Beiträge von Galeo Seius Ravilla

    "Seius", wagte Ravilla mit dünnem Lächeln zu korrigieren, sich fragend, ob die Anrede mit dem Namen des berüchtigten Prätorianerpräfekten, dessen Blut in seinen Adern floss, tatsächlich ein Versehen sein mochte. "Galeo Seius Ravilla, Tribunus Laticlavius der Legio XXII Primigenia. Salve, Caesar Appius Aquilius Bala. Momentan debattieren wir über die Optionen zum Bau einer Straße durch das Barbaricum. Vielleicht möchtest du deine werte Meinung zum Sachverhalt äußern?"


    Das Erscheinen dieses Mannes mochte das Zünglein an der Waage sein. Entsprechend schwungvoll zog Ravilla die Karte mit dem Netz der verzeichneten Straßen der Provinz und des angrenzenden Teils von Germania Magna hervor, um sie lesefreundlich vor dem Caesar zu positionieren.


    "Konkret geht es um eine Verbindung von hier", er tippte auf Mogontiacum, "nach da." Er zog mit dem Finger eine Linie quer durch die Wildnis hin zu einer bekannten germanischen Siedlung, welche mit Rom seit Jahren eine fruchtbare Handelsbeziehung pflegte.


    "Über Sinn und Zweck des Straßenbaus im Allgemeinen zum Wohle der Legio und der Zivilisation muss ich wohl nicht referieren. Gegenwärtig sind die Händler angehalten, einen Reiseweg von einer halben Woche in Kauf zu nehmen, indem sie einem Trampelpfad zur Seite des mäandernden Flusses folgen. Die neue Straße soll abseits des Flusses quer durch dieses bislang unerschlossene, aber bereits kartografierte Areal führen. Aufgrund der Verkürzung der Wegstrecke sowie der breiteren Straße würde die Reisezeit sich auf einen Tag verkürzen, zudem wäre künftig der Transport von Waren mittels Karren eine Option, was gegenwärtig aufgrund des Geländes nicht infrage kommt.


    Ich glaube, darüber, dass besagtes Bauvorhaben seine Berechtigung hat, sind der Legatus Augusti pro Praetore und meine Person uns bereits einig." Er gab dem Aemilier mit einer Pause Gelegenheit zu widersprechen. "Zum Zeitpunkt deines erfreulichen Erscheinens, Caesar, waren wir gerade dabei, die Vorteile einer Via publica gegen jene einer Via terrena gegeneinander abzuwägen."

    Ach, fürwahr: Der Liebreiz der jungen Dame brach sich am schroffen Wesen des Scriba, der sich nicht in eine Diskussion verwickeln zu lassen beabsichtigte. Weder Speis noch Trank wurden Iunia Matidia zuteil. So musste sie darben, den Scherenstuhl unter dem holden Leib gleich einem perfiden Folterinstrument spürend, entworfen für Menschen, welche keinen Besuch zu schätzen wussten. Solch eine Person war der Tribun keineswegs, sehr wohl jedoch dessen Schreiber, der seine Freude allein in der Präsenz von Papyri, Stili und Atramenta fand.


    Kalte Dämmerung zog herauf, als Galeo Seius Ravilla, angetan in seinem Panzer, regentriefend heimkehrte. Der üppige Helmbusch, schillernd in dem Wollweiß, Tannengrün und Nussbraun schönster Naturfarben, stand der Nässe zum Trotz aufrecht, darauf hatte er bei dessen Auswahl geachtet. Gleichsam war die Wahl natürlicher Federfarben ein Signal an sich selbst, denn Ravilla fiel es noch immer schwer, den Prunk und Luxus hinter sich zu lassen, den aus seiner Heimat er ward gewohnt. Hinter ihm, nicht minder vom Regen gezeichnet, ging das fleischgewordene Bildnis persischer Arroganz, der bildschöne Sklave Anaxis, den man problemlos hätte mit der Rolle seines Herrn austauschen können, ohne dass jemand den Unterschied in seinem Auftreten würde bemerkt haben.


    Als Ravilla also eintrat und anheben wollte, mit seinem Scriba über das Wetter und die Übung zu sprechen, welche er geleitet hatte, wies dieser mit dem Stilus mürrisch in eine Ecke. Dort saß eine junge Frau, deren Gesichtsausdruck Ravilla wenig Freude zu entnehmen glaubte. In Gegenwart des Schreibers würde dies auch kein Wunder sein.


