Beiträge von Titus Helvetius Ocella

    Ocella nickte während der Ausführungen der Duumviri. Die Aufaben waren nun verteilt, was antürlich auch eigentlich nur eine Formalie war, sodass die beiden Aedile direkt nach dem Gespräch mit der Arbeit beginnen und ihre Scribae sich einarbeiten konnten. Für Ocella derweil war eine Einarbeitung nicht unbedingt erforderlich, war er doch vorher schon Scriba in seinem jetzigen Fachbereich und kannte einen Großteil der Vorgänge bereits, da sie bereits über seinen Tisch gegangen waren. Lediglich die ihm zugeordneten Scribae würde er wohl direkt hiernach aufsuchen, um Arbeitsrichtlinien festzulegen.


    Der Hortensiert hingegen hätte da etwas mehr Mühe, musste er sich schließlich erstmal mit den liegengelassenen Vorgängen vertraut machen und versuchen dabei nochmal die "Notfällle" ausmachen, damit nicht in seiner Amtszeit irgendein schlecht gepflegtes Gebäude innerhalb seiner Amtszeit ohne Wissen des zuständigen Aedils zusammenfiel wie ein Kartenhaus im Wind. Jedenfalls würde auch er sich direkt an die Arbeit machen und folgte daher auch konzentriert den Ausführungen der Duumviri.


    Nachdem diese schließlich geendet hatten, ergriff diesmal zuerst Vaticanus das Wort: Ich habe vor, die öffentlichen Gebäude in Ostia ein Grundsatzprüfung zu unterziehen. Sollte sich dabei herausstellen, dass Gebäude baufällig oder renovierungsbedürftig sind, habe ich vor, diese umfassend durchführen zu lassen. Auch werde ich die Straßen, die Stadtmauer und die Stadttore einer solchen Prüfung unterziehen und gegebenenfalls Erneuerungen vornehmen zu lassen. Es wird darum gehen, dass Ostia schicker und moderner aus diesem Bürgerkrieg hervorgeht, damit wir mit Stolz sagen können, dass der Bürgerkrieg unsere Civitas nur noch stärker gemacht hat. So verfiel er zum Ende wieder in leichten Populismus, der ihm irgendwie zu eigen war. Natürlich wusste er auch von den Tempelbauplänen des Iuliers, wenn der das allerdings umsetzen wollte, würde es auch unter dessen Verantwortung fallen. Vaticanus würde höchstens ein Auge auf die Bauarbeiten werfen, damit da nicht gepfuscht wird. Mehr aber auch nicht.


    Nach Vaticanus war nun Ocella an der Reihe. Er öffnete seine Tabula, in die er seine Ziele notiert hatte und begann nun mit einem kurzen Vortrag. Mir wird es vor allem darum gehen, die innere Sicherheit unserer Civitas zu stärken. Hierzu wird es ein intensives Gespräch mit Tribunus Fabius geben, bei dem ich ein Sicherheitskonzept für die Civitas erarbeiten möchte: Wie werden die Tore und Stadtmauern besetzt? Soll es regelmäßige Sicherheitsgänge durch die Civitas geben? Wie wird in der Nacht der Brandschutz gewährleistet? All diese Fragen plane ich zu klären. Manch einer könnte in der jetzigen Situation auf die Idee kommen, dass das allgemeine Bürgerkriegschaos auch auf Ostia überspringen könnte. Diese Idee gilt es von Anfang an auszuschließen. Er machte eine kurze Pause und ein Häkchen hinter den ersten Punkt. Weiterhin wird es um die Getreideversorgung gehen. Während meiner Tätigkeit als Scriba gab es noch einige Vorgänge, die erledigt werden müssen. Hierzu werde ich erneut mit Procurator Germanicus aufnehmen, um diese Vorgänge schließen zu können. Ein weiterer Haken folgte. Zuletzt werde ich eine umfangreiche Prüfung der Vergabe der Handelslizenzen in der vergangenen Amtszeit veranlassen. Sollte es dabei weitere Fälle, wie den unseres... Freundes Lavenius geben, werden diese umgehend rückgängig gemacht. Damit endete er erstmal, um abzuwarten, ob die Duumviri weitere Angelegenheiten bearbeitet wissen wollten.

    Nach einigen kurzen Reden von Gegnern und Befürwortern erhob sich nun Ocella in seiner Eigenschaft als Aedil, um das Wort erteilt zu bekommen. Sodann sprach er: Werte Decuriones! Der Betrieb des Barbiers "Kaiserschnitt" steht seit längerem still. Es kommt die Civitas deutlich günstiger, wenn wir an dieser Stelle einen Schlussstrich unter dieses Kapitel ziehen und den Barbier zu veräußern. Dies käme zudem unserer Stadtkasse zugute, die, wie der ehrenwerte Duumvir Iulius ausführte, jede Einnahme gut gebrauchen kann. Daraufhin setzte er sich wieder hin und verfolgte den Fortgang der Debatte.

