Es ist alles gut, Maximilla. Mich hat nur irritiert, dass Messalina schreibt "auf der Stelle tot" und hier lese ich heraus, sie liegt im Sterben.
Beiträge von Herius Claudius Menecrates
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Es geht nicht um mich, sondern um die Sacerdos Vestalis Maxima, die der Pflege bedarf, aber sterben wird.
Sprichst du von Decima Messalina, die (eigentlich) hier verstorben ist?
Ich frage nicht aus Neugier, sondern weil die CU in diesem Fall bereits ermitteln.
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Wer in vorderster Reihe stand, bemerkte nichts vom Treiben am Rande des Geschehens. Menecrates besaß gute Männer, daher verließ er sich darauf, dass die Zeremonie nicht gestört wurde, auch wenn er sich nicht um die Gewährleistung kümmerte. Es gäbe ihm auch zu denken, wenn Christen selbst hier ihr Unwesen trieben, denn daraus würde er schlussfolgern, dass es weit mehr dieser Anhänger gab als er bisher vermutete. Sollten sich seine Schätzungen als unrichtig erweisen, müssten verschärfte Maßnahmen greifen, härtere Strafen, knebelnde Gesetze. Der Claudier pflegte eine tiefe Abneigung gegenüber diesen Subjekten und fand den bisherigen Umgang mit ihnen viel zu lasch.
Als Menecrates wiederholt feststellte, wie er gedanklich abdriftete, mahnte er sich zu Aufmerksamkeit. Der heutige Akt besaß nicht nur für die Flavii Bedeutung, sondern für ganz Rom. Er erinnerte sich nur ungern an die Zeiten, wo die Götter und Geister zürnten.
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Während er den Weg schweigend fortsetzte, überlegte er, welches Ziel wohl die Götter einst verfolgten, als sie diese Wunschvermählung nicht zustande kommen ließen. Meist ergab sich im Nachhinein ein Sinn, oftmals auch erst sehr viel später. Da Menecrates aus seiner Perspektive keine Sinnhaftigkeit erkennen konnte, ging er davon aus, dass die Cornelia den jungen Gracchus sehr glücklich machte, wie es vielleicht keine andere Frau vermochte. Irgendwo mussten ihre Stärken stecken, rein optisch suchte Menecrates sie vergeblich.
Nach wie vor glaubte er, dass die Götter ihre Finger im Spiel hatten, selbst wenn Väter glaubten, sie träfen alleine die Entscheidungen. Erst am heutigen Tag erlebte er, wie deutlich Götterwinke ausfallen konnten. Andererseits mochten sie im Alltag leicht übersehen werden. Menecrates nahm sich vor, ab heute aufmerksamer durch das Leben zu gehen.
Die Gabelung lag vor ihnen und er blieb stehen. "Ich freue mich, dass wir dieses Gespräch führen konnten. Es hat mich insgesamt sehr gefreut!" Für die Begleitung und Ausrichtung der Auspizien hatte er sich bereits bedankt. Sollte Gracchus noch etwas auf dem Herzen haben, gab er ihm dazu Gelegenheit, indem er keine Eile an den Tag legte.
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Menecrates versuchte, die Stimmung zu retten, nachdem Faustina sichtlich mit der Fassung rang und Stella ebenfalls mehr als unglücklich wirkte.
"Ja, dann würde ich sagen, ich stelle euch einmal einander vor. Die Jungfrau in meinem Wasserbecken ist Tiberia Stella, die Tochter eines Freundes. Sie wohnt zurzeit bei mir." Sein Blick wanderte von Stella zu Faustina. Dabei ging ihm durch den Kopf, dass die gesittete Mutter - auch noch jung an Jahren, aber ohne jugenliche Flausen im Kopf - sicherlich einen guten Einfluss auf Stella haben könnte, zumal es Stella an Freundinnen in Rom mangelte.
"Stella, das ist die Tochter meines Jugendfreundes Aemilius Lepidus. Faustina ist bereits Mutter und meistert diese Aufgabe sehr gut." Er vergewisserte sich, dass Iulia noch außerhalb des Beckens stand. Ein durchweichtes Mädchen, oder im Falle Stellas eine junge Frau, reichte ihm. Er wusste, wie glatt der Fußboden bei Nässe wurde.
Er bedauerte, dass Vic das Atrium so schnell verlassen hatte. Zwei Augen mehr, die sich auf ein entdeckungsfreudiges kleines Mädchen wie Iulia richten, würden Menecrates beruhigen. Er dachte unwillkürlich zurück an den Beginn des Sklavenaufstandes, wo er seine Enkelinnen aus dem Circus retten musste. Hoffentlich lief hier alles glimpflich ab.
