• Sie kamen, nun waren sie zu hören und zu sehen. Mit jedem Schritt kam die römische Armee dem kleinen Dorf näher. Und doch bewegte sich keiner der Bewohner, die sich auf dem Dorfplatz versammelt hatten. Kinder klammerte sich an ihre Mütter und bargen ihre Köpfe in dem Stoff der Röcke. Die Blicke der Männer waren starr und leer. Die nun langsam ins Dorf eindringenden Soldaten würden in die Häusern niemanden vorfinden. Das Dorf musste auf den ersten Blick wie verlassen wirken.
    Erst wenn sie in der Mitte des Dorfes ankommen würden, würden sie die sich hier versammelten Menschen erblicken. Etwa zehn Schritte vor den 80 – 100 Bewohner würden die Soldaten die auf einem großen Haufen zusammengetragenen Waffen erkennen – jedoch war keine römische Waffe darunter.
    Immer näher kamen die Schritte und als die ersten Römer am Rand des Dorfplatzes zu erkennen waren, war es Wulfgar, der einen Schritt nach vor tat um sich zumindest symbolisch vor seine Sippe zu stellen. Er wusste sehr wohl, dass er für alles was hier heute geschah verantwortlich war und dies lastetet schwer auf seinen Schultern. Auch wenn er ein gebrochener Mann war, straffte er für dieses letzten Akt seine Schulter, richtete sich zu voller Große auf und sprach mit fester Stimme. „Ich bin Wulfgar, Sohn des Gunar Oberhaut dieser Sippe. So wie das Thing es beschlossen hat, beugen wir uns dem römischen Imperium und seinem Recht.“ Er wusste sehr wohl, dass dies hier sein Tod war. Aber er hoffte, dass die Römer wenigstens die Frauen und Kinder verschonen würden, dass so wenigen ein kleiner Teil der Sippe überleben würde.


    Sim-Off:

    natürlich spricht der Mann Latein

  • Wie seltsam, ein nicht stammelnder Barbar. Varro hielt sich mit seinen Leuten ein wenig abseits, stets ein Auge auf die Umgebung habend. Beunruhigt war er weniger. Die Gemengelage zwischen Männern, Frauen und Kindern war beruhigend. Es war kaum anzunehmen, daß sich ein paar Hundert Kerle aus dem Versteck wagen würden.
    Sich römischen Recht zu beugen war ja nun mal ein guter Plan,...oder eben eine Finte.
    Varro konnte nicht aus seiner Haut.
    Mal sehen was die beiden Oberen nun planten.

  • Die Melodie spielte leise. Nicht zu hören und doch in jedem Herzschlag, der Blut durch Verus trieb. Leben stand im nahe aber auch war er entrückt von diesem. Etwas war verändert, verwandelt und versetzt in eine andere Zeit. Verus stand außer sich und doch war er lebendiger als jemals zu vor. Liebe stand im Glanz seiner Augen, der seine Idun betrauerte. Sprachlos war er und doch sagte er alles, was er ihr sagen konnte, als sich ihre Blicke erneut trafen. Ihre stille Träne band sich mit einer Träne aus seinem Winkel. Die Bedeutung von allem schwand. Liebe, nicht diese Begierde, die viele verwechselten, wuchs in sanfter Blüte zwischen beide als sich ihre Tränen zum gleichsamen Fall entschieden. Ihre Zuwendung hatte keinen Sinn, keinen Namen oder Zweck, doch war sie real, so wunderbar und so göttlich, dass sein Herz schlug. Es machte ihn besser und sie stärker. Sie verlangten nichts voneinander. Man fand sich ohne sich zu suchen. Es brauchte keine Beschreibung für jene Verbindung, die geschmiedet aus Einsamkeit war. Nichts konnte ein Leben mehr möglich machen, wenn beide Herzen nicht neben einander schlugen. Idun blickte ihn an und er blickte sie an. Der Medicus wollte dem Präfekten antworten, als Verus sich unter Kraftanstrengung am Stamm empor schob, um an diesem Stand zu finden. "Ich denke schon," sagte der Arzt schließlich, der erstaunt war, dass der immer noch schwer verletzte Soldat noch die Kraft hatte, diesen Akt zu vollziehen. Es ergab keinen Sinn und so stützte der erfahrene Truppenarzt mit einer Hand den Stand des Centurio. "Ja, das kann ich," antwortete Verus also mit nicht ganz so fester Stimme. Idun brauchte ihn. Ihre Träne war Lebensforderung für ihn. "Ich bin Tiberius Verus," stellte er sich fest vor und tat dem römischen Recht genüge, dass den Namen stets verlangte. Mit einem traurigen Gefühl musste er seinen Blick zum Iulius wenden und blickte diesen mutig an. In Verus Gesicht standen seine Erfahrungen und seine Eindrücke. Doch die Augen logen nicht und durchbrachen den Schmerz der Erfahrung. Hoffnung lag darin. Dieses Leuchten, welches fremd und entrückt war. "Praefectus Iulius," grüßte er dann und hob seine Hand auf seine Brust zum römischen Gruß. "Ave," schloss er dann militärisch ab und vermittelte durch diese einfache Geste seinen Dank. Schließlich bemerkte er, was wirklich vor sich ging. Es war nicht nur ein Rettungseinsatz, sondern die Vorbereitung eines Konfliktes.

