Der Klang ihres eigenen Namens irritierte Cara. Nicht, weil sie ihn das erste Mal aus Decimus Mund hörte, sondern weil sie es erstmals bewusst wahrnahm und spürte, wie die Distanz zwischen zwei Menschen mühelos dahin schmolz und an ihre Stelle ein instinktives Vertrauen trat. Die junge Iulia war so erstaunt und fasziniert von dieser Entdeckung, dass sie die Antwort des Mannes an ihrer Seite nur zur Hälfte mit bekam. Als die letzten paar Takte in ihr Bewusstsein drangen, beeilte sie sich das Gesagte zu rekonstruieren. Mit eher mäßigem Erfolg. Zumindest die letzten anderthalb Sätze blieben ihr.
Zunächst regte sich leiser Widerstand in ihr. Die Bilder verbannen? Gedanken an die Toten, etwa an ihren Vater, unterdrücken? Das erschien der jungen Iulia Unrecht zu sein. Wozu hielt man sonst den Totenkult aufrecht?! Sie erkannte ihren eigenen Fehler, als sie zu einer Antwort ansetzen wollte, die Stirn kritisch in Falten gelegt. Es ging hier darum, lieber den einst lebenden Menschen in Erinnerung hoch zu halten. Cara schloss ihre Lippen, ohne das ein Wort darüber gesprungen wäre und stützte das Kinn beruhigt auf ihre Knie. Das klang logisch, positiv und sie hatte dem nichts weiter hinzuzufügen. Überhaupt, was waren das für düstere Gedanken an ihrem Geburtstag? Oder zumindest Nach-Geburtstag. 18 Winter. Eine lange Zeit. Sie war erwachsen und dennoch fühlte sie sich wie ein junges Mädchen, das gerade erst dabei war die Welt für sich zu entdecken. Vage erinnerte sie sich an eine Liste, die sie am Tage ihres sechsten Geburtstages geschrieben hatte. Eine Liste mit all den Dingen, die sie bis zu ihrer Volljährigkeit – zwölf – hatte getan haben wollen. Jetzt war wieder ein Jahr verstrichen, aber die Liste war nicht kürzer geworden. Zumindest hatte sie es geschafft nach Roma zu ziehen.
„Gibt es eigentlich etwas, das du schon immer tun wolltest, aber noch nicht geschafft hast?“, der Gedanke verselbständigte sich in ihrem Mund.
Beiträge von Iulia Cara
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Noch nie in ihrem Leben hatte Cara einen Menschen gesehen, der die Augenbrauen so weit heben konnte wie dieser Germane. Das war ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sie sich wohl eine Zehenspitze zu weit über den Tellerrand hinaus gewagt hatte. Valgiso blieb dennoch freundlich, antwortete – und machte sich dann rasch davon, bevor die Iulia auf die Idee kommen konnte noch tiefer zu bohren. Sie sah ihm nach, wie er mit seiner tabula in der Menge verschwand, nachdem auch sie ihm noch wie ihre beiden Gefährten einen schönen Tag gewünscht hatte.
„Ein netter Mann“, meinte sie, als sich Calvena bereits bei Catiena nach ihren ersten Eindrücken erkundigte. Auch für sie war die Einschätzung der Octavia von einiger Interesse. Ihr Blick auf ihre Heimat war zuweilen etwas verengt, da war es interessant zu erfahren, wie andere die Welt hier erlebten. Sie schmunzelte, als die junge Frau diplomatisch erklärte, dass es sie überraschte, dass Römer und Germane hier sozusagen auf einer Ebene Konversation pflegten. Sie war aber auch an zwei sehr tolerante römische Mitbürger geraten. Nicht alle, und Cara konnte da auf ein herausragendes Beispiel in ihrer eigenen Familie verweisen, begegneten dem germanischen Volk so offen. Ihre Mutter hatte anfangs noch darauf bestanden die Straßenseite zu wechseln, wenn ich ein Germane entgegen gekommen war. Das war aber irgendwann so umständlich geworden, dass die Aquilia sich gefügt hatte. Nach wie vor waren es aber Römer, die ihre Gesellschaft bildeten und keine Einheimischen. Dabei lebte sie nun schon so lange in Mogontiacum.
„Ich glaube, es wäre ganz schlecht für das Klima in der Stadt und vor allem für die Geschäfte, wenn es anders wäre“, meinte die Iulia. „Man hat sich zum Wohl aller aufeinander eingestellt. Und wie man sieht: Der Markt ist voll“, Sie tat eine Geste mit der Hand, die alles einschloss. -
Das Gewitter schien allmählich weiter zu ziehen. Die Pausen zwischen den einzelnen Blitzgestalten am Himmel und dem tiefen Grollen wurden immer länger. Nur der Regen prasselte ungerührt weiterhin in Bindfäden auf den Erdboden.
Cara sah kurz zu ihm auf, als er wieder das Wort ergriff. Sie blieb diesbezüglich kritisch. Aber sie konnte dem Legaten nur schwerlich einen Vorwurf machen; den Mann hatte er schließlich ja nie kennen gelernt. Außerdem versuchte er sie ja nur zu beruhigen und das rechnete die junge Iulia ihm hoch an. Tröstender als der Inhalt war jedoch der ruhige Tonfall seiner Stimme und die Wärme seines Körpers.
