Beiträge von Aulus Iunius Tacitus

    "Ja, das Thema ist interessant. Vielleicht können wir zu einem späteren Zeitpunkt einmal darüber diskutieren, vielleicht an einem gemütlicheren Ort."


    Ich sammelte kurz meine Gedanken, um geordnet fortzufahren.


    "Kommen wir nun zu weiteren Regeln der Auslegung, die wichtig sind. Manchmal kann es vorkommen, dass ein Fall nicht gesetzlich geregelt ist. Wir sprechen dann von einer Gesetzeslücke. Wenn wir auf eine Gesetzeslücke treffen, müssen wir zuerst ermitteln, ob sie möglicherweise beabsichtigt ist. Eine beabsichtigte Gesetzeslücke hat der Gesetzgeber deshalb offen gelassen, weil er diesen Sachverhalt für nicht regelungsbedürftig hielt. In diesem Fall sollen die Betroffenen eigenständig eine Regelung finden. Das kann auch vor Gericht sein. In diesem Fall muss der Richter eine Regelung finden. Dabei muss darauf geachtet werden, dass ein vernünftiger Ausgleich der Interessen der Betroffenen gefunden wird. Gerne wird gesagt, dass mit einem solchen Ausgleich alle zufrieden sein sollen. Realistisch liegt ein fairer Ausgleich dann vor, wenn alle Betroffenen unzufrieden sind."


    Ich grinste kurz.


    "Allerdings sind solche beabsichtigten Lücken eher selten. Meistens sind Gesetzeslücken unbeabsichtigt. Dann sollten wir uns zuerst unsere Traditionen, vor allem den Mos Maiorum, ansehen. Wenn sich die Lücke so nicht schließen lässt, muss man sich in allen Gesetzen umsehen. Wenn es einen ähnlichen Sachverhalt gibt, der in einem anderen Gesetz geregelt ist, dann können wir eine Analogie herstellen. Aus dieser Analogie wird dann auch die Regelung abgeleitet. Am besten übernimmt man die analoge Regelung komplett. Wenn es weder nach Mos Maiorum, noch nach Analogie eine Regelung gibt, können wir uns noch die gesammelten Urteile der Prätoren ansehen. Dort könnte es einen, wenigstens analogen, Präzedenzfall geben. Falls es den auch nicht gibt, bleibt als letzte Möglichkeit die Füllung der Lücke im Sinne des Zwecks des Gesetzes, in dem die Lücke ist. Gibt es Fragen zu Gesetzeslücken?"

    Ich nickte zustimmend.


    "Die Prozessfähigkeit ist zweifellos ein wichtiger Zweck dieser Rechtsnorm. Bedenkt man, dass Rom damals nur eine Polis war und kaum Peregrini in der Stadt lebten, so wird klar, dass man eigentlich nur Römer als Bürgen belangen konnte. Es handelt sich demnach um einen Schutzzweck für die Gläubiger."


    Nach einer kurzen rhetorischen Pause fuhr ich fort.


    "Allerdings erklärt es nicht, warum für einen Proletarius jeder Bürge sein kann, der es will. Hier muss noch ein weiterer Zweck vorliegen. Betrachten wir dazu die damalige Verfassung der Res Publica, die ich ab sofort als Res Publica Antiqua bezeichnen möchte. Die bedeutendste Macht bei Wahlen hatten die Comitia Centuriata. Sie wählten die Konsuln und die Prätoren. Sie gewährten also Macht, die mit Imperium verbunden war. Außerdem wählten sie alle fünf Jahre die Censoren. In den Comitia Centuriata waren alle römischen Bürger einer Centuria zugewiesen. Patrizier und Ritter stellten 18 Centuriae, schwere Fußsoldaten, also vermögende Bürger, die keine Ritter waren, stellten 80 Centuriae der Prima Classis, und insgesamt gab es 193 Centuriae. Jede Centuria hatte eine Stimme. Die Besitzlosen, also die Proletarier, stellten genau eine Centuria. Bedenkt man dieses, so wird schnell klar, dass es auch um den Schutz der Res Publica Antiqua ging. Ein Bürge hat, wie du bereits festgestellt hattest, auf denjenigen, für den er sich verbürgt, einen Einfluss, der dem eines Patrons auf seinen Klienten entspricht. Wenn man zugelassen hätte, dass Peregrini für vermögende Bürger bürgen dürfen, hätte das ihnen einen ernsthaften Einfluss auf die Stimmen in den Comitia Centuriata gegeben. Bei den Proletariern war das unkritisch. Was konnte eine Centuria schon ausrichten? Außerdem erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass man für einen Vermögenslosen bürgt."