  • Was dann geschah, verwunderte den Octavier dann doch. Es entsprach absolut nicht dem Bild, dass er sich von den Germanen gemacht hatte. Nannte man sie doch Barbaren.
    Frugi hatte schon von diesen Things gehört, doch dass ihr Beschluss sich wirklich so auswirkte hatte er sich nicht vorstellen können. Sollte es wirklich so sein, dass sich alle Männer versammelten, gemeinsam beredet und beschlossen wurde? Jeder mit Ehre würde sich dann an den Beschluss halten? Er hatte es für ein Gerücht gehalten. Doch wie er jetzt hörte und sah entsprach dies der Wahrheit.
    Ringsum sah er Misstrauen in den Gesichtern der Legionäre. Wenn ehrlich war, so wusste er, in ihm glomm es auch. Was er sich dennoch nicht vorstellen konnte, das die Germanen für eine Finte wirklich das Leben, der Kinder und Frauen opfern würden. Im Wechsel wartete er auf die Entscheidung der Praefecten. Er selber befand sich ganz in der Nähe seines, so dass er ab und an ein wachsames Auge auf ihn werfen konnte und ihm zur Not behilflich sein konnte.

  • Idun sah ihren Römer, wie auch er eine Träne vergoss, wie sich die Tränen vereinten und einen gemeinsamen Weg gingen.
    Sie sah wie er sich erhob und schloss für einen Moment die Augen, denn sie konnte die Anstrengung und den Schmerz den er durchlitt fast körperlich fühlen. Er tat es nicht für sich, nicht für sein Rom – nein er tat es für sie, das spürte sie genau.
    Hinter den geschlossen Lidern glitt sie sanft über die Landschaft, über die Berge und den See hinauf zur goldenen Halle der Götter und sie sah ihn – Wodan – er sang und die Töne fielen herab wie ein goldener Regen und ergossen sich in den See. Sie sah auf ihre Hände die zu Schalen geformt die Tropfen auffingen, aus ihnen erwuchs ein Wald und sie ging verloren... dann drang seine Stimme an ihr Ohr und sie öffnete die Augen und sah Verus, der seinen Offizier grüße.
    Sie wollte zu ihm und machte einen Schritt nach vorn, doch eine Hand auf ihrer Schulter hielt sie zurück. Die Hand war nicht grob und doch lastete sie so bleischwer auf ihr, dass ihre Beine sie nicht mehr trugen und sie auf die Knie sank.
    Ihr Blick war immer noch auf ihren Römer gerichtet, der nun aufrecht stand – ja er würde leben. Immer noch unter dem Eindruck des eben gesehenen wusste sie nun, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Sie war verloren gewesen und er war es, der sie gefunden hatte. 'Verus.' formten ihre Lippen stumm seinen Namen.

  • Der Praefectus der Ala hatte sich gerade ernsthafte Gedanken darum gemacht ob er sein Schwert heute würde einsetzen müssen und ungeduldig auf das Kommando der Cornicen gewartet als der Anführer der Barbaren den Wind recht schnell aus den Segeln nahm und die Anspannung schnell einer gewissen Überraschung wich. Etwas verwirrt blickte er seine Offiziere an und ließ sein Pferd dann ein paar Schritte nach vorn traben...
    "Duplicarius Varro, hol mir den Praefectus Iulius her, umgehend!" wies er den erstbesten Unteroffizier an den er finden konnte, immerhin wäre es wohl schlecht wenn die Männer auf der anderen Seite des Dorfes plötzlich den Frontalangriff beginnen würden.
    "Turma II zu mir." sagte er ruhig und ohne den Blick vom Germanen zu nehmen, schließlich wusste man bei den Burschen ja nie so ganz woran man war.
    "Ihr vier da, überprüft die umliegenden Hütten!" befahl der Iunier unter anderem auch Marbod, während er dem Braten noch immer nicht ganz traute.
    Die Tatsache, dass der Germane Latein sprach erleichterte die Kommunikation natürlich enorm, sodass sich Seneca nach all den Befehlen an seine Männer doch zu ein paar Worten hinreißen ließ...
    "Ich bin Aulus Iunius Seneca, Kommandant der Ala II Numidia. In Kürze wird Marcus Iulius Licinus, Offizier der Legio II hier eintreffen. Deine Entscheidung kommt reichlich spät Germane." ließ Seneca ihn wissen und wollte noch keine Entscheidung treffen bis Licinus ebenfalls seine Meinung hatte kundtun können.

