Varia, die Rädelsführerin des Sklavenaufstandes

  • Sie ließ den Mann reden, wartete bis er geendet hat, dann hob sie ihren Kopf ein Stück weiter und sah ihn mit einer Spur von Arroganz an. "Du meinst also eine Frau kann das nicht?" Fast schon spöttisch kam diese Frage über ihre Lippen. "Rom war blind und taub. In seiner eigenen Arroganz gefangen. Wie könnten es auch ein paar Sklaven und ein paar Unzufriedene wagen gegen das große Rom aufzubegehren? Nein sowas würden sie nie wagen. Das ist doch eure Arroganz die ihr immer an den Tag legt. Ihr glaubt diese Welt zu kennen zu beherrschen." Zynisch fielen die Worte aus ihrem Mund. "Nicht beherrscht ihr. Nichts wisst ihr. Ihr versucht zu unterdrücken. Doch umso mehr Druck man erzeugt umso größer wird der Gegendruck. Du magst nicht mein Feind sein, aber ich jedoch der deine. Ich sagte bereits, dass Ende ist das Ziel, doch wann und wie es kommt ist unerheblich. Ich werde sterben ob nun Heute, Morgen oder in einem Monat, was macht das für einen Unterschied? Du sagst es, es ist mein letzter Kampf und ich werde ihn bestreiten wie alle meine Kämpfe aufrecht und ehrlich."
    Sie schüttelte den Kopf. "Ihr mögt Gefangene habe, die euch unter Folter alles Mögliche erzählen. Sie haben etwas zu verlieren und würden euch alles erzählen, damit ihr sie wieder laufen lasst." Ihr Blick fiel kurz auf die Hände des Mannes, dann fuhr sie fort. "Ich jedoch habe nichts zu verlieren. Ich stehe hier vor dir und sage dir von Kämpfer zu Kämpfer, dass ich dich nicht belüge. Es gab keine Hilfe. Du wirst von mir also keine Bestätigung bekommen." Ihr Mund verzog sich zu einem zynischen Lächeln. "Aber ich glaube, dass du das auch gar nicht benötigst nicht wahr? Ihr habt eure eigenen Wahrheiten. Ihr glaubt was ihr glauben wollt. Was du willst ist eine Beruhigung deines vielleicht vorhandenen Gewissens. Du willst, dass ich dir jemanden liefere, den du verantwortlich machen kannst. Aber ich werde dir niemanden liefern. Ich bin allein dafür verantwortlich." Sie sprach mit fester Stimme, ihr Blick war klar und unnachgiebig. Nein sie würde ihm nicht liefern was er verlangte. Sie würde ihm nicht das sagen was erhören wollte, damit er eine Rechtfertigung hatte Unschuldige zu verfolgen. Wenn er dies wollte, dann sollte er es tun, aber nicht auf ihr Wort hin.

  • Verus zögerte. Es dauerte, bis er sich eine Antwort zurecht legen konnte. Es fiel ihm schwer, einer Person, die scheinbar keinerlei Eigenschutz besaß, ein Gespräch passend zu seiner Obrigkeit zu vermitteln. "Was ich meine, spielt keine Rolle. Es geht darum, was Rom von dir denken soll," antwortete Verus schließlich, um der Misere zu entkommen. Die Sachlage entwickelte sich zu seinen eigenen Ungunsten. Er hatte auf Antworten gehofft, die sich einer Wahrheit möglichst annäherten aber dieses Gefasek einer eifrig den Tod Suchenden, half ihm nicht weiter, sondern vertiefte nur den Unzustand dieses Falls. Er ahnte bereits, dass dieses Ergebnis nicht ausreichen würde. "Was ich suche ist für meine Herren eine objektiv angenäherte Wahrheit, was wir daraus machen, ist etwas anderes," offenbarte sich Verus, da er bei dieser Frau keinerlei Maske mehr brauchte, da sie ohnehin dme Theater entronnen war. Ihre Bühne war baldig einer grausamer Tod durch fremde Macht.


    "In diesem Konflikt geht es nicht, um deine persönliche Macht oder deine Freiheit. Es geht um eine politische Idee und diese Ideen müssen stets mit Blut erkauft werden. Rom ist eine Idee, ein Schmelztiegel vieler Kulturen, zusammengehalten durch schlichte Macht und Größe. Diese Macht und diese Größe entspringen einer einfach Angst und ich brauche deine Antwort, um dieser Angst dienen zu können," sagte Verus mit einer sanften Geste seiner linken Hand. "Diese Gesellschaft ist eine Waage. Ihre Furcht ist das Gegengewicht. Sie gleicht die Unordnung aus, welche folgen würde, wenn die Freiheit überwiegen würde. Ohne Furcht gäbe es keine Gesellschaft. Wir alle fürchten etwas, Gefangene," erklärte der Geheimdienstchef sachlich und ruhig.


