Beiträge von Lucius Decimus Romanus

    Noch bevor Gallus antworten konnte, ertönte eine wohlbekannte Stimme hinter den beiden und Romanus wirbelte herum. Strahlend rannte er seinem Onkel entgegen und war wieder mal nur der kleine Junge, der er seit jeher gewesen war.


    Begeistert nahm er die Statue, die ihm sein Onkel überreichte, entgegen und betrachtete erfürchtig das kleine Kunstwerk. Einmal mehr stieg in ihm der Wunsch auf nach Rom zu gehen und er nahm sich vor seinen Onkel zu fragen, ob er ihn das nächste Mal mitnehmen würde.


    Doch wie meistens hatte Meridius nicht viel Zeit und war auch schon in einem der Gänge verschwunden, bevor der Junge überhaupt verstanden hatte, worum es ging. Einen Moment schwankte er zwischen der immer noch unbeantworteten Frage seitens Gallus und seinem Onkel, entschied sich dann aber doch für Meridius, da er weitaus seltener greifbar war als der Sklave.


    Romanus drückte Gallus die Statue in die Hand. "Bitte bewahre sie für mich auf Gallus, ich muss zu meinem Onkel", sagte er geschäftig und wetzte im nächsten Moment Meridius hinterher.

    Romanus fuhr die feine Maserung einer der Marmorsäulen mit dem Finger nach während er über Gallus Worte nachdachte. Sicherlich liebte er einige Menschen, seinen Vater, seine Schwester, seinen Onkel und Gallus. Doch war das wovon der Sklave sprach eine ganz andere Art von Liebe. Er hatte zwar den einen oder anderen Text von Ovid überflogen, doch war ihm die Lyrik über die Kunst der Liebe viel zu hoch, so dass er nicht alles davon verstanden hatte. Und bisher hatte er nicht gewagt, jemanden aus seiner Familie nach der Bedeutung der Worte zu fragen, schließlich mussten sie ja nicht wissen, dass er es gelesen hatte. Und er fragte sich, ob das was er da gesehen hatte, mit den Worten überein stimmte.


    "Ich glaube nicht", sagte er schließlich leise und blickte wieder zu dem Galier. "Wie ist das so?"


    Das Thema machte ihn etwas verlegen, doch spürte er ein gewisses Interesse in sich aufsteigen und Gallus schien ihm der Einzigste zu sein mit dem er darüber reden konnte.

    "Ich meine das ernst, Gallus", protestierte Romanus als dieser sein Vorhaben mit einem Scherz bedachte und ihm erneut den Kopf tätschelte. Warum musste er ihn nur wie einen kleinen Jungen behandeln, der irgendwelche Spinnereien zum Besten gab? Schließlich war er sich sicher, dass er nach Rom gehen würde und berühmt wollte er sowieso werden. Wenn nicht im Senat, dann als was anderes. So genau wusste es der Junge nicht, nur dass es so werden würde. Nur eines war er sich relativ sicher, als Soldat würde er diese Berühmtheit sicherlich nicht erlangen, auch wenn sein Vater das wohl gerne so sehen würde.


    Romanus bedachte den Gallier mit einem durchdringenden Blick. "Liebst du Nyla?", fragte er so unvermittelt, wie er das Thema Rom angesprochen hatte.

    Romanus Gesicht glühte vor Scham als Gallus begann ihn damit aufzuziehen, dass er wusste was er mit Nyla "spielen" nannte. Etwas trotzig schob er dann die Unterlippe vor und verschränkte die Arme vor der Brust, schließlich war er kein kleines Kind mehr, sondern fast erwachsen.


    "Nein, ich habe es gesehen."


    Die Worte des Galliers stimmten den jungen Römer erneut nachdenklich und er wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Er hatte nie darüber nachgedacht, was es bedeutete frei zu sein und so wie es aussah, gab es laut Gallus wichtigere Dinge als Freiheit. Und dass der Haussklave seines Onkels ihn als Freund bezeichnete, erfüllte den Jungen mit Freude und mit Liebe. Ja er liebte Gallus wie einen Vater, hatte er doch seinen leiblichen zu oft vermissen müssen, da dieser die meiste Zeit außer Haus weilte und sein Onkel auch nie sehr viel Zeit erübrigen konnte.


    Romanus Augen begannen zu leuchten als er an seinen größten Traum dachte und seinen väterlichen Freund mit einplante.
    "Wenn ich eines Tages nach Rom gehe und ein wichtiger Mann im Senat bin, kommst du dann mit mir? Als Freund?