    Nach einem Schluck Wasser sprach ich weiter.


    "Wie wir an diesem Beispiel gesehen haben, kann die Auslegung nach dem Wortlaut bereits Schwierigkeiten bereiten. Im Beispiel haben wir das am Wort 'Ansässiger' gesehen. Wir haben aber auch gesehen, dass die Auslegung nach dem Zweck noch schwieriger sein kann. Den Hauptzweck, nämlich den Schutz der Gläubiger, konnten wir noch gut erkennen. Den Nebenzweck aber, nämlich ausländischen Einfluss auf die Res Publica Antiqua zu verhindern, konnten wir nur nach einer Erörterung der Verfassung der Res Publica Antiqua erkennen. Deshalb sollten wir grundsätzlich nicht nach dem Zweck, sondern nach dem Wortlaut auslegen. Nur in den Fällen, wenn die Auslegung nach dem Wort zu einem widersinnigen Ergebnis führt, sollten wir nach dem Zweck auslegen. Hast du hierzu Fragen?"

    "Das ist die Definition eines Ansässigen, die wir jetzt haben. Das Zwölftafelgesetz stammt aber aus einer anderen Zeit. Damals war Rom noch eine Polis und kein Imperium. Es gab kaum Peregrini in Rom. Deshalb ist der Begriff 'Ansässiger' als 'ansässig in Rom' zu verstehen. Das bedeutet, dass nur römische Bürger 'Ansässige' im Sinne der Lex XII Tabularum sind. Wie man sehr schön sieht, gibt es hier einen Wandel der Bedeutung des Wortes. Demnach bedeutet dieser Spruch, dass einem Römer nur ein Römer Bürge sein kann."


    Ich ließ eine kurze Pause, um das Gesagt sacken zu lassen.


    "Wir können zur Sicherheit auch noch eine weitere Wissensquelle zu Rate ziehen. Bei der Lex XII Tabularum handelt es sich um quiritisches Recht. Es gilt nur für Quirites, also Bürger Roms. Wenn es aber quiritisches Recht ist, dann können mit 'Ansässigen' nur Römer gemeint sein."


    Schließlich wollte ich mich noch dem letzten Teil der Antwort des Secundus widmen.


    "Über Stellung und Einkommen sagt dieser Spruch nichts aus. Genauer gesagt, der erste Satz des Spruches, mit dem wir uns beschäftigt haben. Der Spruch hat aber noch einen zweiten Satz: PROLETARIO IAM CIVI QUIS VOLET VINDEX ESTO.* Für einen Proletarier soll also jeder andere Römer bürgen können. Zwar ist nicht definiert, dass es sich um einen Bürger einer höheren Klasse handeln muss, doch macht dieser Satz keinen Sinn im Kontext des Spruchs, wenn ein Proletarier für einen Proletarier bürgen könnte. Dass nur der bürgen kann, der über genügend Vermögen verfügt, um die Bürgschaft abzusichern, ist hier nicht schriftlich fixiert. Das ist aber gesunder Menschenverstand und wurde deshalb nie in Zweifel gezogen. Dass man einen Bürgen normalerweise nicht benötigt, wenn man selbst über genügend Vermögen verfügt, ist ebenso logisch. Insofern ist deine Antwort natürlich absolut richtig. Ich wollte das nur einmal anhand des Gesetzestextes herausstellen. Zusammengefasst heißt es also, dass nur Römer für Römer bürgen können und nur der Vermögendere für einen Ärmeren. Zu guter Letzt noch eine Frage zum Zweck. Warum sollen nur Römer für andere Römer bürgen können? Bedenke dabei auch, dass Rom damals nur eine Stadt mit etwas Land drunherum war und kein Imperium."


    Sim-Off:

    *Einem Bürger der untersten Klasse (Proletarius = Angehöriger der untersten Zenturie der Comitia Centuriata, den Besitzlosen) soll Bürge sein, wer es sein will.

    "Nun, dann können wir ja eine einfache Übung machen. In Tabula I, Lex XII Tabularum, finden wir folgenden Spruch: ASSIDUO VINDEX ASSIDUUS ESTO.* Was ist mit dem Wort 'Ansässiger' gemeint?"


    Sim-Off:

    *Einem Ansässigen sei auch ein Ansässiger Bürge.


    Ich war mir nicht wirklich sicher, ob er verstanden hatte, ließ mir aber nichts anmerken. Stattdessen kam ich zum eigentlichen Thema.