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Nach der Rückkehr aus der Subura bezog der Praefectus Urbi mit Cornicularius Octavius und Optio ab actis Purgitius das Officium. Er schloss höchstpersönlich die Tür und wandte sich an beide Offiziere.
"Meine Herren, legen wir alles auf den Tisch - Meinungen, die Karte, Planungsvorschläge und Zahlen." Er meinte es - wie ersichtlich - im wörtlichen und übertragenen Sinne. Es kam nicht darauf an, dass die Anzahl der Schritte übereinstimmte, denn wenn man nicht im Gleichschritt lief, machte sich eine unterschiedliche Schrittlänge nach gewisser Strecke bemerkbar. Einzig die Streife lief aequatis passibus, die Offiziere bei der Besichtigungstour nicht.
"Eines steht fest: Als Baumaterial kommen nur gebrannte Ziegel infrage. Es ist offensichtlich, welche Haltbarkeit die getrockneten Ziegel aus Schilf und Lehm haben: Wahrscheinlich keine, wenn es brennt oder Wasser zum Löschen eingesetzt wird."Er ging in Gedanken bis zu den Fundamenten der ersten Statio zurück. Vieles an der damaligen Bauweise konnte übernommen werden. Den Totalschaden richtete die Explosion, nicht das Feuer an. Allerdings hatte sich der Beton als am besten widerstandsfähig von allen eingesetzten Materialien erwiesen. "Ich werde mit dem hinzugezogenen Architekten erörtern, ob wir Ringanker und Tragsäulen - beides aus Beton gegossen - zur besseren Statik vermehrt einsetzen."
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'Geschickt, geschickt', dachte Menecrates, als die Frage nach dem möglichen Ursprung für typische Anlagen auf ihn zurückkam. Er lachte leise, bevor er Überlegungen anstellte. Es gab nichts, was er sofort erwidern konnte. Vor allem gab es kaum Fundiertes.
"Ich kann dir sofort sagen, was nicht claudischen Ursprungs ist", begann er nach einigen schweigend zurückgelegten Schritten. "Die Tatsache, dass ich verschiedene Flavier kenne, z.B. hatte Aristides mit mir in der Prima gedient und Scato meine Enkelin geheiratet, erlaubt mir eine Einschätzung im Hinblick auf Wortschatz und Satzbau. Vor allem bei Letzterem gibt es Eigenarten, die nicht allein mit Nachahmung zu erklären sind, wenn auch bis zu einem gewissen Grad. Wortakrobatik gilt jedenfalls nicht als Erkennungsmerkmal eines Claudiers." Zum Glück für Gracchus Minor hatte er nicht den Sprachfehler seines Vaters geerbt, aber dies anzusprechen, fand Menecrates taktlos.
"Ich könnte sicherlich besser Auskunft geben, wenn du der Sohn meiner Schwester wärst.
An meinen Onkel Arbiter erinnere ich mich gut, denn ich habe ihn sehr geschätzt, aber für Cousine Antonia habe ich mich kaum interessiert. Onkel Arbiter verfügte über ein breites Wissen, das hat mir als Jüngling imponiert."
Wieder legte Menecrates einige Schritte schweigsam zurück, weil er über dem Ursprung der Nachfrage brütete. In Bezug auf Gracchus Minor hegte er einst besondere Hoffnungen.
"Im Grunde macht es keinen Sinn, über längst verlassene Wege zu sprechen. Wo wir aber einmal bei diesem Thema sind, gestehe ich, dass ich dich gern als Mann einer meiner Enkelinnen gesehen hätte."
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Die Basis, auf der er mit Gracchus Maior kommunizierte, bestand - solange er zurückdenken konnte - stets aus Höflichkeit, was Menecrates erneut beruhigt feststellte. In der Theorie müsste die beiden Consulare viel mehr verbinden, denn beide entstammten eines patrizischen Geschlechts und beide legten außerordentlichen Wert auf den Erhalt von Traditionen, wenngleich Menecrates vor Augen stand, dass er unter Berücksichtigung seiner Verantwortung für Rom, die eine oder andere Ausnahme befürwortete. Ausgerechnet heute beabsichtigte er sogar, die Überschreitung der kultischen Grenzen des Pomerium
dem Pontifex schmackhaft zu machen. Es blieb abzuwarten, wie der Flavier auf die Argumente reagierte.