    Die beiden Aediles betraten das Officium, grüßten ebenfalls freundlich zurück und setzten sich dann jeweils auf einen Platz. Der Cassier war offensichtlich wieder vollständig genesen, wobei Ocella immer noch nicht klar war, worin die Erkrankung jetzt eigentlich genau bestand oder wie sie ausgebrochen war. Das war allerdings jetzt Nebensache.


    Sowohl Ocella, als auch Vaticanus waren jeweils mit einer Tabula gekommen, auf der sie Ziele und Vorhaben notiert hatten und auch weitere notieren konnten. Und selbstverständlich hatten sich die beiden Männer auch abgesprochen, wer welches Amt übernehmen würde. Daher ergriff zuerst Ocella das Wort: Wenig überraschend habe ich vor die Aufgaben des Aedilis Mercatuum zu übernehmen. sagte er mit einem leichten Lächeln und schaute danach hinüber zu Vaticanus, der zustimmend nickte und dann anfügte: Ich möchte entsprechend das Amt des Aedilis Operum Publicorum übernehmen. Die Absprachen bestanden schon seit dem Beginn des gemeinsamen Wahlkampfs und offensichtlich wollte auch niemand daran rütteln.

    Kurz nach dem Ende der Sitzung des Ordo decurionum erschien Ocella im Vorzimmer des Officiums der neuen/alten Duumviri. Er begrüßte Ostianus freundlich und wartete einige Momente, bis er hinein gelassen wurde. Es würde das erste offizielle Treffen der neuen Magistrate Ostias sein, Weichen würden gestellt und Aufgaben verteilt. Natürlich gab es schon erste grobe Absprachen, nun galt es aber, damit zu beginnen, Nägel mit Köpfen zu machen. Kurz nach ihm erschien auch Vaticanus, der noch zwei Scribae einstellen musste, damit sein Officium vollständig war. Ocella hingegen hatte einen Mitarbeiterstab schon vollständig

    Ocella und Vaticanus traten sodann in den Sitzungssaal. Ruhigen und gleichmäßigen Schrittes ginen bis zur Mitte des Saal, wo sie von jedem Decurionen etwa gleich gut gesehen werden konnten und grüßten jeweils mit einem kurzen Kopfnicken zu beiden Seiten und in Richtung der Duumviri. Dann trat Vaticanus einen Schritt zurück und ließ seinem Amtskollegen Ocella den Vortritt, der ja ein besseres Ergebnis eingefahren hatte.


    Werte Decurionen! begann der Helvetier daraufhin seine vorbereitete kurze Rede. Mein Name ist Titus Helvetius Ocella, Enkel des Publius Helvetius Gracchus, gewesener Duumvir der Civitas Ostia. Vor allem bei den älteren Decurionen nahm er daraufhin ein Kopfnicken wahr. Diese schienen sich an seinen Großvater zu erinnern. Ihr und die Bürger der Civitas haben mir das Vertrauen geschenkt, das Amt des Aedilis Ostiensis in der kommenden Amtszeit wahrzunehmen, sodass ich nun auch weiterhin meine Energie für unsere schöne Civitas einsetzen darf. Er begann eine große Geste mit seinem rechten Arm, die alle im Sitzungssaal einzuschließen schien und bis .Es ist mir daher eine Freude und Ehre zugleich mein Amt am heutigen Tage vor euch, werte Decurionen, antreten zu dürfen, die ihr doch viel für diese Civitas getan habt. Dies steht mir noch bevor. Jetzt beendete er die eben begonnene Geste und legte die Hand auf seine Brust. Ich möchte euch an dieser Stelle für diese Ehre danken, die ihr mir zu Teil werden lasst und hoffe zugleich auf eine gute Zusammenarbeit in der kommenden Amtszeit Daraufhin trat Ocella zurück, blickte sich das erste Mal bewusst im Sitzungsaal um. Er sah den ehemaligen Aedil Herennius, der in einer hinteren Reihe der ehemaligen Aedile saß, daher erst jetzt. Dieser sah den Helvetier ausdruckslos an und wandte sich dann zu seinem Sitznachbarn, Ocellas Wissen nach ein gewisser Egilius Afer.


