All your base are belong to us - Rebellen im Hause

  • Venusia saß mal wieder an ihrem Tisch und überlegte zum wiederholten Male wie sie auf der besten Route nach Hispania kam und von dort nach Mogontiacum. Langsam drängte die Zeit. Sie musste die Kinder einsammeln und dann Germania gelangen. Das würde eine Weile dauern. Venusia freute sich sehr darauf die Kinder wiederzusehen und dann auch ihre Familie. Wen sie alles noch kennen würde? Der Kontakt war abgerissen und sie war nicht ganz unschuldig daran. Viel zu lange hatte sie sich verkrochen, wollte es anders machen und schaffte es nicht. Das treffen mit ihrem Neffen hatte einige ihrer Lebensgeister wieder gewackt und sie freute sich darauf aus diesem stickigen Loch, das sich Roma nennt zu kommen und wieder die Weiten ihrer Heimat zu sehen. Erinnerungen kamen und gingen. Endlich würden ihre Kinder sehen was sie ihnen bisher nur erzählen konnte.


    Jetzt musste sie allerdings erst mal einen Weg finden, der schnell und möglichst ungefährlich war. Vielleicht hatte Alan ja eine Idee. Also winkte sie ihn zu sich und präsentierte ihm die Karte, die sie sich am Vormittag erstritten hatte. Der Legionär tat ihr zwar ein wenig leid. Sie war nicht zimperlich mit ihm umgesprungen und sie lebte auch nicht so gern ihre Stellung als Tante des Chefs aus, aber wenn es ihr half, nutzte sie es natürlich. Da Alan noch etwas mehr römisch lernen musste, nutzte sie dieses Gespräch gleich um ihm eine Übungsstunde zu geben.
    "Hast du vielleicht einen Vorschlag wie wir über Land am Besten nach Hispania kommen?"
    Ihre Route hatte sie noch nicht verraten. Vielleicht deckten sich ihre Vorstellungen ja.

  • Das Treffen mit Faustus hatte Seiana mehr erschüttert, als sie hätte zugeben wollen. Es hatte so unendlich gut getan, ihn wieder zu sehen, ihn in die Arme nehmen zu können, einfach Zeit mit ihm zu verbringen... aber wie er ausgesehen hatte, und wie er gewesen war, seine Hoffnungslosigkeit und dass er erst hatte überredet werden müssen von ihr, nicht aufzugeben – das hatte sie schockiert. Sie hatte sich vorher keine Gedanken darüber gemacht, wie es ihm wohl gehen mochte, sie hatte ja noch nicht einmal damit gerechnet, dass sie ihn treffen würde. Ihr war schon klar gewesen, dass es ihm nicht gut gehen konnte, aber dass er so hoffnungslos sein würde... Und dazu das Wissen, das da nach wie vor an ihr nagte: es bestand die reelle Gefahr, dass er zum Tod verurteilt werden würde. Und dass er noch nicht einmal die Chance bekommen würde, das Exil stattdessen zu wählen. Sie musste das verhindern, irgendwie, um jeden Preis. Gerade jetzt, wo sie Faustus wenigstens dazu bekommen hatte, dass er durchhielt, und gerade weil er das um ihretwillen tat, und weil sie ihm versichert hatte dass sie das schaffen würden... sie musste einen Weg finden. Oder zumindest mehr Möglichkeiten Einfluss zu nehmen zu seinen Gunsten. Flavius Gracchus war eine dieser Möglichkeiten. Der Hinweis auf die Verdienste ihrer Familie unter vorangegangenen Kaisern, jenen, in deren Tradition der Cornelius sich wohl – hoffentlich! – zu stellen gedachte. Livianus, der Faustus adoptiert hatte, der immer schon gegen den Vescularius gewesen war, der sich wegen ihm zurückgezogen hatte. Oder vielleicht alte Weggefährten ihres Bruders aus der Prima... vielleicht fand sich da der ein oder andere, der bereit war für einen Kameraden zu bürgen, sein Wort für ihn zu verwenden.
    Aber keine dieser Möglichkeiten konnte sie auch nur angehen, geschweige denn umsetzen, so lange sie hier drin war. Und wenn sie endlich heraus kommen würde, konnte es schon zu spät sein, viel zu spät, ein möglicher Prozess gegen ihren Bruder schon in vollem Gange oder vielleicht sogar schon abgeschlossen. Die einzige Möglichkeit, die sie hatte, wenn sie jetzt handeln wollte, war der Duccius. Er war im Moment ihre einzige Verbindung zur Außenwelt, ihre einzige Chance, wenigstens ein paar Dinge ins Rollen zu bringen. Ihr blieb nichts anderes als ein weiteres Mal mit ihm zu reden, und ihn diesmal zu ein paar Zugeständnissen zu bewegen. Dazu, dass er mit ein paar Leuten sprach, dass er sich einsetzte für ihren Bruder. Sie hatte es Faustus versprochen... hatte es ihm so lange versprochen, so lange versichert, so lange auf ihn eingeredet, bis er endlich zugestimmt hatte, nicht aufzugeben. Sie musste einfach etwas tun. Also öffnete sie die Tür und bat eine der Wachen: „Bitte richte dem Tribun aus, dass ich ihn gerne sprechen würde... wenn er später irgendwann Zeit für mich erübrigen kann.“