    "Welch freudige Überraschung. Ein so holdes Antlitz in diesen Hallen erwartet mich nicht alle Tage." Aufgrund seines ausgeprägten griechischen Akzents mochte Ravilla nicht jederzeit gut zu verstehen sein, wenngleich sein Latein bar aller Fehler war. Aufgewachsen war er mit Koine als Mutter- und Alltagssprache, während Latein ihm nur als Zweitsprache ward unterrichtet. "Mit wem habe ich das Vergnügen und wie kann ich dir behilflich sein?"

    "Ich muss einräumen, dass ich mit den Folgen des Wachdienstes auf Körper und Geist nicht aus eigener Erfahrung vertraut bin, Legat. Anzunehmen ist eine fatale Wirkung infolge der Monotonie infolge des Schlafmangels, welchem zum Trotz es die Konzentration aufrechtzuerhalten gilt. Ich meine deinem Hinweis zu entnehmen, dass der Bau der Straße wohl möglich wäre, in Anbetracht der geringen Stärke der Legio jedoch die Soldaten über die Gebühr hinaus zermürben und ihre Kampfkraft nachhaltig schwächen würde."


    Nachdem er diese Dinge zusammengefasst hatte, sinnierte Ravilla einige Augenblicke. Dann nahm er eines der Dokumente zur Hand, welches den Querschnitt einer Straße zeigte. Dies diente nicht der Information des Legaten, welcher über derartige Details bestens im Bilde war, sondern einzig der Veranschaulichung ihrer Diskussion:


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    "Geplant war zunächst der Bau einer Via publica in der Bauart einer Via munita, wie sie auf dieser Illustration zu sehen ist. Bei den Transporten, welche die Ala sichern sollte, handelte es sich demzufolge vor allem um schweres Rohmaterial. Ich erlaube mir, auf der Grundlage unseres Gesprächs folgenden Vorschlag zu unterbreiten: Anstelle dieser aufwändigen Straße könnten wir eine blanke Via terrena ziehen, eine einfache Straße aus planierter Erde. Damit kämen wir beim Bau nicht nur schneller voran, sondern es würden obendrein die Transporte von Stein, Schotter und deren Sicherung obsolet."


    Nun zog er ein zweites Dokument daneben. Er tippte mit seinem manikürten Zeigefinger, an welchem ein goldener Ring funkelte, auf den Plan zur Finanzierung, welcher die Preiskalkulationen für solche Materialmengen beinhaltete.


    "Dies würde sowohl den zeitlichen Rahmen als auch die Belastung des Haushalts nach meiner Schätzung um gut zwei Drittel minimieren. Mit dem eingesparten Geld könnten Zusatzrationen an Wein und eine Prämie für die Soldaten finanziert werden, um die Moral der Truppe trotz der vorübergehenden Verschärfung der Bedingungen aufrecht zu erhalten. Wenn die Dienstpläne es erlauben, kann die Zeitersparnis obendrein für den einen oder anderen freien Tag aufgewendet werden, so dass die Männer sich von den Strapazen erholen können. Freilich nicht alle Milites zeitgleich, sondern versetzt.


    Insgesamt würde die Änderung der Pläne hin zu einer Via terrena zu einer deutlichen Entspannung führen, Legat."

    Ravilla hob pikiert die sauber gezupften Brauen, nachdem er gerügt wurde, eine zuvor gestellte Frage beantwortet zu haben in einer Manier, als hielte er den Legatus Augusti pro praetore für imbezil. Doch gehörte paradoxes Gebaren zweifelsohne zu den Gepflogenheiten in jenen Kreisen der Macht, das auszuhalten er gefordert war, wünschte er seinerseits jenen Weg zu beschreiten.


    Ruhig sprach Ravilla also: "Spaten und Schwert ergänzen einander, Legat. Eine umfangreiche Missio wie die Operation Sommergewitter steht und fällt mit der Logistik. Zweifelsohne ist der Straßenbau keine Aufgabe, die dazu geeignet ist, Ruhm auf dem Schlachtfeld zu erlangen, nichtsdestoweniger ist sie notwendig, um eben militärischen Erfolg zu einem späteren Zeitpunkt zu ermöglichen."