    "Moral, Gewissen und Anstand sind Schlüssel und Ketten in den Händen der Narren. Mein Gewissen ist befreit von der Unvernunft, dass es bedeutung innerhalb der Gesellschaft genießen könnte. Die Menschen interessieren sich nur oberflächlich für Moral, sofern es ihre eigene Lebenswelt betrifft. Moral ist das Konzept eines Wahnsinnigen. Ich halte objektive Vernunft dagegen: Aktion und Reaktion. Du hofft auf eine Erlösung im Tode, doch wirst du dort nichts finden. Du hast nur ihren Alltag gestört und damit ihre Angst sichtbar gemacht. Im Grunde hast du uns einen Dienst erwiesen. Du hast unsere Angst gesteuert, übernommen und uns mehr Macht gegeben als zuvor," argumentierte Verus zynisch. "Wenn wir ein Vakuum schaffen, dass nicht mit erzogenem Verstand zu füllen ist, bleibt Kontrolle über die Leere, wenn wir die Leere mit Angst füllen können, folgen sie brav, um nicht mit ihrem erzogenem Selbst zu kollidieren. Ich mag es selbst nicht. Aber wir alle scheinen keine Wahl zu haben, nicht wahr? Am Ende liege ich genauso tot am Boden, wie du, Gefangene. Wir alle spielen auf, tanzen munter unseren Tanz und verschwinden dann, wie alle anderen von der Bühne. Es wird sich nichts ändern. Niemals. Die Namen ändern sich, die Farben aber der Tanz bleibt stets der selbe zur selben Musik, die monoton unsere Lebenszeit bestimmt. Mit jedem Herzschlag wird unsere Zeit geringer, die uns verbleibt. Mit deinem Leben hast du uns einen großen Dienst erwiesen," schloss Verus diesen Fall ab. Ihm war klar, dass Varia gekonnt Rom gegen sich selbst benutzt hatte aber in diesem Zustand lag ein Zugewinn an Sicherheit. Denn Varia konnte in Wahrheit nichts zerschlagen, sondern nur verbrennen. Aber dieser Brand war eine geeignete Kontrollfunktion für die Gesellschaft. Rom musste stets gelenkt, überwacht und kontrollert werden. Es war seine Aufgabe. In diesem Augenblick fasste Verus den Entschluss, dass die Christianer als Angstfeind herhalten mussten. Es war einfach, denn man kannte sie. Man hatte Listen längst angefertigt und konnte diesem einfach nachgehen. Verus würde nicht zulassen, dass Varia die Kontrolle behielt. Nun übernahmen die Prätorianer. "Weiter im üblichen Verfahren," sagte der Trecenarius, während er hinaus ging und im Korridor verschwand. Siene Gehilfen leisteten nun ihre Arbeit.