    Allerdings kümmerte er sich nicht weiter darum, da nun sein Amtskollege Vaticanus vortrat, in seiner üblichen Art eine Lobeshymne auf die Civitas, ihre hervorragenen Decuriones und die fähigen Magistratete von sich gab und schließlich mit einer noch größeren Geste, als Ocella, die Decuriones miteinbezog. Ocella musste kurz schmunzeln, machte Vaticanus bei öffentlich Reden doch immer etwas zu viel für seinen Geschmack, allerdings brachte der Helvetier seine Mimik sofort wieder unter Kontrolle, bevor noch jemand meinte, er würde sich über seinen Kollegen lustig machen. Dies war nämlich ganz und gar nicht der Fall. Er schätzte Vaticanus sehr und hatte ihn stets als fähigen und effektiv arbeitenden Man kennengelernt, der die Pflicht ebenso hoch stellte wie Ocella. Und das brachte die beiden oft auf die gleiche Wellenlänge.

    Ocella hörte sich die Worte des Duumvir an und nickte immer mal wieder zustimmend. Nicht dass er Duumvir schon an seinem ersten Tag anfing abzudrehen und irgendwelche Stimmen in seinem Kopf zu hören vermeinte, die ihm womöglich noch absurde Anweisungen gaben, wie dieser die Civitas zu leiten hatte. Ganz abgesehen davon hatte Ocella ohnehin nur noch wenig Zeit, bis die Sitzung des Ordo decurionum beginnen würde, und er hatte immer noch diese Akten aus dem Archiv zu holen, die er und Vaticanus für die Sitzung benötigen würden. Daher war er froh, hier nicht noch Seelendoktor für einen verwirrten Duumvir spielen zu müssen, sondern es direkt weitergehen konnte.


    Bestens, Duumvir. Wir sehen uns dann gleich bei Sitzung. sagte Ocella ebenso kurz angebunden, wie der Iulier, schob noch ein kurzes Vale! hinterher und verließ nun mit beschleunigtem Schritt, sofern das die Toga zuließ, den Garten Richtung Archiv.

    Ocella ging grade durch Gänge der Curia, als er an der Tür zum kleinen Garten der Curia vorbeikam und kurz rausschaute. Für die Sitzung des Ordo decurionum wollte er sich noch Akten aus dem Archiv holen. Er war schon an der Tür vorbei, als ihm etwas seltsam vorkam, er die Stirn runzelte und wieder einige Schritte zurücktrat. Der zukünftige Aedilis Ostiensis schaute nun genauer hin und erblickte den ziemlich orientierungslos wirkenden Iulier. Dieser blickte sich ständig um, schaute nach links und rechts und dann wieder nach vorne... Er würde doch nicht...


    So schaute sich Ocella um, ob noch jemand dort war, sah aber niemanden und trat dann ebenfalls nach draußen. Auch als er sich dem Iulier näherte, sah er niemanden, mit dem sich dieser möglicherweise unterhalten oder diesen hätte so verwirren könnte. Er wartete noch einen Augenblick bevor er den Iulier dann ruhig ansprach: Salve, Duumvir. Ist alles in Ordnung?

    [Blockierte Grafik: http://www.abload.de/img/brcknero9j4e.jpg]| Appius Hortensius Vaticanus - Aedilis Ostiensis (in spe)


    Sowohl Ocella, als auch Vaticanus standen am Eingang und warteten darauf, auf ihre Plätze gerufen zu werden. Die beiden gewählten Aedile waren in ihre bestens Togae gekleidet und hatten sich vor Beginn der Sitzung noch persönlich bei ihren Unterstützern in den Reihen der Decuriones bedankt. Nun, als sich die Decuriones an ihre angestammten Plätze begaben, warteten die beiden auf ihren Einsatz und unterhielten sich noch über mögliche weitere Unternehmen, die sie aus dem Officium der Maistrate heraus umzusetzen gedachten.

    Ocella wartete bereits mit einigen anderen Scribae in der Eingangshalle auf den Curator. Der Helvetier hatte nun doch auf seine Toga verzichtet, seine Tunika aber extra nochmal gesäubert. Ganz abgesehen davon war er ja auch nur für den Empfang und nicht für den Glanz der Civitas verantwortlich. Das mussten immer noch die Magistrate und vor allem die Duuviri machen. Als dann der Tross des Curators - mit einiger Verspätung - in die Halle trat, musterte Ocella zuerst die Ankommenden. Vorneweg ging ein älterer Mann und der Helvetia entdeckte sofort den Latus Clavus auf dessen Tunika und den goldenen Senatorenring an dessen Hand. Da es unwahrscheinlich war, dass ein weiterer Senator zum Tross des Curators gehörte ging Ocella sogleich mit einem freundlichen Gesicht auf den älteren Mann zu. Salve, Curator Octavius Victor, und herzlich Willkommen in der Civitas Ostia. Mein Name ist Titus Helvetius Ocella, ich bin Scriba Ostiensis und habe von den Duumviri Cassius Hemina Minor und Iulius Dives den Auftrag bekommen, dich umgehend in deren Officium zu führen. Ich würde dich daher bitten, mir zu folgen.