    Konsterniert betrachtete er die Pläne, die noch immer auf dem Schreibtisch aufgefächert lagen, und die vorzubereiten viele Wochen in Anspruch genommen hatte. Nachdem Ravilla die Planung in Kooperation mit Offizieren der Legio, der Ala und der Classis durchgeführt hatte, war für ihn nicht damit zu rechnen gewesen, dass ihm in der Regio ein Wind von solch arktischen Temperaturen entgegenschlagen würde.


    "Man hat mir glaubhaft versichert, die Legio XXII Primigenia besäße die notwendigen Kapazitäten zum Straßenbau, so wie jede Legio, und die Ala könne die Absicherung der Transporte gewährleisten. Sollte sich das inzwischen geändert haben, so ist diese Information nicht zu mir vorgedrungen, und ich bitte um Verzeihung, dich mit dem Anliegen behelligt zu haben."

    Tribun Galeo Seius Ravilla schritt mit seiner üblichen Entourage durch das Übungsgelände, bestehend aus Leibsklave und Ordonnanz. Ergänzt wurde die Gruppe von weiteren Tribuni und deren eigener Gefolgschaft unterschiedlicher Größe und Representativität. Sich mit seinen Kollegen im Amt austauschend und fachsimpelnd, inspizierte er den Ausbildungsstand der Tirones seiner Legio, verglich ihr Können mit den Fertigkeiten, welche die Tirones der Ala und die Classis vorweisen konnten.


    Auch fragte er jene Ausbildungsoffiziere, die gerade für ein Gespräch zur Verfügung standen, nach ihrer Einschätzung zu diversen Details. Man begegnete dem vornehmen Tribun mit dem fernöstlichen Akzent reserviert. Wollte er es ihnen verübeln, wo er doch als Tribunus laticlavius, wie engagiert er sich auch zeigen mochte, weitaus weniger Erfahrung als die meisten Milites gregarii vorzuweisen hatte?


    Tribuni kamen und gingen, für die meisten Inhaber dieses Offiziersranges war der Dienst nur ein notwendiger Schritt auf der Karriereleiter. Selten war ihr Wirken von Dauer. Es waren die Centurionen und Decurionen, welche dem Exercitus Romanus Beständigkeit lieferten. Doch war Ravilla gewillt, allen Widrigkeiten zum Trotz diesmal eine glänzende Amtszeit zu absolvieren und sich nicht einschüchtern zu lassen von der Kälte, die ihm in Germania superior entgegenschlug.


    Mit dem Nebenmann Konversation betreibend, scharf beobachtend, setzte er seine Runde fort.

    Darf ich den werten Spieler des LAPP höflich um eine Fortsetzung des Gesprächs in der Regia bitten, damit ich die Quest beginnen kann? :)


    Könnte im Falle akuten Zeitmangels erwogen werden, ein Mitglied der Spielleitung oder den Narrator Germaniae als Aushilfe einspringen zu lassen? Vom Fortgang der Handlung hängen einige weitere Spielstränge ab, so vor allem die Operation Sommergewitter, für welche der Bau dieser Straße das logistische Rückgrat bilden soll.


    Letztlich geht es allein noch darum, den Befehl zum Bau der Straße zu erteilen, was in ein, zwei Beiträgen zu erledigen sein müsste.

    "Nun, die Straßen bringen die Zivilisation, so wie es im gesamten Imperium erfolgreich gehandhabt wurde und wird, Legat. Straßen sind die Pulsadern einer jeden Großmacht. Man denke nur, vergleichbar, an die Königsstraße der Parther, einem weltweiten Handelsweg, der sich bis nach Cappadocia erstreckt, oder die Seidenstraße der fernen Ostlande. Doch gehe ich davon aus, dass wir nicht über den unbestreitbaren Nutzen eines Straßennetzes diskutieren, sondern vielmehr die Möglichkeiten abwägen."


    Ravilla lehnte sich etwas zurück und verschränkte die Finger, da sie momentan nicht über die ausgebreiteten Unterlagen sprachen, so dass er seinem Gegenüber ins Gesicht zu schauen vermochte.