    "Kommen wir dann also zur Auslegung der Gesetze. Die Gesetzesauslegung erfolgt nach den Regeln, die von Juristen allgemein anerkannt sind. Hält man sich an diese Regeln, so wird die eigene Argumentation akzeptiert. Weicht man davon ab, so muss man damit rechnen, dass die eigenen Argumente nicht akzeptiert werden. Die erste und grundlegendste dieser Regeln ist sehr einfach: Der Wortlaut des Gesetzes gibt genau das wieder, was der Gesetzgeber sagen wollte. Man hat also grundsätzlich nach dem Wortlaut auszulegen. Bei neueren Gesetzen ist das einfach. Bei älteren Gesetzen ist es oft schwierig. Das liegt daran, dass sich die Sprache über Jahrhunderte wandelt. Dadurch kann sich die Bedeutung von Worten ändern. Und manchmal verstehen wir die alten Texte kaum noch, so wie der Liedtext des Carmen Saliare heute für viele kaum noch verständlich ist, weil diese Form des Latein nicht mehr gesprochen wird. Das kann einem auch bei sehr alten Gesetzen passieren, vor allem im Pontifikalrecht."


    Dadurch, dass ich einen Schluck Posca zu mir nahm, ließ ich Aemilius kurz Zeit, das Gesagte in seinem Geist zu verankern.


    "Was machen wir aber, wenn sich die Bedeutung einiger Worte gewandelt hat? Es gibt einige Herangehensweisen. Die beste Möglichkeit ist es, die ursprüngliche Bedeutung herauszufinden und anzuwenden. Das kann durchaus gelingen, beispielsweise durch die Verwendung eines Gesetzeskommentars, in dem diese festgehalten wurde. Der geübte Jurist zitiert dann das Gesetz und formuliert es so um, dass die ursprüngliche Bedeutung in moderner Sprache erklärt wird. Aber was, wenn man die ursprüngliche Bedeutung nicht mehr herausfinden kann? Dann hilft uns unser Rechtsempfinden. Der Mos Maiorum ist die übliche Quelle unseres Rechtsempfindens. Daher wird das Gesetz so ausgelegt, dass die moderne Bedeutung der Worte mit dem Mos Maiorum in Einklang gebracht wird. Das Ergebnis sollte fast immer vertretbar sein. Eine letzte Herangehensweise ist die Auslegung des Gesetzes nach seinem Zweck. Wenn die beiden anderen Herangehensweisen nicht zu einem vertretbaren Ergebnis führen, kann man immer nach dem Zweck auslegen. Dazu werde ich aber später noch mehr erzählen. Gibt es bis hierhin Fragen?"

    "Nun denn. Das heutige Thema ist die Auslegung von Gesetzen. Diese ist von größter Bedeutung für die Arbeit als Jurist. Das liegt daran, dass wir als Juristen argumentieren müssen, warum ein gewisser Sachverhalt verboten oder erlaubt ist oder warum welche Strafe verhängt werden sollte. Das stärkste Argument ist aber das Gesetz. Der Gesetzgeber hat aber ein Grundproblem: Man muss die gesetzlichen Regelungen einerseits präzise genug fassen, damit es keine Willkür gibt. Wir haben ja gelernt, dass Gesetze festgelegte Regeln sind. Durch die Festlegung von Regeln soll Willkür verhindert werden. Andererseits muss ein Gesetz aber auch flexibel genug sein, um leichte Variationen eines geregelten Sachverhalts zu erfassen. Schließlich bildet ein Gesetz immer einen idealtypischen Fall ab. In der Realität wird ein Fall aber nur sehr selten genau so aussehen, wie sich das der Gesetzgeber gedacht hat. Es gibt leichte Abweichungen. Die müssen aber dennoch erfasst werden, weil sonst bereits eine geringe Abweichung dazu führt, dass der Fall auf einmal ungeregelt ist. Die Flexibilität führt aber dazu, dass das Gesetz ausgelegt werden muss, um eine Unterordnung eines Sachverhalts unter eine gesetzliche Regelung zu ermöglichen. Und genau das wollen wir heute lernen. Ist bis hierhin alles klar?"


    Mir war bewusst, dass wir uns hier auf ein sehr abstraktes Gebiet begaben. Doch dieses Gebiet war leider der Kern juristischer Tätigkeit.

    Da konnte man wohl nichts machen.