  • Einfach war es wahrlich nicht, nicht daran zu denken, dass man hier eigentlich eingesperrt war. Da hatte man Alan seine Freiheit genommen, ihn nach Rom verschleppt und war nun der Sklave einer Frau, die ihm irgendwann vielleicht wieder einen Teil seiner Freiheit zurück geben würde. Wenn gleich er niemals wieder zurück in seine Heimat konnte. Alan war Venusia dafür sehr dankbar. Sie machte aus seiner Situation das Beste und er dankte es ihr nicht nur damit, dass er sie begleitete. Er wich ihr auch nicht von der Seite, wenn sie es nicht ausdrücklich von ihm verlangte.
    So hatte er auch jetzt wieder am Rande des Zimmers gestanden und war seinen Gedanken nachgehangen. Er war in seinem Dorf, an einem sonnigen Tag. Er selber reparierte gerade das Dach einer Hütte und im Kräutergarten neben an dufteten nicht nur die Blumen sehr gut. Das blonde Haar war zum Zopf geflochten und dieser wippte lustig hin und her, wenn sie sich bewegte. Achja, hätte er doch nur den Mut aufgebracht sie anzusprechen. Nun war es zu spät. Die blonden Haare waren blutgetränkt gewesen, als Alan das Mädchen das letzte Mal gesehen hatte.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte er Venusias Handbewegung und der Sklave beeilte sich zu ihr zu kommen. Mit großer Neugier betrachtete er die Karte, die sie vor ihm ausbreitete. Leider war ihm davon alles mehr als unbekannt. Hispania! Von diesem Land hatte er wenn überhaupt nur in Geschichten gehört. Und dennoch betrachtete der einstige Schreiner die Karte und studierte die Worte, die darauf verzeichnet waren. Als hätte er so etwas schon öfter gemacht, betrachtete Alan die Karte wie ein geübter Feldherr. Dann, nach einer kleinen Ewigkeit deutete er mit dem Finger auf eine bestimmte Stelle auf der Karte.

  • Als Alan auf die entsprechende Stelle tippte, die sie selbst auch schon in der engeren Auswahl hatte, nickte sie und sah zu dem Germanen.
    "Gut, dann haben wir unsere Reiseroute zusammen."
    Während sie die einzelnen Etappen ansprach, zeigte sie auf die entsprechenden Stellen auf der Karte.
    "Wir werden Roma in Richtung Westen verlassen und uns dann etwas später Richtung Norden orientieren. Über die Via Aurelia werden wir Pisae erreichen und einige Tage später dann auch Genua. Dann verlassen wir die Provincia Italia und kommen in die Provincia Alpes Maritimae. Die ist sehr klein. Da werden wir dann nur Cemenelum passieren und kommen dann auch schon bald in die nächste Provinz. Das ist dann Gallia Narbonensis. Hier werden wir Arelas und Nemausus passieren. dann ahben wir es auch schon nach Hispania geschafft. Hier werden wir dann Emporiae und Barcino passieren und haben erreicht. Dann können wir meine Kinder abholen."
    Alles in Allem würden sie wohl gute 4 wochen unterwegs sein bis sie Tarraco erreicht haben und dann mindestens noch mal so lange bis sie endlich in Mogontiacum sind.
    "Du und wirst meine Familie mögen. Sie sind alle sehr nett. Auch wirst du Mogontiacum sicher mögen. Man erinnert sich an die Heimat."
    Kurz lächelte sie Alan an. Ihre Heimat, endlich wieder zu Hause zu sein. Es würde ihr helfen über so Vieles hinweg zukommen was sie bisher gefangen hielt. Ein weiterer Neuanfang.