  • Botenjunge,...also,...Varro zog den Kopf des Pferdes herum und ritte langsam an die Spitze der Plattfüsse, wo er den Praefectus vermutete.
    Allenthalben sah er angespannte Gesichter, nach einem friedlichem Stelldichein sah das hier nicht aus. Vor dem Iulier glitt er , der Förmlichkeit halber, aus dem Sattel und machte seine Meldung. Praefectus?,...Iunius Seneca braucht dich an seiner Seite und bittet dich zu ihm zu kommen. Dabei wies er dorthin wo sich der Kommandeur gerade befand.

  • Na gut, wenn er meint, erledige ich das, auch wenn es in meinen Augen völlig überflüssig ist. Aber ich verstehe ihn, er ist Römer und kann es deshalb nicht verstehen. Wenn die Germanen Römer wären, dann wäre diese Vorsichtsmaßnahme vollkommen angebracht. Würden wir jetzt in einem der Häuser einen finden, so würde das Sippenoberhaupt denjenigen eigenhändig hinrichten. Der Beschluss des Things war für alle bindend. Niemand würde sich dem widersetzen.
    Für diesen Wulfgar war es bestimmt keine leichte letzte Handlung sich so vor sein Dorf zu stellen, denn was jetzt kommen würde war ehrlos. Er würde seinen Tod nicht mit der Waffe in der Hand finden und den Weg nach Walhall antreten um dort an der Tafel Wodans sitzen. Sein sich auf diese Art ergeben tat er mit der Hoffnung so Frauen, Kinder und Alte vor den sicheren Tod zu bewahren.
    Doch Befehl ist Befehl und so mit diesen Gedanken beschäftigt durchsuchten wir die Häuser, nur um einige Zeit Später zu melden,Praefectus, die Häuser sind leer.

  • Wulfgar stand da, vor seinen Leute, wie ein Fels in der Brandung und die Brandung sie rollte heran in Form von römischen Reitersoldaten.
    Sie begannen die Häuser zu durchsuchen, finden würden sie dort nur Dinge des täglichen Bedarfes, aber keine Bewohner, die waren alle hier versammelt. Gut nicht alle. Einige Abtrünnig, einige die sich dem Thing sich beugen wollte waren schon am frühen Morgen aus dem Dorf verschwunden wohin? Das wusste keiner.
    Als der Reiter ihn ansprach und sich vorstellte nickte Wulfgar. Natürlich hatte er Recht seine Entscheidung kam spät – vielleicht zu spät. Für ihn war es auf jeden Fall so. Ja er wusste was ihm bevorstand. Doch er war alt, was hatte er schon noch vom Leben zu erwarten. Es galt auch nicht sein Leben zu retten sondern das der Frauen und der Kinder. Die Männer hier hatten sich damit abgefunden, dass ihnen nicht mehr viel Zeit in dieser Welt blieb.
    Wulfgar war kein Mann großer Worte. So war seine Antwort auch entsprechend kurz. „Ja sie kommt spät.“ Er konnte nur hoffen, dass es nicht zu spät war. Er überlegte einen kurzen Moment ob er auf den angekündigten Mann warten sollte, doch er entschied sich dagegen. Er zog langsam sein Schwert – ja er trug als einziger noch seine Waffe – und legte es vor sich ab. Nun folgte etwas, was dem stolzen Mann schwer fiel, aber er wusste, dass es notwendig war. Er kniete nieder und sprach die folgenden Worte mit dem Rest an Stolz und Ehre, der ihm noch geblieben war.
    „Im Namen meiner Sippe kapituliere ich Wulfgar Sohn des Gunar bedingungslos vor dem römischen Imperium – vor Rom.“
    Die hinter ihm stehende Sippe beobachtet die Szene still und ohne ein Wort.
    Nun hieß es warten. Nur ab und an war das leise Schluchzen eines der Kinder zu hören.