    "Zunächst möchte ich noch einmal verdeutlichen, dass es natürlich nicht 'mein' Vorhaben ist", sagte er lächelnd, "sondern die Planung in den letzten Wochen gemeinsam mit dem Stab der Legio erfolgte. Ich spreche folglich nicht als ehrgeizige Einzelperson, sondern als pflichtschuldiger Vertreter der Legio XXII Primigenia zu dir. Man würde den Bau, so er genehmigt würde, organisatorisch in meine Hände legen.


    Um deine Fragen zu beantworten: Der Bau von Straßen gehört seit jeher zu den regelmäßigen Aufgaben einer jeden Legio. Insofern müsste die Legio nicht eigens abgestellt werden, sondern der Bau würde sich nahtlos in ihre alltäglichen Aufgaben einfügen. Bei der Absicherung der Materialtransporte für den Bau könnte uns womöglich die Ala unterstützen, doch die Legio ist durchaus in der Lage, dies auch selbst zu gewährleisten."


    Sim-Off:

    Ravilla möchte gern die Quest "Bau einer Militärstraße" absolvieren. :) Link (zweite Marmortafel von oben)

    Dies oft zitierte Rätsel schien Ravilla simpel zu beantworten: "Das Ei natürlich, denn auch die Urmutter aller Hühner wurde nicht geboren, sondern gelegt, sonst wäre sie per definitionem kein Huhn gewesen. Doch wie darf ich den Bogen spannen zu unserer Situation, Legat?" Seine eigenen Gedanken brachten keine Auflösung. Tribun Seius Ravilla ging jedoch davon aus, die Situation würde sich sogleich klären.

    "Ein militärischer Vorstoß bedarf, wie gesagt, einer entsprechenden Logistik. Angedacht ist der Bau einer Militärstraße hinein in jene Gebiete, die nicht durch Wasserstraßen erschlossen sind." Sein manikürter Finger strich über die Karte. "Hier. Die Straße würde nicht nur helfen, unsere Truppen zu versorgen, sondern auch dafür sorgen, dass die Germanen, welche in diesem Gebiet ansässig sind, die Vorzüge der Romanisierung genießen könnten. Sie hätten direkten Anschluss an das römische Handelsnetz. Wer mit Rom handelt, an Rom verdient und die Vorzüge der Zivilisation kennenlernt, hat weniger Anlass, sich der Barbarei und Aufsässigkeit hinzugeben."

    Nachdenklich rieb Ravilla das gepflegte Kinn, an welchem nicht ein Bartstöppelchen zu sehen war. "Bei den Gesprächen in Bezug auf mein Tribunat wurden mir die aktuellen Probleme und Möglichkeiten dargelegt. Ich konsultierte Vertreter der Legio, doch fanden auch die Belange anderer Einheiten ihre Berücksichtigung. Der Offiziersstab verzeichnet eine recht homogene Einschätzung der Sachlage. Ich möchte auf dieser Basis einen konkreten Vorschlag unterbreiten, welchen ich in den einsamen Nächten in meinem Officium ausgearbeitet habe."


    Einem Fächer gleich breitete er die Unterlagen auf dem Schreibtisch des Legaten aus, Statistiken, Pläne zur Finanzierung, Gutachten der Späher, welche das Gelände und dessen Bodenbeschaffenheit ausgekundschaftet hatten. Herzstück der Papyri war jedoch eine detaillierte Geländekarte, die das aktuelle Straßennetz der Region abbildete. Ravilla drehte die Unterlagen so, dass Aemilius Nepos bequem hineinsehen konnte.


    "Die anberaumte Operation Sommergewitter bedarf eines würdigen logistischen Unterbaus. Truppen und Material wollen zügig und sicher verlagert werden. Nach Sichtung der Karten kamen wir zu dem Schluss, dass eine Erweiterung des Straßennetzes in die Tiefe von Germania Magna hinein ein empfehlenswertes Unterfa"ngen sein könnte, um die Wasserstraßen der Classis zu ergänzen." Unausgesprochen blieb, dass nicht nur in der Ala, sondern auch in der Legio inzwischen die Rede war von einem möglichen Verräter in den Reihen der Classis, so dass man auch in dieser Hinsicht auf ein zweites Standbein setzen wollte. "Bevor ich dich mit Details belästige, bitte ich um deine Einschätzung. Oder vielleicht liegen dir zunächst Fragen auf dem Herzen?"

    "Consistite! wir haben unser Ziel erreicht!"