"Ich kann mich meinem Sohn in seiner Freude über deine Anwesenheit nur anschließen."
Gleichwohl die Freude des älteren Gracchus vornehmlich sich auf die poltischen Aspekte dieser Zusammenkunft bezog, während Minors Freude auch persönlicher Natur war.
"Nein, die Causa der Station haben wir noch nicht er..örtert"
, beantwortete er sodann Minors Frage.
"Doch allfällig bietet sich später noch Gelegenheit dazu."
Menecrates nickte als Reaktion auf die geäußerte Nettigkeit, wandte sich dann aber gleichsam Annaeus zu, der schon längst seinen Gruß an alle entrichtet hatte.
"Salve Senator Annaeus!"
Anschließend lenkte ihn der Auftritt des Seius Ravilla ab.
"Ich darf dir unseren Klienten Galeo Seius Ravilla vorstellen: Er stammt aus einem edlen Priestergeschlecht in Cappadocia und ich hatte die Freude, im vergangenen Jahr seine Dienste als Tiro fori in Anspruch nehmen zu dürfen! Nun strebt er selbst politische Ämter an, doch später mehr dazu."
, initiierte er zunächst Ravilla gegenüber dem Claudius.
Seius Ravilla - wer ihn sah, vergaß ihn nicht mehr. Obwohl Menecrates viele Personen traf, wusste er sich noch genau an die erste Begegnung zu erinnern. "Salve Seius Ravilla! Meine Auskünfte über das Tribunat haben dich demnach nicht abgeschreckt, den Cursus Honorum ins Auge zu fassen?" Er lächelte, zeigte seine innere Belustigung aber nicht. Als Tribun konnte er sich Seius nicht im Mindesten vorstellen, aber es blieb abzuwarten, welche Werte der Mann vertrat und in welches Lager des Senats er sich einreihen würde, sofern er die Hürden schaffte.
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Die Prüfungen durch Kinder empfand Menecrates als die schwersten. Hier half kein Fachwissen, nichts vorher Einstudiertes, keine Ausrüstung. Kinder legten vor und er paddelte hilflos hinterher. "Äh, groß wie ein Hund, ja, aber reiten? Er ist nicht eingeritten." Im gleichen Moment merkte er den Fehler. Er hätte strikt ablehnen müssen und erklären, dass ein Wolf keinen Reiter trägt. "Ach, sieh mal, deine liebreizende Mutter." Er nahm sich vor, ohne Pause zu reden, damit die Kleine keine Lücke fand. "Faustina, sei gegrüßt! Natürlich kommst du günstig und unangemeldet ist kein Problem." Dachte er eigentlich darüber nach, was er sagte? Er dankte innerlich, dass Faustina von Normalität bei der Aufgabe als Mutter sprach und hoffte, sie würde ihn aus der Situation retten. Eifrig nickte er, als sie auch die Pflichten der Männer erwähnte. Dem Blickkontakt zu der kleinen Iulia wich er konsequent aus.
Umso aufmerksamer folgte er dem Bericht der Mutter. Was sie mitteilte, stellte ihn schlagartig still. Sein Lächeln verschwand.
"Das sind keine guten Nachrichten, Faustina. Mein aufrichtiges Mitgefühl!" Die Problematik mit dem Kind rückte in den Hintergrund. "Ich werde einen Besuch einrichten. Wäre der Abend ein guter Zeitpunkt?" Tagsüber gab es kaum Lücken, aber auch die würde er finden, sollte sich der Abend als ungeeignet erweisen.
Plötzlich klatschte es und Menecrates fuhr herum. Da er mit voller Konzentration bei Faustina weilte und das Kind nicht mehr beachtete, befürchtete er, die Kleine läge im Becken. Stattdessen erblickte er Stella, die möglicherweise von den Göttern zu seiner Rettung geschickt wurde, wobei Stella in Richtung der Götter fluchte. Wie in einem geschickt inszenierten Theaterstück kam schließlich noch sein Großneffe Vic hinzu. Menecrates würde den Göttern morgen eine besonders große Opfergabe bringen. Sie erhörten sein Flehen und sandten gleich zwei Ablenkungsmannöver, die für Iulia sicherlich unterhaltsam waren.
Menecrates setzte zur gegenseitigen Vorstellung an, da verschwand Vic bereits wieder. Wahrscheinlich hatte er die reglos stehende Gruppe nicht gesehen. Der alte Claudier befand sich in einer schwierigen Situation. Er konnte unmöglich Stellas Zustand ignorieren und die beiden Frauen einander vorstellen. Zuerst musste er sich um Stella kümmern.