  • Varias Lächeln wurde verächtlich, sie blickte auf und dem Mann direkt in die Augen, ein Blick voller Verachtung traf ihn. „Was Rom von mir denkt?“ Ein bitteres Lachen erklang. „Was Rom von mir denkt? Es ist mir egal was Rom von mir denkt.“ Sie hörte seine folgenden Worte. Worte die sie schon hunderte Male aus vielen Münder gehört hatte. Sie straffte ihren Körper und ihr Blick wurde hart und kalte, eine kalte Verachtung für diesen Römer durchströmte sie nun. „Geht es nicht immer um eine Idee? Um eine höheres Ziel. Um den Willen dieses Gottes oder jener Göttin? Wort nichts als Wort ich hab sie tausendfach gehört. Hole Phrasen der Mächtigen um ihre Krieger, Soldaten.. Männer oder Frauen in den Krieg zu schicken. Um ihnen einzureden, dass sie für ein höheres Ziel kämpfen. Das sie ihr Leben opfern für eine Idee. Was sie dir aber nicht sagen, dass du so wenig zählst wie ich. Das Leben des einzelnen ist nichts wert, nur die Idee oder das Ziel ist wichtig, nicht der Mensch.“ Sie sah den Mann an. „Deine Augen verraten dich Römer, du glaubst ebenso wenig wie ich an jene Idee oder Ziele. Die hast einmal daran geglaubt – so wie ich, doch tust du es nun nicht mehr.“ Stellte sie fest. „Wie alt warst du als du in die Legion kamst? Siebzehn, achtzehn oder älter? Wahrscheinlich war es dein freier Wille? Du hast an das geglaubt, an das wofür du geblutet hast. Ich glaubte auch. Ich war fünf als ich das erste mal eine Waffe hielt und man mir zeigte wie man sie benutzt. Ich war 5 als ich lernte zu kämpfen und zu töten. Ich war 5 als ich lernte was Gewalt ist. Sie trainierten uns nicht anders als die Römer ihre Soldaten. Tägliches Kämpfen, Training und Schläge wenn man die Zeile nicht erreicht hat. Ich mag jünger sein als du Römer und doch stand ich wohl auf mehr Schlachtfeldern als du. Ich habe wohl mehr Menschen als du aus diesem Leben befördert. Und glaube mir Soldat jede Tat in unserem Leben legt sich auf die Seele. Wie fragte mich der Alte Mann? Ob ich schon in schwarz weiß träume? Nein ich träume gar nicht mehr. Leere, es ist nur noch eine dunkle alles verschlingende Leere da. So leere wie meine Seele. Ob ich euch nun einen Dienst erwiesen habe oder nicht ist für mich nicht von belang. Nutze was du zu nutzen gedenkst. Und doch werde ich dir keinen Namen nennen. Wenn du jemanden verfolgen willst, dann tue dies aus deiner eigenen Entscheidung heraus und verantworte diese Entscheidung am Tag deiner Abrechnung. Denn an diesem Tag kannst du dich nicht mehr hinter Befehlen verstecken, kannst dich nicht mehr in die Hierarchie flüchten, an diesem Tag stehst du ganz allein deinen Göttern gegenüber und sie entscheiden dann über dich – sie richten über dich im Tode, so wie du im Leben über die Menschen gerichtet hast. In meinem Leben habe ich wenig selbst bestimmen können, und doch ist es mir gelungen, dass ich meine Tod selbst bestimmen kann.“
    Sagte sie und wandte sich von dem Mann ab. Varia hatte nicht mehr vor sich weiter mit dem Soldaten zu unterhalten. Er flüchtete sich wie alle nur hinter seine Phrasen, er tat was man ihm befahl. Varia hatte genau das abgelegt. Sie war niemanden mehr zu treue verpflichtet. Niemanden mehr außer sich selbst. Sie würde sterben so wie sie es wollte. Und sie würde aufrecht sterben. Sie würde keine Unschuldigen ans Messer liefern nur damit der Römer nicht besser fühlen konnte.


    ….



    Die übliche Behandlung hieß für Varia, das nun zu den tägliche Schlägen auch noch hinzukam, das man sie mehrfach am Tag mit kalten Wasser übergoss. Doch was auch immer das bewirken sollte, es prallte an der Kriegerin ab. Sie sprach nicht mehr, ertrug alles aufrecht und stumm. So lange ihre Beine sie tragen konnten stand sie und ertrug die Schläge und alles andere. Nahrung nahm sie nur unter Zwang zu sich und somit auch nur das Nötigste. Vieles von dem was sie in die Amazone hineinstopften spuckte sie wieder aus. Sie nahm von Tag zu Tag mehr ab und wirkte immer schwächer. Lange würde sie dies wohl nicht mehr überleben.

  • Minuten wurden zu Stunden, Stunden zu Tagen, Tage zu Wochen. Die Amazone konnte nicht mehr sagen wie lange sie nun schon hier war, sie hatte das jegliches Gefühl für Zeit und Raum verloren. Sie konnte nur grob erahnen wann ein neuer Tag anbrach Jeden Tag die selben Rituale. Schläge, kalte Duschen, Schlage, zwangsweises Essen, Schläge am Ende eines jeden Tages stand das anketten an der Wand zur Bewegungslosigkeit verdammt. Jeden Tag immer wieder. Es war wie ein nicht enden wollender Albtraum. Sie die nichts mehr ersehnt als ihren Tod wurde hier am Leben gehalten. Wofür? Warum? Sie konnte es sich nicht erklären.

  • Frost. Eis. Und ein stilles Dröhnen. Männer näherten sich in Rüstungen, poliert und mit silbernen Masken, um Varia von ihren Ketten zu befreien. Doch die schweren Hand- und Fußfesseln blieben, so dass sie die Frau hinausreißen konnten. Man verbrachte sie zu einem Handwagen, der als Gefangenentransporter fungierte. Die Prätorianer in Paraderüstung begleiteten den Wagen. Varia wurde heute hingerichtet. Man wechselte kein Wort mit ihr. Erst in der Arena würde ein Mann mit ihr sprechen. Der Trecenarius.

