Beiträge von Duccia Venusia

    „Das ist doch schon mal eine gute Richtungsangabe. Ich bin mir sicher, dass wir den Stand finden werden.“ Die Waren waren nicht so häufig und die Stände mit einem sehr ähnlichen Angebot stellten sich auch nicht direkt nebeneinander. „Da haben wir ja schon ein weiteres Indiz, das sollte uns beiden schon den richtigen Weg weisen.“ Dagmar war wirklich sehr zuversichtlich, dass sie Beide es schaffen würden. „Dann wird uns wohl eine Traube an Kundinnen auch noch behilflich sein.“ Sie gluckste leise. Wo die angesagten Waren zum Kauf angeboten wurden, da fanden sich auf viele Käufer. „Es besteht also die Möglichkeit, dass wir uns dem aktuellen Stil annähern? Dann müssen wir wirklich unbedingt hin.“ Sie stieß Octavena sanft mit dem Ellbogen am Oberarm an und lachte dann leise. „Das ist bei mir schon einige Zeit her, dass ich so nach dem letzten Schrei eingekauft habe.“ Diese Erkenntnis entsprach der Wahrheit. Aber das ließ sie jetzt nicht in dunklen Erinnerungen verschwinden. Sie wollte nach vorn schauen und dazu gehörte auch, dass sie mal etwas Aktuelles einkaufen ging. Der Ausflug mit Octavena machte ihr schon jetzt großen Spaß und sie hatten noch nichts gekauft.


    Natürlich hatte Dagmar die unterschiedlichen Stimmungen im Haus mitbekommen und auch, dass es nicht immer ganz harmonisch zwischen Mutter und Tochter lief. „Interessiert sich Ildrun für Geschichten?“ fragte sie geradeheraus. „Ich habe es früher immer
    toll gefunden wenn unsere Eltern abends in der Hütte, ehe wir schlafen gehen mussten, Geschichten erzählt haben. Wahre Geschichten
    oder Geschichten unserer Ahnen oder Götter. Ich selbst habe es leider nicht sehr lang miterleben können, aber mit meinen Kindern
    habe ich es auch gern gemacht und sie haben gern zugehört. Auch Primus hat ihnen Geschichten aus seiner Heimat Hispanien erzählt.“

    Sie atmete tief durch. „Ich werde leider nur sehr wenige Geschichten erzählen können, die ihr Vater zu berichten gewusst hätte, aber vielleicht interessiert es sie von deiner Heimat zu hören und auch über die Geschichte ihres Vaters mehr zu erfahren. Und nebenbei bekommt sie etwas mehr Übung bei den Handarbeiten.“ Es war nicht ihre Aufgabe sich in die Erziehung von Octavenas Kindern
    einzumischen, doch wollte sie helfen, wenn es gewollt war. Nur dabei aufdrängen, das war nicht ihre Absicht. „Oh jeh,“ rief sie
    theatralisch aus. „Noch mehr Klebespuren an Orten in der Villa auf die niemand kommt. Ich habe letztens Gerwin schimpfen hören, dass er hinter einer der Vasen in der großen Halle einen Klecks gefunden hätte.“ Ihr Angestellter hatte dies nicht besonders amüsant
    gefunden. Sie selbst hatte aber breit grinsen müssen. „Er ist sehr kreativ mit den Stellen, wo Leim aufgebracht werden muss.“ Ihr Ton
    machte deutlich, dass es sie nicht störte und es auch recht lustig fand. Es waren Kinder und sie mussten sich austoben. Es brachte Leben
    in die Villa. „Dann lass uns danach schauen. Wir werden sicher schöne Stoffe finden. Ich habe das untrügliche Gefühl, dass wir heute viele Sesterzen ausgeben werden.“


    Der Stand vor welchem sie stehen geblieben waren, hatte keinen Stoff feil zu bieten, der ihr wirklich gefiel. So gingen sie weiter
    und kamen an einen anderen Stand, an welchem Bernstein und Ketten mit Bernstein angeboten wurden. Neben dem Gelben war auch brauner und rötlicher Bernstein zu finden und der rötliche hatte es ihr sofort angetan. Er war nicht gerade günstig, aber der Stein war etwa Daumennagel groß und schimmerte ausgesprochen schön. Sie ließ sich von dem Verkäufer die Kette reichen und hielt sie sich an. Fragend blickte sie zu Octavena. „Wie findest du diese?“ Sofort bot der Verkäufer, der nun ein gutes Geschäft witterte ihr auch einen
    passenden Ring dazu an. Sie war geneigt den Kauf des Ringes ebenfalls in Betracht zu ziehen, aber vorher wollte sie noch die Antwort der
    anderen abwarten.