    Das Gesicht des Jungen hellte sich auf, als Gallus die Casa Decima als seine Heimat bezeichnete und ihm somit die Gewissheit gab, dass er niemals von hier fortgehen würde. Im nächsten Moment erschienen zwei steile Falten auf der Stirn von Romanus, als er darüber nachgrübelte, wie es wohl sein würde als Sklave geboren und niemals frei zu sein.


    "Wünscht du dir nicht manchmal auch frei zu sein wie...naja wie wir", fragte Romanus und sah den Gallier etwas beschämt an, hatte er ihn doch bisher nicht als unfreien Mann angesehen, da Gallus eben doch für ihn zur Familie gehörte.


    Die Bemerkung über Nyla ließ den Jungen einen Moment stutzen und dann nickte er langsam "Ich weiß schon, was du und Nyla tut" Dann wurde er rot und spielte verlegen mit dem Amulett um seinen Hals.

    Etwas erstaunt sah der Junge den Sklaven an, während er über dessen Worte nachdachte. So lange war Gallus also schon in der Familia Decima? Irgendwie war es dadurch nicht verwunderlich, dass Romanus ihn als Familienmitglied ansah und bisher auch nicht daran gedacht hatte, ihn nach seiner Herkunft zu fragen. Doch jetzt da er das Thema für sich entdeckt hatte, war es umso interessanter.


    "Wenn du so lange schon bei uns bist, dann wird dich mein Onkel sicherlich bald freilassen", mutmaßte Romanus altklug und dachte im nächsten Moment erschrocken über die Folgen seiner Behauptung nach. "Du gehst doch dann nicht fort?"

    Etwas enttäuscht sah Romanus, wie Gallus wieder anfing zu fegen und steckte sich die letzte Olive in den Mund. Er hatte das Gefühl, dass der Gallier nicht über seine Heimat reden wollte, ja irgendwie hatte es den Anschein als wolle er den Jungen loswerden. Doch war der junge Römer nun mal recht wissbegierig, was für ihn fremde Länder betraf und ließ sich deshalb nicht so leicht abwimmeln.


    Er lehnte sich gegen eine Säule und beobachtete Gallus. Er kannte ihn schon sein ganzes Leben, so lange war er schon im Hause der Familia Decima und erst jetzt wurde dem Jungen bewusst, dass er recht wenig über die Herkunft und die Familie des Galliers wusste. Die Aufforderung in den Garten zu gehen oder die Fische zu füttern , überhörte der Junge und platzte stattdessen mit der nächsten Frage heraus


    "Was ist mit deiner Familie? Leben sie noch? Hast du eine Frau und Kinder?"


    Sim-Off:

    wenn ich irgendwas Falsches deinen Chara betreffend schreibe, bitte bescheid sagen, ok?

    "Ich verspreche es bei den Göttern", sagte Romanus ernst und sah seinen Lehrer an. Dieser Spruch erschien ihm im Nachhinein doch etwas absurd, da die Götter auf die er schwor nicht dieselben waren, an die Gallus glaubte.


    "Ja, vielleicht gehe ich noch in den Garten...", meinte der Junge schließlich und überlegte einen Moment. "Ich kann dir auch Gesellschaft leisten und du erzählst mir etwas über Gallien"


    Romanus sah Gallus erwartungsvoll an, interessierte ihn die Heimat des Haussklaven doch brennend, so wie ihn alles interessierte was außerhalb Tarracos lag.

    Der Junge wäre seinem Lehrer am liebsten um den Hals gefallen, so erleichtert war er darüber, dass er den grässlichen Texte zumindest für heute entfliehen konnte.


    "Kann ich mitkommen, wenn du auf den Markt gehst, Gallus?", fragte Romanus aufgeregt, denn der Markt war immer besonders spannend. "Ich verspreche auch brav meine Hausarbeit zu erledigen und nie wieder einzuschlafen...ähm ich meine das Tintenfass umzuwerfen." Der Junge wurde erneut rot, als er sich verplapperte und hoffte, dass Gallus, das nicht registrierte.

    Der Junge sah wieder auf als Gallus absurde Theorien über sein Pergament aufstellte und er schließlich eine Hand auf seinem Kopf spürte. Er hatte das Gefühl, dass er ihn auf den Arm nehmen wollte, so dass er letztendlich doch mit der Wahrheit herausrückte.


