Bislang hatte Narcissa noch nie in einem derart scharfen Ton mit ihr gesprochen und Serrana fühlte sich sofort ganz elend, denn sie wollte unter keinen Umständen, dass ihre Cousine böse auf sie war. Trotzdem konnte sie sich Narcissas strikter Meinung in diesem Punkt ausnahmsweise einmal nicht anschließen. Natürlich war Tugend das wichtigste Gut einer jungen unverheirateten Frau, und für Serrana war schon allein die Vorstellung, ihre eigene aufs Spiel zu setzen unvorstellbar. Aber die Situation vor einigen Minuten hatte alle Anwesenden derartig gefordert, dass man doch zumindest für einen Moment etwas weniger streng sein konnte. Wenn es nicht einmal im Angesicht des Todes möglich sein sollte Gefühle zu zeigen, wann denn dann? Sie selbst jedenfalls bereute ihre öffentliche Zuneigungsbezeugung für ihre Sklavin Adula immer noch nicht. Serrana seufzte und beschloss, nicht weiter auf das Thema einzugehen. Mit etwas Glück würde Narcissa ja bald wieder bessere Laune haben und nicht mehr ärgerlich auf sie sein.
Das Gespräch mit den anderen Frauen brachte sie erst einmal auf andere Gedanken.
"Unsinn, Septima, es wäre uns eine Ehre, wenn du mit uns zur Cena in der Casa Iunia kommen würdest" sagte sie lächelnd zu der jungen Tiberierin. "Und du bist selbstverständlich auch herzlich willkommen, Clara" fügte sie dann an die Duccierin gewandt hinzu.
Jetzt hatte sie auch endlich die Gelegenheit sich mit Calvena zu unterhalten und sie nahm ihre Freundin ganz fest in den Arm, auch um ihr zu zeigen, dass sie ihr offensichtliches Bekenntnis zu Valerían nicht übel nahm.
"Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist" sagte sie lächelnd während der Umarmung und fügte dann so leise hinzu, dass nur Calvena es hören konnte: "Ich freue mich so für dich, dein Valerian ist wirklich ein wundervoller Mann, und ihr seid ein sehr schönes Paar"
Dann drehte sie sich wieder zu den übrigen Damen um und sagte vergnügt:
"Ja, ein Wagenrennen hört sich gut an. Ich hab nämlich noch nie eins gesehen und bin furchtbar gespannt, wie es sein wird."