Seine Suche nach einer Möglichkeit dem Gespräch eine andere Richtung zu geben, entging ihr gänzlich. Stattdessen fuhr der Decimer schließlich fort. Kurz brachte er die Iulia sogar zum Schmunzeln. Er glaubte wohl, dass sie eine kleine unschuldige Nymphe war. Ob ihre kleinen Untaten genügten, um die Götter zürnen zu lassen, war eine andere Frage. Seine Bemühung reichte, dass ihre Neugierde ansprang und sich ihr Verstand anderem zuwandte als dem langsam abziehenden Gewitter. „Aber ist es nicht etwas anderes, wenn man nur sieht oder es selbst tut?“, Cara wusste, dass sie damit eventuell Dinge berührte, die dem Legaten unangenehm waren. Andererseits, so fand sie, hatte sie ja auch ihm, wenn auch ungewollt, tiefe Einblicke in die Bandbreite ihrer Gefühle gegeben. -
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P. Iulius Saturninus
Villa Iulia
Misenum
ITASalve mein liebster Bruder!
Du glaubst gar nicht wie sehr es mich gefreut hat, als ich deinen Brief in den Händen hielt! Und ich freue mich immer noch. Immerhin ist es das einzige Stück, dass ich seit langer Zeit von dir erhielt. Lieber Bruder – ich weiß nicht, ob Centho es dir erzählt hat (ich glaube ja nicht), aber ich habe mich bei ihm beschwert, dass du ihm regelmäßig schreibst und mir, deiner nächsten Verwandten schreibst du nicht. Es kommt dir nicht nur so vor, als hättest du deine Freunde – einschließlich meiner Wenigkeit - seit „Ewigkeiten“ nicht mehr gesehen, es ist de facto eine ganze Ewigkeit her! Du lässt mich allein mit Mutter und ich darf sehen, wie ich mich mit ihr herum schlage. Neuerdings taucht sie ständig im Praetorium auf (nun ja, ich hatte Geburtstag). Man könnte fast meinen, dass sie Interesse am Legaten, Decimus Livianus hat. Weißt du davon, dass sie plant wieder zu heiraten? Mir gegenüber sagt sie ja nichts. Sie hält mich für absolut unvernünftig. Deine Grüße habe ich ihr ausgerichtet! Sie lässt zurückgrüßen und dir ausrichten, dass du deiner Familie und deinem Vater alle Ehre machst! Sie ist sehr stolz auf dich.
Aber ich bin noch viel stolzer. Im Grunde ist es das einzige, das mich zumindest etwas tröstet, dass du dich kaum meldest. Ich weiß, dass du hart arbeitest, um erfolgreich zu sein. Und wie du siehst, lohnt sich du Mühe. Ich gratuliere dir von Herzen! Wie läuft es denn mit den Planungen zu dem Tempel in Misenum? Hat sich der Imperator Caesar Augustus bereit erklärt, die Schirmherrschaft über die Stadt zu übernehmen? Wie macht sich unser Verwandter? Ich glaube, ich habe noch nichts von ihm gehört. Aus welchem Familienzweig entstammt er denn?Der Legion hier in Mogontiacum geht es sehr gut. Zumindest so gut, wie es einer Legion kurz vor Wintereinbruch gehen kann. Sie erfreut sich regen Zuwachses. Fast täglich melden sich neue Rekruten. Decimus kümmert sich sehr umsichtig um sie. Aber er ist ja auch schon ein Mann mit viel Erfahrung. Ansonsten gab es hier vor einiger Zeit ein paar Probleme mit der Unterbringung meines Pferdes. Aber die habe ich selbst gelöst. Bisher habe ich leider auch noch keinen alten Kameraden unseres Vaters ausmachen können – wohl aber habe ich die Frau dieses Quintilliers schon kennen gelernt. Ihr Name ist Germanica Calvena. Wirklich eine sehr nette Frau! Wir waren zusammen ausreiten und sind das eine oder andere Mal gemeinsam über den Markt geschlendert. Auch mit dem Legaten war ich letztens ausreiten. Es war sozusagen mein Geburtstagsgeschenk. Wir sind in ein fürchterliches Gewitter gekommen. Du weißt ja, wie sehr ich mich davor fürchte, seitdem ich gesehen habe wie einer der Sklaven, die mir Mutter hinterhergeschickt hat, als ich sechs Jahre alt war, vom Blitz erschlagen wurde. Du warst hinterher ganz schön böse auf mich. Jedenfalls haben wir uns unter einem Baum untergestellt und gewartet bis es vorbei war. Ich war richtig froh, als ich wieder sicher zu Hause war. Die Gewalt der Götter ist angsteinflößend. Ich habe erst einmal ein Opfer für unsere sichere Heimkehr abgehalten.
Im Übrigen werde ich demnächst zurück nach Roma reise. Mutter geht es ja soweit gut und ich möchte nicht in den tiefsten Winter geraten, um über die Berge zu kommen. Auf dem Weg werde ich wohl auch unseren Großonkel Marcus Iulius Licinus besuchen. Er ist in Mantua stationiert. Wenn du Götter es wollen, werde ich auch versuchen in Misenum Halt zu machen, auch wenn es nicht ganz auf meiner Strecke liegt.
Ich hoffe es geht dir gut und alles läuft nach deinen Wünschen! Ich vermisse dich Bruder! Mögen die Götter ihre Hand schützend über dich halten!
Cara
Sim-Off: Familienwertkarte bitte
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Der Legat holte einen Umhang hervor und breitete ihn über Cara und sich selbst aus. Jetzt, da sie zumindest nicht mehr den kalten Luftzug auf der nassen Haut spürte, war es ihr nicht mehr so sehr kalt. Unwillkürlich ließ sie sich dazu verleiten, noch etwas näher an ihn heran zu rutschen – soweit das überhaupt noch möglich war – als er seinen Arm um sie legte Der Gedanke, dass das vielleicht unziemend war, war ihrem Sinn insofern fremd, dass er gegenwärtig mit ganz anderen, einschneidenden Ereignissen war. Ein greller Blitz zuckte zwischen den Wipfeln auf, woraufhin erst nur das Prasseln des Regens folgte und schließlich grollender Donner.