"Stella, Kind, hast du dir weh getan?" Irgendwo musste eine Blessur sein, doch wie schlimm und ob sie behandelt werden musste, blieb abzuwarten. Er kam einige Schritte auf Stella zu. "Ich weiß nicht, kennt ihr euch?" Er blickte zwischen ihr und Faustina hin und her. Eine Sklavin kümmerte sich bereits um Stella, eine weitere trat mit einem schützenden Laken auf sie zu.
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Während Stella die Häppchen mundeten, hielt Menecrates im Kauen inne. Der Anblick seines Gastes wirkte wenig appetitanregend und so blickte er wie magisch angezogen auf den verölten Mund. Schließlich riss er sich gewaltsam los, spülte mit etwas Quellwasser die Eireste hinunter und ging auf Stellas Anmerkungen ein. Sie sagte, er sei kein Mensch, der grundlos schlecht agiert. Wo auch immer Stella Schlechtes erkannte, Menecrates konnte es nicht sehen.
"Ich sehe nichts Schlechtes darin, Christen zu verurteilen und hinzurichten", betonte er. "Ich werde diese Entscheidung, mit der auch dein Vater abgesichert ist, vor jedem verteidigen. Wo siehst du, dass ich mich meinen Entscheidungen nicht stelle?" Vielleicht missverstand er sie auch nur, deswegen legte er nicht zu viel Gewicht auf ihre Worte. Trotzdem lösten sie keine Freude aus.
Als sie über ihren Vater sprach, überlegte er, ob es zutraf, dass er mit niemandem redete. Plötzlich fiel ihm ein Gespräch ein, eines der letzten. In diesem hatte sich Verus geöffnet.
"Er wollte euch sicherlich schützen, ihr wart beide noch jung", verteidigte er das Schweigen des Vaters. "Gesprächig war er nie, aber an eine Unterredung kann ich mich erinnern." Kein Vater zeigte sich gern niedergedrückt, verletzlich oder verbittert vor seinen Kindern. "Gespräche dieser Art führe auch ich unter Männern. Nicht mit jedem, am besten mit einem Freund. Dein Vater besaß mindestens einen." Er lächelte, natürlich meinte er sich. Während Stella über sich sprach, versuchte Menecrates erneut, den Hunger zu stillen. Wenn sie redete, konnte sie unmöglich den Mund vollstopfen. Das Eistück fand demonstrativ langsam den Weg in seinen Mund und er kaute bedächtig. Da er es versäumte, fortlaufend zuzugreifen, blieb es bei diesen zwei Eistückchen, denn die Sklaven trugen andere Speisen auf. Brot, Fisch und Gemüse verschiedenster Art verbreitete einen angenehmen Duft und luden zum Essen ein.
Nachdenklich stieg er wieder in das Gespräch ein. "Es ist in deinem Alter normal, Suchende zu sein. Die einen wissen es früher, andere später, wo sie stehen, welche Ziele sie verfolgen und welchen Werten sie anhängen. Suchende nach einer Bleibe bist du jedenfalls nicht mehr. Selbstverständlich kannst du bei mir wohnen. Ich freue mich sogar über Gesellschaft." Wieder lächelte er. Römer halfen einander, wobei im Fall Stella die Hilfsbereitschaft über das normale Maß hinausging. Menecrates verspürte ein Bedürfnis danach.
Immer wieder kam Stella auf ihren Vater zu sprechen. Menecrates wollte das auch, allerdings um zu erörtern, wo er mit der Suche nach ihm ansetzen konnte. Bislang kam er nicht zum Zug, weil zu viele Dinge seinen Gast belasteten. "Ich sehe nichts, was umsonst gewesen wäre. Nicht jeder Erfolg fällt ins Auge. Manchmal sind es sogar die kleinen Dinge, die Wirkung zeigen, nämlich dann, wenn etwas aus dem Stillstand in Bewegung gerät. Ein wenig hat sich in Rom getan, manchmal geht mir das auch nicht schnell genug. Junge Menschen sind noch um ein Vielfaches ungeduldiger." Stellas Ungeduld zeigte sich besonders, als sie auf den Verrat einging, und Menecrates bereute es, ihr davon erzählt zu haben.
