Beiträge von Maahes

    Maahes war sich nicht sicher gewesen, ob er eine Antwort erhalten würde. Aber dennoch hatte er es versuchen wollen. Clarissa war ihm nämlich nicht gleichgültig und schon in Germanien hatte er sie unter seine Fittiche genommen gehabt. Doch nun… Im ersten Moment befürchtete er schon das schlimmste, während der Maiordomus noch überlegte und am liebsten hätte Maahes geseufzt. Nach Arbeitskraft sollte es also gehen. Wenn es danach ginge, dann wäre auch er selbst wohl verdammt auf einem der Sklavenmärkte zu enden, denn seit Dominus Caesoninus nicht mehr unter ihnen weilte, war es sich mehr als nur nutzlos vorgekommen. Von alltäglichen Dingen wie Reparturarbeiten oder Arbeiten im Stall einmal abgesehen. Das alles war wohl mehr oder weniger entbehrlich. Doch als Phocylides nun meinte, dass sich Locusta so positiv über Clarissa geäußert hatte, fiel ihm beinahe ein Stein vom Herzen. Clarissa arbeitete gerne in der Küche und es verging auch kaum ein Tag, an welchem sie nicht über neue Gewürz-Rezepturen nachdachte oder davon schwärmte, wie angenehm ihr doch das Kochen, Backen und Anrühren von Soßen war. Trotzdem blieb nun nur noch zu hoffen, dass das alles vielleicht als überflüssig angesehen wurde.


    Inzwischen war Clarissa auch näher getreten und verfolgte selbst die Worte des Maiordomus mit großen Augen zum Schluss. Sie nickte begeistert auf den Gedanken des Phocylides hin, dass es im neuen Haushalt von Domina Iulia Stelle eine Arbeit für sie geben könnte. Sie strahlte über das ganze Gesicht und wirkte auch sehr erleichtert, jedoch hing für Maahes selbst über dieser ganzen Angelegenheit noch ein große ‘vielleicht‘, denn er war nicht mehr so fürchterlich jung und naiv, um nicht an die absonderlichen Wege zu glauben, die das Leben gehen konnte. Er war vorsichtig geworden. Hoffnungsvoll zwar, aber dabei ohne jedweden Überschwang. “Danke, Maiordomus!“, sagte er noch einmal und nickte dem Mann zu, ehe sein Blick auf Aesara fiel, die nun in der Tür stand und alles wohl von dort aus verfolgt hatte. Sie sah besorgt aus und schenkte ihm nun einen fragenden Blick. “Das sind doch gute Nachrichten!“, flüsterte er Clarissa zu, nachdem er seinen Blick von Aesara gelöst hatte. “Oh ja! Oh ja!“, entkam es Clarissa noch immer erfreut und voller Zuversicht. Nur würden sie es wohl alle abwarten müssen, doch im Augenblick wollte Maahes keine weiteren Fragen mehr stellen. Zuerst musste er alles für sich sortieren und er wollte Phocylides nicht weiter aufhalten, denn immerhin sollte es wohl noch eine Unterredung mit Iduna geben und auch mit Angus. Mit beiden hatte Maahes nichts zu tun und es würde sich zeigen, wie genau es denn nur für ihn weitergehen würde. Für ihn und Clarissa. Und wie die Götter es wohl wollten auch mit Aesara.

    In der letzten Zeit hatte für ihn nicht sonderlich viel zu tun gegeben. Dafür hatte Maahes aber recht viel Zeit zum Nachdenken gehabt, was ihm wie so oft nicht sonderlich gut tat. Besonders, da nun das geschehen war, von dem er gehofft hatte, es nicht noch einmal zu erleben. Sein Dominus war tot. Grausam! Wie auch schon Seneca zuvor, was dem Ägypter ebenso zugesetzt hatte. Nun aber gab es keine Gelegenheit, hier im Haus der Iulier, die Sorgen und Ängste, welche deswegen neben der ehrlich empfundenen Trauer, in einem guten Wein zu ertränken. Eine Schenke war nicht in Frage gekommen, denn Maahes hatte sich noch immer vorgenommen, sich an sein Versprechen, nunmehr die Finger vom Wein zu lassen, einzuhalten. Zum Einen weil es ein Versprechen an seinen Dominus gewesen war, der nun aber nichts mehr davon haben würde, zum anderen, weil es ein Versprechen an Clarissa gewesen war, welche zum Glück aber noch lebte und sich im Haus der Iulier gut eingelebt hatte. Ebenso wie Aesara, die jedoch ihre Nöte wie immer unter eine harten Schale der Unnahbarkeit ihm gegenüber verbarg. Zumindest aber hatte sie ihre Versuche, ihm zu schaden nun eingestellt. Ein Vorteil an dieser Angelegenheit, welche allerdings zu tragisch war, um sie deswegen zu schätzen.