    "Wahrscheinlich ist ihm etwas Dienstliches dazwischen gekommen. Nunja, da kann man nichts machen. Immerhin wird er auch alles in dem Buch zur Gesetzesauslegung nachlesen können, da muss Matinius dann eben mehr im Selbststudium lernen und eventuell einen von uns fragen."


    Nach dieser kurzen Bemerkung schien es mir sinnvoll, mit der Lektion zu beginnen. Bei einem kostenpflichtigen Kurs hätte ich wohl noch etwas gewartet, aber da mein Kurs kostenlos war, gab es dafür keinen Anlass.


    "Wollen wir anfangen?"

    Es freute mich, dass ich Secundus mit meiner Widmung anscheinend eine Freude gemacht hatte. Allerdings fehlte noch jemand.


    "Aemilius, auch wenn ihr beide in unterschiedlichen Einheiten dient: Weißt du zufällig, wo Matinius steckt?"

    Eine Woche später ging es weiter. Ich war etwas früher da, um noch alles vorzubereiten. Nachdem ich die Taberna aufgeschlossen hatte, legte ich für jeden Schüler je eine Kopie meines Buches zur Auslegung der Gesetze auf den Tisch. Da ich nur zwei Schüler hatte, konnte ich die Kopien selbst anfertigen und mit einer kurzen Widmung versehen. Die Widmungen waren recht einfach und, bis auf den Namen des Schülers gleich und lauteten "[Name], möge dieses Buch dir ein nützliches Nachschlagewerk sein, wenn du es benötigst. Dein Magister Iuris Aulus Iunius Tacitus".

    Nachdem meine Schüler gegangen waren, verließ ich den Raum und verschloss diesen hinter mir. Immerhin waren Bücher nicht ganz wertlos. Danach kaufte ich mir noch einen Happen in der Basilika, welchen ich auf meinem Weg nach Hause verzehrte.

    Ich merkte, dass Secundus von meiner Antwort etwas verwirrt schien.


    "Nächste Woche wird alles deutlich klarer. Dann wirst du den Wortlaut nicht nur eingeprägt haben, sondern auch verstehen."


    Währenddessen hatte ich die letzten Schriften eingeräumt.


    "Nun, es wird Zeit. Wir sehen uns nächste Woche."

    Ich musste grinsen.


    "Ein Jurist sollte Gesetze immer zu seinen Gunsten auslegen. Oder zu den Gunsten seines Mandanten. Und ja, ein guter Jurist merkt das und hält entsprechend dagegen. Wichtig ist, dass man die Grenze zwischen Auslegung zu seinen Gunsten und Rechtsbeugung nicht überschreitet. Und die ist manchmal nur sehr schwer zu erkennen."

    Da sich auch Matinius nicht meldete, war für mich die heutige Lektion abgeschlossen.


    "Gut, dann wären wir für heute fertig. Wenn niemand etwas dagegen hat, sehen wir uns nächste Woche zur gleichen Zeit wieder hier. Wir werden uns dann einem der Kernpunkte der Arbeit eines Juristen widmen: Der Gesetzesauslegung. Valete bene."


    Ich packte die heute verwendeten Schriftrollen zusammen und legte sie in die Regale zurück. Während dieser Zeit hatten meine Schüler noch einmal die Möglichkeit, mir Fragen zu stellen.


    Sim-Off:

    Die nächste Woche ist Sim-On zu verstehen. Wahrscheinlich werde ich schon in den nächsten Tagen weiterschreiben, aber kein Lehrer würde in der Realität das volle Programm hintereinander durchziehen. ;)

    So, ich bin wieder zurück. Die Unterkunft war ziemlich gut, direkt an Überresten vom Porticus Aemilia im Emporium.


    Sobald ich meine Bilder ein wenig sortiert habe, stelle ich ein paar für die Galerie zur Verfügung. In Herculaneum habe ich viele Aufnahmen gemacht und zurück in Rom gab es im Domus Aurea einige interessante Fresken zu sehen.

    "Gut, dann können wir die heutige Lektion zusammenfassen und um einige Details ergänzen. Wir haben definiert, dass es sich bei einem Gesetz um eine Festlegung von Regeln handelt. Diese Festlegung findet durch eine von der Verfassung des Staates hierfür vorgesehenen Stelle statt, nachdem das Gesetz von einer dazu bevollmächtigten Person einem hierfür verfassungsgemäß vorgesehenen Gremium zur Prüfung vorgelegt wurde. Die entsprechenden Vollmachten werden durch die jeweilige Verfassung des Staates festgelegt. In einer klassischen Monarchie ist der Rat des Königs inklusive dem König dazu befugt, Gesetze einzureichen und zu prüfen und der König beschließt diese. Wir sind keine Monarchie, sondern als Res Publica Restituta ein spezielles Staatsgebilde.