  • Da vorne ging es ja einigermaßen zur Sache. Hier würden sie zwar keinen Blumentopf gewinnen und wieder einmal ohne Beute abziehen, aber hier konnten sie viel falsch machen. Vae victis? Heulende Weiber dienten manchen Kriegern als Ansporn ihre Rechte geltend zu machen. Varro griff nach den Zügeln seines Pferdes und schwang sich wieder in den Sattel. Es war schon eine Crux mit diesen Hol-Aufträgen. Die Etikette verlangte, daß er den Praefectus zu seinem Kommandeur brachte...hoffentlich passierte inzwischen nichts bei seinen Männern. Ein wenig ungeduldig lächelte er den Iulier an ihm zu folgen.

  • Eine seltsame Stille war es, keine friedliche, wie man es beim Anblick der abgelegten Waffen hätte vermuten können. Nein man spürte die Anspannung der Situation. So konnte man es förmlich hören, wie der Mann, der vor die anderen getreten war, sein Schwert in dieser angespannten Stille zog, obwohl es bei der Entfernung eher nicht zu hören war.
    Was muss das, was nun geschah für diesen Mann bedeuten? Ich schaute voll Bewunderung auf ihn und wünschte mir, niemals in meinem Leben, in eine solche Situation zu kommen.
    Ob diese Römer, zu denen ich nun auch mehr oder weniger gehörte, überhaupt ahnten, denn wissen taten sie es bestimmt nicht, was es für einen Mann wie Wulfgar bedeutete, sich hier nieder zu knien.
    Ein Germane kniet vor niemanden. Es ist einfach ein Gesetz so wie, das die Sonne morgens aufgeht und abends unter geht.
    Es ist eine unaussprechliche Demütigung für dieses Sippenoberhaupt dort vor mir. Dies wird nicht nur ihm, sondern seiner ganzen Sippe, das ganze Leben lang anhaften. Trotzdem hörte man seinen Stolz heraus als er sich seine Ehre mit dieser Handlung zum Schutz seiner Sippe bewahrte.


    Wieder einmal hatte Rom seine Macht demonstriert und dem Kaiser war Genüge getan. Rom hatte gesiegt.
    Wie ich mich in diesem Augenblick dafür hasste zu ihnen zu gehören, dieser Fülle von Soldaten gegen so eine kleine Gruppe von Menschen, gegen einen einzigen Mann.
    Viel lieber hätte ich zu den jungen Germanen gehört, deren Leichen ich gesehen hatte, die in einem sinnlosen Aufbegehren ihres Stolzes dort mit der Waffe in der Hand gestorben waren.

  • Was jetzt?! Eigentlich hatte Licinus erwartet, dass alles klar sei und nun schickte Seneca auf einmal nach ihm. "Danke! Ich komme!" nickte er dem Duplicarius zu, ohne die drängende Frage zu stellen, was das zu bedeuten hatte. Stattdessen wandte er sich an den neben ihm stehenden centurio.
    "Signal an alle Kohorten! Stellung halten!"
    Prompt schmetterte neben ihm ein cornu los und die Feldzeichen der Standartenträger gaben das zeichen zum warten. Eine Sekunde später echoten die cornicenes der übrigen Kohorten das gleiche Signal.
    "Also los!" nickte er dann dem Duplicarius zu und gab seinem Pferd einen Tritt in die Flanken.


    Bei Seneca angekommen traute er seinen Augen kaum, als er den vor ihm knieenden Häuptling ausmachen konnte. Er hörte im ankommen gerade noch die Worte, die der Mann sprach, die das Ende für ihn und vermutlich auch für seine Sippe bedeuteten. Aber auch für diese Expedition. Bedingungslose Kapitulation, aus Licinus sich hätte es kein besseres Ende geben können. "Zur Stelle!" mit diesen Worten tauschte Licinus einen formalen Salut mit Seneca.


    Er führte sein Pferd näher heran und meinte mit gedämpfter Stimme, sodass -- wie er hoffte -- nur Seneca es hören konnte.
    "Damit hab ich nicht mehr gerechnet. Akzeptieren, sage ich. Und alle mitnehmen. Der Statthalter spricht ein Urteil -- wegen des Thing, meine ich -- und anschließend gehen Frauen und Kinder in die Sklaverei, die Männer werden hingerichtet. Oder sollen wir an denen gleich hier ein Exempel statuieren?" Dass sie beim Rückzug das Dorf anzünden würden, das hatten sie ja bereits bei der Besprechung vor dem Abmarsch beschlossen.