    Die ganzen letzten Tage schon hatte Maahes Überlegungen angestellt, wie es wohl nun weitergehen würde. Wie die Gesetze es wohl gewollt hatten, hatte er nun einen neuen Dominus, der aber bisher weder nach ihm verlangt hatte, noch Anstalten gemacht hatte, ihm zu sagen, wie es nun weitergehen würde. Unter den Sklaven des Caesoninus munkelte man so einiges. Ein Gerücht war unschöner als das andere. Clarissa war darunter so blass geworden, wie sie es schon einmal gewesen war und Aesara überraschend schweigsam. Doch Maahes wollte sich nichts vormachen. Wieder einmal war der Sklavenmarkt näher als ihm lieb sein konnte. Eigentlich gab es kaum etwas, was ihn nun in diesem Hause halten würde, denn er hatte keine Aufgaben mehr. Andererseits war der Markt ein lang gehegtes Schreckgespenst und er würde vieles tun, um nicht noch einmal auf irgendeinem Podest stehen zu müssen. An diesem Tag jedoch sollte es von Seiten des Maiordomus aus einen stichhaltigen Hinweis über das weitere Schicksal geben.


    Die Sklaven Iduna und Angus wurden nun in das Officium einbestellt. Auch sein eigener Name fiel und sein machte einen erleichterten Sprung, als Phocylides ihm mitteilte, dass er nicht verkauft wurde, sondern hierbeleiben konnte. Noch. Maahes hatte genickt. “Danke!“, hatte er aber jedoch nur dem Maiordomus entgegen gebracht, während nun auch Clarissa näher getreten war. Domina Iulia Stella ins neue Heim begleiten zu können klang wirklich verlockend und nach einer guten Aussicht. “Und ich?“, hatte Clarissa geflüstert von ihm wissen wollen. Doch wie hätte er darauf eine Antwort finden können? Immerhin stand nun im Raum, dass einige in die Freiheit entlassen werden würde und andere eben noch immer unter der Vermutung leben musste, eventuell doch verkauft zu werden. Maahes sah den Maiordomus an, der neben ihn getreten war. Vielleicht war es vermessen, aber immerhin war die Frage nicht unberechtigt. “Verzeih‘ meine Frage, Phocylides,“ begann Maahes vorsichtig. “Ist auch schon etwas darüber bekannt, was aus Clarissa wird?“ Das die junge Sklavin sich nicht selber trauen würde zu fragen, wusste er sehr wohl und er hatte schon zu lange auf sie aufgepasst, um sich eben nicht um sie zu kümmern. Aesara war ihm mehr oder weniger egal und sie würde auch für sich selber sorgen können.

    Die vergangenen Wochen hatte Maahes damit verbracht zu versuchen, seine Vergangenheit verblassen zu lassen, was gar nicht so einfach war. Und noch eine Sache war nicht gerade leicht: Die Finger von dem Wein zu lassen, wie er es Locusta mehr oder weniger versprochen hatte. Und auch Clarissa sollte sich nicht mehr in Sorgen um sein Wohl ergehen und fürchten müssen, dass ihr Dominus ihn eines Tages als Nichtsnutz wieder zu einem Sklavenmarkt brachte. Schon lange hatte er innerlich die Verantwortung für die junge Sklavin übernommen und so sollte es auch bleiben. Dennoch, so musste er gestehen, hatte er zunächst noch dann und wann an einem Weinbecher genippt. Immer dann, wenn wirklich niemand es gesehen hatte, die Luft rein war und es keine Zeugen gab. Niemals viel. Nur wenige Schlucke, was als das herausgestellte was es war: Ein riesiger Schritt zurück und eine Serie von kleinen Bergen, die seinen Weg hin zur vollkommenen Nüchternheit nur umso steiniger gemacht hatte.