    Der Befehl setzte sich fort. Alsbald kam der Tross zum Stehen, sehr zur Freude der Tirones, welche sogleich begannen, ihre Pflichten wahrzunehmen. Unterstützung wurde ihnen von erfahrenen Milites und ihren Ausbildungsoffizieren zuteil. Das Gelände wurde vermessen und mit Stäben, welche man in das Erdreich trieb, und gespannten Schnüren markiert. Freilich war die Stelle bekannt und barg keine unliebsamen Überraschungen im Gelände, so dass alsbald die Spaten ihrem Verwendungszweck zugeführt werden konnten.


    Behände huben hunderte Tirones zeitgleich einen Graben aus, unter dem wachsamen Blick ihrer Offiziere, die den ein oder anderen zur Eile ermahnten. In Bälde füllte eisiges braunes Regenwasser seine Sohle. Der entstehende Wall aber wurde durch mitgeführte Schanzpfählen gesichert, welche, überkreuz und durch Seile verbunden, effektiven Schutz gewährten, denn der Wall war nur von der Innenseite aus begehbar und fiel nach außen hin steil, glitschig und glatt ab. Man mochte sich bildhaft vorstellen, dass er bei solchem Wetter kaum auf direktem Wege zu überwinden sei:


    Befestigung1.png


    Die heutige Übung barg mannigfache Bedeutung:


    Durch die Wahl ihres Standortes erfüllten römische Militärlager nicht allein die Funktion als Unterkunft, sondern ihnen wohnte eine strategische Funktion als ständige Sicherung gefährdeter Positionen inne. Gleichzeitig waren Lager logistische Knotenpunkte im Versorgungsnetz der Armee, die zur zentralen Sammlung und kontrollierten Ausgabe von Material und Vorräten sowie Reparatur von Ausrüstung und ärztlicher Versorgung von Soldaten genutzt werden konnten. Heute gruben sie an sicherem Ort, doch mochte sich dies ändern, wenn sie dereinst in Feindesland vorstießen.


    Das errichtete Lager wies fürderhin eine Besonderheit auf: Es bot Raum für gerade ein Drittel der Tirones, die momentan anwesend waren. Freilich lag hierin kein Planungsfehler, sondern war Teil des großen Ganzen.

    Eine ungewohnt lange Reihe von Soldaten in spe zog in Richtung Osten durch das regennasse Land. Die heutige Übung war Resultat von Ravillas Planung, die er in Absprache mit den Ausbildern getroffen hatte. Er hoffte tunlichst, sie möge reibungslos verlaufen.


    Unter dem Marschgepäck litten die zumeist sehr jungen Männer sichtlich, doch mussten sie lernen, auch schwer beladen große Strecken zu marschieren. Kahle Hütewälder säumten die Straße. Pelzige, gefleckte Schweine wühlten im Laub nach Eicheln und Bucheckern, ohne sich an den Menschen zu stören. Das gesamte Aufgebot an Tirones der Legio XXII Primigenia wurde heute auf einmal zu einem Übungsmarsch geführt. Anbei marschierten ihre Ausbilder zu Fuß. In den Gefilden, die zwar östlich des Rheins, doch noch hinter dem Schutz des Limes lagen, war keine böse Überraschung zu imaginieren.


    Hinterdrein ritten zwei Gestalten hoch zu Ross, welche sich in ihren aufwändigen Rüstungen optisch beträchtlich vom Fußvolk abhoben: Tribun Seius Ravilla und Tribun Saltius Philippus, Ersterer ein Musterbild der Eleganz, Letzterer ein Quadratschädel mit dem Charme eines Gladiators. Für Ravilla wurde es der erste Ritt mit der Legio. Durchnässt und frierend schmeichelte Ravillas Anblick dem Auge weniger als sonst, doch hielt er sich als geübter Reiter wacker im Sattel und konservierte alle nur denkbaren Klagen für später in seinem Gedächtnis.


    Es stellte sich heraus, dass Philippus bei Übungen bislang eine rein beobachtende Funktion unter der Anleitung älterer Offiziere wahrgenommen hatte, was Ravilla ein wenig ernüchterte, denn nun war niemand vor Ort, der sie mit seiner Weisheit leiten mochte, was wohl dem nasskalten Wetter geschuldet ward. Beide Tribuni waren jung und unerfahren, gänzlich bar jeglicher Erfahrung im Gefecht. Zu einer Bedrohung würde dies heut nicht führen, doch hätte Ravilla einen Ansprechpartner mit größerem Erfahrungsschatz sich gewünscht.