    Licinus fühlte sich eigenartig unwohl in dieser Szene, die schluchzenden Kinder, der knieende Häuptling. All das wirkte so surreal auf ihn, so ganz anders als das, was er erwartet hatte vorzufinden, wenn sie das Dorf betraten. Für einen Moment sah er die Gesichter der Dorfbewohner, junge, alte, verhärmte und ängstliche, manche auch ein klein wenig trotzig. Dann war dieser Moment vorbei und sein Unwohlsein verzog sich wieder, als Seneca zu sprechen anfing.

  • "Centurio!" sprach Licinus nun auch direkt den Mann an, der sich mühsam in die Höhe hievte.
    Er erwiderte den Gruß mit erhobener Hand und fixierte den Soldaten. Der Ausdruck seiner Augen war klarer als vorhin und dennoch nicht leicht zu deuten, fand er.
    "Es tut gut, dich wiederzusehen!" Licinus sprach mit warmer Stimme, hatte in der floskelhaften Begrüßung das Wort "wohlbehalten" jedoch gerade noch hinunterschlucken können, es hätte der Situation Hohn gesprochen.


    "Kannst du ..." setzte er an. War da nicht für einen Augenblick ein geradezu tödlicher Gesichtsausdruck um die Mundwinkel des Arztes herum gewesen. Er räusperte sich. "Gibt es noch was, was wir wissen sollten, bevor wir gegen das Dorf ziehen?"