    Ablenkung hatte er darin gefunden, endlich wieder ein Auge für die Schönheiten des Lebens zu haben und dabei hatte – auch wenn sie gar nicht entdeckt werden wollte – Audata einen Platz gefunden. Sie war ein scheues Wesen voller Schüchternheit, das sich im Hintergrund hielt und nur selten in das Licht der Aufmerksamkeit trat. Trotzdem war sie ihm nicht entgangen und in manchen Zügen hatte sie Ähnlichkeit mit Clarissa. Sanftmütig und anmutig, auch wenn sie das wohl niemals so bestätigt hätte. Sie war ein schönes Wesen, ganz anders als die Harpye Aesara, welche Maahes noch immer das Dasein beschwerte. Von seinem letzten Botengang für Dominus Caesonius hatte er etwas mitgebracht. Einen kleinen orange-roten Karneol, kaum größer als ein Taubenei, welchen er nun in der Hand hielt und welchen ein Händler edler Steine. Maahes hatte den Streit auf dem Markt mitbekommen. Ein Streit von Händler zu Händler, bei dem es zu handfester Schlagfertigkeit kam. Im Gemenge, in das sich auch noch die beiden Geholfen der Männer eingeschaltet haben, war dieser Stein abhanden gekommen, als der Auslagentisch umstürzte und dieser Karneol mit anderen über das Pflaster gerollt war. Dass Maahes in genommen hatte, nur diesen einen von vielen, hatte niemand bemerkt. Für ihn war kein Diebstahl, sondern Glück. Ein Zufall, geschenkt von Fortuna. Ein Geschenkt, welches er nun weitergeben wollte.


    In einem der Flure vor den Cubiculi stand Maahes nun an die Wand gelehnt und wartete, wobei er sich den Stein ,zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten, betrachtete. Er versprach dem Träger Standfestigkeit und Mut, so den Lehren nach zumindest und er sollte Audata gehören, damit er ihr deutlich machen konnte, dass ihr mehr und mehr seine Zuneigung gehörte. Vor seinem inneren Auge versuchte sich ihre Reaktion vorzustellen, während er versuchte, dieses Geschenk wie beiläufig wirken zu lassen. Noch ahnte sie ja nichts von ihrem Glück und seinem Interesse an ihr. Noch war sie in einem der Wohnräume, um dort Ordnung zu schaffen, doch lange würde es wohl nicht mehr dauern und sie hätte ihre Arbeit dort beendet. Bis dahin musste er die passenden Worte gefunden haben, welche irgendwo zwischen Charme, ernster Aufrichtigkeit und Schmeichelei rangieren sollten.

    Maahes war seinem Herrn von dessen Cubiculum aus gefolgt, hatte sich aber wohlweislich natürlich im Hintergrund gehalten, als dieser nun die angekommene Iulia begrüßte, welche sich für das Willkommen bedankte. Sie stellte sich als Iulia Triaria vor, welche aus Athen angereist war. Maahes vermutete, dass es sich um eine entfernte Verwandte handeln musste, doch letzten Endes hatte er nach wie vor keinen Schimmer, wer sie sein könnte. Sein Dominus offenbar ebenso wenig, denn er verlangte nach dem Stammbaum der Familia, welchen ein vorbei huschender Sklave ihm nun bringen sollte. Um ein Haar hätte Maahes gegrinst, denn in einer subtilen Weise amüsierte es ihn. Der Ägypter hatte sich vorgenommen, sich einen jeden in der Umgebung seines Dominus gut zu merken und die Augen und Ohren offen zu halten. Er selbst hatte von Politik und ihren diversen Fallstricken und Verzweigungen keinerlei Ahnung, doch war es nicht verkehrt sich ein damit zu befassen. Seit er dem Wein abgeschworen hatte, was ihm bis zu diesem Tage nicht leicht fiel und ihn oftmals nervös und reizbar machte, wollte er sich ein wenig mehr um Anerkennung in diesem Hause bemühen, was wohl die einzige Karriereleiter war, der einem Sklaven wie ihm offen stand.
    Maahes beeilte sich aber nun, die gewünschte Erfrischung herbei zu tragen. Dazu musste er zunächst einmal in die Küche, wo für den Fall der Überraschung eines Gastes immer ein Tablett für einen solchen Notfall bereit stand. In die Karaffe goss er frischen, lieblich duftenden Wein, stellte noch eine Karaffe Wasser hinzu, ebenso zwei Becher aus Soda-Kalk-Glas, welche recht edel wirkten und Wohlstand repräsentierten. Dazu fand eine kleine Rippenschale mit frischem Obst: Pfirsichen und Weintrauben. Dann machte er sich wieder zügig auf den Weg zu den Herrschaften, welche wohl noch ein Gespräch verwickelt waren. Das Tablett setzte er ab, goss Wein in beide Becher und verdünnte diesen dann. Die Rippenschale fand auf einen Tisch, sodass beide Parteien gut an sie herankommen konnten. Einen Becher reichte er der Iulia, den anderen seinem Herrn.