  • Aufmerksam hörte der Germane seiner Domina zu. Es fiel ihm immer noch nicht ganz leicht die römischen Begriffe den Orten zuzuordnen, die er auch auf der Karte sah. Nicht, dass Alan die Buchstaben hätte lesen können. So weit war man dann noch nicht. Aber er versuchte sich die einzelnen Etappen gut einzuprägen. Gar nicht so einfach. Eigentlich war er Schreiner gewesen. Kein Kriegsherr. Wäre er Soldat gewesen und öfter geschickt worden um das Dorf zu verteidigen, dann würde er sich sicherlich mit den Gegebenheiten auskennen. So aber hatte er nur gekämpft so lange es hatte sein müssen. Und am Ende leider verloren.
    Doch das hieß noch lange nicht, dass Alan aufgab. Die Aussichten aus dieser römischen Belagerung heraus zu kommen hatte ihm neue Kraft gegeben. Aus Rom wegzukommen war schon ein guter Anfang gewesen. Schließlich war er dort als erstes nach seiner Niederlage hingekommen. Jetzt war er schon ein gutes Stück davon entfernt und würde bald noch weiter weg sein.
    Mogontiacum... davon gehört hatte Alan sicherlich schon einmal. Es war eine große Stadt und weit weg von Rom. Venusia erzählte ihm von seiner Familie und als sie meinte Alan würde sie mögen, hob dieser den Kopf. Obwohl ihn seine Domina anlächelte, konnte sich Alan noch nicht ganz darauf einlassen. Er wollte mit jeder Faser seines Körpers von hier weg und je näher an der Heimat umso besser. Aber eine fremde Familie?
    Er war ein Sklave, daran musste er sich immer noch erst gewöhnen. Das was er wollte zählte nicht mehr. Wobei er sich mittlerweile sehr sicher war, dass er keine bessere Herrin finden konnte als hier bei Venusia zu sein. Wenn schon Sklave, dann in ihrer Obhut.
    "Ich seien mir sicher." Antwortete Alan dann in der so verhassten Sprache der Sieger.
    Dann schweifte sein Blick wieder auf die Karte. Auch für ihn würde es ein Neuanfang werden ohne, dass er es wollte.
    "Brauchen deine Familie Schreiner?" Sah er dann nach einer Weile wieder zu Venusia auf.

  • Auf Alans Frage wusste sie gar keine Antwort. Dafür war sie schon zu lange fort.
    "Ich kehre nach vielen Jahren zurück nach Hause. Aber wir werden das herausfinden. Außerdem nbesitzen wir dort ein Haus. Da werden Reperaturen immer notwendig sein. Wir werden bestimmt Arbeit für dich finden."
    Wenn Venusia von zu Hause sprach war sie fast wie eine andere Person.


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    Es war an der Zeit sich von ihrem Neffen zu verabschieden. Deswegen hatte sie sich einen der hier herumlaufenden Legionäre geschnappt und ihm den Auftrag gegeben den Kommandaten zu ihr zu schicken. Sobald es seine Zeit erlaubte. Mit Alan gemeinsam hatten sie alles vorbereitet. Nun würde ihre lange Reise bald starten.

  • Als er die Worte seiner Domina hörte wurde Alan nur mal wieder ein weiteres Mal klar, dass er in eine ungewisse Zukunft reiste. Sie konnte ihm nicht sagen ob ein Schreiner benötigt wurde. Als sie dann aber weiterhin meinte, dass sie in einem Haus wohnen würden und dort immer Arbeit anfiel, war Alan schon wieder ein bisschen versöhnt. Wenn er schon nie wieder zurück in sein Dorf konnte, dann wollte er wenigstens seine Handwerkskunst von damals nicht gänzlich ruhen lassen müssen.
    Er nickte als Zeichen, das er verstanden hatte. Es konnte also so bald wie möglich losgehen.