    In unserer Res Publica Restituta müssen wir bei den Gesetzen zwischen Lex, Edictum und Decretum unterscheiden. Eine Lex kann durch bestimmte Magistrate und verdiente Senatoren vorgeschlagen werden. Der Kaiser ist beides. Der Entwurf wird dann von Senat und Kaiser geprüft. Der Senat beschließt die Lex, wobei dem Kaiser ein Vetorecht zusteht. Wenn er sein Vetorecht nicht benutzt, ist die Lex beschlossen und wird durch den Kaiser per Bekanntmachung in Kraft gesetzt.


    Edikte können durch bestimmte Magistrate erlassen werden. Diese sind der Kaiser, Prätoren, Ädilen und Statthalter der Provinzen. Die Statthalter sind dabei auf die Belange innerhalb ihrer Provinzen beschränkt, die Prätoren auf Belange der Rechtsprechung in Rom, die Ädilen auf Belange in ihrem Amtsbereich. Der Kaiser unterliegt keinen Einschränkungen ist zugleich für die Aufsicht über die Edikte der Magistrate verantwortlich.


    Dekrete können ausschließlich durch den Kaiser beschlossen werden.


    Edikte und Dekrete werden üblicherweise durch dazu bevollmächtigte Magistrate erstellt, geprüft und erlassen. Dazu können sie sich aber der Expertise ihrer Untergebenen bedienen.


    Um ein Gesetz besser kennenzulernen, haben wir uns die Lex Aquilia de Imperio angesehen. Diese wurde vom Senat beschlossen und hat dem Kaiser seine Vollmachten übertragen. Durch diese Lex wurden dem Kaiser seine Vollmachten und Rechte durch den Senat übertragen. Wir haben die Systematik der einzelnen Vollmachten und Rechte im Hinblick auf Gesetzgebungsbefugnisse des Kaisers im Detail kennengelernt.


    Damit wäre die heutige Lektion zusammengefasst. Gibt es noch Fragen hierzu?"

    Ich werde von Pfingstmontag bis zum darauf folgenden Sonntag in Rom sein und vermutlich eher wenig online. Vielleicht kann ich Herculaneum (das geht wunderbar als Tagesausflug von Rom aus) ein paar gute Fotos machen, die wir hier verwenden können.

    "In der Tat, du bist lernfähig. Und viel wichtiger: Du bist lernwillig. Viele sind fähig, aber den meisten fehlt der Wille. Deine Fähigkeiten und dein Wille zeichnen dich aus."


    Ein kleines Lob zwischendurch war niemals verkehrt. Vor allem dann nicht, wenn es meiner ehrlichen Meinung entsprach.


    "Und nun zurück zur Lex Aquilia de Imperio. Artikel XI fehlt noch. Wie du bereits richtig erkannt hast, Aemilius, handelt es sich auch hierbei um eine Übertragung der Gesetzgebungskompetenz an den Kaiser. Allerdings ist diese auf Vorgänge in der Vergangenheit gerichtet. Das hat einen Grund. Dieser Grund liegt in der Kontinuität des Rechts. Angenommen, der Kaiser hätte vor seiner Berufung zum Imperator Caesar Augustus bereits eine Entscheidung im Rechtsrang getroffen, dann wäre diese grundsätzlich unwirksam. Das würde aber keinen Sinn machen, weil sich die Person Tiberius Aquilius Severus Augustus mit der Berufung zum Kaiser ja nicht geändert hat. Damit ein sinnfreies Ergebnis auch juristisch ausgeschlossen wird, existiert Artikel XI. Hiermit wird die Kontinuität des Rechts garantiert. Interessant ist übrigens der Schluss von Artikel XI, der da lautet 'wie wenn sie durch den Senat und das Volk von Rom erfolgt wären'. Hier wird noch einmal klar, dass die Gesetzgebungsbefugnis, so wie es in der Res Publica stets war, durch Senat und Volk von Rom übertragen wird. Der Kaiser wird also zum Wächter der Res Publica gemacht, der mit umfassenden Befugnissen ausgestattet ist. Diese Ausstattung ist auch notwendig, um seine Rolle als Wächter ausfüllen zu können. Aber damit kommen wir schon stark in die Philosophie der Staatsordnungen. Gibt es Fragen?"