    Maahes war gerade damit beschäftigt gewesen gemeinsam mit einem anderen Sklaven eine Truhe zurecht zu rücken, die von einem Cubiculum ins nächste getragen werden sollte, damit die Damen des Hauses auch genug Stauraum für ihre Kleidung finden konnten. Als sie noch im Flur waren, kam Audata auf in zu. Die junge Ilyrerin machte niemals viele Worte und zumeist machte sie auch den Eindruck, mit den Wänden der Villa verschmelzen zu wollen, damit sie niemandem auffiel. Doch dem Ägypter war sie aufgefallen. Bereits mehrere Male, doch angesprochen hatte er sie noch nicht. In seinen Augen war sie sehr hübsch. Eine von jenen Frauen, die gar nicht wussten, wie viel Anmut in ihnen steckte, wie viel Liebreiz. Als er sie sah, lächelte er ihr entgegen, navigierte aber gemeinsam mit dem anderen noch die Truhe an ihren vorgesehenen Platz. “Der Dominus Caesoninus wünscht, dass du zu ihm kommst!“, sagte sie recht leise, als hätte sie Angst, die beiden anderen Sklaven bei etwas Wichtigem zu stören. “Er ist in seinem neuen Officium.“


    Maahes nickte. “Ich werde gleich zu ihm gehen,“ sagte er und schenkte der Sklavin noch ein offenes Lächeln, ehe er zu dem anderen schaute. “Schaffst du den Rest erstmal allein?“, wollte er wissen. Als der andere nickte ging der Ägypter zur Tür. Wie immer wenn der Dominus rief, hieß es alles stehen und liegen zu lassen. Wahrscheinlich hatte er wieder jede Menge Briefe geschrieben, doch das war zunächst nur eine Vermutung. Am neuen Officium angekommen, klopfte Maahes an die Tür, zögerte dann aber nicht einzutreten. “Dominus!“, sprach er sein Gegenüber an, das in der neu eingerichteten Räumlichkeit irgendwie erhabener wirkte als in seinem Wohnraum mit Schreibtisch. Immerhin war nun Vigintivir.

    [...]


    Am Cubiculum des Dominus angekommen klopfte Maahes an die Türe und entgegen seiner eigentlichen Art wartete er nicht auf ein ‚Herein‘, sondern öffnete das Türblatt ein Stück. “Dominus? Im Atrium ist eine Dame angekommen. Eine Iulia. Sie hat Gepäck dabei!“ Mehr vermochte er selbst nicht zu sagen, doch er hoffte es würde ausreichen.

    [...]


    Auch Maahes war gerade zugegen, als der Ianator ein wenig Eile in den Raum brachte. Dabei erhaschte er nur einen sehr flüchtigen Blick auf die Frau, die nach Einlass begehrte. Was er jedoch mitbekommen hatte war, dass nach dem Herrn geschickt werden sollte, was Maahes gerne übernahm. Vibilius unterdessen deutete auf eine Kline in der Nähe des Impluviums, damit die Angekommene einen Moment Platz nehmen konnte. Natürlich würde er sich auch nach einer Erfrischung umsehen.