  • Idun in Gewahrsam aber in Sicherheit. Vorerst. Verus dürfte sich keine Blöße leisten. Nicht offenbaren, wie er fühlte und dachte, denn sein Rom konnte dies nicht verstehen oder ertragen. Er war verdammt zu einer Lüge. Zwar wollte er nicht lügen, denn Rom belog man nicht aber um Idun zu retten, war er gezwungen dieses Theater zu spielen, denn wenn dieser Konflikt den Verlauf nahm, den er befürchtete, würde der Boden bald erneut in Blut getränkt werden. Er musste dies Idun ersparen. Nicht nur, weil er fürchtete, dass sie darunter leiden konnte, erneut diesen Tod zu sehen, sondern viel schlimmer, dass sie daran umkam oder durch eifrige römische Soldaten misshandelt wurde. Krieg offenbarte oft das Schlechteste im Menschen, wie er auch große Heldentaten hervorbringen konnte. Krieg war der Schlüssel zum Abgrund; und manchmal verbargen sich im Abgrund furchtbare Dinge oder wertvolle Dinge. Doch Verus wollte nicht erneut erfahren, wie sich der Abgrund anfühlte. Die Träne seiner liebgewonnen Wahrheit, die Idun ihm schenkte, gab ihm Sinn und Verstand, diesen Kraft zu meistern. "Es tut auch gut, wieder Römer zu sehen," erklärte Verus nicht einmal gelogen, doch nun begann das Theater; jene Konstruktion gegenüber dem Präfekten, der ihn immer unterstützt hatte. Iulius Licinus war ein aufrichtiger Soldat. Zwar durch Krieg und Militär eisern gemacht aber nicht herzlos. Vielleicht würde er verstehen, wenn Verus seine Zwangslage, die ihm sein Herz gab, offenbarte? Aber Rom verbat es. Rom musste es verbieten. Es gab immer diese Grenze. Diese grausame Trennung zwischen einem "Wir" und einem "Die". Es war dieser kalte Hass, diese vorwurfsvolle Ignoranz zwischen zwei Welten. Gegenseitig trennte man. In Gut oder Schlecht aber was war am Ende die wahre Grenze? Man selbst war die Grenze. Man selbst entschied sich für oder gegen etwas. Doch Verus konnte nicht gegen Rom entscheiden. Rom war immer größer gewesen, immer wichtiger und immer ein Anker der Kultur und der Vernunft in einer willkürlichen Zeit. Die Hörner und Trommeln des Krieges schlugen, unüberhörbar, war der Marsch der Soldaten und der baldige Kampf stand bevor. Verus musste von einem Kampf ausgehen. Rom musste Vergeltung üben. Nur sein Machtanspruch sicherte seine Grenzen. Die militärische Stärke sicherte Macht und die Macht erschuf jenen römischen Frieden; der vielleicht nicht so friedlich war, wie manche Zeitgenossen meinten. Doch Verus würde sich kein Urteil darüber erlauben, da er die Welt außerhalb Roms kannte. Sie war nicht schlechter aber mit Sicherheit auch nicht besser. Es war eine Welt, die sich einer klaren Bewertung entzog. Die Geschichte verlief in ewig gleichen Kreisen. Hoffnung, Verlust jener, und Aufbau einer neuen Hoffnung. Doch Verus hatte etwas außerhalb des Kreises gefunden. Etwas, was fern und gläubig war; jene Urmacht, die keinen Sinn brauchte und keine Vernunft. Mit einem gescheiten Seitenblick suchte er diesen Schatz im diesigen Licht des einbrechenden Unwetters, welches immer mehr Tropfen freigab, die perlend auf die Rüstungen prallten. Regen, wie passend, zu ihren ungesprochenen Tränen. Ja, Verus verstand den Präfekten gut. Sehr gut sogar. Denn die Kraft, die er gefunden hat, war widernatürlich und doch ganz frei von dämonischer Besessenheit. Sein Angesicht wanderte zurück zum erfahrenen Offizier Licinus. "Ja, ich kann sprechen," erklärte der Tiberius, legte dabei dem warnenden Arzt seine Hand auf die Schulter, um diese sanft zu beruhigen. Er selbst fühlte sich bereit für das Theater, jenes Machwerk an hilfloser Hilfe gegenüber eine überfahrenden Zeit. "Sie sind hinterhältig und greifen gegen jene Sitte auch mitten in der Verhandlung an," sprach der Römer aus Verus und offenbarte damit seine eigene Erfahrung. Der Krieg brodelte in ihm, zog an seinen Knochen und seinen Wangen, die dezent zitterten. Seine Augen sangen den Abgesang seiner Unschuld als Licinus in die Augen eines Veteranen blicken konnte. Verus war nun ganz Soldat, der im Blut eingeschmolzen zu Eisen geworden war. Nur Idun hatte ihn davor bewahrt, zu einer herzlosen Waffe zu erstarren. "Die Einheiten müssen auf Hinterhalte und versteckte Fallen achten. Insbesondere Angriffe aus Hütten. Sie kämpfen alle. Auch Frauen und Kinder. Allesamt greifen sie uns an, ganz plötzlich und ...," steigerte sich die Wortwahl, bis Verus seine Ausführung abbrach, da die Erinnerung daran noch immer schmerzte. Diese taube Gefühl in der Seele wuchs wieder, wie ein Geschwür und nur Iduns unvermittelte Nähe, wenn auch auf Abstand, hielt sie zurück. "Praefectus," schloss er dann wieder militärisch ab, um nicht weiter in diesen dunklen Welten zu versinken, die wie Schatten an der Seele eines Soldaten fraßen. "Ich habe eine Bitte," musste er jetzt unterbringen, damit er seine Idun sicher wusste. "Diese Germanin dort, hat mich versorgt und hat sich in meine Potestas als Serva verkauft, um eine Familienschuld zu begleichen. Ich erhebe Anspruch auf sie," sprach er betont kaltherzig diese Worte, um nicht zu zeigen, wie er in Wahrheit fühlte. Sein Herz fühlte kaltes Blei im Guss, wie es langsam herabfiel und dieser Schmerz war frostig. Erst, wenn sie unter seinem Namen stand, konnte er sie wirklich schützen oder zumindest wäre sie sicher. Ein fremder Gewahrsam, wenn auch ein römischer, war dennoch unkontrollierbar für Verus. Es fiel ihm nicht leicht aber das Theater verlangte es. Mit seinem linken Arm deutete er ohne Blick zur Seite; in jene Richtung, wo Idun stand.