  • Wenig später krachte die Tür auf, und ein bestens gelaunter Vala stand in der Tür, wieder einmal einen Wisch schwenkend: "SIEG!!!"
    Besagter Wisch flog dann auch (erneut) seiner Tante zu, die er das Schriftstück zu lesen er aufforderte: "Da, lies ju datt ma durch.. ah, datt mitte Proscriptio kannse skippen, de hel wichtige Teil staht janz unnen."
    Während seine Tante das Schriftstück durchlas, verschränkte Vala die Arme und strahlte wie das sprichwörtliche Honigkuchenpferd.

  • Auch wenn die beiden fast gleich alt waren, überraschte Venusia die Überschwenglichkeit ihres Verwandten sehr und sie war sogar ein wenig zusammen gezuckt als die Tür aufflog. Ein wenig irritiert sah sie kurz drein bis sie begriff wer da so zur Tür reingepoltert kam. Lange Zeit darüber nachzudenken hatte sie nicht, denn schon wieder flog etwas in ihre Richtung. Das wurde langsam zu einer ständige Begleiterscheinung wenn Vala bei ihr auftauchte. Sein Gesichtsausdruck und seine laute Bemerkung ließen aber etwas Gutes verheißen. Also begann sie zu lesen, überflog dann den vermeintlich unwichtigen Teil und blieb am Ende hängen. Das musste sie noch Mal lesen. Da stand wirklich noch immer das was sie auch schon beim ersten Mal gelesen hatte. Den Wisch legte sie sorgsam zur Seite und ging auf Vala zu um ihn herzhaft in die Arme zu schließen.
    "Ick gratelier di heel hartlik. Det is een goods Naricht. Da bist Senator worrn. Een wichdig Keerl."
    Wie lange hatte er darauf hingearbeitet und es endlich geschafft. Nachdem sie ihn lange genug gedrückt hatte, entfernte sie sich wieder ein paar Schritte und freute sich mit ihm. Mit den Nachrichten konnte sie wirklich guter Dinge abreisen.

  • "Een janz wichtich Kerl, da kanns watt drupp laaten.", grinste Vala in voller Breite, "Da het sich de janze Stress no watt uttahlt, ik witt jarnet, watt kumm wär, hätten wi bi Vigetia vorlorn. Aba nu... Alrik, Sohn Leifs, is' Senador vun Rom. Morjen wöd ik schwöre, un ik mott no een trachtig Tunika anschaffn... un die rotn Schuh. Hel watt to don.. ik mott ooch no een Fescht gebn, datt is klar. Nu.. nee... nu wär datt keen joot Tiet, wegn de Kriech unne Not inne Stadt. Datt mott wartn... naja... aba ik sach di bescheed, dann bist hartlik einjeladen."

  • Der Soldat nickte nur knapp... und tatsächlich kam der Tribun.. später. Verdammt spät, um genau zu sein, ganze zwei Tage spät. Abends ließ er sich ankündigen und traf mit sichtlicher Müdigkeit im Blick am Zimmer der Decima ein: "Decima..", grüßte er die Auctrix knapp, und deutete auf die offene Tür hinter sich, "..gehen wir ein paar Schritte. Wenn ich mich setze, schlafe ich augenblicklich ein."

  • Und schon hatte er das Problem angesprochen weswegen sie ihn ja hatte zu sich gerufen. Es war schade nun zu fahren wo ihr Neffe sie hier auch brauchte, aber sie musste reisen. Sonst würde alles zu spät werden. Daher ließ der freudige Ausdruck in ihrem Gesicht nach.
    "De Tiet kummt beter. Een Fescht is heel wat dull. Aba ik ward Moorn ofreisen. Ik weur hülsch geern hie."
    Man sah ihr deutlich an, dass sie nun hin und her gerissen war. Jetzt wo er Senator war, wollte sie gern hier bleiben und ihm zur Seite stehen, aber sie wollte doch auch zu ihren Kindern. Trotz ihrer inneren Zerrissenheit versuchte sie zu lächeln.