    Weder war es die Aufgabe des Scriba, noch stand es ihm zu, den Curator lange aufzuhalten. Ihm war ohnehin unwohl dabei, dass ein einfacher Scriba einen Curator von Prätorenrang zu empfangen. Hätte dieser Standesdünkel oder nur schlechte Laune, wäre Ocella wohl der erste, der die gesamte Wucht abkriegen würde. Entsprechend höflich fiel daher auch die Aufforderung/Bitte aus, dem Helvetier zu folgen, der ihn direkt ins Officium Duumvirorum führte... >>>

    Ocella führte den Curator mit einem an Ostianus gerichteten Nicken zuerst ins Vorzimmer. Die Tür zum Officium stand offen (in weiser Voraussicht), sodass der Curator direkt ins Officium geführt werden konnte. Ocella nahm derweil seine Unterlagen zur Getreideversorgung von Ostianus entgegen, folgte dem Curator ins Officium und wandte sich dann diesem zu. stellte sich an den Platz, den er immer einnahm, wenn er den Duumviri assistierte.

    Einen langen Weg hatte der Bote aus Ostia hinter sich, als er an der Casa Helvetia in Roma ankam. Er gab eine mit dem helvetischen Siegel markierte Tabula an der Porta ab und machte sich dann auf den Weg, die übrigen Nachrichten abzugeben, damit er schnell wieder nach Ostia zurückkehren konnte.


    Ad
    Gens Helvetia
    Casa Helvetia
    Roma, Italia


    Meine liebe Familie,


    es ibt fröhliche Nachrichten aus Ostia und ebenso freue ich mich, euch mitteilen zu dürfen, dass ich bei den gestern beendeten Wahlen von den Bürgern der Civitas Ostia mit dem besten Ergebnis aller Kandidaten zum Aedilis Ostiensis gewählt wurde!


    Damit trete ich in die Fußstapfen meines Großvaters Publius Gracchus, der bereits Duumvir in Ostia gewesen ist. Auch darf ich euch mitteilen, dass jene Kandidaten, mit denen sozusagen eine Wahlgemeinschaft bestand in ihren Ämtern bestätigt oder neugewählt wurden, weshalb ich mir eine produktive und erfolgreiche Amtszeit verspreche.


    Ich hoffe, dass ich euch bald in Roma werde besuchen können und wünsche euch alles Gute aus Ostia.


    Valete bene,


    Titus Helvetius Ocella
    _____________
    Aedilis Ostiensis (in spe)


    [Blockierte Grafik: http://www.abload.de/img/politofiu3i.jpgPhilinos - Bote


    Und wieder kam der helvetische Bote zur Villa Iuliana Ostiensis, um eine Nachricht für den Iulier abzugeben.



    Ad
    Duumvir Marcus Iulius Dives
    Villa Iuliana Ostiensis
    Ostia, Italia


    Salve Duumvir Iulius,


    ich danke dir für deinen Brief bezüglich dem Ausgang der Wahl. Gleichzeitig gelten dir meine herzlichsten Glückwunsche zur erfolgreichen Wahl und insbesondere zum Erreichen des besten Ergebnisses der Kandidaten für das Duumvirat.


    Ebenso gilt meine Freude dem Abschneiden unserer Mitkandidaten Cassius Hemina Minor, Asinius Celer und Hortensius Vaticanus. Unser Wahlkampf war erfolgreich und trägt seine Früchte nun bei den Wahlergebnissen. Ich bin davon überzeugt, dass der neue Magistrat der Civitas Ostia in seiner Amtszeit hervorragende Arbeit leisten wird, im Sinne einer erfolgreichen und florierenden Civitas


    Vale bene,


    Titus Helvetius Ocella
    _____________
    Aedilis Ostiensis (in spe)



    Nachdem er die Nachricht abgegeben hatte, verschwand er wieder. Wie immer gab es auch noch anderes Nachrichten zu überbringen.

    Wieder hatte sich Ocella in den Garten zurückgezogen. Er saß, ein Buch aufgeschlagen auf seinem Lieblingsplatz, den Blick auf ein Kräuterbeet gerichtet und schwieg etwas vor sich hin. Das Ergebnis der Magistratswahlen stand aus und er fühlte sich außerstande, sich auf den Gedichtband zu konzentrieren, den er in der Hand hielt. Zudem fühlte er eine gewisse Müdigkeit, die sich aus den Anstrengungen des Wahlkampfs entwickelt hatte. So nickte er immer mal wieder weg, wachte dann aber schnell wieder auf.