"Stella, meine Liebe, wir richten ab sofort unsere Energie darauf, deinen Vater zu finden. Er selbst soll entscheiden, wie viel er dir erzählt. Vielleicht gelingt es sogar, ihn zu rehabilitieren, aber diese Chance würdest du im Vorfeld zunichtemachen, wenn du rachwütig durch Rom ziehst und genau das traue ich dir zu." Er blickte eindringlich, bevor er fortfuhr. "Also, wo könnte dein Vater jeweils Halt gemacht haben? Versetze dich nach Möglichkeit in seine Lage."
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Die Offiziere umringten die Stelle, wo die Karte lag, während die Streife hinter ihnen wartete. Der Präfekt beugte sich über die zeichnerische Darstellung der Gegend und versuchte, die zurückgelegte Strecke mit den eingetragenen Straßenzügen abzugleichen, was den Standort einkreiste. Sie befanden sich in einer Querstraße. Er besaß einen von Natur aus guten und durch das Feld geschulten Orientierungssinn, doch bevor er dazu kam, die ersichtlichen Straßenkreuzungen und Abzweigungen in Augenschein zu nehmen, reagierte Purgitius. Der tippte auf eine Stelle, die Insulae als Bebauung anzeigte, deren Existenz sich in der Realität kaum noch erahnen ließ. Menecrates nickte. Die Position lag in seinem bereits eingegrenzten Bereich.
"Ja, das ist die Stelle. Ein Trapez, du hast Recht. Der Bauplatz ist nicht nur groß, sondern liegt auch günstig. Die Karte zeigt das noch besser als der Ausblick." Er richtete sich auf und sah sich um. Entlang der Straße fehlten mehrere Häuser. Sowohl in nördlicher als auch südlicher Richtung ließen sich abzweigende Straßen erkennen. Obwohl er die Gegend selten besuchte, wusste er um die Nähe zu den Foren.
"Das sieht nach einem Volltreffer aus!", resümierte er. "Seht mal, ein Brunnen zwanzig Doppelschritte entfernt." Er schmunzelte. Mit einem Brandanschlag auf eine weitere Statio rechnete er nicht, aber bereits die gegenüberliegende Insula wies die übliche marode Bauweise auf. "Wir werden feuerfester bauen. Das sind wir den später hier stationierten Männern schuldig."
Ein letzter Rundblick, dann sah er zu Octavius und Purgitius. "Wenn wir losmarschieren, werden Schritte gezählt, die Anzahl notiert Octavius. Die Tiefe der Baufläche können wir nur schätzen, denn ich möchte nicht, dass wir über Schuttberge steigen. In der Castra bringen wir alles zu Papier und beginnen mit einer groben Planung. Zeitgleich kümmern wir zwei", er zeigte zwischen Purgitius und sich hin und her, "uns beim Kaiser um das Genehmigungsverfahren. Auf geht’s!"
Das Kommando über die Streife hatte nicht er, sondern Purgitius, er selbst lief schon Richtung Stadtmitte los. In Gedanken zählte er.
Wenig später - sie befanden sich bereits auf dem Rückweg - fiel Menecrates noch etwas ein und er wandte sich an Frugi. "Höchstens zweihundert Doppelschritte vom Bauplatz entfernt, ließ die Straßenreinigung zu wünschen übrig. Erinnere mich daran, dass ich den amtierenden Magistraten darauf anspreche."
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Die Angewohnheit, sich Beschreibungen in Bildern vorzustellen, gehörte untrennbar zu Menecrates. Er konnte sich nicht gegen die Bilder wehren und in diesem Fall sah er Gracchus auf dem Exerzierplatz Runde um Runde drehen, was ihn erheiterte. Zwar geriet er nicht in Versuchung, seine Vorgaben über Bord zu werfen, aber das wohlige Gefühl der Sympathie und der freundschaftlichen Verbundenheit durchflutete ihn. Er besaß Zeit seines Lebens nie eine breite Masse an Freunden, sondern immer nur wenige, dafür aber ausgesprochen gute. Wahrscheinlich stellte er zu hohe Ansprüche.
"Geduld zu beweisen, ist für manchen eine Herausforderung. Mir wurde sie beispielsweise nicht ins Wiegebett gelegt. Wie verhält sich das bei dir?"
Gracchus Maior widmete seiner Familie Zeit, zumindest glaubte das Menecrates. Er weilte in Rom, demnach sah er seine Kinder täglich. Der ältere Gracchus wirkte stets beherrscht und diente sicherlich als gutes Vorbild - so schlussfolgerte der Claudier. Da der Sohn folgsam allen Aussagen des Vaters im Senat folgte, schien es keinerlei Reibungspotential zwischen ihnen zu geben.