    | Vibilius


    Vibilius Blicke waren noch immer fest auf die Dame vor der Tür gerichtet. Auf ihr Nicken hin, nickte auch der Ianator ihr zu und in der Tat öffnete er die Tür ein wenig weiter, als sie nun meinte, eine Iulia zu sein. Erst als die Worte richtig in ihm sacken, erstrahlte dann ein Lächeln in seinem Gesicht und die Pforte wurde vollends geöffnet. “Verzeih‘ mir!“, brachte der Ianator heraus und erst jetzt fiel sein Blick auf die Begleitung mit dem Gepäck. “Trete ein. Ich werde nach dem Herrn Caesoninus schicken und jemanden finden, der sich um das Gepäck kümmert.“ Dann schaute er sich hastig um und erblickte dann einen Sklaven, der sich gerade anschickte, durch das Atrium zu huschen. “Hol jemanden“, befahl er ihm. “Und lass‘ nach dem Herrn schicken!“ Im Anschluss trat Vibilius zur Seite, um der Iulia Platz zu machen, damit sie eintreten und in das Atrium voranschreiten konnte.

    | Vibilius


    Der Ianator hatte das Klopfen natürlich gehört. Immerhin hatte er auf seinem Schemel nahe der Tür geharrt. Nun erhob er sich, um eben jene Tür zu öffnen. Jedoch zunächst nur einen Spalt, bis er einer jungen Frau angesichtig wurde. Nun öffnete sich die Tür schon weiter. Jedoch auch dieses Mal nur so weit, um sich selbst gestatten zu können, sie in Augenschein zu nehmen. Seine Blicke wanderten von ihren Füßen bis hinauf zu ihrem Gesicht, wobei sie einen Moment auf Höhe ihrer Arme gezögert hatten. Schließlich schien dort ein wenig Blut geflossen zu sein. Skeptisch schaute er ihr dann ins Gesicht. "Salve!", grüßte er dann, ehe er die Frage anschloss. "Du wünschst?"

    Nachdem einige Wände in der Nähe des Forums mit Graffitis überzogen waren, machte sich Maahes mit seinen Begleitern auf, auch noch andere Häuserwände mit der Wahlaufforderung für seinen Dominus zu überziehen. Während ein Mann dastand, um Schmiere zu stehen, machte sich Maahes selbst daran, die Botschaft an den Mauern anzubringen. Recht wohl fühlte er sich dabei nicht und es fiel ihm schwer in diesen Schmierereien einen Sinn zu sehen, doch die Wege und Mittel der Politik waren nichts, was ihn beschäftigen sollte. Für ihn stand die Zufriedenheit seines Herrn im Vorderund und nach wie vor war es wichtig, dessen Gunst zu erwerben. Nicht für sich selbst, sondern vor allem auch für Clarissa, die ihm wie eine jüngere Schwester geworden war.


    Imm wieder tauchte Maahes den Pinsel in die drei kleinen Farbeimer, welche sie bei sich führten und er hatte gerade den letzten Streich getan, als die Stimme seines Mitsklaven ihn mahnte: "Da kommt wer!" Maahes ließ den Pinsel sinken und gemeinsam machte man sich nun daran, den Ort des Geschehens zu verlassen. Hinter einer Häuserecke blieb Maahes stehen und betrachtete sich einen Mann, der sich anschickte, die Graffitis eingehend zu studieren. Auffällig genug waren sie auf jeden Fall und dieser Mensch würde nicht der einzige sein, der sich durch sie vielleicht beeinflussen ließ.



    Vielleicht bedurfte es auch gar keiner besonders guten Sprüche, sondern eine schlichte Botschaft würde genügen. Mit drei weiteren Mitstreitern hatte sich Maahes auf den Weg gemacht, um einige Häuserwände mit den gewünschten Graffitis zu versehen. Auch einige Häuser in der Subura waren nicht ausgespart geblieben. In der Nähe des Forum, dort, wo besonders viel Publikumsverkehr herrschte, fand sich dann auch noch ein Plätzchen, um die Werbung an die Wand zu bringen:





    Maahes betrachtete sich sein Werk einen Moment lang. Dann zog die Truppe weiter.