    Als Octavena sie gefragt hatte, ob Dagmar sie zum Markt begleiten wollte, hatte sie nicht lange nachdenken müssen und nur zu gern zu gesagt. Sie war neugierig welche neuen Waren sie wohl entdecken würden. Sie wollte sich ein paar Dinge gönnen, sich ein wenig belohnen. Manchmal musste dies einfach sein und ihr letzter Belohnungseinkauf lag schon viel zu lange zurück. Sie hatte auch das große Glück, dass sie keine Rechenschaft über ihre Geldausgaben halten musste. Seit sie vor so vielen Jahren begonnen hatte in der Verwaltung dieser Provinz zu arbeiten, hatte sie dies nicht mehr tun müssen und konnte sich auch gar nicht vorstellen, wie es wohl sein musste, dies zu zu tun. Darüber hatte sie begonnen nachzudenken, weil sie am Rande das Bitter einer Frau mitbekommen hatte, die gern einen Ring haben wollte und bei ihrem Mann deswegen nachfragen musste. Wie lang schon lag die Zeit zurück als sie rechtsseitig des Rhenus gelebt hatte und später für einige Zeit in Britannia. Manchmal glaubte sie, dass es ein ganz anderes Leben gewesen war.


    „Das Gefühl kenne ich nur zu gut,“ stimmte sie Octavena lächelnd zu. Inzwischen hatte sie sich nach ihrem eremitischen Leben an den Trubel der Stadt viel besser gewöhnt und sie begann es auch wieder aktiver zu suchen, sich wieder länger in der Stadt sehen zu
    lassen wenn ihr Arbeitszimmer in der Regia verließ. „Ich mag die Ruhe bei uns, aber hier auf dem Markt bin ich inzwischen auch wieder
    sehr gern und lasse mich dann gern einfach mitnehmen.“
    Während sie sich mit Octavena unterhielt, besah sie sich die Stände und die
    Waren in der Auslage etwas um einen Überblick zu bekommen und zu entscheiden wohin sie später unbedingt zurückkehren wollte um sich die Waren näher anzuschauen. „Bei Schmuck hattest du mich bereits,“ gab sie lachend von sich. „Hat deine Freundin denn auch
    verraten wo auf dem Markt er seinen Stand aufbaut, damit wir nicht so viel suchen müssen?“
    Eine Kette oder ein Ring, das stand ganz oben auf ihrer Liste. „Ich benötige für den Winter einen neuen Umhang und möchte nach einem warmen Wollstoff schauen.“ Ihr Alter war
    inzwischen einige Jahre alt und die Löcher waren inzwischen nicht mehr unsichtbar zu stopfen. „Wie ich mich kenne, wird es aber nicht
    nur bei dem einen Stoff bleiben. Ich hatte auch überlegt die Decken auf den Tischen in der großen Halle auszuwechseln und wollte welche mit eigenen Verzierungen versehen. Vielleicht magst du dich abends anschließen. Dann können wir sitzen, uns unterhalten oder auch schweigen und bei einem guten Wein die Zeit vertreiben und die Arbeit angenehmer machen.“
    Vielleicht fanden sie auch Borten oder Bänder, die sie dafür verwenden konnten. „Gibt es denn Dinge, die du unbedingt kaufen möchtest?“

    Mit ihren Unterlagen zur Besprechung bewaffnet, hatte sie allein gewartet, bis sie Gesellschaft bekam. "Salve," begrüßte sie den Germanicus mit einem kurzen Lächeln. "Ich hoffe es ist bei dir alles zum Besten gestellt," erkundigte sie sich nach dem Wohlbefinden des Germanicus.