Menecrates weilte gedanklich bei den Flaviern, als die Sprache auf seine Familie kam. Jeden anderen hätte er mit einer Floskel abgespeist, bei Gracchus Minor kam das nicht in Frage. Es gab außer Tragödien leider nicht viel zu berichten, daher schlug der Claudier einen Haken.
"Ein wenig sehe ich dich auch als Familie an. Mein Kontakt zu deiner Mutter fällt kaum ins Gewicht, aber womöglich das Blut. Denkst du, da gibt es mehr als nur einen Verbindungsstrich im Stammbaum? Oder anders gefragt: Welcher Aspekt an dir könnte claudischen Ursprungs sein?" Natürlich gab es keine einheitliche Wesensausprägung in der Gens Claudia. Alleine Menecrates' Enkelkinder konnten kaum verschiedener ausfallen.
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Menecartes winkte ab. "Nicht weiter dramatisch, Petronius. Wenn wir anfangen, diese Kleinigkeit aufzuspalten, dann wird bei unserem Talent die Ansammlung von Missverständnissen nur noch größer. Es ist ja alles geklärt."
Der Claudier sah den Vorfall von der lustigen Seite. Möglicherweise hatte er auch nur die Schwelle an komplizierter Kommunikation überschritten und nach der roten Linie wurde aus Ärgernis Belustigung. "Einfach mal lächeln, Petronius. Du wirst sehen, das beschwingt den Tag."
Trotz kippelndem Stuhl und verwinkelter Kommunikation konnte Menecrates am heutigen Tag nichts erschüttern. In der letzten Zeit lief viel zusammen, das freute ihn. "Das war es für heute schon." Er wurde ernst, als er anfügte: "Viel Erfolg beim Aktenstudium, Tribunus Petronius. Das Ergebnis der ersten Anhörung wird Weichen stellend sein."
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Der Schwächeanfall währte nur kurz. Linos bewegte sich, nahm Wasser und konnte sprechen. Noch immer starrte Menecrates ihn an, weil er kaum glauben konnte, dass sein vor unzähligen Jahren verschwundener Sklave vor ihm saß. Seine vielen Fragen mussten allerdings warten. Linos schien am Ende seiner Kräfte und auf einen Tag Ungewissheit mehr oder weniger kam es nicht an.
"Natürlich erlaube ich das", erwiderte Menecrates, setzte sich aufrecht hin und erteilte Anweisungen an die Sklaven.
"Er badet nicht allein. Nur unter Aufsicht!" Damit wollte der Hausherr einem Tiefschlaf in der Wanne vorbeugen. "Er bekommt ein separates Zimmer, das heißt: Er schläft nicht in den Sklavenunterkünften. Das heutige Essen wird ausnahmsweise auf diesem Zimmer serviert. Ab morgen, oder wenn Linios genesen ist, kümmert er sich selbst um die Verpflegung. Ach ja", er hob den Zeigefinger, "bis auf Weiteres wird er nicht für Arbeiten eingeteilt." Diese Ansage richtete sich an den Maiordomus.
Menecrates überlegte, was noch fehlte. Schließlich zuckte er mit der Schulter und wandte sich an Linos: "Wir setzen unser Gespräch fort, wenn es dir besser geht." Natürlich hoffte er, dass dieser Zustand irgendwann eintreten würde. Sicher konnte er nicht sein, denn Linos galt schon immer als Schlitzohr.
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Es hakelt beim Orbis Terrarum - Capitolium.
Wenn man auf die Ansicht "öffentliche Gebäude" (2. Auswahlbutton) oder "Stadtteile" (3. Auswahlbutton) geht, kommt man vor dort nicht mehr weiter, sondern muss zurück zur Kartenansicht (1. Auswahlbutton) und von dort eine andere Ansicht ansteuern.
In anderen Stadtteilen funktioniert das. Ich habe das nur wahllos und flüchtig geprüft.
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Die erste Station lag am Rand der Subura und erforderte keinen langen Fußmarsch durch dreckige und belebte Gassen. Heute liefen sie länger. Menecrates suchte die jeweils passierte Gegend nach brauchbaren Grundstücken ab, fand zuweilen auch Freiflächen, oder solche, die frei geräumt werden konnten, aber stets zu klein ausfielen. Er rümpfte die Nase, als sie einen Abschnitt durchquerten, wo er knöcheltief im Unrat einsank, und ahnte, dass es sich dabei auch um Hundekot handelte. Er würde sich am Abend ausgiebig die Füße waschen lassen. Eine Ladung Abwasser erzielte erste Reinigungserfolge und in stoischer Ruhe hielt Menecrates auch dieses Desaster aus.