Cara reagierte verzögert auf seine Frage und zeigte sich noch nicht einmal überrascht, dass er ihre Gefühle offenbar nicht richtig zu deuten wusste. „Ja...“, Konnte die Iulia ihr Mundwerk zu Weilen ganz schön weit aufmachen, klang sie jetzt zwischen ihren Knien ziemlich kleinlaut, auf welche sie ihr Kinn aufstützte.
„Ich habe einmal einen Mann gesehen, den der Blitz getroffen hat. Da war ich noch ganz klein“...und ungehorsam war sie auch gewesen. Die hatte nämlich erst dazu geführt, dass sie in das Gewitter geraten war. Das grausige Bild hatte sich in ihre Erinnerung gebrannt. „Kein schöner Anblick.“ -
Cretica lächelte dankbar, während sie sich innerlich fragte, wie um alles in der Welt Cara es geschafft ihre ungestüme Art soweit zu verbergen, dass der Legat nichts daran fand. Nicht, dass sie irgendetwas dagegen gehabt hätte. Es war ja in ihrem ureigensten Sinne, dass sich ihre Tochter so benahm, dass am Ende eine Ehe dabei raus sprang. Das war es auch, was die alte Dame zwischen seinen Worten las. Größte Selbstzufriedenheit erfüllte sie. Mochte der Decimer blauäugig sein, indem er annahm Cara eine eigene Entscheidungsmöglichkeit einzuräumen indem er sie zurück nach Roma schickte. So einen Luxus konnte man sich nur sehr selten leisten. Allerdings war die Entfernung von Vorteil, sollte sich ihre Tochter als allzu widerspenstig erweisen. Nicht, dass es sich der Decimer nach einem miterlebten iulischen Ausbruch anders überlegte!
„Ja, sie sollte bald zurück. Ich möchte sie nur sehr ungern ein zweites Mal im Winter über die Alpen ziehen lassen...“, stimmte die Aquilia besonnen zu. „Sie soll schließlich auch wieder heil zurückkehren...“ Abermals gestattete sie sich ein leises Lächeln. Jetzt wusste sie, weswegen sie eigentlich hierher gekommen war. „Du bist sicherlich müde von dem langen Tag und hast gewiss noch einiges zu tun. Herzlichen Dank für deine Gastfreundschaft, Legat“, Ewas mühsam erhob sie sich. Das nasse Wetter machte ihren alten Knochen zu schaffen. „Auch ich sollte langsam zurück in die Casa bevor es allzu dunkel wird...“ -
Es widerstrebte ihr zutiefst, dem Mann ihre Furcht so offen zu legen. Andererseits hatte die Iulia keine andere Wahl. Mit ihrem Gesicht konnte sie rein gar nichts verbergen, vor niemandem. Wer ihre laienhafte Versuche nicht durchschaute, musste also zwangsläufig ein wesentlich noch schlechterer Schauspieler sein, als Cara selbst. Sie hingegen hatte das Gefühl, als bräche der Himmel über ihnen zusammen. Da war eben nun Mal kein Platz für Tapferkeit und kein Platz für Bitten. Sie hatte den Legaten nicht gebeten, vielleicht um sich das letzte Stückchen ihrer Würde zu bewahren, die sich ohnehin schon in ihr Schneckenhäuschen zurückgezogen hatte, sondern aufgefordert, eine Lösung zu finden. Das tat er und ließ sich dankenswerter Weise nicht anmerken, was er von ihrer Reaktion hielt. Zweifelsohne hatte er weitaus Schlimmeres erlebt. Na ja, der Himmel brach schließlich zusammen!
Sie nickte wortlos, mit großen Augen, während ihr die Tropfen auf den Kopf prasselten und schloss sehr nahe zu ihm auf, als sie ihm zu jenem Baum folgte, den er angedeutet hatte, den zögernden Pax an der Hand führend.Die Krone des Baumes war ausladend, die Äste so weit reichend, dass sich um den Stamm herum eine trockene Zone von gut fünf Schritt ergab. Caras Pferd war immer noch unruhig, doch sie selbst war so aufgebracht durch das ständige Grollen und Blitzen, dass es das Tier nur noch mehr beunruhigt hätte, hätte sie sich ihm in der Absicht genähert ihm Sicherheit zu vermitteln. Sie band ihn also neben das wesentlich ruhigere Pferd des Decimers und setzte sich selbst schniefend und triefend, die Knie eng an den Körper und mit den Armen umschlungen auf den Boden dicht neben Decimus zwischen die mächtigen Wurzeln und sah ganz und gar davon ab nachzufragen, ob es ihm überhaupt recht war, dass sie sich ihm so unmittelbar auf noch nicht einmal einen Fingerbreit näherte. Sie ging einfach grundsätzlich davon aus, dass er sie nicht zurückweisen und ihr seinen Schutz verwähren würde. Nicht, dass er auch nur das geringste gegen die Naturgewalten „da draußen“ ausrichten konnte, aber die Wärme seiner nassen Haut reichte zumindest, dass es ihr nicht mehr so sehr kalt war. „Ich hasse es...“, murmelte sie verdrossen, mit finsterem Blick hinaus...
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Ein Brief! Endlich! Kaum hatte ihr der Sklave die Nachricht in die Hand gedrückt, eilte sie in ihr Zimmer, um die Zeilen aus Roma regelrecht zu verschlingen....
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Iulia Cara
praetorium LEG II
MoguntiacumSalve Naschkatze Cara,
entschuldige, ich habe wohl immer noch das kleine Mädchen vor meinem inneren Auge. Nun, den Inhalt der Speisekammern zu kennen ist natürlich immer ein immenser Vorteil. Es tut mir übrigens Leid, dass ich so lange nicht geschrieben habe, aber ich war lange dienstlich in Italia unterwegs und die Briefe wurden mir nur nachgeschickt, wenn sie dienstlich waren. Wir haben versucht neue Rekruten für die legio anzuwerben und hatten, wie ich vorherzusagen wage, einigen Erfolg.