    Während eines solchen Sekundenschlafs traten der Ianitor Griego und der Maiordomus Promachos in den Garten und ginen schnurstracks zu der Bank auf der Ocella saß. Der Ianitor trug eine Tabula in der Hand. Und reichte sie dem Helvetier ohne Worte. Nach einem genauen Blick entdeckte er das Siegel des Iuliers. Das ist es also, dachte Ocella brach das Siegel, öffnete die Tabula und vertiefte sich in den Text, der, wie bei dem Iulier üblich, recht lang ausgefallen war. Der Ianitor starrte ebenfalls auf die Tabula, während der Maiordomus das Gesicht des jungen Helvetiers im Auge behielt, ob sich etwas von dem Inhalt dort abzeichnete.


    Schließlich legte Ocella die Tabula beseite, schaute die beiden Sklaven an und sagte dann mit fester Stimme: Wir haben gewonnen. Sogleich stand er dann auch mit einem Lächeln auf, das von dem Maiordomus erwidert und von dem Ianitor mit einem zurückhaltenden Nicken bestätigt wurde und alle gingen ins Tabilnum, wo nun einiges zu tun war.

    Langsam kehrte Ruhe in die Casa ein. Der Wahlkampf war abgeschlossen und nun galt es abzuwarten, wen die Bürger Ostias wählen würden. Ocella saß mit Frugi, Vaticanus und dem Maiordomus Promachos im Triclinum und machten eine Abrechnung der Wahlkampfausgaben. Die Hortensia, aus der Vaticanus stammte, würde für einen Großteil der Kosten aufkommen, waren sie doch froh darüber, dass ihr Nachkomme Vaticanus über die Kontakte Ocellas in eine so optimale Position gebracht wurde, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit seine politische Laufbahn standesgemäß würde beginnen können.


    Die übrigen Kosten übernahm Ocella, dessen Verbindungen ihm einiges eingebracht hatten, dass er aber sofort wieder ausgeben musste. Unterm Strich würde davon wohl nichts übrig bleiben, vermutlich würde er sogar noch draufzahlen müssen, was aber gegenüber der Gesamtsumme nur ein verschwindend geringer Teil war. Letztlich hatten sie einiges erreicht und konnten nun zuversichtlich auf die Wahlen blicken, was Ocella auch tat.


    Nachdem das Geschäftliche abgeschlossen war, ließ Ocella einige Kleinigkeiten und verdünnten Wein servieren. Heute würde zumindest das Ende eines erfolgreichen Wahlkampf gefeiert werden. Und morgen, so die Götter wollten, ein erfolgreicher Wahlausgang.

    Natürlich hatte Ocella gemeinsam mit Frugi dafür gesorgt, dass alle Unterstützer, und insbesondere Titus Lavenius, auf dem Platz blieben, bis Hemina seine Rede gehalten hatte. Das war eine lange Zeit, die Anhänger wurden aber von Lavenius mit Essen und Getränken versorgt, sodass sie den Tag quasi spendiert bekommen und dafür nur gute Stimmung für das vermeintliche Quinquevirat und schlechte Stimmung bei den Gegenkandidaten machen mussten. Das war der Dank des Titus Lavenius für den Einsatz des Helvetiers und des Iuliers bei der Wiedererteilung seiner Lizenz. Sodann applaudierten die Anhänger bei der Rede des Asiniers, die im Rahmen der Kandidaturen zur Quaestur gehalten wurde, und besonders laut bei der Rede des Iuliers. Alle Leistungen des Dives wurden enthusiastisch gefeiert und damit auch indirekt als "echte" Leistungen bestätigt. Bei so viel Applaus musste die Rede einfach vollumfänglich wahr sein.


    Nun folgte dann die Rede des Herenniers, die - so schätzte Ocella - immer wieder unterbrochen werden würde, was tödlich für die Konzentration des Redners wäre. Er selbst könnte es nur dadurch schlimmer machen, indem er mit Notizen auf die Rostra trat, was aber selbst Ocella nicht glaubte. Jedenfalls hieß es auszuharren, bis der Cassier an der Reihe war und auch seine Rede zu feiern. Natürlich etwas weniger, als die des Iuliers, schließlich sollte dieser letztlich die meisten Stimmen erhalten und damit erster Duumvir werden, aber in jedem Fall freundlich, da der Cassier, wie jeder wusste, sehr emotional werden konnte.

    Gemeinsam mit seinem Leibwächter kam Ocella um die elften Stunde in der Taberna und setzte sich an einen Tisch. Die Erschöpfung war ihm ins Gesicht geschrieben. Die letzten Tage waren lang und die Nächte kurz. Ringe markierten seine Augen. Heute war er den gesamte Vormittag damit beschäftigt gewesen, Händler aufzusuchen und die letzten Vorkehrungen für die Wahlen in drei Tagen zu treffen. Natürlich alles unter dem Deckmantel von Außenterminen für den Aedilis Mercatuum, den er nach seiner Rede auf der Rostra ohnehin bis auf weiteres meiden wollte.