  • Seiana wartete... und wartete... und wartete. Obwohl sie sich denken konnte, dass der Tribun genug zu tun hatte, und obwohl sie freilich wusste, dass sie eine Gefangene war, die man vermutlich allein deswegen warten ließ, weil sie eben genau das war: eine Gefangene, hegte sie trotzdem die vage Hoffnung, der Duccius könnte noch am selben Tag zu ihr kommen. Als sie irgendwann schließlich realisierte, dass das nicht der Fall sein würde, war es schon weit in der Nacht. Völlig übermüdet legte sie sich schließlich schlafen – die letzte Nacht hatte sie vorwiegend bei Faustus' in dessen Zelle verbracht, auf dem kalten Boden halb kniend, halb sitzend, und davon einige Zeit lang nur in einem dünnen Nachtgewand, und sie spürte, wie ihr das noch in den Knochen steckte. Trotzdem ihrer Erschöpfung war ihr Schlaf weit davon entfernt ruhig oder erholsam zu sein... zu viele Gedanken, zu wenig Ablenkung. Und zu wenig wirklich zu tun, was sie auf eine Art müde gemacht hätte, dass sie gut hätte schlafen können.
    Am nächsten Tag wiederholte sich das Warten. Den ganzen Tag lang. Seiana wurde immer nervöser, je länger es dauerte, und im Großen und Ganzen verbrachte sie ihre Zeit damit sich zu überlegen, wie sie den Duccius am besten dazu bringen konnte ihr zu helfen, zu tun was sie von ihm wollte. Und diese Gedanken dann wieder zu verwerfen, um sich etwas Neues zu überlegen, und dann wieder von vorne zu beginnen. Auch an diesem Tag wartete sie wieder bis weit in die Nacht hinein, während sie den Gedanken an Faustus in seiner Zelle und sein mögliches Schicksal nicht los wurde. Sie hatte es noch recht gut geschafft, das zu verdrängen, als ihr letztes Treffen Monate zurück lag... aber jetzt, wo sie ihn gerade erst wieder gesehen hatte, ging das nicht mehr. Der Drang, etwas zu tun, war schier übermächtig – und umso schwerer auszuhalten, weil sie nichts tun konnte. Nicht einmal mit dem Tribun reden und ihn bitten, an ihrer statt etwas zu unternehmen.


    Dann brach der nächste Tag an – und verging ebenso. Seiana war mehrmals kurz davor, die Wachen zu fragen, aber jedes Mal hielt sie sich noch rechtzeitig zurück. Sie wollte sich nicht die Blöße geben ungeduldig zu erscheinen, oder gar zu betteln, und sie war nicht in der Lage in irgendeiner Form Druck auszuüben... weswegen ein Nachfragen auch kaum etwas bringen würde.
    Als der Duccius sich dann endlich ankündigen ließ, wurde es ein wenig besser – es half ihr, ihre Gedanken zu fokussieren. Trotzdem war und blieb sie nervös, genug, dass sie leicht zusammen zuckte, als er endlich auftauchte. „Guten Abend, Duccius“, grüßte sie dann zurück, und bemerkte, wie müde er aussah. Nicht gut. Oder vielleicht doch? Seiana presste die Lippen aufeinander, aber es blieb ihr sowieso nichts anderes übrig, als es einfach zu versuchen, ob er nun müde war oder nicht. Genauso wie ihr nichts übrig blieb, als seiner Aufforderung zu folgen. „Gerne“, erwiderte sie, und verzog ihre Lippen dann zu einem Lächeln. Freundlich sein, rief sie sich in Erinnerung. Sie wusste nicht ob das helfen würde, aber es konnte kaum schaden, immerhin wollte sie etwas von ihm. Sie ging an ihm vorbei durch die Tür hindurch und begann, neben ihm her zu gehen, während sie – trotz tagelanger Überlegung letztlich spontan – gleich zur Sache kam. „Danke für dein Kommen. Ich hatte gehofft, wir könnten noch einmal über meinen Bruder reden.“

  • Dass seine Tante abreisen wollte, überraschte Vala wenig.. immerhin war es mehr als plausibel die Reise anzutreten bevor man auch nur in die Nähe des Herbstes und gar des Winters kam, und sie hatte eine lange Strecke zu bewältigen. Dass sie dann zur Feier seines Senatssitzes nicht anwesend sein konnte war natürlich bedauerlich, aber eben verständlich... und so machte Vala auch nur ein wenig enttäuschtes Gesicht bei dieser Nachricht: "Joot... ooch wenn ik het schad find, datt ju nich bi de Fescht dabi sin kanns.. et is wichdiger, datt ju deen Kinners bekumms. Größ die annern hartlik von mi, ik kumm nach sobald ik kunn... datt kunn aber no dri bet vir Joar dauern."