Nun, sie mag einen Weg gefunden haben dich zurück zu beordern, aber so wie ich deinen Brief lese, wird sie dich nicht länger als bis Ende des Winters aufhalten können. Aber ich bitte dich, warte die Schneeschmelze ab, denn was einmal gut ging muss es nicht ein zweites mal. Ich muss leider zugeben, dass ich aufgrund meiner Pflichten sowohl Hochzeit, als auch Verlobungsfeier verpasst habe. Ich werde jedoch demnächst mal nach Rom reisen um den mündlichen des Examens Tertium abzulegen. Den schriftlichen absolvierte ich während einer Rekrutierungsreise durch Italia.
Ob mein Rat weise war, das kann ich nicht beurteilen. Aber zumindest gegenüber meinen Soldaten funktioniert er. Als Kindermädchen fühlte ich mich eigentlich nie, eher schon wie eine Art strenger Ersatzvater. Nicht umsonst heißt es, dass die contubernia die Familien der Soldaten sind und der centurio ist wohl der Übervater der centuria. In der Tat ist er ein guter Kommandant. Insbesondere, worauf wir centurionen großen Wert legen, benimmt er sich nicht überheblich, sondern bemüht sich redlich und hört auf die Ratschläge der Berufssoldaten. Was nicht heißen soll, dass er eine getroffene Entscheidung leichtfertig umwirft, was genauso schlecht wäre. Den Quintilier kenne ich jedoch nicht, tut mir Leid. Auch zu deinem Bruder habe ich keine Informationen. Aufgrund der Reise, die ich oben erwähnt habe, bin ich aber auch noch nicht komplett durch meine Privatpost hindurch.
Nun, wie du vielleicht bemerkt hast, habe ich ein Thema vollständig ausgespart: Parthia. Es ist nicht leicht darüber zu schreiben, musst du wissen. Zu reden schon eher, daher schlage ich vor, dass wir das darauf verschieben, wenn du nach Rom zurückreist. Eine andere Möglichkeit, falls du die acta in Moguntiacum bekommst, wäre diese, da vor einiger Zeit ein Schreiber bei mir war. Man möchte wohl die Geschichten einiger wichtiger Männer des Imperiums veröffentlichen. Keine Ahnung, wie mein Name dahinein gerutscht ist, aber der Punkt ist, ich wurde interviewed, wie man wohl auf griechisch sagt. Lieber würde ich es dir jedoch selbst eines Tages erzählen, damit du mein Bild bekommst und kein hochstilisiertes.
Ich wünsche dir alles gute nachträglich und deiner Freundin das Beste zur Hochzeit.Dein Onkel
Marcus -
Aquilia Cretica war bewusst, dass es sich um ein heikles Thema handelte, dass sie da anschnitt. Ebenso, dass sich der Legat wohl lieber einen anderen Gesprächspartner dafür wünschte, als eine Mutter. Eine Frau. Aber sie wollte ja auch gar nicht mit ihm verhandeln - Das war Sache und Aufgabe der Männer – sondern nur erfahren, ob es nötig war, ein ernstes Wort mit ihrer Tochter zu sprechen. Diese Verbindung musste einfach zustande kommen. Seitdem sich die Möglichkeit aufgetan und sie Informationen eingezogen hatte, hatte sie sich auf diesen Mann als zukünftigen Schwiegersohn versteift (ihm gegenüber würde sie sich hüten, das Wort in den Mund zu nehmen; nicht dass er noch verschreckt war). Sie analysierte seine Worte genau. „sehr freundlich“...“wenn auch aufgeweckt“....“liebenswertes Wesen“...“positiv“ und „beste Seite“. Aquilia atmete innerlich auf. Immerhin hatte sich Cara benommen. Insgesamt schien sein Eindruck positiv zu sein, nur ließ sie das „wenn auch etwas aufgeweckt“ stutzen. Cara war ein kleiner Wirbelwind, eine junge Frau, die durchaus noch Führung bedurfte. War er eher auf eine ruhige Ehefrau aus? Eigentlich war das ihr Erziehungsziel gewesen: eine zukünftige Ehefrau aus Cara machen, die zurückhaltend war, umsorgend, leise und sich auf das konzentrierte, was für eine römische Frau tugendsam und angebracht war. Leider hatte ihre Tochter zu viel von ihrem Vater geerbt –
Sie wollte dennoch lieber genauer nachhaken. „Etwas aufgeweckt? Hat sie denn irgendetwas angestellt? Stört sie dich in irgendeiner Weise?“ Sie wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Zwar wollte sie Antworten haben, war neugierig, aber sie musste sich noch etwas Mut zusammen sammeln, war sie sich doch klar, dass das kein typisches Gespräch war. -
Es ging kein Sturm der Empörung durch die Iulia hindurch, als der Germane seine Götter mit den Göttern der Römer verglich, sie geradezu gleichsetzte. Keine Empörung, denn sie war ja damit aufgewachsen. Wodan, Frija, Donar...und wie sie noch alle hießen; Namen, mit denen sie vertraut war. Es war gewiss nicht im Sinne ihrer Mutter gewesen, dass sie nicht nur mit römischen, sondern auch mit germanischen Kindern durch die Straßen gezogen war, Höhlen entdeckt und Unsinn angestellt hatte. Aber sie hatte es getan, weil es ihr so natürlich und vollkommen unverständlich gewesen war, weshalb man mit den einen Freundschaften hatte schließen können und mit den anderen nicht.