    Hier in der Taberna sorgte nun sein Leibwächter, der Germane Wolfhart, dafür, dass nur erwünschte Personen an seinen Tisch kommen konnten. Ocella bestellte sich eine halb Kanne verdünnten Weins und machte erstmal Pause.

    Heute war es soweit. Um die achte Stunde trat Ocella gemeinsam mit seinem Mitkandidaten Hortensius Vaticanus und dem nun gemeinsamen Wahlkampfleiter Lutatius Frugi auf die Rostra von Ostia. Der Platz vor der Rostra war gut gefüllt - bei einem Aedilskandidaten verständlich, bei den Duumviri wären wohl deutlich mehr auf dem Platz versammelt - und Ocella sah viele bekannte Gesichter unter den Versammelten. Er grüßte jene freundlich, die nahe an der Rostra standen. Kurz vor ihren Reden wechselten die beiden noch einige Worte und wirkten entspannt.


    Hinter der Rostra herrschte derweil Aufregung. Die Leibwächter von Ocella und Vaticanus organisierten dort eine Menschenkette, die aus ehemaligen jungen Klienten der Gens Helvetia aus Ostia und Händlern mit Militärerfahrung bestand, um mögliche Übergriffe von Anhängern des Ädils und Duumvir-Kandidaten Herennius Camillus zu verhindern. Dieser war bereits durch das Aufeinandertreffen in der Villa Iuliana Ostiensis aufgeschreckt und würde wohl mindestens seine beiden Liktoren zum Platz schicken. Auch rechneten Ocella, Vaticanus und Frugi damit, dass weitere herennische Klienten anwesend waren, die beim kleinsten Wort gegen den amtierenden Ädil auf die Rostra stürmen würden. Auch für den Fall, dass sich herennische Anhänger in der Masse befanden, um gegen die Reden der beiden Ädilskandidaten Stimmung zu machen, war gesorgt. Frugi hatte an zentralen Punkten vertrauenswürdige Anhänger der Kandidaten postiert, die gegebenfalls die Stimmung dort wieder zugunsten der Kandidaten drehen konnten. Diese Veranstaltung war im Rahmen der Möglichkeiten vollständig durchgeplant.


    Frugi schaffte sich mit einer weitschweifenden Kopfbewegung einen Überblick, ob er seine Leute auch sehen konnte - sofern das überhaupt möglich war - und begann dann mit lauter Stimme: Bürger Ostias! Ich stelle euch hiermit die beiden Kandidaten für die Ämter des Aedilis Mercatuum und des Aedilis Operum Publicorum vor: Titus Helvetius Ocella und Appius Hortensius Vaticanus!!! Von den Anhängern hörte man lauten Jubel. Und Ocella trat nach vorne an den Rand der Rostra


    Die erste Hürde, so waren sich alle einig. Würde bereits jetzt zum Beispiel eine Tomate fliegen und die Toga des Helvetiers treffen, wäre die Veranstaltung zu Ende, bevor sie überhaupt richtig angefangen hätte. So hielt Ocella einen Moment inne, bevor er dann ebenfalls mit lauter Stimme - dank des Trainings durch seinen griechischen Sklaven Promachos - das Wort ergriff: Ihr Bürger Ostias! Wie erwartet herrschte wie immer trotz der Reden ein gewisser Lautstärkepegel. Daher legte Ocella nochmal eine Schippe drauf, als er fortfuhr. Wenige von euch werden mich kennen. Mein Name ist Titus Helvetius Ocella, Sohn des Marcus Helvetius Cato, Enkel des gewesenen Duumvir Publius Helvetius Gracchus. Auch dies ließ er erstmal sacken. Namen waren wichtig. Und vor allem, wenn man sich dadurch in die Nachfolge eines Lokalpolitikers stellen konnte, waren sie unerlässlich. Ich bin Scriba Ostiensis und dem Aedilis Mercatuum Herennius Camillus beigeordnet. Sowohl mein Großvater, als auch mein Vater haben mir einiges mit auf den Weg gegeben, darunter auch das Wissen über meine Herkunft hier in Ostia. Daher fühle ich mich der Civitas Ostia besonders verbunden und stehe gerne in ihrem Dienst. Meine Mitarbeiter in der Curia werden versichern können, dass ich meine Aufgaben stets nach bestem Wissen und Gewissen ausfülle und effektiv arbeite. Was mich jedoch zuletzt besonders antrieb, war der Wille zu einer besseren, einer gerechteren Ausübung meiner Pflichten in der Stadtverwaltung.