    Der LAPP hingegen kam ohne Umschweife zum Punkt als sie letztendlich ins Officium gebeten worden waren. "Salve," grüßte sie ihn. "Ich wollte gern mit dir die laufenden Berichte durchgehen. Fall es dir jedoch ungelegen kommt, komme ich gern in ein paar Tagen wieder." Sie hatte ausreichend Verluste erlitten um zu wissen wie es Aemilier gerade ging.

    Ihr Gesicht wurde etwas traurig. „Ja, irgendwann muss es mal sein.“ Doch wann sie es übers Herz bringen würde, war derzeit einfach nicht abzusehen. So viele Männer der Familie hatten sie schon verlassen und sie wusste nicht, ob sie diesen Abschied jemals würde überwinden können, wenn die Götter irgendwann eine schlechte Entscheidung würden treffen. Es sich nur vorzustellen und nicht zu sehen, ermöglichten es ihr sich damit nicht intensiv beschäftigen zu müssen. Sie hatte eine dunkle Welt hinter sich gelassen und befürchtete nun, dass dieser Besuch sie dorthin wieder zurückführen würde, denn sie hatte das Gefühl diese Tür noch immer hinter sich zu spüren und damit nur einen kleinen Schritt zu benötigen dorthin wieder zu gelangen und wie sie dann den Weg dort heraus finden sollte, wusste sie nicht. Ob sie dafür nochmals würde die Kraft finden? Sie sah diesbezüglich ähnlich schwarz wie es die Welt war, die hinter ihr auf sie zu warten schien.


    „Wir sollten dies wiederholen, uns und der Stadt zeigen, dass wir hier nicht aus der Übung gekommen sind und noch feiern können,“ gab sie mit einem kleinen Lächeln zu. Doch danach hatte er nicht gefragt. Es war Hadamar aufgefallen, dass sie sich im Umgang mit den Gästen zurückgehalten hatte. „Ich...ich schätze ich bin
    etwas aus der Übung gekommen,“
    versuchte sie eine Erklärung zu finden. „Ich habe wohl zu lang zurückgezogen gelebt und hatte das Gefühl…“ Ja, was für ein Gefühl hatte sie? Sie würde den anderen die Laune verderben, keine gute Gesellschaft sein? Auch, aber nicht nur. Eine zu große Gesellschaft verunsicherte sie. Etwas, das vor einigen Jahren noch nicht denkbar gewesen war. Doch, da war auch noch alles anders gewesen. „...heute keine so gute Schauspielerin zu sein, wie ich sein müsste um niemandem die Freude an der Feier zu verderben.“ Ihr Lächeln wirkte etwas schief. „Ich bin zwar wieder zurück, aber doch noch nicht wieder ganz angekommen,“ gab sie zu. Sie hätte natürlich irgendwelche Ausreden finden können, aber das würde viel zu viel Kraft kosten. „Es war aber wirklich
    sehr schön. Es hatte jeder auf seine Art seinen Spaß.“
    Ein kleines Lächeln zeigte sich auf ihren Zügen.


    „Aber nun zu dir. Hast du dich denn wieder gut hier in der Stadt eingefunden. Vermisst du die Fremde nicht zu sehr?“ Sie selbst hatte andere Länder gesehen und einige Zeit dort gelebt und wusste, dass es schon eine Umstellung sein konnte, wenn man zurück kam. Genauso wie es eine Umstellung war, in der neuen Umgebung seinem Platz zu finden.

    "Salve Kimon," grüßte sie den Mann, der ihr die Tür öffnete. "Nun, ich wollte mit dem Legatus die Berichte aus der Provinz besprechen, aber das hat sicher noch Zeit bis es ihm besser in seinen Terminplan passt. Vielleicht ist es dir möglich mich über eine passende Lücke in Kenntnis zu setzen?"

    Es war an der Zeit mal wieder ihren Bericht abzugeben und so hatte sie ihren Weg mit einigen Schriftrollen und Wachstäfelchen bewaffnet wieder zum Officium des Statthalters eingeschlagen. Die Berichte aus der Provinz waren nicht die Allerbesten, aber sie konnten auch ein Grund für Hoffnung sein, wenn man sich nach dem Winter gut um alles kümmerte und den Menschen zeigte, dass sie Unterstützung finden konnten. Allerdings war der Winter noch lange nicht vorbei und das Frühjahr konnte noch böse Überraschungen mit sich bringen wenn die Shcneeschmelze einsetzte. Aber eins nach dem Anderen. Sie klopfte an die Tür und wartete darauf hineingebeten zu werden.