  • Sim-Off:

    Rückblende - vorherige Zeitebene: vor der Hinrichtung


    Verus führte - äußert argwöhnisch - die Herren der Kommission hinab in das dunkle Verließ der Prätorianer, das recht offen aussprach, welche Geschäfte hier getätigt wurden. Hier und da hörte man ein Wimmern und Wehklagen aus den Zellen. Morbide Soldaten schoben sich vorbei, gaben sogar teilweise grunzende Laute von sich, während sie mühsam die Zellengitter öffneten und schlossen, um die Gefangenen zu sichten. Verus selbst ging vorweg und man erreichte als bald die letzte Zelle des Korridors, wo Varia eingekerkert war. Sie hing an ihren Füßen und Händen gefesselt, in einer sitzenden Position, an der Wand. Die Ketten waren gestrafft und angespannt. Sie konnte sich kaum bewegen. Verus öffnete das Gatter nicht und deutete mit seinen Händen an, dass man sich vor diesem Stahlkonstrukt versammeln musste. "Konsul, du hast das erste Wort," meldete der Trecenarius und zeigte damit an, dass man durch das Gatter sprechen sollte. Er wollte es nicht öffnen. Verus selbst hielt einen Holzknüppel in seinen Händen, um bei Bedarf vor Selbstschutz zu sorgen.

  • Sim-Off:

    Livianus kann leider nicht teilnehmen, weil Varia zu den Ludi hingerichtet wurde und er da noch auf Reisen war.


    Es lag zwar Monate zurück, als Menecrates in dieser Anlage Morrigan befragte, aber seinem Empfinden nach fühlte es sich an wie vorletzte Woche. Es roch genauso unangenehm, er fühlte sich kein bisschen besser und wieder suchte er eine Sklavin auf, die unter Verdacht stand und ein Geständnis abgelegte hatte. Wie Morrigan hockte Varia auf dem Boden, die Arme und Beine in Ketten gelegt. Einzig die Tatsache, dass es sich bei Varia um die Rädelsführerin des Aufstandes handelte, während Morrigan nur als Mitläufer galt und zudem als ehemalige Sklavin der Claudia einst das Vertrauen des Consuls besaß, veränderte die Situation.


    Menecrates folgte dem Trecenarius, denn anders als am üblichen Sitzungsort in der Villa befanden sie sich hier in seinem Revier. Den Wärtern schenkte er keinen Blick, ebenso wenig den Inhaftierten. Die Anlage widerte ihn an.


    Sie erreichten die Zelle und Tiberius machte ohne Worte klar, dass er nicht gedachte, sie zu öffnen. Dem Consul war das recht, solange er sich verständigen konnte. Er warf dem Protokollanten einen prüfenden Blick zu, um sich zu vergewissern, dass der in Startposition stand. Anschließend blickte er zu Tiberius, bevor er Varia in Augenschein nahm. Er wusste nicht einzuschätzen, ob sie verstehen und aussagen konnte oder sich bereits jenseits der normalen Wahrnehmung befand.

    "Ich möchte dir Fragen stellen. Kannst du mich hören?"


  • Die Zelle lag im Dunkeln. Nur das Licht welches den Flur erhellte fiel nur spärlich in die Zelle. Varia hockte bewegungsunfähig am Boden. Normalerweise hob sie nur den Kopf, wenn jemand ihre Zelle betrat. Sie interessiere sich nicht dafür, was außerhalb ihrer Zelle passierte. Genaugenommen interessierte es sich auch nicht was in dieser Zelle passierte. Es war eh jeden Tag das selbe. Schläge, zwangsweise Nahrungszufuhr, Schläge, Misshandlungen. Ihr Körper zeigte natürlich auch deutliche Spuren. Offene Wunden, Male am Körper die in allen Farben der unterschiedlichen Stadien schillerten. Ja man konnte fast sagen sie sah aus wie ein Kanarienvogel. Nicht so fröhlich aber so bunt. De Arme hatte die Soldaten heute nach oben gestrafft, die Ketten noch fester gezurrt als sonst. Ihr Kopf lehnte an der Wand, die Augen hatte sie geschlossen. Sie hörte Stimmen? Nun war es wohl soweit. Sie wurde verrückt.
    'Konsul, du hast das erste Wort.' Sie öffnete die Augen und konnte niemanden in ihrer Zelle sehen. Sie war also wohl nicht gemeint oder sie wurde tatsächlich verrückt. Da wieder eine Stimme. 'Ich möchte dir Fragen stellen. Kannst du mich hören?'
    ja sie hörte die Stimme. Aber war sie real oder bildete sich sich das nur ein. Sie kniff ihre Augen zusammen und waren da am Gatter Umrisse von Menschen zu erkennen? „Was willst du?“ fragte sie also in Richtung der Gestalten und der Stimme.






