräte gab, und Romana die Zeit nur anhand des Standes der Sonne erahnen konnte, musste in Kombination mit Romanas leicht panischer Reaktion davon zeugen, dass die zeitliche Knappheit überaus brisant war und Romana hier, im Gespräch mit der sympathischen Iunia, die Zeit komplett vergessen hatte. “Ich muss jetzt wirklich weg. Valete!“, verabschiedete sie sich.


    Restituta blickte Romana nach, wie diese hastig wegeilte, und seufzte dann. “Olle Schussel“, machte sie leise und mit einem recht vergnügten Lächeln, bevor sie sich Axilla zuwandte. “Nun denn, werte Iunia, ich hoffe, dir macht es nichts aus, wenn ich nun auch gehe, ich glaube, ich habe für heute genug Urrömisches gehabt.“ Ihr Grinsen wurde noch ein wenig breiter; Axilla war beileibe nicht die einzige, die sich wegen Romanas eingefahrener Ansichten wunderte. „Es war aber sehr nett, dich kennen gelernt zu haben,und vielleicht trifft man sich ja auch mal wieder.“ Sie nickte einmal freundlich. “Vale und einen schönen Tag noch.“ Dann wandte sich Lartia Restituta gemächlich um und suchte ihren Weg durch die sich schon lichtende Menschenmenge hinfort.