    Maahes stand vor dem Schreibtisch seines Herrn. Einen Moment lang glaubte er, seinen Ohren nicht trauen zu können. Er sollte Graffitis an den Wänden anbringen? Seine Augen weiteten sich leicht. Derartiges hatte er noch nie getan. Dennoch hörte es sich nun nicht so an, als würde sein Dominus irgendeine Form von Widerspruch hören wollen. Nicht einmal einen Einspruch. “Ich…,“ begann er dennoch etwas zögerlich. “Natürlich, Dominus!“ Er verneigte sich leicht und trat dann einige Schritte zurück, um den Raum wieder zu verlassen. Bisher hatte sein Dominius nicht gesagt, was dieser für einen Spruch an den Wänden wünschte. Doch das würde sich sicherlich lösen lassen, so die Götter denn wollten. Dann machte er sich auf den Weg zu Polycylides, um sich die Hilfe zu verschaffen. Besonders aber Farben und Pinsel. Dann machte er sich noch etwas ratlos auf in die Stadt.

    Es war für Maahes ein sehr ruhiger Tag gewesen, was im Grunde genommen erstaunlich war. Nach einem Morgenmahl war ihm keine sonderlich große Aufgabe zugekommen, weshalb er sich seine Arbeit an diesem Tag selbst gesucht hatte. Der Sklave, welcher vom Dominus zu ihm geschickt worden war, fand ihn im Garten vor, wo er mit einer einer kleinen Hacke den Boden um die Rosenstöcke herum auflockerte und das Erdreich vom wuchernden Unkraut befreite. Es war eine sehr zufridenstellende Arbeit, die für ihn schon beinahe etwas Meditatives hatte. Außerdem erinnerte sie ihn an den Garten in Germanien. Überhuapt hatte er viel an das Haus gedacht und natürlich auch an Iunius Seneca, welchem er mit der Erlaubnis seines neuen Herrn und der Unterstützung von Locusta ein kleines Weinopfer dargebracht hatte. Zugleich hatte er dieses Opfer nutzen wollen, um seinem Drang nach diesem Getränk abzuschwören. Mit der Hilfe der Götter würde dies vielleicht sogar gelingen.


    Als ihm die Nachricht überbracht worden war, legte er seine Hacke beiseite und erhob sich, um sich auf den Weg zu Caesoninus Cubiculum zu machen. Ihm war aufgefallen, dass sein Herr in der letzten Zeit besonders oft am Schreibtisch saß. Wohl um seine Karriere voranzutreiben. Genaueres wusste er aber nicht, doch schien der Dominius ein engagierter junger Mann zu sein, der vom Leben Großes erwartete. Am Cubiculum angekommen, klopfte Maahes an die Tür und da diese nicht zur Gänze verschlossen war, öffnete er sie auch gleich ein wenig. In der Tat konnte er so bereits den Dominus sehen, der wie schon gedacht, an seinem Schreitisch saß. “Dominus?“, fragte Maahes in den Raum hinein und trat dann ein. “Du hast einen Auftrag für mich?“ Langsam trat er an den Schreibtisch heran.

    Maahes hatte keine Umwege gemacht und gab den Brief, welcher nach Germanien gehen sollte ab.



    Ad
    Lucius Annaeus Florus Minor
    Tribunus Laticlavius
    Legio II Germanica
    Mogontiacum


    Salve mein Freund!


    Ich hoffe, dass du eine möglichst unbeschwerte Reise hattest und gut in deinem neuen Einsatzort angekommen bist! Sag an, wie ist das Wetter und das Klima so im hohen Norden? Wirklich so rau und kalt und neblig, wie immer alle sagen? Es ist ja abzusehen, dass ich vermutlich auch in der näheren bis mittleren Zukunft einmal als tribunus laticlavius dorthin versetzt werde, angesichts der Ernennungen der jüngeren Vergangenheit. Du eben jetzt, oder auch mein Neffe, Manius Iulius Avianus soll ebenfalls in Mogontiacum stationiert gewesen sein neben einigen anderen. So kann ich mich schon einmal auf die zu erwartende Kälte einrichten, falls du mir dieses hartnäckige Gerücht wirklich bestätigen solltest.
    Was hast du sonst so bisher vom Lagerleben schon mitbekommen? Liegt dir dein Tribunat bisher?