    Gerne stieß sie mit ihm an und stimmte seinem Toast nur gerne zu. Der warme gewürzte Wein begann auch Dagmar von innen heraus zu wärmen und das Gefühl ließ sie kurz auf sich wirken ehe sie den Blick kurz über die Gäste und dann wieder zu Iring gleiten ließ. „Ja, das tut es, aber es gut komisch,“ räumte sie mit einem ehrlichen Lächeln ein. „Die Kinder Wolfriks sind es gewohnt nach harten Schicksalsschlägen wieder aufzuerstehen und ihren Weg zu finden und zu gehen.“ Nur weil ihr der Sinn nach so vielen Menschen nicht stand, war es doch für alle anderen gut so, dass mal wieder Leben ins Haus kam und sie auch wieder der Stadt ein Lebenszeichen gaben. Sie waren noch immer da und man musste jederzeit mit ihnen rechnen.


    Sie hatte sich eigentlich auf eine Unterhaltung wie so viele eingestimmt, die sie an diesem Abend schon geführt hatte. Doch ihr Verwandter überraschte sie hier. Recht angenehm sogar. „Wonach steht dir denn der Sinn genau?“ Nun hatte er ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. „Wie möchtest du dich denn für diese Stadt einsetzen?“ Dagmar war gespannt welche Gedanken er sich bereits gemacht und ob er sich einen Plan zurechtgelegt hatte.

    Sie selbst war bei dem Unfall nicht zugegen, den ihr Verwandter hatte erdulden müssen und seit ihrer Rückkehr in die Stadt und die Heimat ihrer Sippe, hatte sie es nicht vermocht die Türschwelle zu übertreten und ihrem Verwandten einen Besuch abzustatten. Oft hatte sie bereits davor gestanden und mit sich gerungen, die Götter um die nötige Kraft gebeten, aber sie hatten sie ihr stets verwehrt. So viele Familienmitglieder hatte sie bereits verloren und auch wenn Alrik noch hier in dieser Welt war, so hatte sie gehört, dass er nur noch ein Schatten seiner selbst war und sie wollte ihn so ihn Erinnerung behalten wie sie zuletzt gesehen hatte. Ein großer und stolzer Mann. Ihn dahinsiechend in einem Bett liegen sehen, würde ihrem schon sehr geschundenen Herzen und ihrer fast verlorenen Seele nur noch den letzten Stoß geben. Das wollte sie nicht. Sie flehte immer wieder die Götter an, dass sie ihn zu ihnen zurückschicken würden, ihn aber besuchen? Das konnte sie nicht. Das schaffte sie nicht.


    Dennoch hatte irgendetwas sie in diesen Teil des Hauses gelockt. Sie war in Gedanken gewesen und hatte nicht auf ihren Weg geachtet und damit hatte sie auch nicht mitbekommen, dass sich die Tür öffnete an der sie gerade vorbeiging bis sie etwas aufhielt, sie am Weitergehen hinderte. „Oh, Entschuldigung,“ murmelte sie und trat einen Schritt zurück um nachsehen zu können in wen sie da nun hineingelaufen war. „Oh Hadamar.“ Dann wurde ihr bewusst wo sie war und vor wessen Tür er stand. „Du hast Alrik besucht? Das habe ich noch nicht geschafft zu tun,“ gab sie recht kleinlaut zu. Sie war sehr froh, dass sich das Haus wieder gefüllt hatte und einige ihrer Verwandten ihren Weg wieder zurück gefunden hatten. Unter ihnen eben auch Hadamar. „Wie fandest du das Fest? Es war schön wieder ein volles Haus zu haben.“

    Und tatsächlich dauerte es nicht allzu lange, bis er die zweite Dame des Hauses gefunden hatte. Wie zuvor Octavena reichte er ihr den zweiten Becher heißen Mets und lächelte flüchtig. „Frohes Julfest, Dagmar. Genießt du das Fest?“