    "Ja ein Unfall...ich habe aus Versehen mein Tintenfass umgeworfen, als ich geschrieben habe." Dass er am Tisch eingeschlafen war, musste Gallus ja nicht erfahren. Er nannte ihn oft genug einen Träumer und er hatte das Gefühl, dass sein Vater und sein Onkel sich wohl schon so einige Gedanken darüber machten, was aus dem Jungen wohl werden würde. Romanus war nicht dumm oder faul, nur fand er viel mehr Gefallen daran, im Garten zu sitzen und die Vögel zu beobachten oder den Klang der Lyra zu lauschen als über trockenen griechischen Texten zu brüten. Und auch dem Kampf war der Junge nicht sonderlich zugetan.

    Romanus biss sich auf die Unterlippe und schob diese nach vorne, wie er es als kleiner Junge immer getan hatte, wenn er etwas nicht bekommen hatte. Selten hatte man dem Jungen mit den blauen Augen und den blonden Locken etwas abschlagen können. Doch Gallus holte ihn recht schnell zurück in die Realität und schließlich wurde er in wenigen Monaten vierzehn und somit ein Mann.


    Etwas beschämt senkte der Junge den Blick und starrte auf seine Füße. Seine Mutter kannte er nur aus den spärlichen Erzählungen seines Vater oder der anderen Familienmitglieder. Über Tote wurde schließlich nicht gerne gesprochen, auch wenn sie in Ehren gehalten wurden. Er wusste nur, dass er wohl sehr seiner Mutter glich, was das Aussehen betraf.


    "Ich...", begann Romanus zögernd und suchte nach den richtigen Worten, um seinen Lehrer nicht zu erzürnen. Gallus war zwar immer freundlich zu ihm, doch duldete er keine Nachlässigkeit, soweit Romanus das beurteilen konnte. "Ich hatte es fast fertig, bis...es war ein Unfall..."

    Romanus verzog das Gesicht und seufzte leise. Einen Moment sagte er nichts und kaute schweigend auf dem Brot herum, während er den Besen fixierte. Es half nichts, er konnte Gallus einfach nichts vormachen, dafür kannte dieser den Jungen einfach zu gut.


    "Ach Gallus, du bist ein Spielverderber", sagte Romanus schmollend und zog eine Schnute. Je länger er darüber nachdachte, umso mehr sah er sich außerstande die Hausarbeit heute fertigzustellen. Das musste Gallus doch einfach einsehen. Das Wetter war viel zu schön und Romanus viel zu müde, um sich mit irgendwelchen griechischen Texten herumzuquälen.


    "Kann ich das nicht morgen machen? Heute ist kein guter Tag...bitte Gallus." Der Junge sah den Haussklaven mit einem flehenden Blick aus seinen blauen Augen an und hoffte, dass er ihm das nicht abschlagen konnte.

    Romanus kam kauend mit dem in der Küche erbeuteten Essen zurück ins Atrium und überlegte, während er sich dem arbeitenden Gallus, näherte, wie er ihn in ein Gespräch verwickeln konnte, um so noch etwas Zeit außerhalb seines Zimmers verbringen zu können. Seine unvollständigen Aufzeichnungen hingen wie ein Damokles-Schwert über ihm und er wäre dem gerne noch eine Weile entflohen.


    Er sah Gallus einen Moment zu, während er von dem Brot abbiss und eine Olive hinterher schob. "Weißt du, wann mein Onkel heute nach Hause kommt?", fragte er schließlich, da ihm auf die Schnelle kein besseres Thema einfiel.

    Romanus betrat die Küche und war erleichtert weder Nyla noch sonst jemanden zu erblicken. Er hatte zwar Gallus Erlaubnis erhalten sich etwas zu essen zu nehmen, doch kam er sich jedes Mal, wenn er sich hier aufhielt, wie ein Dieb vor. Schließlich hatte seine Tante ihn schon einige Male ausgeschimpft als er wieder vom Hunger getrieben an den unmöglichsten Zeiten die Culina aufsuchte. Sie hatte ihn ein paar Mal erwischt, wie er etwas zu Essen stibitzte und jetzt war er jedes Mal im Verdacht, wenn sie meinte, dass etwas fehlte. Sie mochte es nicht, wenn er außerhalb der Mahlzeiten aß und dadurch ihre Planung durcheinander brachte. Schließlich fehlte dann wieder irgendetwas für später.