    Doch an dieser Stelle nun genug der Fragen. Sicherlich brennst du darauf zu erfahren, was solange in Rom geschehen ist. Doch um die Wahrheit zu sagen; nicht viel. Ob das etwas gutes, oder etwas schlechtes sein mag, sei einmal dahingestellt. Ich jedenfalls kann von mir erzählen, dass mich die Arbeit in der Baukommission des Praefectus Urbi Claudius Menecrates ziehmlich einspannt auf der Baustelle der neuen Urbanerstation in der Subura. Daneben darf ich natürlich meine Pflichten am Venustempel ebenfalls nicht vernachlässigen und über allem dem gilt es auch noch meinen Wahlkampf als Vigintivir vorzubereiten. Doch bevor ich zu diesem Thema komme, will ich noch kurz erwähnen, dass ich am Tempel vor kurzem erst exakt einen Mann aus Mogontiacum zu Gast hatte! Und jetzt bist du in genau jener Ecke des Imperiums, wie klein doch die Welt ist, oder? Sein Name war Norius Carbo, sagt dir der irgendwas? Bzw. hast du diesen Namen schon einmal gehört, seit du in Germanien bist?
    Was mich und meinen Wahlkampf also angeht, so bin ich noch zugegebenermaßen in der Planungsphase. Ich habe meine Kandidatur bereits brieflich bei den Consules angemeldet, jedoch weiß ich noch nicht so recht, was ich für ein Wunschamt benennen sollte, würde mich einer der Senatoren danach in meiner Kandidaturrede vor dem versammelten Senat einmal fragen. Ich habe durchaus schon die Befürchtung, einmal nur als eher mittelmäßiger Vigintivir in Erinnerung zu bleiben (falls überhaupt), da mir noch keine aufsehenerregende, oder gar revolutionäre Projektideen für meine Amtszeit gekommen sind, so wie dir zu deiner Zeit. Kannst du mir bezüglich dieser Kandidatur vielleicht irgend einen Rat, oder einen hilfreichen Fingerzeig geben? Es wäre mir eine große Freude und Ehre, ihn erfahren und später umsetzen zu dürfen!


    Doch jetzt schließe ich fürs erste meinen Bericht, ich wünsche dir alles gute und auf das die Götter dich auf allen deinen wegen beschützen und behüten mögen!



    Vale Bene


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    GAIUS IULIUS CAESONINUS
    AEDITUUS VENERIS GENETRICIS


    Domus Iulia | Collis Esquilinus | Roma


    Sim-Off:

    bezahlt

    Als sein Herr die Namen Iunia Axilla und Iunia Caerellia erwähnte, horchte Maahes auf. Bei dem Namen Iunia Caerellia stand sogar ein leichtes Lächeln in seinem Gesicht. Lange hatte er von ihr nichts mehr gehört, doch er erinnerte sich gut an ihren Abend im germanischen Garten, bei welchem er die Ehre hatte, ihr Gedichte vorzutragen. Dies allerdings war nun schon so lange her, dass es gewiss nicht mehr wahr war. Also nickte er nur, als der Dominus meinte, dass Seneca wohl ein wichtiger Mann in der Armee gewesen war. Alte Gedanken keimten wieder auf und auch ein wenig Sehnsucht nach der Provinz, an die er sich erst hatte gewöhnen müssen. Nicht zuletzt aufgrund der wirklich kalten Winter, welche ihm nicht vertraut gewesen waren. “Ich mache mich sofort auf den Weg, Dominus!“, erklärte er dann, als mit dem ..das wäre dann alles... angezeigt wurde, dass sein Herr nun das Gespräch für beendet erachtete. Der Ägypter hielt auf die Tür zu und nahm sich vor, dass er noch einmal in der Küche vorbeischauen wollte, um Locusta zu bitten, ihm ein passenden Opfer für das Grab auszuhändigen, ehe er sich auf direktem Wege zum Cursus Publicus aufmachen würde.