    Es war wirklich schön zu sehen wie die Familie und alle Bewohner der Villa an diesem Abend gemeinsam mit den anderen Besuchern aus der Stadt die längste Nacht des Jahres und damit die Rückkehr der Sonne feierten. Auf der anderen Seite waren wirklich sehr viele Menschen im Haus und obwohl sie schon einige Zeit wieder zurück war und auch versuchte sie wieder mehr zu zeigen und sich nicht mehr ständig zurückzuziehen, verspürte sie gerade genau diesen Wunsch. Sie hatte die Besucher begrüßt, die sie kannte oder denen sie sich verpflichtet fühlte. Auch hatte sie sich mit ihnen unterhalten und war dann wenn es die Höflichkeit erlaubte weitergezogen und nun hielt sie sich etwas abseits und versuchte die unauffällige gute Gastgeberin zu sein. Ihre Gedanken war nicht mehr so trist wie noch am Anfang des Jahres, auch war sie weit davon entfernt die alte Dagmar zu sein. Es war einfach zu viel passiert, zu viel geschehen. Gerade hatte sie überlegt sich vielleicht doch schon zurückzuziehen als sie ihren Verwandten auf sich zukommen sah. Sofort legte sich ein freundliches Lächeln auf ihre Züge. Es waren ihre trüben Gedanken und nicht die ihrer Familie. "Iring. Dir auch ein frohes Julfest." Gern nahm sie den Becher mit dem heißen Getränk entgegen. "Es ist wirklich schön zu sehen wie sich alle amüsieren." Von genießen konnte sie leider nicht sprechen, aber auch das war ihr Problem. "Und du? Wie gefällt es dir? Aber ehe wir uns weiter unterhalten. Lass uns gemeinsam trinken." Dagmar lächelte wieder, hob dem Becher und trank dann einen Schluck. Der Met wärmte sie augenblicklich und es breitete sich ein warmes Gefühl in ihrem Bauch aus. "Es scheinen alle ihren Spaß zu haben und das ist doch das Wichtige an diesem Abend." Dazu war dieses Fest da.

    Die junge Germanin lächelte als der Besucher mit ihr Germanisch sprach. „Heilsa,“ erwiderte sie also noch mal und lächelte ein wenig mehr. „Seid Willkommen Hadamar und Tariq,“ sie blickte zu dem jungen Mann, der hinter dem Familienmitglied stand. „Ich bin Ilda und ich arbeite seid etwa einem Jahr hier.“ Das Lächeln des Familienmitglieds war ansteckend und so wurde ihr Lächeln etwas breiter. Gerade wollte sie die beiden Besucher hineinbitten als sie Dagmar auf die Eingangstür zukommen sah. „Dort kommt deine Verwandte,“ erklärte die junge Germanin und deutete hinter die beiden Männer.



    Auch wenn der Herbst schon weit vorangeschritten war und die Bäume ihr Laub verloren hatten, mochte Dagmar es spazieren zu gehen, Zeit in der Natur zu verbringen und die Freiheit zu genießen, die sich ihr dabei bot. Viel zu oft verbrachte sie Zeit in engen Räumen und mit Menschen, die sie mal mehr und mal weniger mochte. Draußen in der Natur konnte sie ihren Geist frei sein lassen und ihre Gedanken ziehen lassen. Sie hatte sich ein Tuch eng um die Schultern gezogen, da es ihr ein wenig frisch war. Sie hatte ihren Schritt etwas beschleunigt als sie zwei Männer vor sich gehen hatte sehen. So hatte sie es geschafft etwas aufzuholen, sie aber nicht einzuholen. Die wenigen letzten Schritte waren gemacht und Dagmar kam nun ebenfalls auf die Porta zu. „Hadamar,“ rief sie aus und umarmte ihren Verwandten herzlich. „Es ist so schön dich zu sehen.“ Dann schenkte sie dem Begleiter ihres Verwandten ihre Aufmerksamkeit. „Wen hast du denn da mitgebracht?“

    Ilda hatte in letzter Zeit immer wieder das Glück oder auch das Pech in der Nähe des Haupteingangs zu sein, wenn es an der Tür klopfte. So auch dieses Mal. Sie stellte den Korb mit den Äpfeln ab, den sie eigentlich zu den Schweinen hatte bringen sollen. Sie waren nicht mehr gut genug für die Bewohner, aber reichten wollkommen für die Schweine noch aus. Damit der Besucher diesen Korb aber nicht zu sehen bekam, verschwand er hinter der Tür, die sie nun öffnete um dort zwei Männer stehen zu sehen. "Salve," begrüßte sie diese. "Wie kann ich euch helfen?" Freundlich lächelte sie die beiden Besucher an und wartete geduldig ab.