Die Strecke kam ihm endlos vor, da lichtete sich plötzlich die Häuserfront und gab den Blick auf schwarze Schuttberge frei. Menecrates vermutete das Ziel ihres Marsches und je näher sie kamen umso größer wurde die Gewissheit. Schließlich blieb Purgitius stehen.
"Das ist mehr als ich zu hoffen wagte", kommentierte er Lurcos Ansage. Ein Lächeln erschien. Er ließ den Blick schweifen, weil dies überraschenderweise ging - eine seltene Situation in diesem Armenviertel. Anschließend drehte er sich in verschiedene Himmelsrichtungen, um in etwa die Position zu orten, denn die Orientierung hatte er in Anbetracht der widerlichen Hindernisse des Hinweges verloren.
"Cornicularius Octavius, wir brauchen mal die Karte", sagte er, denn er wusste, dass Frugi sie eingesteckt hatte.
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Er sah ihr mit einem Lächeln entgegen und nahm die Veränderungen wahr. Allein die Tatsache, dass Stella nicht wie ein gehetztes Reh wirkte, erfüllte sein Herz mit Freude und sein aufgeflammter Beschützerinstinkt durfte runterfahren. Er atmete befreit aus und entspannte sich, bis ihm einfiel, was er beabsichtigte anzuschneiden. Bevor er begann, sollte sie aber etwas in den Magen bekommen. Stella setzte sich, was für Menecrates als Ausdruck traditionellen Verhaltens galt. Mit seiner Beobachtungsgabe erkannte er allerdings auch Unsicherheit, die ebenso als Begründung infrage kam.
"Der größte Dank wäre für mich, wenn ich sehe, dass es dir schmeckt." Anderen eine Freude zu bereiten, bot ihm weitaus mehr Erfüllung als die Befriedigung eigener Bedürfnisse. Menecrates hoffte, sie würde seine Worte als Einladung sehen. Um den Prozess zu fördern, griff er nach einem hart gekochten Ei.
Stella wählte ihren Appetitanreger und Menecrates wartete, bis sie zu einer Vorspeise griff, dann eröffnete er das Gespräch.
"Du hattest vorhin einige Fragen gestellt und Aussagen getroffen, auf die ich - wie versprochen - noch eingehen möchte." Sein Blick löste sich vom Brotstück in seinen Fingern und suchte den Kontakt zu Stella. "Befehle, Stella, sind im Militär nicht wegzudenken. Du bist eine Offizierstochter, dir muss ich das nicht erklären. Befehlsempfänger sind niemals frei in ihrem Tun." Er stockte. Sicherlich kam es auf die Art der Befehle an, ob sie den Empfänger und Ausführenden zerstörten oder Sicherheit gaben. Wer Befehlen folgte, trug keine Verantwortung. Das Thema besaß so viele Facetten, dass er sich entschloss, es nicht weiter zu erörtert. Der schwierige Part folgte ohnehin.
"Stella, ich möchte ehrlich zu dir sein, und ich bitte dich, auch stets ehrlich zu mir zu sein. Es hilft uns nichts, wenn wir uns gegenseitig etwas vormachen." Er blickte noch einmal prüfend, dann senkte er den Blick, um ausgiebig das Brotstück zu mustern, während er gestand. "Ich bereue mein Urteil nicht. Es ist richtig aus damaliger und aus heutiger Sicht!" Er liebte das direkte Wort, also sprach er alles an. "Auch auf die Gefahr hin, dass du mich abstoßend findest, oder verachtest und nicht mit mir unter einem Dach wohnen möchtest", er blickte kurz auf, dann fuhr er mit Blick auf das Brotstück fort, "ich habe gar nichts empfunden, als die Christen brannten." Wieder sah er auf, denn er schämte sich dessen nicht. Er senkte häufig in Gesprächen, wo er sich stark konzentrieren musste, den Blick, um sich besser zu sammeln.