  • Ebenfalls formal grüßte Seneca zurück und wandte dann sein Pferd ein wenig vom Häuptling ab um mit Licinus zu sprechen, er hörte seinem Kameraden zu und rieb sich bedächtig das Kinn. Ein Exempel hier und jetzt würde wohl so oder so verpuffen, schließlich würden sie ja ohnehin das ganze Dorf mitnehmen, wem sollte es also eine Nachricht schicken? Die Kunde von Hinrichtungen auf römischem Gebiet würde sich auch jenseits des Limes wie ein Lauffeuer verbreiten und dennoch würde Rom Recht, Sitte und Ordnung verkörpern.
    "Ich stimme dir zu. Jedem volljährigen Mann wird der Prozess gemacht." antwortete Seneca ebenfalls leise und blickte den Häuptling an bevor er sich nochmal an Licinus wandte "Dann ist es entschieden. Sag deinen Männern, dass sie die Dorfbewohner zusammentreiben sollen und sie für den Rückmarsch vorbereiten müssen. Meine Reiter werden hier verbrannte Erde hinterlassen und die Nachhut bilden." erklärte Seneca und wandte sich dann wieder dem Häuptling zu,
    "Das römische Reich versucht stets ein Freund sein. Wir brachten vielen eurer Leute Wohlstand, Frieden und Sicherheit und verlangten nur Kooperation und Frieden eurerseits. Als wir eine Mission ausführten um die zu finden und zu belangen die Angriffe sowohl auf unsere als auch auf eure Leute ausführten, wurden unsere tapferen Krieger hinterlistig von dir und deinen Männern ermordet. Rom lässt niemanden zurück, Rom mag vergeben doch nicht vergessen und solche niederträchtigen Taten bleiben nicht ungesühnt." ließ der Iunier verlauten und fuhr fort "Deine Leute sollen uns sowohl die Körper als auch die Ausrüstung und Standarten unserer Soldaten aushändigen. Anschließend wird deine Sippe nach Mogontiacum gebracht, wo über euer Schicksal entschieden wird, nach römischen Recht. Gib deinen Männern Bescheid, sollte es Schwierigkeiten geben dann werden wir härtere Maßnahmen ergreifen." drohte er vielsagend und meinte damit offensichtlich Maßnahmen, die auch die Frauen und Kinder inkludieren würden. Seine Reiter und auch die Legionäre würden natürlich ein Auge auf die Ausführung der Forderungen haben.

  • Also doch. Die Worte des Iuniers klangen wie Hohn in seinen Ohren. Hier galt also das vae victis. Auch hier würde es wohl eine Brandsanierung geben. Natürlich war es ein seltsames Gefühl der Erleichterung vermisste Kameraden wieder zu sehen. Sicherlich hätten diese jedoch nicht überlebt, wenn sich die Dorfbewohner ihrer nicht angenommen hätten.
    Hätte, hätte Slavenkette,...er war hier kein Kommandant er war Soldat und als Soldat musste er gehorchen, auch wenn es ihm manchmal schwerfiel.
    Sein Blick fiel auf Ocella, welcher seltsam tieftraurig auf die Menschen blickte.
    Irgendwie hatte er das Gefühl die Entscheidung sich dem Exercitus anzuschließen war ein Fehler gewesen. Bei dem letzten Satz zuckte er unwillkürlich etwas zusammen. Die härteren Maßnahmen würde es auf jeden Fall geben und alle würden dabei verlieren. Die Barbaren, aber auch wir hier, so tief im Hinterland. Ich farge mich ob der Iunier manchmal an Varus denkt...und der führte keine Gefangenen mit sich.

  • Ocella saß in seinem Sattel und blickte auf die Dorfbewohner. Er sah die Frauen und Kinder und hörte was der Praefect dem Häuptling über dessen Zukunft mitteilte. Es sah finster für sie aus. Was auch immer sie bewogen hatte sich zu ergeben, sie hätten sich besser davon gemacht oder wären im Kampf gestorben. Denn das was jetzt folgen würde widerspricht allem wofür sie stehen. Stolz und Freiheit. Er sah auf Varro, der gerade zurückgekommen war und dann wieder auf das Dorf.
    Wahrscheinlich würden sie wieder mal die Drecksarbeit machen müssen. Es kotzte ihn an.

  • Ja was hatte sie bewogen. Nun was Römer wohl nicht verstehen konnten, war dass das Urteil des Things heilig war. Niemand würde es wagen sich dagegen zu stellen. Und die Sippen des Wulfgar wurde von eben jenem Thing verstoßen. Die höchst mögliche Strafe die ein Thing aussprechen konnte. Was hätte es also genutzt zu fliehen? Auch die Geflohenen wäre nur noch Aussätzige. Niemand hier im freien Germanien würde sie aufnehmen. Sie wären allein. Ja auch der Tod konnte eine Art der Erlösung sein.
    Und außerdem hatten viele hier Verwandte, Töchter und Enkel unter den anderen Sippen. Es galt also nicht nur die Frauen und Kinder der eigenen Sippe zu retten, nein auch die anderen Sippen mussten geschützt werden. Nur zu gut kannte man die Römer und ihre Strafaktionen. Sie würden sämtliche Dörfer der näheren Umgebung zerstören um ihre Macht zu demonstrieren. dies galt es zu verhindern.