Doch der römische Gedanke hatte sie noch nicht ganz verlassen und als Valgiso nun die Götter ansprach, regte sich Sorge in ihr, wie die Octavia diese Äußerung wohl aufnehmen würde. Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete sie die junge FRau.Immerhin verharrte er nicht allzu lange bei dem Vergleich, sondern zog noch einmal seine Tabula hervor, um ihnen seine Notizen zu zeigen. Sie wollte Schicksalsvorraussagungen lieber jenen überlassen, die dafür predestiniert waren, Priestern. "Auf was hast du dein Gelübde geleistet?" Zugegebenermaßen war es eine recht persönliche Frage. Andererseits hatte er ihr ihre Neugierde schon verziehen und hatte sogar im Gegenteil dazu eingewilligt sie zu befriedigen.
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In Caras Leben gab es vornehmlich drei Dinge, die sie auf Leben und Tod nicht ausstehen konnte: Kein Band dabei zu haben, um sich die Haare zurück zu binden, den Tee, den man ihr als Kind bei Krankheiten eingetrichtert hatte – und Gewitter. Sie hasste es, weil sie es fürchtete. Schon das erste beinnahe sanft zu nennende Grollen versetzte ihren Körper in eine angespannte Alarmbereitschaft. Nur sehr mühsam gelang es ihr die Furcht nicht allzu sehr nach außen dringen zu lassen und nicht bei jedem Donner körperlich zusammenzuzucken; denn zwar war sie auch hinsichtlich ihrer Emotionen ein sehr ehrlicher Mensch (schon allein deswegen, weil es ihr nahezu unmöglich war sich ihre Gefühle nicht anmerken zu lassen, sodass sie es in der Regel erst gar nicht versuchte), aber sie war auch stolz. Wo war nur diese verdammte Höhle?!
Als sie schon kurz davor war einen dezenten Hinweis auf ihre Gewitterphobie zu geben, fielen auch schon die ersten schweren Tropfen vom Himmel und sprenkelten dunkel den Waldboden. Viel zu sehr mit sich selbst und damit beschäftigt Pax ruhig zu halten, der ihre Furcht deutlich spürte und sich dementsprechend unruhig unter ihr bewegte, wurde ihr erst bewusst, dass Decimus wohl mit ihr gesprochen haben musste, als er ihr Platz machte. In einen Moment ratlos anblickend, verstand sie schließlich seine Geste und manövrierte den großen Hengst an seinem Pferd vorbei – um sogleich in ein äußerst rasantes Tempo über Stock und Stein zu verfallen, was nicht unbedingt ungefährlich war. Das Pferd reagierte ohnehin schon äußerst nervös.
Rasch mauserten sich die wenigen Tropfen zu einem regelrechten Schauer, der ihrer beider Kleidung vollkommen durchdrang. Caras Haare hatten sich zum Teil aus ihrem Band gelöst, ihr Gewand klebte ihr wie eine zweite Haut am Körper, als die beiden auf eine kleine Lichtung hinausschossen und im selben Moment ein gleißend heller Blitz über den verdunkelten Himmel zuckte. Der darauf folgende Donner brachte den Boden unter ihnen regelrecht zu vibrieren. Erschrocken blieb der spanische Hengst stehen, bockte, indem er sich halb aufbäumte. Überrascht und geängstigt verlor Cara für einen Moment lang beinnahe Halt und Kontrolle sowohl über sich als auch über ihr Reittier. Sie spürte förmlich wie ihr die Herrschaft entglitt, als sich das Pferd wie in Zeitlupe in Steillage begab und etwas anderes in ihr mehr und mehr die Oberhand gewann: Die Angst, die ihren Verstand zu vernebeln suchte. Ein weiterer Blitz; etwas, das sie zurückrief – Die Zeit beschleunigte sich wieder. Mit größter Mühe, Selbstbeherrschung und unter Einsatz ihres ganzen Körpergewichts zwang sie das Tier mit allen vier Hufen zurück auf den Boden. Tief vorgebeugt und unentwegt seinen Hals streichelnd, wisperte sie dem Tänzelnden beruhigend Worte zu, bis es soweit still stand, dass sie zittrig aus dem Sattel rutschen konnte. Ihre weichen Knie gaben fast unter ihr nach, als wieder festen Grund unter die Füße bekam, das Herz wild schlagend. Der Himmel grollte abermals. „Zur Unterwelt mit dieser Höhle, lass uns hier irgendwo unterkommen!“, Jetzt war ihr alles egal, selbst ihr verdammter Stolz. In ihrem Gesicht war die Furcht eingemeißelt und sie zuckte unwillkürlich zusammen, als der nächste Blitz den Himmel in gleißendes Licht tauchte. Den Impuls Hals über Kopf einfach los zu rennen konnte sie gerade noch so unterdrücken. -
Natürlich hatte Cretica bereits im Vorfeld eingehende Informationen über Leben und Reputation des Legaten eingezogen, war ihm gedanklich weit gefolgt. Es galt die Familie zu positionieren und zwar im bestmöglichen Lichte. Logisch, dass sie da ihre Tochter an keinen unwichtigen, unehrenhaften Mann, in keine x-beliebige Familie verheiraten würde (Von Livianus´ Verurteilung im fernen Rom wusste sie noch nichts). Sie hielt es für reichlich ungeschickt, dass der Decimer so ins Detail ging. Er ermunterte Cara gerade dazu ungehörige Fragen zu stellen. Ihre Tochter hatten die Tiefen noch nichts anzugehen. Dafür war später noch Zeit, wenn es schwierig wäre, die Bande zwischen ihnen zu lösen. Das Thema war einfach zu heikel.