"Ich glaube nicht, dass dein Vater bei diesem Akt etwas verloren hat, wie du sagst, denn die Christen bedrohen unser Reich und er will das Reich schützen. Er hat etwas verloren, als ihm seitens eines Vorgesetzten übel mitgespielt wurde - wegen dieser Hinrichtungen. Sein Handeln war richtig und das Urteil war korrekt. Dank hatte er dafür gewiss nicht erwartet, aber auch nicht die Demontage der eigenen Person." Menecrates fügte diese Erklärung an, weil er nicht sicher sein konnte, dass Stella nach seiner Eröffnung blieb, aber sie sollte die gesamte Geschichte wissen.
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Das kleine Mädchen zeigte sich gnädig und ging auf das Spiel ein. Erst in diesem Moment dämmerte es Menecrates, wie wenig er mit dieser Sicherheit rechnen konnte. Erleichterung machte sich breit, als seine Hand gefasst wurde. Er beglückwünschte sich, nicht als Frau zur Welt gekommen zu sein, denn Kinder fand er zuweilen schwieriger und daher anstrengender als Politiker.
"Ein Wolf", er machte große Augen, um die Bedeutung seiner Worte zu unterstreichen, "sieht aus wie ein sehr großer Hund, ist aber sehr viel wilder. Er hat seinen eigenen Kopf und macht selten das, was er soll."
Sie näherten sich Faustina und in Menecrates wuchs die Unsicherheit, ob sein Tauschgeschäft auf ihre Zustimmung stieß. "Der Wolf ist noch größer als du", gab er daher Iulia zu bedenken. Er hoffte, aus der Nummer wieder heraus zu kommen, bevor Faustina davon erfuhr. Bei ihr angekommen löste er die Hand aus der des Kindes.
"Salve, Faustina! Schön, dass du mich einmal besuchst. Ich bewundere dich und jede Frau, die den ganzen Tag ein Kind zu beschäftigen weiß." Obwohl nicht beabsichtigt fiel ihm eine politische Debatte ein, wo es um die Rolle der Frau ging. Menecrates sah Frauen nicht in Ämtern, sondern in der Rolle einer Mutter. In diesem Moment merkte er, wie sehr seine Worte über den Respekt für Frauen, die einzig ihrer Bestimmung nachkamen, von innerer Überzeugung strotzten. Er gab nicht nur vor, eine Frau mehr zu schätzen, wenn sie einzig die Mutterrolle einnahm, er fühlte tatsächlich so.
"Danke, Faustina! Du hast mir gerade, ohne es zu wissen und ohne etwas zu tun, viel geholfen."
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Indessen verspürte er die Kühle zwischen seinem Vater und seinem Mentor, weshalb er selbst es unternahm, einen Plausch zu initiieren, wobei er ein Sujet wählte, welches beide Akteure professionell betraf, um etwaige persönliche Animositäten zu minimieren:
"Hattet ihr bereits Gelegenheit, die kultischen Fragen zur Öffnung der Statio zu erörtern?"
Während Menecrates den geschickten Winkelzug des jungen Gracchus bewunderte, wartete er den Gegengruß des Vaters ab, bevor er das vorgeschlagene Thema aufgriff. Bei allem Übel, was Menecrates stets bei Festen und Einladungen empfand - und leider vergrößerte sich der Kreis der Anwesenden zusehends - beglückwünschte er sich zu der sich ergebenden Gelegenheit. Er konnte nun gleich mehrere Punkte von seinem Aufgabenzettel abhaken: Er löste das Versprechen zur Teilnahme an einer Cena ein und er wurde zwangsweise zur Besprechung der kultischen Riten bugsiert, vor der er sich bislang erfolgreich gedrückt hatte. Es bedurfte nunmehr keiner Überredungskünste mehr, sich auf den Weg zu den Pontifices zu machen, wenn er den Kopf direkt vor sich stehen sah.
Für die Betrachtung des Seius Ravilla blieb daher noch keine Zeit und auch der Gegengruß für Senator Annaeus musste noch warten.
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Lurco besaß die Gabe, alle Zweifel zu tilgen und die Sorgenfalten zu glätten, sofern es welche gab. Menecrates speicherte diese Erkenntnis und erwiderte: "Dann kann ja nichts mehr schiefgehen, Cornicularius Purgitius." Er schmunzelte. "Du kannst dann wegtreten."
Ein weiterer Schritt lag hinter ihm. Einer ganzer Abschnitt könnte morgen als erledigt gelten, wenn das Grundstück hielt, was es versprach. Momentan schien alles zu gelingen und Menecrates traute sich kaum, noch mehr zu erwarten. Phasen dieser Art gab es selten und er hoffte, sie hielt noch ein wenig an.
Die Pflicht rief nach ihm und so wandte er sich anderen Themen zu.