    Wuflgar schluckte den jedweden Kommentar der ihm bezüglich des was das römische reich brachte auf der Zunge lag herunter. Ja er hätte so vieles darauf erwidern können, aber das würde die Situation nicht besser machen. Als der Römer dann aber forderte, dass man ihnen die Körper, die Ausrüstung und die Standarten der Toten aushändigen sollte blickte er den Römer an und antwortete.
    "Nun dies ist nicht so einfach möglich." Sein Arme zeigte in Richtung Nordwest, wo sich hinter dem Dorf ein kleiner Hügel erhob. "Wir haben eure Männer ebenso wie die unseren, auf Geheiß unserer Seherin Idun hin, beerdigt. Sie sagte, wir sollen sie ehrenvoll bestatten, dies haben wir getan. Wir haben sie wie Krieger mit ihrer Rüstung und ihren Waffen beerdigt. Die Standarten wehen über ihren Gräber."
    Für einen Römer mochte dies wohl kaum etwas bedeuten, aber aus der Sicht der Germanen war die Bestattung als Krieger der höchstmögliche Respekt für einen Feind, der ehrenvoll gekämpft und in diesem Kampf sein Leben gelassen hatte.
    Aus dem Hintergrund hörte man eine Frauenstimme.
    "Genau sie hat es uns gesagt. Sie ist doch eh an allem Schuld."


    Ein Handzeichen des Sippenoberhauptes reichte aus und sofort war das keifende Weib still.


    "Den Körper des Centurio …" kurz überlegte er wie der Name des Mannes war. "..Tiberius, können wir euch nicht aushändigen. Diesen hat Idun mit sich genommen, da lebte er noch aber er war schwer verletzt. Ich kann dir über sein Schicksal nichts sagen."
    Ja er wusste nicht ob der Römer es überlebt hatte oder nicht. Seit her war Idun nicht mehr im Dorf gewesen und auch sonst hatte niemand etwas von ihr gehört oder man hatte es ihm zumindest nicht gesagt.

  • Varro platzierte sich auf dem Sattel um jederzeit mit seinem Pferd in Aktion treten zu können. Er suchte die optimale Position, seine linke Hand umschloß den Haltegriff der Parma, die rechte Hand hielt die Hasta, deren Spitze im Sonnenlicht funkelte.
    Ein Blick nach Rechts und Links zeigte ihm, daß die Männer der Ala es ihm gleichtaten. Wenn es auch Skrupel gab, er würde umsetzen was Romas Wille war,...wie immer, effektiv und absolut.

  • Nur den Männern? Licinus zögerte für einen Moment, aber im Detail konnten sie das später klären. Sollte heißen, der Statthalter würde es klären.


    Licinus wandte sich an einen der Reiter, da das folgende für eine Übermittlung via Signaltönen doch ein wenig zu komplex war. "Befehl an alle centurionen. Die Kohorten soll an diesem Dorfaufgang centurienweise in Karrees antreten um die Gefangenen zu übernehmen. Erste und letzte centuria jeder cohors ausgenommen. Jede Abteilung soll Richtung limes abmarschieren, sobald die entsprechende Anzahl Gefangener übernommen wurde." Zwar wäre es ein ziemlicher Eindruck gewesen, dass Dorf direkt brennen zu sehen, aber ein brennendes Dorf sah man weit und wenn sie noch vor Ort waren mochte das den ein oder anderen zu Dummheiten verleiten.


    Inzwischen hatte auch Seneca seine Ansprache gehalten. Licinus ließ ein unwilliges Brummen hören. Begraben. Barbarisch im wahrsten Sinne des Wortes. Er verstand diese Sitte nicht, seine Toten von Geschmeis zerfressen zu lassen, wo man mit einer Feuerbestattung einen sauberen Schluss erreichen konnte.


    Auf der anderen Seite, wollten sie noch heute an den Limes zurück bleib ihnen kaum die Zeit für eine Feuerbestattung. Die Standarte konnte natürlich keinesfalls bleiben. Licinus wollte gerade nachfragen, wo die Gräber seien, als eine Frau dazwiaschen rief, dass eine gewisse Idun an allem Schuld sei. War das womöglich, fragte er sich, als der Häuptling es schon bestätigte. Auch ihre Rolle würde man in dem Prozess genauer untersuchen müssen.


    "Centurio Tiberius" sagte Licinus bedeutungsschwer "Ist am Leben. Wo sind die Gräber unserer Gefallenen" kam er auf seine ursprüngliche Frage zurück.

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