    Erneut machte er eine Pause. Gerechtigkeit und Tugend waren Schlüsselworte, die aufzutauchen hatten, wenn man Eindruck machen wollte. Jedoch gibt es dort auch Männer, die sich diesen Zielen nicht verpflichtet sehen. Anstatt ihre Aufgaben zu erfüllen, delegieren sie. Anstatt Ansprechpartner für die Sorgen und Nöte der Bürger zu sein, machen sie sich rar. Und anstatt Recht und Tugend walten zu lassen, lassen sie sich von ihren persönlichen Befindlichkeiten regieren. An sich nichts Schlimmes, wenn man es jedoch in den Zusammenhang stellt, dass dadurch die Allgemeinheit Schaden nimmt, ein riesiges Manko für den Angesprochenen. Oft werden sie ersetzt, wenn sich ihre Vorgesetzten darüber gewahr werden, dass sie nur sich selbst im Sinn haben. Wenn jedoch bereits unter den Vorgesetzten ein Mann ist, der den Beamten in der Curia eben dies vorlebt, bleibt nur die Hoffnung, dass es noch jemanden über ihm gibt. Die Duumvirn geben sich alle Mühe, die Fehler dieses Mannes auszubügeln. Jedoch bleibt er unbelehrbar. Wenn man aber nicht mehr zum Wohle der Civitas agiert, mit welchem Recht fordert man dann, dass die Civitas ihn weiter unterstützt? Wie kann man weiter als Stadtbeamter amtieren, wenn man nicht mehr Recht und Tugend walten lässt, sondern Eigensucht und Geltungsdrang?


    Auch hier setzte er eine Pause an. Aus den Reihen der Anhänger kamen wieder zustimmende Rufe. Ocella atmende nun hörbar ein und aus, um die Spannung weiter zu eröhen. Mein Vorgesetzter, Herennius Camillus, hat sich dafür entschieden, sein Wohlergehen über das Wohlergehen der Civitas zu stellen. Er nimmt seine Pflichten nur noch dann war, wenn es darum geht, seine eigene Stellung zu verbessern oder Menschen, die ihm nicht blind nachgelaufen und seinen eigensinnigen Forderungen nicht nachgekommen sind, zu drangsalieren. Erneut machte er eine kurze Pause, die die Anhänger nutzten, um unterstützende Zwischenrufe zu platzieren. Das bekannteste Beispiel ist wohl der Händler Titus Lavenius. Zeige dich doch bitte, Lavenius. Vielleicht haben sich manche von euch bereits gewundert, dass sein Laden bereits seit dem Amtsantritt des Herennius Camillus geschlossen war, hat man dort doch stets hochwertigen Schmuck aus den fernen Provinzen in Syria oder der Region Arabia kaufen können. Herennius hatte dafür gesorgt, dass Lavenius seine Lizenz verlor. Begründung hierfür war der Verstoß gegen den nicht fixierten Codex der Händler Ostias. Wie ihr alle wisst nehmen die Händler den Codex sehr ernst, jedoch konnte mir kein Händler diese Beschuldigung bestätigen. Im Gespräch mit Lavenius und den benachbarten Händlern jedoch kam der eigentliche Grund ans Licht: Herennius wollte den Händler auf einen unrechtmäßigen Preis herunterhandeln und der Händler weigerte sich. Nun wurden Unmutsbekundungen über das Verhalten des Ädils von den Ocella-Anhängern ausgerufen. Jedoch hörte man auch aus einigen Ecken aufgebrachte "Lügner"-Rufe. Titus Lavenius hatte sich derweil auf eine Kiste vor der Rostra gestellt, damit klar wurde um wen es ging. Auch ein Teil der Gesamtinszenierung, der seinen Zweck wohl kaum verfehlen würden So handelte Herennius Camillus entgegen aller Vernunft und Tugend und rächte sich bitterlich an Lavenius: Er entzog ihm seine Lebensgrundlage. Aber er schädigte damit nicht nur den Händler Lavenius, sondern auch die Civitas, die einen allseits anerkannten Händler verlor. Von nun an lebten die Händler Ostias in Angst. Jederzeit hätte es jemand anderes treffen können, der sich den absurden Wünschen des Herennius Camillus verweigerte. Dies ist ein unhaltbarer Zustand!