    Es war eigentlich das erste Mal, dass er seinen neuen Herrn ihm gegenüber lächeln sah. Immerhin fand er es nobel, das Gedenken an den ehemaligen Herr aufrecht zu erhalten. Ein gutes Verhältnis hatte er zu Seneca auf jeden Fall gehabt. Also nickte der Ägypter, ehe er antwortete. “Danke, Dominius,“ erklärte er nun seinerseits unter einem leichten Lächeln. Er war froh darüber, etwas der Vorratskammer entnehmen zu dürfen. Wahrscheinlich war es dabei gar nicht nötig, den Maiordomus um Geld zu bitten. Viel eher würde er wohl die Coqua ansprechen, auch wenn er sich sicher war, dass sich mit einer kleinen Kanne Wein gewiss schwertun würde. Doch wie auch immer. Er würde hinausgehen zu dem Grab und diese opfern. Vielleicht würde er auch auf diese Weise über das Drängen in einem Inneren, welches ihn immer wieder zu diesem Getränk hinzog, überwinden können. “Es war Aulus Iunius Seneca,“ sagte er dann. “Ein ehrenwerter Mann Roms und Praefectus Alae in Germania.“ Maahes machte einen Augenblick lang ein betretenes Gesicht, denn es war nicht leicht, sich nun wieder an Germanien zu erinnern. “Ich war dort sein Maiordomus,“ erklärte er aber trotzdem. “Er war ein guter Herr.“

    Offenbar schien der Dominus zufrieden zu sein. Nicht weniger als ein tadelloseses Benehmen war gefordert. Rein äußerlich würde dies sicherlich leistbar sein. Verdrängte man den Weindurst, den er dann und wann verspürte, würde dem auch sicherlich nichts im Wege stehen. Ob er noch eine Frage oder ein Anliegen hatte? Flüchtig dachte der Ägypter nach. Sicherlich gab es Fragen, doch war der Iulier sicherlich nicht derjenige, welcher ihm die Antworten geben könnte. Also schüttelte Maahes zunächst einmal den Kopf. “Nein, Dominius, ich habe keine Fragen mehr und auch nichts, was ich ansonsten vortragen könnte,“ gab er bekannt und verneigte sich wieder leicht. Schließlich wendete er sich ab und machte sich auf den Weg zur Tür. “Das heißt, eine Frage hätte ich vielleicht,“ sagte er dann und drehte sich noch einmal herum. “Ist es mir erlaubt eine Opfergabe zum Grab meines ehemaligen Herrn zu bringen?“, fragte er dann vielleicht etwas zögerlich. Sein neuer Dominus hätte gewiss nichts dagegen, wenn er nach seinen Botengängen einen Abstecher machte, doch das größere Problem bestand sicherlich darin, dass der Ägypter rein gar nichts zum Opfern hatte. Kein Geld und auch keine Speisen, um sie einem Toten am Grabe darbringen zu können.

    Der Ägypter sah den Anflug des Lächeln auf dem Gesicht seines Herrn, der gemerkt hatte, dass es mit seinen Aussagen über die Freundlichkeit, der ihm zugeteilten Aufgaben, wohl übertrieben hatte. Diese Aussagen kommentierte er auch und Maahes atmete einmal kräftig durch. Noch immer wusste er nicht, was er von seinem Dominus halten sollte, denn er hatte ihn bisher viel zu wenig gesehen oder gesprochen, um sich ein vernünftiges Bild machen zu können. Dass Aesara ihn pries hatte nichts zu sagen und darüber hinaus hatten ihre Aussagen auch viel mehr über seine Potenz in den Laken zum Inhalt, als über die Art seines Charakters. Als Caesoninus nun sprach, hörte Maahes aufmerksam zu, wobei er sich einmal mehr belehrt fühlte wie ein dummer Schüler auf einem der Foren.


    Er straffte seine Haltung ein wenig, während er den Worten, dass ein gut arbeitender Haushalt einem Römer durchaus zu noch mehr Ehr‘ verhalf. Natürlich war dabei eine gute Zusammenarbeit in der Hausgenossenschaft überaus wichtig. Als ob er zu jenen gehörte, welche dieser schaden würden! “Natürlich, Dominus!“, sagte er dann bestätigend und nickte neuerlich leicht dazu. Noch immer schaute er seinem Herrn entgegen. “Du wirst keine Gründe für einen Tadel finden,“ fügte er dann noch hinzu. Zumindest was ihn anging. Aesara stand auf einem ganz anderen Blatt und es stand noch immer zu befürchten, dass sie dem Dominius allerlei Flöhe ins Ohr setzen würde was ihn selbst anbelangte.