  • Ihr Spaziergang führte sie aus der Principia hinaus in das Lager, das vom Fackelschein erfüllt mehr Schatten denn Licht bot, aber Vala bewegte sich hier nach Jahren in Legionslagern (die ja alle nahezu gleich aufgebaut waren) mit traumwandlerischer Sichtheit.
    "Dein Bruder...", brummte Vala ohne damit deutlich zu machen was er dabei gerade dachte, "...um was genau geht es denn?"

  • "Ik wer de annern größn. Ik sollt di Bescheed gebn, wenn ik loos föhr. Moin wär ik reedig."
    Sie brauchte noch den Reisewagen und die Wachen, die auf sie aufpassen sollten. Die würden sich natürlich besonders darüber freuen mit einer Frau und später der Frau und den Kindern durch die römische Weltgeschichte zu reisen, aber wenn sie es befohlen bekämen. Sonst war sie bereit.

  • Der Tribun führte sie aus der Principia hinaus und hinein in das Lager, wo Seiana nun begann, sich tatsächlich unwohl zu fühlen zwischen all den Legionären. Unwillkürlich hielt sie sich näher am Duccius, so nah, dass sie ihn fast berührte, während sie ihren Kopf aufrecht hielt und ihren Blick über die Männer hinweg oder hindurch gehen ließ, an denen sie vorbei liefen. „Es gibt ein paar Männer, die sich möglicherweise für ihn einsetzen würden“, begann sie, als der Tribun nachfragte, ohne dabei auch nur im Geringsten zu erkennen zu geben, was er von dem Thema hielt... was sie erwarten konnte. „Aber bis ich sie selbst bitten kann, das zu tun, ist es für meinen Bruder vielleicht schon zu spät. Würdest du das für mich übernehmen?“

  • Zögernd stand Seiana vor der Tür, die zwei obligatorischen Wachhunde hinter ihr, und sah sie einen Moment lang einfach nur an. So untypisch dieses Verhalten für sie sein mochte, zeigte es, dass es ihr nicht leicht fiel hier zu sein. Sie hatte lange genug gebraucht, um sich überhaupt durchzuringen und herzukommen, seit sie erfahren hatte dass Venusia ebenfalls hier war, nur im Gegensatz zu ihr nicht als Gefangene. Und auch jetzt wo sie hier war, vor Venusias Tür, hatte sie das Gefühl sich immer noch einen weiteren Ruck geben zu müssen. Sie befürchtete Demütigung, und sie hasste diese Aussicht. Trotzdem war sie hier – weil andere Dinge wichtiger waren als ihr Stolz. Und so hob sie schließlich die Hand und klopfte an.

  • Wie so oft saß sie an ihrem Tisch und las oder schrieb etwas. In letzter Zeit war das Spazieren gehen keine zufriedenstellende Abwechslung mehr und so versteckte sie sich immer öfter in ihrem Zimmer und beschäftigte sich dort. Die Castra der Praetorianer unterschied sich nicht so wirklich von den anderen Einrichtungen dieser Art, die sie kennen gelernt hatte und immer den gleichen Weg zu gehen war wenig verlockend. Als es klopfte, wunderte sie sich wer zu ihr wollte. Vala war beschäftigt und hatte sie daher in letzter Zeit nur selten besuchen können. Sollte es jemand der hier festgesetzten Personen sein? Während sie noch grübelte, konnte man draußen ein deutliches "Herein" vernehmen. Venusia war sehr neugierig wer ihren eintönigen Alltag etwas bunter gestalten würde.

  • Ein Teil von ihr hatte gehofft, dass einfach keine Antwort kommen würde – aber es dauerte nicht lang, da hörte sie ein Herein, und zögernd hob Seiana erneut ihre Hand, griff nach dem Knauf und öffnete die Tür. „Salve, Venusia“, grüßte sie, als die Tür aufschwang, ohne den Raum dahinter allerdings schon zu betreten. Ihre Haltung und ihre Stimme waren förmlich, steif, ihre Hände vor ihrer Körpermitte ineinander verschlungen. „Hättest du einen Augenblick Zeit für mich?“

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