    Der Junge schnitt sich etwas von dem Brot und dem Käse ab und nahm sich dann noch eine Handvoll Oliven aus dem Tontopf. Damit bewaffnet, schlenderte er relativ langsam zurück ins Atrium. Er versuchte etwas Zeit zu schinden, um sein Zimmer nicht so schnell wieder aufsuchen zu müssen. Schließlich wartete dort nichts als Arbeit und die konnte auch noch eine Weile länger warten.

    Das Gesicht des Jungen hellte sich auf und er strahlte Gallus an. Dann aber machte er schnell wieder ein zumindest halbwegs ernstes Gesicht um Gallus zu verstehen zu geben, dass er verstanden hatte.


    Danke, Gallus. Ich werde mir Mühe geben.


    Romanus versuchte so aufrichtig wie möglich zu klingen, auch wenn ihn alleine der Gedanke an die Aufzeichnungen grauste. Er würde sicherlich den ganzen Tag brauchen und konnte somit nicht mehr draußen irgendwas unternehmen, eine Tatsache, die ihn nicht sehr fröhlich stimmte. Aber es half ja nichts, er konnte schließlich nicht verhindern, dass Gallus ihn erneut nach den Hausarbeiten fragte und ewig konnte er ihn nicht hinhalten.


    Bevor es sich der Haussklave seines Onkels möglicherweise anders überlegen würde, trollte sich der Junge Richtung Küche.

    Romanus wurde rot vor Verlegenheit und wich Gallus´Blick aus. Warum musste er auch immer alles so genau nehmen?


    "Nun ja...fast. Das heißt...eigentlich nicht...", stammelte der Junge etwas hilflos. Er würde sich lieber die Zunge abbeißen, als Gallus zu erzählen, dass er seinen Aufschrieb versaut hatte. Immerhin war er fast fertig gewesen und jetzt.... Romanus durfte garnicht daran denken, wie lange er dafür brauchen würde, das Ganze neu zu erstellen.


    "Aber ich werde sie gleich danach fertigstellen, ich verspreche es.", beeilte er sich dann zu sagen, um Gallus zu vertrösten.

    Romanus betrat das Atrium und sah dort nur Gallus, den persönlichen Sklaven seines Onkels Meridius. Er zögerte etwas ihn anzusprechen, hatte er doch eher gehofft einen der Sklavinnen, die unter anderem auch in der Küche halfen, zu treffen. Es gehörte sich eigentlich nicht, den Haussklaven des Pater für sich einzuspannen, doch meldete sich im nächsten Moment sein Magen und so ging der junge Römer hinüber zu dem Gallier. Immerhin war Gallus ja auch für die Verteilung der Arbeit zuständig, so dass es wahrscheinlich war, dass er zumindest wusste, wo die Sklavinnen sich aufhielten.


    Ich grüße dich, Gallus. Hast du eine der Sklavinnen gesehen? , fragte Romanus und lächelte den Sklaven an. Der Junge war immer sehr offen anderen Menschen gegenüber, so dass er auch keinen Grund sah, einen Sklaven mit weniger Freundlichkeit zu behandeln. Ich habe Hunger und meine Tante lässt mich doch nicht in die Küche.

    Romanus schrak hoch und stellte verwundert fest, dass er am Tisch in seinem Zimmer saß. Er musste über seinen Hausarbeiten eingeschlafen sein, denn die Schriftrolle, die vor ihm auf dem Tisch lag, wies einen beträchlichen Tintenfleck auf. Der junge Römer runzelte die Stirn, rieb sich die Augen und ärgerte sich über sich selbst. Das kam davon, wenn man bis in die Nacht hinein bei funzligem Kerzenlichtn noch irgendwelche Aufzeichnungen las. Jetzt konnte er wieder von vorne beginnen, denn sein Lehrer wäre über ein verschmiertes Papyrus sicherlich nicht sehr begeistert.


    Romanus reckte seinen steifen Glieder und gähnte ausgiebig, während er sich von dem Stuhl erhob. Sein Magen begann zu knurren und er beschloss, sich etwas zu essen zu besorgen. Da ihm der Zutritt zur Culina verwehrt war, seine Tante hatte ihn schon desöfteren hinausgeworfen, wollte er einen der Haussklaven suchen und sich etwas zu essen bringen lassen. Er verließ sein Cubiculum in Richtung Attrium, da er dachte, dass er dort einen der Sklaven sicherlich treffen würde.