An
Camillus Matinius Plautius
Praefectus Castrorum, Legio Prima
Parthia
Mein geliebter Camillus,
trübe sind die Tage, ohne Dich. Ich verzehre mich nach Dir, ich vermisse Dich so sehr. Stets sind meine Gedanken bei Dir, sei Dir dessen gewiss und ich bange um den Ausgang des Krieges und Deine Sicherheit. Ich würde auch gerne, wieder in Deinen Armen liegen und ganz nahe bei Dir sein. Auch wenn es nicht wahr ist, dass ich Dir die Decke entwende, mein Geliebter. Aber sollte dem doch so sein, Liebste, dann verspreche ich Dir hoch und heilig, das zu unterlassen. Nur komme bitte schnell wieder zu mir zurück und verdränge die Kälte in der Nacht und beleuchte meine Tage mit Deinem Witz und Deiner liebevollen Art.
Ich hörte, natürlich über die Acta, von dem Fortschreiten des Feldzuges. Immerhin bin ich durchaus gut informiert, was die Lage der Legion angeht, sofern man in Rom oder Alexandria Informationen erhält. Aber aus Deinen Briefen konnte ich wenig entnehmen, war doch die Hälfte davon durchgestrichen. Ja, auch über die Acta ist mir bekannt, dass wohl eine strenge Zensur durchgeführt wird. Leider ist Dein Brief auch darunter gefallen. Ich hoffe jedoch, dass herein kommende Briefe, also meine Zeilen an Dich, nicht ebenso streng kontrolliert werden. Sind es doch nur diese Zeilen, die wir miteinander tauschen können, keine Worte, keine Umarmungen.
Mir ergeht es gut, wenn man von der steten Sehnsucht absieht, die mich nach Dir verzehrt, der Sorge um Dich und meine anderen Verwandten im Krieg. Die Angelegenheit mit dem Museion hat sich geklärt, ich habe die Tempelanlagen besichtigt, meine Arbeit getan und das Ergebnis an den Rector der Schola weiter geleitet. Während ich in Alexandria war, ist der Leiter des Museion, dieser eingebildete Schnösel verstorben. Er wurde ermordet. Natürlich habe ich ihn still verflucht, aber dieses Schicksal gönne ich doch selbst ihm nicht. Aber nun bin ich dieser Pflicht entbunden, insbesondere, mein geliebter Camillus, weil ich die Arbeit an der Schola aufgegeben habe. Ich habe mich als Praeceptor entbinden lassen und bin jetzt wieder eine gewöhnliche Bürgerin des Imperium, abgesehen davon, dass ich immer noch die Feder für die Acta wetzen werde. Darum sei gewiss, mein Liebster, ich genieße die Ruhe und Beschaulichkeit, wenn es mit Dir gemeinsam doch sehr viel schöner wäre.
Im Moment bin ich sogar wieder nach Roma gereist. Lucilla, von der Gens Decima, hat vor einigen Tagen geheiratet. Germanicus Avarus, mit dem sie schon länger verlobt ist, wurde ihr neuer Ehemann und eigens für die Hochzeit bin ich in die Hauptstadt zurück gekehrt. Wie ich fest stellen musste, waren die Gerüchte um den Brand in der Casa Artoria nicht gelogen. Stell Dir vor, unser Domus ist bis auf die Grundmauern abgebrannt. Aber ich werde mich bald darum kümmern müssen, damit die Familie weiterhin einen Stammsitz hier in Roma hat.
Was Deine Sorgen angeht, mein Camillus. Sie sind unbegründet. Was auch immer Du für Rechnungen erhalten hast, das Haus ist keine Fischerhütte. Das Anwesen, was ich erworben habe für uns, ist eine prächtige Landvilla am Meer. Außerhalb von Alexandria und mit dem wunderschönen Blick über die Küste und das Mare Internum. Die Luft ist rein und klar und nachdem ich die Villa renovieren ließ, erstrahlt sie prächtig. Weil sie seit Jahren verlassen war, habe ich sie deutlich günstiger bekommen. Das Viertel, Rhakotis, der Armen meide ich ganz gewiss und niemals würde ich mich dort nieder lassen, Liebster.
Ich habe mich übrigens sehr über Deine Kiste gefreut. Sie kam einige Wochen später an, auch etwas lädiert durch die Reise, aber die Stoffe sind wundervoll, ebenso der Schmuck. Ich danke Dir sehr, mein Liebster, und trage all dies mit großer Freude. Auch Pumilus hat sich über Dein Geschenk gefreut. Ich soll Dir ausrichten: „Centurio?“ (Verzeih ihm, er versteht das mit den Rängen immer noch nicht so ganz.) „Habt Dank, der Gladiator wird stets für Euch fechten!“ Was meint er damit, Camillus? Aber seitdem er den Helm hat, übt er unablässig jeden Abend mit dem Schwerte und Helm. Ein Wunder, dass er sich noch nicht die Finger abgehackt oder ein Auge ausgestochen hat.
Anbei habe ich Dir wieder einige Schriftrollen gepackt, Abhandlungen aus der Bibliothek von Alexandria, aber auch die Actaausgaben, zudem eine Kiste mit Deinem Lieblingskräutertee, für den Fall, dass in Parthia nicht die richtigen Kräuter wachsen. Und Honig von Ägypten. Und sei unbesorgt, Leibwächter habe ich ebenso, um meine Sicherheit musst Du Dich nicht sorgen. Aber, Liebster, bitte passe gut auf Dich auf. Ohne Dich wäre ich nur noch ein Schatten auf der Welt, der bald vergehen würde, wenn die Nacht herein bricht.
In tiefer Liebe
Medeia
P.S: Die Briefe sollest Du, lieber Camillus, in Zukunft lieber an die Villa Okeanos in der Chora tes Alexandreias schicken.