    Die Duccia nickte verstehend. Man musste nicht immer einen Verstorbenen kennen um den Hinterbliebenen zu kondolieren. „Sie wird sich über deinen Besuch sicher freuen,“ bemerkte sie während sie weiter gingen. So oft begrüßten sie derzeit auch keine Gäste. Es war früher anders gewesen, aber da war es auch eine Zeit. Manchmal hatte sie das Gefühl, dass es viel länger zurücklag als es der Tatsache entsprach. Für ihre Familie würde sie aber alles versuchen zu tun. Sie musste sich besser zurechtfinden als sie bisher geschafft hatte.


    Sie nickte als sie auf die Ländereien der Germanica zu sprechen kamen. „Es freut mich sehr zu hören, dass die Avarus Pferde noch immer einen guten Ruf genießen. Wenn man nichts Schlechtes hört, ist es doch immer etwas Gutes,“ sprach sie aus und lächelte ein wenig.


    „Soweit ich weiß, können wir uns im Großen und Ganzen wohl nicht beklagen. Die Ernte ist schlechter ausgefallen als im Jahr zuvor, aber es wird dennoch ausreichend sein. Allerdings habe ich mir bisher noch nicht die Zeit genommen, mir die Bücher genauer anzuschauen. Das sollte ich wohl nachholen.“ Ihr fehlte noch in einigen Bereichen der genaue Überblick.

    .....Er atmete hörbar aus...es war unübersehbar mühsam sich im Zaum zu halten. Nun, ich brauche die Gesamtpopulation , nicht nur die der römischen Bürger...Venusia...

    Dabei blickte er sie an mit der großen Frage im Gesicht ob seine Wahl mit ihr wohl die Richtige gewesen ist.

    ...stante pede, ich brauche die Zahlen bis heute Mittag...und schick´mir Germanicus Cerretanus und Kimon...danke du kannst gehen.

    Kimon würde sich um einiges kümmern müssen und dieser unnütze Germanicer, der ihm noch vor kurzem mit einem Grundstück auf die Nerven ging,...der sollte den Empfang organisieren.

    Venusia bestätigte, dass sie verstanden hatte und machte sich auf den Weg zu Cerretanus und auch Kimon und würde später mit der gewünschten Aufstellung zurückkommen. Nachdem sie die Aufstellung hatte, klopfte sie wieder an und betrat das Officium des Legatus nach der Aufforderung hereinzukommen. Diese wies 29.863 zivile Bewohner für die Provinz aus.

    Venusia lachte leise. “Gerade jene, die am ehesten auf ihren eigenen Teller schauen sollten, sind jene, die am Lautesten schimpfen, das stimmt wohl. Ich bin jedoch alt genug und habe in meinem Leben genügend erreicht, um mir erlauben zu dürfen, darauf nicht allzu viel zu geben und mir einfach meinen Teil zu denken.” Es gab Tage da konnte sie es sehr gut und es gab Tage an denen sie nicht so einfach drüber hinwegsehen konnte. Wem ging es nicht so und nachdem sie mit Octavena einen Plan geschmiedet hatte von dem sie beide einfach nur profitieren konnten, würden sicher einige Stimmen auch wieder verstummen. “Die Nachricht und Einladung zu deiner Cena erreichte mich leider zu spät und kann dir noch immer nicht sagen, ob ich zu dieser Zeit mein dunkles Loch der Trauer und des Selbstmitleids verlassen hätte, in das mich selbst zurückgezogen hatte. Meine Gedanken waren noch recht dunkel zu jener Zeit.” Sie sprach offen über diese Zeit, wenn man sie mehr oder weniger darauf ansprach. Es war ihr Weg gewesen mit allem klar zu kommen und er musste nur für sie passen und sonst niemand anderem.


    Dann erzählte Cerretanus von seinem Kennenlernen mit Octavena. Ihre angeheiratete Verwandte war eine sehr aufmerksame Person und es wunderte sie daher nicht, dass sie den Kontakt gesucht hatte. Davon ging sich nach dem bereits gehörten aus. “Aus diesem Grund möchtest du ihr sein Beileid selbst bekunden?” Das vermeintlich Offensichtliche war nicht immer das Richtige.