Andererseits, so versuchte sie sich zu beruhigen, war es ein gutes Zeichen, dass er so vertraut mit der jungen Iulia umging.Mit jedem Wort, das der Aquilia über die Lippen sprang, wuchs die Empörung im Herzen der Iulia, bis sie Ausbruchsniveau erreicht hatte. Es war eine Sache, wenn sie sich selbst vor anderen lächerlich machte – aber von der eigenen Mutter so bevormundet zu werden, das kratzte schwer an ihrer Würde. Mittlerweile war sie alt genug! Es war Decimus, der sie alle drei vor einer unhübschen Situation rettete, nämlich indem er zu einer Antwort überging und Cara die Luft abschnitt, die ihre Lippen bereits zu einer trotzigen Erwiderung geteilt hatte. Zum Glück Aquilias zwang Decimus Cara mit seiner Antwort ihre Empörung fürs erste herunterzuschlucken und ihm zuzuhören.
Sie war sich unschlüssig darüber, was er tatsächlich dachte, als er ihr einen kurzen Überblick aus seinen Abenteuern gab. Für Cara waren es „Abenteuer“, für ihn wohl eher nicht. Für sie würden es Abenteuer bleiben und er war froh darüber, dass es vorbei war. Selbstredend, dass er das nicht zugeben würde. Welcher Mann tat das schon?! Vermutlich hätte das auch ein wenig an dem heroischen Bild gekratzt, das sie sich im Moment von ihm machte. Kriegshelden waren ja durchaus anziehend für eine junge naive Frau, die sich kaum etwas aus nähen und weben machte und schon als Kind den „aufregenderen“ Dingen nachhing, wie reiten oder durch die Wälder stromern – oder mit Holzschwertern rumfuchteln. „Ich würde wirklich sehr gern mehr hören!“, Umsichtig nahm sie sich zurück, formulierte nicht allzu aufdringlich. Ihre Augen machten keinen Hehl daraus, dass sie am liebsten alles sofort erfahren hätte. Aber sie hatte keine Lust, ihre Mutter dabei zu haben, da jedes ihrer Worte mit Argusaugen überwachte. „Vielleicht bei der nächsten cena. Oder morgen beim Ausreiten...“, erinnerte sie ihn auch gleich noch verschmitzt an sein Versprechen, erhob sich dann, indem sie den Hund in sein Körbchen legte, jenen vom Boden aufnahm und sich mit einem „Dann werde ich mich einmal zurückziehen...Mutter...“ Die Aquilia hielt ihr auffordernd die Wange hin. Widerstrebend beugte sich die junge Iulia vor und küsste sie, ehe sie sich mit einem letzten Lächeln an den Decimer gewandt, der Tür zu bewegte. „Eine gute Nacht!“
Schließlich blieben die Aquilia und Decimus allein im Speiseraum zurück. Einen Moment lang herrschte Stille gerade so lange, bis Cretica sicher war, dass ihre Tochter auch tatsächlich außer Hörweite war. Sie räusperte sich und suchte ihre Gedanken zusammen. Es war ihr eigener Fehlglauben, wenn sie annahm, Cara hätte rein gar nichts von ihr. Zumindest die Neugierde teilten die beiden Frauen. „Nun....“, begann sie. „Ich weiß Decimus, dass es mir nicht unbedingt zu steht, zu fragen. Aber du wirst die Fürsorge und Neugierde einer Mutter bestimmt verstehen....“ Sie pausierte kurz. „Wie macht sie sich in deiner Obhut?“ Absichtlich fragte sie ihn nicht direkt danach, was er von Cara hielt. Das wäre dann doch zu unhöflich gewesen.... -
Xerxes tapste auf seinen großen Pfoten, die kleinen Augen auf seine rothaarige Herrin geheftet hinter der Römerin her, die mit viel zu schnellen Schritten auf der Straße entlang ging, in ihrer Gnade aber hin und wieder stehen blieb, um den kleinen Hund aufholen zu lassen. Dem war es ganz schön warm in seinem dicken Fell. Viel zu warm, dabei streckte der Winter schon seine Fühler nach dem Land aus und schickte seinen Boten, den nassen Herbst. Nasse Hunde riechen. Die Herrin war aber selbst schuld, wenn sie ihn über die matschige Straße hetzte. Eine große Pfütze tauchte vor der Hundenase auf. Unschlüssig blieb der Welpe am Ufer des flachen Sees stehen. Wie war die Iulia nur da rüber gekommen? Sollte er jetzt da durch? War das ihr Ernst? Das Hündchen hob eine Pfote. Neee, viel zu nass! „Xerxes!“, hörte er da seine Herrin nach ihm rufen. Sie war einige Meter von ihm entfernt stehen geblieben. Kein fünf Trillionen Hundeknochen würden ihn da durch bringen! Resolut setzte sich der Welpe auf seine Hinterpfoten. NIIIIIIEEEEEMALS! „Na komm schon!“, Ungeduld schwang in ihrer Stimme mit und das hörte er gar nicht gern. „Schau mal, was ich hier habe!“, Die Iulia zog etwas aus den Falten ihres Gewandes. War das nicht – EIN LECKERLIE? Das Herz des kleinen Hundes schnellte genauso in die Höhe wie sein Po, postwendend hüpfte er mitten durch die Pfütze hindurch, dass das Wasser links und rechts von ihm aufspritzte und eilte zu seiner Herrin hinüber, die ihm lächelnd seine Belohnung entgegen hielt. Er nahm es, kaute eifrig – und spuckte es aus. Apfel – bäh. Was war denn das für eine Belohnung?! Bestechung!!! Na, aber so hatten sie nicht gewettet.