    Ein weiteres Mal folgte eine Pause. Ocella merkte nun doch, dass er mit seiner Stimme langsam an die Substanz ging. Hoffentlich würde er das durchhalten. Jedenfalls nahm er etwas Lautstärke aus der Stimme, versuchte es aber durch seine Gestik und Mimik auszugleichen. Sicherlich würde das dazuführen, dass die Männer in den hinteren Reihen nichts mehr von der Rede mitbekommen würden. Allerdings war das besser, als wenn seine Stimme plötzlich gänzlich versagte. Herennius darf nicht ein weiteres Mal in die Position kommen, seine Rechte so zu missbrauchen. Ich habe mich entschieden, nicht zu schweigen, sondern gegen ihn aufzustehen. Der ehrenwerte Herennius Camillus wird, wenn es nach mir geht, jene Rolle übernehmen, die ihm zusteht: Als Gärtner von Kamillenpflanzen auf einem Landgut weit weg von Ostia und Rom. Möge er seinen Weg finden, der ihn, so die Götter wollen, nicht erneut in eine verantwortungsvolle Position bringt. Wenn er weiterhin jemanden drangsalieren möchte, so soll er dafür das Ungeziefer in seinem Garten nehmen. Ein Amt jedoch soll ihm auf ewig verwehrt bleiben oder bis zu jenem Zeitpunkt, an dem er sich und seinen Charakter zu ändern bereit ist. Mit einer großten Geste verschaffte er den letzten Sätzen Nachdruck, bevor er fortfuhr. Ich werde derweil für das Amt des Aedilis Mercatuum kandidieren und ich werde dafür sorgen, dass die Händler wieder ruhig und sicher ihren Geschäften nachgehen können, ohne Willkür und Rachgelüste fürchten zu müssen. Die Civitas Ostia liegt mir persönlich am Herzen und so werde ich mit aller Kraft dafür sorgen, dass Ostia weiter voranstrebt. Meinen Kraft stelle ich in den Dienst der Civitas und verlange nicht, dass sich die Civitas in meinen Dienst stellt. Bei den kommenden Wahlen werdet ihr die Möglichkeit haben, jene zu wählen, die sich persönlich, öffentlich und allumfassend korrumpiert haben, oder eine jene, die dazu eine verlässliche und tugendhafte Alternative bieten. Eine solche möchten ich und mein gute Freund Appius Hortensius Vaticanus euch geben. Daher erläre ich hiermit öffentlich und vor euch allen meine Kandidatur für das Amt des Aedilis Mercatuum der Civitas Ostia. Für den letzten Satz hatte Ocella seine letzten Reserven mobilisiert und ihn förmlich hinausgeworfen. Nun konnte er wieder einen Schritt zurücktreten und seinem Mitbewerber Vaticanus Platz machen.


    Auch dieser hielt eine Ansprache, die aber vor allem sachlicher atur war. Natürlich ließ auch er hier und da eine Spitze gegen die anderen Kandidaten und den Herennier fallen, blieb aber ansonsten bei seinen Zielen und Vorhaben, die nach Einschätzung von Ocella doch sehr kostspielig werden würden. Aber er wusste natürlich auch, dass Vaticanus die bekannte, angesehene und wohlhabende Gens Hortensia hinter sich hatte, die ihn nach Kräften unterstützen würden.

    Diese Worte des Senators taten dem jungen Helvetier natürlich gut. Tatsächlich hatte die Gens Helvetia unter Kaiser Iulianus großen Einfluss, stellte derzeit aber nur den altehrwürdigen Senator Helvetius Geminus, der allerdings kaum noch in Roma anzutreffen war. Jedenfalls huschte ein Lächeln über Ocellas Gesicht: Es ist mir eine Ehre, dich kennenlernen zu dürfen, Senator Iulius Centho. sagte Ocella dann und schaute sich um. Ein sehr schönes und eindrucksvolles Haus. schob er dann noch ein ehrliches Kompliment hinterher.

    Der riesige Nubier, der ihnen die Tür öffnete, war dann doch eindrucksvoll. Der Ianitor der Casa Helvetia in Ostia war gegen den ja ein regelrechter Gnom. Jedenfalls grüßte der Helvetier nach der Vorstellung des Iuliers ebenfalls kurz mit einem Salve! und folgte dem Duumvir dann in die Casa.

    Ocella hatte sich ein altes und geduldiges Pferd von einem ebenso alten Nachbarn leihen können, der es ihm - überraschenderweise umsonst - den Tag über überlassen hatte. Der Nachbar hatte lediglich gezwinkert und und mit einem seltsamen Lächeln gesagt, dass er die nachbarschaftliche Freundschaft zu den Helvetiern immer geschätzt hätte und er einem zukünftigen Aedilis Ostiensis doch gerne helfen würde. Während der Gesprächspausen auf dem Weg nach Roma zerbrach sich der Helvetier dann den Kopf darüber, welche Gefälligkeit der Alte wohl beizeiten einfordern würde. Ocella würde sich direkt nach seiner Heimkehr mal mit dem Maiordomus der Casa zusammensetzen und über das Verhältnis zu den Nachbarn auf den neusten Stand bringen lassen.


    Nun allerdings stand er vor der Casa Iulia in Roma und er müsste ein Tor sein, um nicht die Tragweite dieses Besuchs zu verstehen. Er hatte hier die einzigartige Möglichkeit in direkten Kontakt mit einem Senator zu treten, sich selbst vielleicht auch in ein gutes Licht zu rücken und damit auch im Gedächtnis des iulischen Senators und den übrigen Anwesenden haften zu bleiben. So atmete Ocella einmal tief durch, als Dives an die Tür klopfte.