“Oh ja… das ist er immer!“, sagte ich leicht flüsternd und fast schon vertraulich. Nicht weil ich Muckel nicht brüskieren wollte, sondern weil ich noch immer in reiner Faszination war!
Da zauberte der erste morgendliche Sonnenschein doch glatt ein wenig Gold durch den Planenspalt auf das Haar meiner Sklavin. Was war ich doch für ein Kretin gewesen, dies nicht schon vorher zu bemerkten.
Gut, dass ich das nicht getan hatte, hatte wohl auch damit zu tun, dass ich meine Sklavin ja auch gar nicht so oft zu Gesicht bekommen hatte, denn ein klein wenig Recht hatte Muckel ja und er empörte sich nicht gänzlich zu Unrecht. Aber darauf nun einzugehen, wäre ein sehr fataler Fehler, da ich mir die Reise nun nicht auch noch durch etwaige private Turbulenzen unter meinen beiden Sklaven erschweren wollte. Mit auch so schon flau genug in der Magengegend. Wegen der plötzlichen Abreise, dem Verlassen von allem was mir lieb war, der Beklommenheit vor den nun wohl stetig steigenden Kosten und auch weil ich nun doch Hunger verspürte. Die alles war kein vorteilhaftes Konglomerat an Sorgen und Nöten, aber ich schob das alles tapfer nach hinten.
Viel schöner war es doch Grian mit einem fast schon zärtlich-verträumten Blick zu bedenken und ihr verwegen über das goldene Stähnchen zu streicheln. Vielleicht war ich ja doch ein glücklicher Mann, der seine Augen von nun an offen halten sollte. Für Grian, die Schönheiten der Natur, welche wir durchreisen würden und natürlich auch wegen dem Nasir, der nun wieder auf den Bock geklettert war und meinte, dass “Alles in Ordnung! war.
So seufzte ich leicht und beließ während der folgenden, leicht ruckendeln Fahrt meine Hand einfach auf Grians Knie, als wäre es von den Göttern gegeben, dass dies ihr rechtmäßiger Platz war. “Ich schätze euch doch beide sehr!“, sagte ich aber noch, in etwa wie ein Vater, der seine streitenden Kinder vor sich hatte. Auch wenn dieser Vergleich ein wenig arg hinkte. Dennoch gab mir gerade dieser Tonfall ein gutes Gefühl. Warum wusste ich auch nicht. Vielleicht ein wenig die Gravitas zwischen Reisetruhen oder auch der Wunsch nach Frieden im eigenen Heim, das sich, wie sich herausstellte, für die nächste Zeit auf vier Räder gebaut worden war.
Tatsächlich wartete einige paar hundert Meter vom Tor entfernt auch schon unsere illustre Reisegesellschaft. Etwa dreißig Mann, bekleidungsmäßig ähnlich angetan, wie der Nasir und aufgereget mit Worten um sich werfend, wie auch einem östlichen Basar, tummelten sich zwischen Wagen und weitere Personen auf freiem Feld. Einige von ihnen erkannte ich sogleich als Handelsware des Nasirs, da diese recht trüb dreinschauten und hinter vergitterten Türen auf einigen der Karren verwahrt wurden. Der Nasir hingegen wirkte rege und wach und bedeutete mir, ihm zu einem Wagen zu folgen, welcher auf den ersten Blick einen recht soliden Eindruck machte. Zu meiner Freude erkannte ich diesen sogleich als Reisewagen, mit einem hohen, festen Aufbau und dem Potential einige Gemütlichkeit im Inneren zu bergen. Auch würde man aufrecht darin stehen können, was ebenso von Vorteil sein würde. Gezogen wurde das Gefährt von zwei Pferden, die einen freudigen und munteren Eindruck machten. Ich seufzte innerlich vor Erleichterung und lächelte Muckel und Grian erfreut an und bedeutete ihnen nun meinerseits mir zu folgen.
“Dort drin dürfte es dir an nichts fehlen!“, vermutete der Nasir geschäftstüchtig und war sogar so frei, mir die seitliche Türe zu öffen, über die es über einen kleinen stufigen Einstieg ins Innere des Wagens ging. “Sofern doch etwas fehlen sollte, dann könnte ich für wenige Sesterzen...“
“Ja, ja…,“, wiegelte ich das nun folgen sollende ab, denn im Grunde wusste ich ja, dass ich alsbals ein sehr armer Mann sein würde, wenn das so weiter ging.
Statt mich aber zu betrüben, steckte ich meinen Kopf durch die reichlich große Einstiegsöffnung und schaute mich um. Ich war nun doch überrascht. Beiderseits der Außenwände befanden sich zwei Liegemlöglichkeiten mit üppigen Kissen und Decken. Weiter vorn gab es sogar ein kleines Tischlein mit meinem Schemel. Die Fenster konnte man mit Vorhängen verdecken und alles in allem überzeugte der Wagen davon, dass er zu Reise durchaus geeignet war.