Gemeinsam mit dem Welpen, den sie von ihrer Mutter zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte, war Cara, einen Korb über dem Arm auf dem Weg zu ihrer Freundin Sentia Aemilia, bei der sie an diesem Tag übernachten wollte. Schon im Vorfeld hatte sie sich dafür die indirekte Erlaubnis geholt - Nicht, dass sie sich von einem Verbot hätte abschrecken lassen.
Kurzerhand las sie den Hund zu ihren Füßen auf, der bisher ganz schön getrödelt hatte. Nun, er war auch noch ziemlich klein. „Kleiner Faulpelz...“, meinte sie lächelnd. „Dann trage ich dich eben noch das letzte Stück.“
Die Casa Sentia lag in einem der älteren Stadtviertel. Sie war eine der ersten Familien gewesen, die sich mit Aufbau des Kastells hier niedergelassen hatten. Artig klopfte die junge Iulia an der Tür und wartete darauf, dass der Ianitor, ein kurzläufiger runder Kerl, ihr öffnete und sie ins Atrium hineinführte. -
Cara nickte zustimmend. „Gut, dann hole ich dich übermorgen ab...“, meinte sie sichtlich erfreut. Sie war auch schon oft allein in Mogontiacums Umgebung unterwegs gewesen. Scheute sich also nicht davor. Doch mit mehreren machte es immer noch am meisten Spaß.
„Sie ist wirklich sehr nett...“, erwiderte die Iulia, das Lächeln der Germanica erwidernd und nahm sich vor die Sentia mit nach Confluentes einzuladen.
Schließlich bückte sie sich nach ihren Sandalen, um wieder hineinzuschlüpfen und rutschte letztlich von dem Baumstamm hinunter. Wirklich Lust zu gehen hatte sie nicht. Im Haus des Legaten wäre sie weitestgehend allein, einmal von ein paar Sklaven abgesehen. Dennoch lenkte sie ein. „Vielleicht sollten wir das. Nicht, dass sie noch einen Suchtrupp nach uns los schicken...“ Mit ein wenige Humor ließ sich so vieles leichter ertragen. -
Neugierde war tatsächlich eine von Caras regelmäßig Probleme anhäufenden Schwächen. Nicht nur, dass sie dadurch als Kind zahlreiche Gewänder ruiniert hatte, wenn sie auf Knien irgendwelche Höhlen in der näheren Umgebung erforscht hatte oder kleinere Felsen erklommen hatte, sie, die Neugierde, hatte ihr auch schon einige Ohrfeigen eingehandelt. So hatte die Iulia tatsächlich den schützenden Deckel der tabula aufgeschlagen, um nachzusehen, um was es sich genau handelte. Sie hatte die Zeilen nur oberflächlich überflogen, hörte wie Calvena vorschlug die Tafel bei der Curie abzugeben, als der Mann auch schon wieder ganz plötzlich vor ihnen stand. In aller Ruhe schloss sie die tabula und hielt sie ihm lächelnd entgegen. „Es scheint mir eher so, als habe dich deine Norne vor einem großen Ärgernis bewahrt...“, erwiderte Cara. Dass es ihm überhaupt aufgefallen war, dass er etwas verloren hatte und sie dann auch noch in diesem Wulst aus Menschen wieder gefunden hatte, war eindeutig Glück.
„Ich hoffe, du siehst mir meine Neugierde nach, Valgiso...“, Sie glaubte nicht daran, dass er ihr wirklich böse sein würde, dass sie einen flüchtigen Blick hinein geworfen hatte. Dennoch war sie bemüht darum, eine leise Entschuldigung anklingen zu lassen, war sie doch um Harmonie bemüht. „Mein Name ist Iulia Cara...“, stellte sie sich daraufhin vor. -
Dass er überhaupt das Wort „Götter“ in den Mund nahm, war Cara neu. Er selbst hatte ja erklärt, dass er recht wenig für die Götter übrig hatte. Sie warf Decimus einen raschen Blick zu und nickte dann, ohne allzu viel von ihrem Gedanken preiszugeben.
„Höhle klingt gut...“, erwiderte sie, eine leise Ahnung davon habend, welche Höhle er meinte und fügte mit einem leisen, neckenden Lächeln hinzu: „Du hast Zeit Höhlen zu erkunden, Legat?“ -
Das Gespräch behagte Decimus offenbar nicht. Cara wusste nicht genau, woran sie es genau festmachte. Vielleicht an der Art, wie er seine Worte sorgfältig abwog und einen vorsichtigen Mittelweg wählte, um ja nicht zu genau zu antworten. Der Iulia fehlte es nicht an Takt, aber von Natur aus mit einer überschäumenden Neugierde ausgestattet, die er wohl schon an ihr entdeckt hatte, fühlte sie sich von den Leerstellen in seiner Antwort wie magisch angezogen. Mit Phocylides hatte sie ja bereits schon über das ferne Land gesprochen und der Mann hatte ihr farbenprächtig eine andere Welt aufgemalt.
„Was hat dich dorthin geführt?“, erkundigte sie sich und gab sich Mühe ihren Wissensdurst so gut wie möglich zu kaschieren. Sie wollte ihn ja nicht gleich überrumpeln.Aquilia Cretica verspürte leisen Unmut. Unmut darüber, dass sie sich einen gesellschaftlichen Fehltritt geleistet hatte. Wie um alles in der Welt war sie nur dazu gekommen, im Hause des Legaten einen Trinkspruch zu erheben. Zweifelsohne musste das an der Mischung des Weines liegen. Es hieß ja, dass die Barbaren Wein pur tranken. Das war er zwar nicht, aber sie witterte eine höchst konzentrierte Menge, die ihr schwer durch die Glieder flutete. Wie kam der Legat nur dazu? Wollte er sie etwa betrunken machen? Sie musterte ihre Tochter nach einem Anzeichen der Betrunkenheit suchend. Die Wangen der Iulia waren leicht gerötet, ihre Augen leuchteten. Wohl doch hoffentlich nicht vom Wein? Oder war es doch Zuneigung? Immerhin hing sie jetzt an den Lippen des Legaten, dessen Antwort reichlich detailarm ausgefallen war. Caras Neugierde war gefährlich, machte sie unvorsichtig und unvernünftig. Eigentlich war es nicht in Creticas Sinn gewesen, das Gespräch allzu tiefgründig werden zu lassen. Wenn die beiden verheiratet wären, war immer noch genug Zeit dafür. Fürs erste sollte Cara ihn nur nicht verschrecken. Wichtige Männer waren ja nun mal sehr schreckhafte Wesen.
