„Das ist doch schon mal eine gute Richtungsangabe. Ich bin mir sicher, dass wir den Stand finden werden.“ Die Waren waren nicht so häufig und die Stände mit einem sehr ähnlichen Angebot stellten sich auch nicht direkt nebeneinander. „Da haben wir ja schon ein weiteres Indiz, das sollte uns beiden schon den richtigen Weg weisen.“ Dagmar war wirklich sehr zuversichtlich, dass sie Beide es schaffen würden. „Dann wird uns wohl eine Traube an Kundinnen auch noch behilflich sein.“ Sie gluckste leise. Wo die angesagten Waren zum Kauf angeboten wurden, da fanden sich auf viele Käufer. „Es besteht also die Möglichkeit, dass wir uns dem aktuellen Stil annähern? Dann müssen wir wirklich unbedingt hin.“ Sie stieß Octavena sanft mit dem Ellbogen am Oberarm an und lachte dann leise. „Das ist bei mir schon einige Zeit her, dass ich so nach dem letzten Schrei eingekauft habe.“ Diese Erkenntnis entsprach der Wahrheit. Aber das ließ sie jetzt nicht in dunklen Erinnerungen verschwinden. Sie wollte nach vorn schauen und dazu gehörte auch, dass sie mal etwas Aktuelles einkaufen ging. Der Ausflug mit Octavena machte ihr schon jetzt großen Spaß und sie hatten noch nichts gekauft.
Natürlich hatte Dagmar die unterschiedlichen Stimmungen im Haus mitbekommen und auch, dass es nicht immer ganz harmonisch zwischen Mutter und Tochter lief. „Interessiert sich Ildrun für Geschichten?“ fragte sie geradeheraus. „Ich habe es früher immer
toll gefunden wenn unsere Eltern abends in der Hütte, ehe wir schlafen gehen mussten, Geschichten erzählt haben. Wahre Geschichten
oder Geschichten unserer Ahnen oder Götter. Ich selbst habe es leider nicht sehr lang miterleben können, aber mit meinen Kindern
habe ich es auch gern gemacht und sie haben gern zugehört. Auch Primus hat ihnen Geschichten aus seiner Heimat Hispanien erzählt.“
Sie atmete tief durch. „Ich werde leider nur sehr wenige Geschichten erzählen können, die ihr Vater zu berichten gewusst hätte, aber vielleicht interessiert es sie von deiner Heimat zu hören und auch über die Geschichte ihres Vaters mehr zu erfahren. Und nebenbei bekommt sie etwas mehr Übung bei den Handarbeiten.“ Es war nicht ihre Aufgabe sich in die Erziehung von Octavenas Kindern
einzumischen, doch wollte sie helfen, wenn es gewollt war. Nur dabei aufdrängen, das war nicht ihre Absicht. „Oh jeh,“ rief sie
theatralisch aus. „Noch mehr Klebespuren an Orten in der Villa auf die niemand kommt. Ich habe letztens Gerwin schimpfen hören, dass er hinter einer der Vasen in der großen Halle einen Klecks gefunden hätte.“ Ihr Angestellter hatte dies nicht besonders amüsant
gefunden. Sie selbst hatte aber breit grinsen müssen. „Er ist sehr kreativ mit den Stellen, wo Leim aufgebracht werden muss.“ Ihr Ton
machte deutlich, dass es sie nicht störte und es auch recht lustig fand. Es waren Kinder und sie mussten sich austoben. Es brachte Leben
in die Villa. „Dann lass uns danach schauen. Wir werden sicher schöne Stoffe finden. Ich habe das untrügliche Gefühl, dass wir heute viele Sesterzen ausgeben werden.“
Der Stand vor welchem sie stehen geblieben waren, hatte keinen Stoff feil zu bieten, der ihr wirklich gefiel. So gingen sie weiter
und kamen an einen anderen Stand, an welchem Bernstein und Ketten mit Bernstein angeboten wurden. Neben dem Gelben war auch brauner und rötlicher Bernstein zu finden und der rötliche hatte es ihr sofort angetan. Er war nicht gerade günstig, aber der Stein war etwa Daumennagel groß und schimmerte ausgesprochen schön. Sie ließ sich von dem Verkäufer die Kette reichen und hielt sie sich an. Fragend blickte sie zu Octavena. „Wie findest du diese?“ Sofort bot der Verkäufer, der nun ein gutes Geschäft witterte ihr auch einen
passenden Ring dazu an. Sie war geneigt den Kauf des Ringes ebenfalls in Betracht zu ziehen, aber vorher wollte sie noch die Antwort der
anderen abwarten.