“Nicht übel!“, lautete mein Urteil, das den Nasir zum Grinsen brachte.
“Nicht wahr?!“, gab er zurück und klopfte mir dann auf die Schulter. “Wenn der Nasir eine gute Reise verspricht, so wird es eine Reise geben!“
Nun denn. Das hoffte ich sehr, weshalb ich sogleich nickte und lächelte. Muckel war nun auch herbei getreten und schaute sodann an meiner Statt in den Wagen und wirkte gleichsam beruhigt.
“Ich hoffe, dein Sklave versteht sich auf das Lenken dieses Wagens,“ bemerkte der Nasir aber dann. “Sonst müsste ich für ungefähr vier Sesterzen pro Tag einen meiner Männer...“
Ich ließ den Mann gar nicht ausreden, sondern winkte sehr schnell ab. “Das wird nicht nötig sein. Mein Sklave ist ein hervorragender Wagenlenker!“, stellte ich heraus, was Muckel die Augen weiten ließ. Ein wenig schüttelte er den Kopf und ich wusste ja eigentlich auch warum. Seit meinem Reitunfall in der Kindheit hatte ich vor Pferden einen großen Respekt. Muckel jedoch hatte vor Pferden eine fast schon übersteigerte Angst, worauf ich nun aber keine Rücksicht nehmen konnte. Immerhin ging es um mein Geld.
“Ah! Ein Könner aus Profession?“, wollte der Nasir wissen und betrachtete sich dann meinen Sklaven wieder von oben bis unten.
“Aber ja!“, begeisterte ich mich in die Lüge hinein. “Leider reichte es am Ende nicht für eine große Karriere!“ Ich seufzte schwer und schaute mich nach Grian um.
“Äh..,“ entkam es Muckel und er schluckte schwer. Das sah ich noch.
“Grian! Geh doch schon einmal in den Wagen!“, befahl ich ihr dann in einem freundlichen Ton. Es war wirklich besser, wenn der Nasir sie nicht auch noch einmal bemusterte. Ich empfand dies doch als recht aufdringlich und er verschaffte mir kein gutes Bauchgefühl. “Es wird gleich losgehen!“ Ich nickte ihr zu und wendete mich wieder an den Nasir, während hinter uns, bei den anderen Wagen nun zum Aufbruch gerufen wurde. Nasir hatte sich zu seinen Männern umgeschaut und grinste nun.
“Es wird eine sehr erfolgreiche Reise…,“ sinnierte er dahin. “Es geht, wie du schon weißt, nun die Via Appia entlang und wir werden kaum eine Pause einlegen. Und deshalb werden wir schon sehr bald in Capua sein!“
Ein wenig erzählte er mir noch über die Strecke und verkaufte mir für teure Sesterzen noch ein bisschen Proviant in Kisten und Säcken, die ich Grian anreichte, damit sie sie im Wagen verstauen konnte.
Der Nasir verabschiedete sich verabschiedete vorübergehend und bestieg ein Pferd, während ich Muckel mit emsigen Worten animierte, sich doch auf den Kutschbock zu trauen, den er schließlich auch erklomm. Einen Moment bereute ich meine volumigen Worte, mit welchen ich seinen Kenntisreichtum in dieser Sache gelobt hatte, weil ihn die Angelegenheit fürchterlich mitzunehmen schien. Dann aber bestieg auch ich das Wageninnere und ließ mich auf sitzend auf die Legemöglichkeit fallen.
“Oh Grian!“, seufzte ich schwer und ich schaute ihr entgegen und ich wollte auch lächeln und noch mehr von mir geben, als es fürchterlich ruckte. Dazu schallte ein ängstlicher Schrei zu uns hinein, der eindeutig von Muckel stammte. Dann holperte der Wagen bestimmt einige Meter in hoher Geschwindigkeit über das Pflaster der Via Appia, während auch andere Männerstimmen laut wurden. Offenbar versuchten diese unsere Pferde aufzuhalten, während ich halb von der Liege gekippt am Boden lag und ebenfalls Laute des Schreckens und Missfallen von mir gab. Dann aber wurde die Fahrt wieder ruhiger und alles beruhigte sich ein wenig. So auch ich. “Vielleicht… wäre es nun an der Zeit für… das Morgenmahl!“, erklärte ich unter dem Versuch mich selbst und meine Sklavin zu beruhigen und deutete dabei auf den nunmehr vorhandenen Proviant. “Du darfst Muckel da nicht so ernst nehmen!“, nahm ich nun den Faden ihrer Empröung von vorhin wieder auf. “Du wirst das schon wunderbar machen!“ Ich nickte ihr zu und lächelte wieder. Voller Hoffnung. Hoffnung, die sich über alles spannte.