    Nach der Querung des Rhenus folgten sie der Straße in Richtung Süden und hielten sich in Sichtweite des Flusses, der braun und träge mäanderte, doppelt so breit noch, wie er es bei Ravillas Ankunft gewesen war. Ravilla schneuzte in ein Stofftaschentuch, sich fragend, wie er seine Anwesenheit sinnstiftend einzubringen vermochte. Die heutige Ausbildung selbst oblag freilich nicht dem senatorischen Tribun und auch nicht dem ritterlichen, welcher momentan seinen Dienst versah, sondern den Optiones. So lernten heute nicht allein die Tirones dazu, sondern auch die jungen Stabsoffiziere.

    In jenen Tagen ward der junge Tribun zumeist beschäftigt, administrativen Obliegenheiten nachzukommen. Bei der Etablierung der Legio XXII Primigenia in Germania superior hatte es sich nicht um eine bloße Umbenennung gehandelt, sondern um die Versetzung einer ganzen Legio. Ravilla war der erste Tribunus laticlavius dieser Einheit vor Ort und übernahm einen wesentlichen Teil der anfallenden organisatorischen Aufgaben, die damit einhergingen.


    Man versuchte, an die Vernetzungen und Methoden der Vorgänger anzuknüpfen, doch gab es Dinge, die wollte der recht motivierte und feurige Legat anders handhaben, um nicht als passiver Nachahmer zu gelten, und so wurden sie geändert. Für wichtig befunden wurde, wie schon zwischen der damaligen Ala II und der Legio II forciert, eine engere Zusammenarbeit der stationierten Einheiten. Diesen Punkt hielt man für obligatorisch und ausbaufähig. So sollte künftig auch die Classis eingebunden werden. Gemeinsame Übungen sollten fortan nicht Ausnahmen bilden, sondern Regel werden. Die Organisation und Planung dessen legte man vertrauensvoll in Ravillas gepflegte Hände.


    Jene Tätigkeiten aber, die man gemeinhin mit einem Offizier assoziierte und mit direktem Kontakt zu den Soldaten einhergingen, waren ihm hingegen bisher nicht zugefallen. Sicher würde sich dies mit der Zeit ändern, aber noch schien dieser Tag fern. Die meisten Männer seiner Position mögen auf diese Verbannung in ein Büro womöglich pikiert reagiert haben, war das Tribunat doch zugleich Evaluierung ihrer Eignung als Offizier. Ravilla jedoch erblühte in seiner warmen Schreibstube und laborierte gründlich und mit vorzüglicher Laune, während vor seinen Fenstern graue Regenschleier langsam über das kälter und dunkler werdende Germania zogen.


    Bald wurde aus seiner sorgsamen Planung Wirklichkeit.

    Erfreut ob solch herzlichem Empfang, ließ Ravilla sich auf den ihm angedachten Platz nieder, welchen der Legat ihm eigenhändig in geeignete Position rückte. "Hab Dank ehrenwerter Legat Aemilius." Er ließ eine Pause, damit auch der noble Gastgeber seinen Leib in eine der Gesprächsführung entgegenkommende Haltung begeben und sich niederlassen konnte. Nicht allein Aemilius Nepos, auch sein Gegenüber zeigte sich angetan von der Aussicht, wieder mit einem Menschen verkehren zu dürfen, welcher den Errungenschaften der Zivilisation zugeneigt war.


    "Wie man sich erzählt, erfährt Rom eine Zeit des Friedens, nun, da jene christlichen Gruppierungen, die sich der radikalen Umsetzung ihrer Ideen schuldig machten, hinter Schloss und Riegeln ihrer Verurteilung harren. Unter der Obhut des Curator Aquarum Annaeus befindet sich ein neues Aquaedukt in seiner Entstehung und die Juristerei erfährt einen Aufschwung. Rom erlebt, wenn man so sagen will, dem nahenden Winter zum Trotz eine Blüte."


    Eine Kunstpause, untermalt von einem etwas zu dramatischen Seufzen, kennzeichnete die Zäsur. "Ein wenig mag es schmerzen, dem Haupt der Welt ausgerechnet jetzt den Rücken zu kehren. Tatsächlich bat ich jedoch selbst um eine Versetzung in die Gefilde der Provinz Germania, allen Widrigkeiten zum Trotz, da ich einiges wieder gutzumachen habe, das während meines Vigintivirats nicht zur allgemeinen Zufriedenheit verlief."

