Kategorie:Exercitus Romanus

Aus Theoria Romana
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Das exercitus romanus, die römische Armee, bildete einen der entscheidenen Faktoren für die Größe und Macht des römischen Reiches. Neben geschickter Bündnispolitik ist es vor allem der militärischen Stärke zu verdanken, dass aus dem Stadtstaat Rom ein Weltreich werden konnte.

Die ersten römischen Armeen waren, wie zu dieser Zeit in der Antike üblich, reine Wehrpflichtarmeen, in denen alle wehrfähigen Männer für einen Feldzug zusammen gerufen wurden und nach dessen Beendigung wieder aus dem Dienst entlassen wurden. Mit der immer größeren Ausdehnung des Reiches im Verlauf der Republik wurden jedoch die Anmarschwege zu den Kriegsschauplätzen immer länger, so dass es immer weniger Bauern möglich war, nach der Aussaat im Heer zu dienen und bis zur Ernte wieder zurück zu sein. Zudem wurden auch die Feldzüge an sich immer umfangreicher, so dass Heere für längere Zeit als nur einen Sommer benötigt wurden. Gleichzeitig gab es immer mehr arme Bevölkerungsschichten, die sich eine eigene Ausrüstung, die Voraussetzung zum Wehrdienst war, nicht leisten konnte. Mit der Heeresreform des Consuls Marius im Jahr 105 v. Chr. wurden alle dieser Probleme auf einmal behoben, indem ein stehendes Berufsheer geschaffen wurde. Dadurch konnte die Zahl der Mittellosen reduziert und ein dauerhaft verfügbares Potenzial von ausgiebig trainierten Soldaten geschaffen werden, so dass sich die Schlagkraft der Armee insgesamt noch einmal deutlich erhöhte.

Aus der dauerhaften Verfügbarkeit trainierter Männer auch in Friedenszeiten ergab sich zwangsläufig, dass der römischen Armee mehr Aufgaben zufielen als die einer reinen Kampftruppe. Neben dem täglichen Drill gehörten daher vor allem Bauarbeiten zum Aufbau von militärischer und ziviler Infrastruktur (Straßen, Wasserleitungen, Hafenanlagen, Kanäle) und Siedlungsplätzen (Militärlager, Koloniestädte) zu den Hauptaufgaben. Die rege Bautätigkeit der Armee lässt sich in allen Teilen des römischen Reiches nachweisen. Hinzu kamen Polizeiaufgaben sowie Teile der Rechtssprechung, die von Offizieren übernommen wurden. Die römische Armee trug damit nicht nur militärisch, sondern auch zivil erheblich zur Verbreitung der römischen Kultur und Lebensweise in den eroberten Gebieten bei.

Trotz dieses vielfältigen Aufgabenspektrums muss die Gesamtstärke der römischen Armee im Vergleich zu heutigen Armeen als äußerst gering betrachtet werden. Bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung des römischen Reiches von 50 bis 100 Mio. Einwohnern im 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr. betrug die Gesamtstärke der römischen Armee in diesem Zeitraum nur etwa 310.000 Mann, also deutlich unter 1% der Gesamtbevölkerung. Davon entfielen ca. 125.000 Mann auf die Legionen, die als schwere Infanterie den Kern der Armee bildeten. Hinzu kamen Hilfstruppen in etwa gleicher Gesamtstärke, die zahlreiche andere Waffengattungen (z.B. Reiterei, Bogenschützen) einbrachten. Weitere etwa 40.000 Mann entfielen auf die Classis Romana, die römische Flotte. Die verbleibende Zahl von Soldaten war in Rom selbst stationiert in Form der Cohortes Praetoriae als kaiserliche Leibgarde, der Cohortes Urbanae als städtische Garnison mit Polizeiaufgaben sowie der Vigiles als Feuerwehrtruppe.

Gesellschaftlich gehörten Soldaten zu den angesehensten Mitgliedern ihrer jeweiligen Schicht. Dies spiegelte sich in der Kaiserzeit sowohl im verhältnismäßig hohen Sold wider als auch im Selbstverständnis der Soldaten, so dass das cingulum militare zum besonderen Standesabzeichen wurde. Im Alltag konnte dieses Ansehen den Soldaten durchaus handfeste Vorteile bringen, zum Beispiel vor Gericht: "Wenn aber einer den Panzer trägt und das Wehrgehänge umhat, dann wird für seine Verhandlung die Zeit bewilligt, die ihm passt, und die Streitsache wird nicht auf die lange Bank geschoben und vertrödelt." (Iuvenal, Sat. 16).

Literatur:
Yann Le Bohec, Die römische Armee, Stuttgart, 1993
Marcus Junkelmann, Die Legionen des Augustus, Mainz, 1986
Kate Gilliver, Auf dem Weg zum Imperium, 2003
Hans-Joachim Schalles, Susanne Willer (Hrsg.), Marcus Caelius. Tod in der Varusschlacht, 2009