    So langsam hatten sie den geschäftigen Teil der Stadt verlassen und näherten sich der Porta, die den Einlass in die Stadt regelte. “Warst du schon ein Mal Gast im Heim der Duccii,?” fragte sie neugierig nach, da das Gespräch sonst wohl die restliche Zeit ausgesprochen schweigend verlaufen würde. “Wie steht es eigentlich um die Ländereien deiner Familie? Haben sie dieses Jahr etwas Ertrag abwerfen können?” Irgendwie wollte sie den Heimweg in Begleitung nicht ausschließlich schweigend verbringen.

    "Die Provinz war bisher nie besonders reich. Wir sind über die Runden gekommen, haben einige besondere ausgaben aber oft mit privaten Spenden umsetzen müssen," erklärte Venusia. Viel Geld gab es eigentlich nie. Sie reichte dem Legatus dann noch einige Schriftrollen sowie eine Tabula, auf der sie die einzelnen Meldungen zu den Einwohnern in Zahlen zusammengefasst hatte.

    "Das wären die Übersichten sowie einzelnen Zahlen."

    Bewohner:

    Aulus Aemilius Nepos

    Paullus Germanicus Cerretanus

    Duccia Venusia

    Lucius Celeripes [NSC]

    Gnaeus Petellius Agilis [NSC]

    Manius Pontidius Musca [NSC]

    Memmius Pomponius Agrippinus [NSC]

    Titus Numicius Macatus [NSC]

    Quintus Propertius Plautus [NSC]

    Petronia Octavena

    Venusia hatte dem Legatus versprochen zeitnah mit allen notwendigen Unterlagen wieder in seinem Officium zu erscheinen und sich dann von ihm verabschiedet.


    Nur wenige Zeit später betrat sie das Officium erneut, nachdem sie dazu aufgefordert worden war, und hielt die notwendigen Dokumente bereit, die der Legatus von ihr gefordert hatte.

    “Die Einnahmen und Ausgabe der Provinz findest du auf dieser Tabula,” erklärte sie und überreichte diese.

    Steuereinnahmen aus der Landwirtschaft: 650.000 Sz

    Steuereinnahmen aus der Viehzucht: 720.000 Sz

    Steuereinnahmen aus Bodenschätzen: 930.000 Sz

    Steuereinnahmen gesamt: 2.300.000 Sz

    Ausgaben für Militär: 1.200.000 Sz

    Ausgaben für Infrastruktur: 620.000 Sz

    Ausgaben für Verwaltung: 280.000 Sz

    Ausgaben insgesamt: 2.200.000 Sz

    Dann griff sie nach einer weiteren Tabula, welche sie dem Legatus überreichte.

    “Die letzte Bevölkerungszählung aus dem letzten Jahr. Durch den Abzug der Legio Secunda wird sich diese Zahl natürlich noch merklich reduzieren.” Der Legatus konnte dieser Tabula eine Zahl entnehmen, die der vom Bericht des Vorjahres sehr ähnlich war.

    “Bezüglich der Straßen und Wege in der Provinz können wir berichten, dass wir über 80 Prozent wieder in Stand setzen konnten. Durch die Aushebung der neuen Legion haben wir jedoch nicht alles so absolvieren können, wie wir es gern durchgeführt hätten. Im nächsten Jahr werden wir dafür umso härter arbeiten müssen.” Gespannt wartete Venusia nun ab, was der Legat zu ihren Ausführungen sagen würde.

    Wie von dem Servus des Legatus gewünscht, ließ Venusia ihre begonnene Aufgabe ruhen und machte sich auf den Weg zum Legatus, der sie umgehend sehen wollte. Da sie in den vielen Jahren gelernt hatte, dass es meist gut war, doch halbwegs vorbereitet zu sein, hatte sie noch nach einigen Wachstafeln und Schriftrollen gefriffen, die sie nun mit sich nahm und damit an die Porta des Officium klopfte, durch welche sie schritt als sie hereingebeten wurde. Sie schloß die Tür hinter sich und wandte dann ihren Blick auf den Legatus. "Du wolltest mich sprechen, Aemilius."