„Cara, Liebes...sein Dienst natürlich“, antwortete sie tadelnd, noch ehe Decimus das Wort ergreifen konnte. „Möchtest du nicht einmal dein kleines Hündchen versorgen und in dein cubiculum bringen?“Sim-Off: Achtung! Teal ist Cara, Darkblue ihre Mum!
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Cara, die noch nichts von Calvenas Schwangerschaft wusste, rätselte über den kritischen Blick, den ihre Begleiterin ihr zuwarf. Was hatte die Sklavin ihr vorzuwerfen? Sie war noch ganz in ihre Überlegungen vertieft, dass sie das Zeitfenster ihrer Antwort verpasste. Als ihr Verstand die Situation erfasste, wandte sie sich ruckartig von Elissa ab und Calvena zu. „Unbedingt!“, erwiderte sie etwas gehetzt wirkend. „Wir sollten jede Möglichkeit nutzen…Wann würde es dir denn passen? Ich meine, dass übermorgen Markt ist.“
Die Iulia folgte ihr, aus dem Wasser hinaus, über das sanft ansteigende Ufer hinauf zu einem Baumstamm, auf den sie sich nebeneinander setzten. Sie konnte Calvena gut verstehen. Jetzt, da ihre Freunde in aller Welt verstreut waren, war es auch für sie sehr einsam hier geworden. Da half nur eines: den Bekanntenkreis vergrößern. Es gab in Mogontiacum auch einige Germanen, mit denen sie bekannt war, aber sie hatte ja keine Ahnung, wie die Germanica zu den Einwohnern dieser Provinz stand. Zumindest eine gab es noch. „Ich könnte dich mit einer meiner Freundinnen bekannt machen…Ihr Name ist Sentia Aemilia*…“, schlug sie vor.Sim-Off: *bei dem Charakter handelt es sich um einen NPC
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Der Kerl hatte die drei Frauen ganz und gar aus ihrer eigenen kleinen Welt gerissen, die sie sich inmitten dieses Marktes erobert hatten. Hier zwischen Hühnern und Zwiebeln. Cara musterte den Mann, als er der Octavia Antwort gab. Die Antwort fiel reichlich unspezifisch aus und man hätte sie ihm durchaus als eine Kritik auslegen können. „Vorher war alles besser“. Dieses „vorher“ war so lange her, dass zumindest sie es nicht erlebt hatte. Da ihr die germanische Mentalität zuweilen aber noch als sehr durch die Gemütlichkeit geprägt schien, erschien ihr die Klage eher ungerechtfertigt. Nichtsdestotrotz überging die Iulia die Äußerung des Mannes mit einem leisen Schulterzucken. Sie wollte keinen Staatsakt hochstilisieren, wo es keinen gab. Außerdem hatte sie viel Besseres zu tun, als sich hier und jetzt aufzuregen. Das wäre wohl anders gewesen, hätte er sie als Germanin oder Gallierin angesprochen. Da kannte Caras Stolz und Temperament kein Erbarmen.
Dann war er auch schon vorbei und Cara wollte sich schon wieder ihren beiden Gefährten zuwenden, als ihr Blick auf eine Schrifttafel zu ihren Füßen fiel. „Oh – die hat er wohl verloren“, Sie bückte sich, um den Gegenstand vom Boden aufzusammeln und hielt nach dem Mann Ausschau. -
Vielmehr war es nicht Cara selbst, die mit ihrem frommen Wunsch nach einem möglichst unkomplizierten Ablauf Calliphanas Schwangerschaft und der Geburt einen Fauxpas generierte, sondern die alte Aquilia selbst. Und sie schien es ganz, anders als ihre Tochter nicht einmal selbst zu bemerken. Wo sie auch immer mit ihren Gedanken hing. Cara hingegen nahm das feine Lächeln auf den Lippen des Senators wahr, als sie die Becher hoben, um den Spruch zu besiegeln und erwiderte es mit einem leisen Lachen in den Augen, während sie an ihrem verdünnten Wein nippte und unverhohlen seinem Blick begegnete.
Er schien es mit der ihm eigenen Gelassenheit zu nehmen, die ihn ihr so sympathisch machte. Seine Sicht war nicht eingeengt zwischen eisernen Horizonten und er nicht geleitet von übermaßendem Stolz.
Es gab aber wohl Dinge, die ihn in seiner Gelassenheit erschütterten. Und eines hatte sie soeben angesprochen. Seine Fassade fiel mit seinem Lächeln und Cara bereute es unmittelbar, dass sie dieses Thema angeschnitten hatte.
„Von deinem Adoptivsohn hört man einiges...“, schaltete sich Cretica wieder ein, „Natürlich nur Gutes! Du kannst wahrlich stolz auf ihn sein...“, Zum Glück nahm sie keinerlei Bezug auf jenen Flavus, sondern lenkte das Gespräch in ganz andere Gefilde: „Warst du selbst schon einmal in Ägypten? Es muss eine wahnsinnig lange, raue Reise sein...“