    Wenige Augenblicke später, kaum ein Hauch der Zeit, glitt besagter Mann elegant durch die Tür, eine Bewegung, die noch nicht zu seinem neuen Offiziersrang passen wollte. Auch der Gruß, welcher zwar nichts an formaler Präzision missen ließ, litt unter einem Übermaß an tänzerischer Leichtigkeit. Als Ravilla obendrein des Lächelns des Legaten ansichtig wurde, welches er als gutes Omen deutete, gesellte sich zu guter Letzt ein Strahlen hinzu.


    "Salve, o Legatus Augusti Pro Praetore, edler Aulus Aemilius Nepos, mögen die Götter ihre Hände schützend über dich und deine Geschicke halten! Hab Dank für die Einladung, welcher ich nur zu gern folgte."


    Wissend, dass der Statthalter heute das Gespräch leiten würde, schluckte er alle weiteren bereits im Geiste sprießenden blumigen Ausführungen hinunter und harrte verzückt der Erwiderung des mächtigsten Mannes der Provinz.

    Das Militärtribunat als solches gestaltet sich zeitlich unbegrenzt. Aufgrund meines inhaltlich eher dünn geratenen Tresvirats und einer Blamage meines Patrons vor den ehrwürdigen Reihen des Senats, möchte ich zumindest die eigens dafür angelegte Quest absolvieren und Planung wie Bau einer Militärstraße ausspielen, ehe eine dauerhafte Rückkehr nach Roma erwägt werden kann. Aufgrund der relaxierten Hurtigkeit mutmaße ich eine Spanne von wenigstens ein bis zwei Jahren. :)


    Ich hoffe daher auf die Möglichkeit, für die Teilnahme am Wettstreit vorübergehend in beiden Foren scribieren zu dürfen.

    Sofern mir gestattet wird, meinen Posten in Germania einstweilen im Rahmen eines Kurzurlaubes zu verlassen (vielleicht bei sehnlichst erwarteter Antwort der geschätzten, aber sehr beschäftigten Magistraten der Regia Legati Augusti pro Praetore vorübergehend in beiden Regionen parallel zu schreiben), würde ich meine Partizipation verlautbaren. :)

    Galant begleitete Ravilla den Mann, welcher ihn dem Ariadnefaden gleich durch das marmorne Labyrinth der Regia geleitete.


    "Durch die Alpen? Mögen die Götter verhüten, dass es jemals so geschehen muss! Nein, mein werter Princeps praetorii, ich fuhr mit dem Schiff von Ostia bis nach Nemausus. Von dort aus folgte meine Reisegesellschaft durch Narbonensis dem Flusslauf entlang der Via Agrippa bis hinauf zum Rhenus, dann dessen Lauf, welcher glücklicherweise von der gut ausgebauten Heeresstraße entlang des Limes begleitet wird. So gestaltete die Reise sich angenehm und zwischenfallsfrei, so weit man davon sprechen darf, dass eine Reise irgendwelche Vorzüge aufweist, die über jene der Überbrückung von räumlichen Entfernungen hinausgehen."

    Bei solch edlem Empfang musste Anaxis beiseitetreten und die hohen Herren von Angesicht zu Angesicht miteinander sprechen lassen. Es war nicht länger obligatorisch, dass er als sozialer Puffer zwischen seinem Herrn und allzu gewöhnlichen Personen dienen musste.


    "Ah, Salve, sehr erfreut. Princeps Praetorii Germanicus, nehme ich an?" Das herzliche Lächeln Ravillas, in römischen Kreisen vielleicht ein wenig zu viel des Guten, entblößte seine weißen Zähne. Kein Soldat sollte so lächeln, noch weniger ein Stabsoffizier, doch war Ravilla nach wenigen Tagen des Dienstes bei der Legio noch weit entfernt davon, seinen Posten vollendet auszufüllen.


    Nunmehr in umgekehrter Reihenfolge, Ravilla samt Princeps vorweg und Anaxis hinterdrein, flanierte das Grüppchen sich auf jenem Wege, welchen der Gastgeber vorzugeben präferierte.