    Sim-Off:

    Mit der Spielerin Varia so abgestimmt, der Beitrag ist von ihr, wie auch alle noch folgenden

  • Zuerst fürchtete Menecrates, die Verfassung der Gefangenen sei so schlecht, dass es eine Befragung zwecklos machte, dann aber kam eine Antwort, die auf Klarheit der Sinne schließen ließ. Er vermied so gut es ging die Verarbeitung ihres Anblicks, denn das hätte zwangsläufig die Vorstellung von unermesslichen Qualen in Gang gesetzt. Der Consul gestand sich ein, er fühlte sich nicht wohl.
    Um die Angelegenheit für alle Beteiligten nicht unnötig in die Länge zu ziehen und damit die ohnehin geschwächte Frau vorzeitig zu erschöpfen, überlegte sich Menecrates kurze und gebündelte Fragen. Seine erste sollte den Stolz und damit die Lebensgeister wecken.


    "Ich möchte Antworten", erklärte er zunächst. Jetzt war er an der Reihe zu fragen. "Wie hast du es geschafft, ein so großes Heer aufzustellen." Mehr Feststellung als Frage, wie er fand. Er wunderte sich über das Ausmaß und das Potential einer Frau, das dem eines Heerführers ähnelte - glaubte Menecrates, wusste er aber nicht. Vor allem wollte er hören, mit welcher Strategie Varia vorging. Wen konnte sie mit welchen Versprechungen mitreißen. Was fehlte den Betroffenen. Wer gehörte zu den Anfälligen ihrer Ideologie.


  • Varia bewegte sich leicht. Die Ketten die ihre Füße in Position hielten wurden mit einem klirrenden metallischen Geräusch über den Boden geschliffen.
    Wieder so ein selbstgerechter Römer, der einer Frau derartiges nicht zutraute.
    Sie kniff die Augen zusammen um besser erkenne zu können wer da mit ihr sprach. Doch die Umrisse der Männer hinter dem Gatter hoben sich nur dunkel von dem Licht der Fakeln im Hintergrund ab.
    "Hat Rom soviel Angst, vor einer angeketteten Frau, dass ihr euch hinter dem Gatter verschanzen müsst?" War das Erste was verächtlich über ihre Lippen kam. Ja man konnte fast meinen, dass sie die Männer außerhalb ihrer Zelle verhöhnte.
    Dann jedoch antwortete sie dem Mann. Mit fester, klarer Stimme.
    „Ich bin Varia, erste Tochter der Serdana und eine Kriegerin meines Stammes. Kriegerin und Anführerin. Ihr wart blind und taub. Viele der Unterdrückten, viele der Unzufriedenen, viele derer die am Rand eurer Gesellschaft leben schlossen sich mir an. Sie hörten von meinen Taten. Ich hatte einen Ruf und der Mythos, dass ich eine Tochter des Kriegsgottes bin half. Viele die ihr in Eurer Selbstherrlichkeit und Selbstsucht vergessen habt schlossen sich mir an. Ich musste sie nicht rufen. Sie kamen zu mir. Sie wollten, dass ich sie führe. Ich gab ihnen das was ihr ihnen nicht geben konntet Hoffnung. Ihr seid zu arrogant um das Elend in eurer eigenen Stadt zu sehen. Ihr unterdrückt und glaubt zu beherrschen. Ihr glaubt die Kontrolle zu haben. Aber sie entgleitet euch. Ich bin nur ein Symptom. Ein Symptom, ein Symbol der Ungerechtigkeit. Rom ist ein Ort voller Terror, Krankheiten, Seuchen und Hunger. Rom ist ein ungerechter Ort.“

  • Dass eine ganze Gruppe von Zivilisten durch den Kerker der Castrs Praetoria wandelte, kam sicher äußerst selten vor und war daher wohl für alle ein ungewohnter Anblick. Macer hatte vorsorglich nicht seine beste Toga angezogen, da er schon davon ausgegangen war, dass das Verhör an keinem allzu gastlichen Ort stattfinden würde.


    Die Befragung überließ er dann erst einmal den anderen, da er sich selber von dem Verhör nicht allzu viel erhoffte und sich wennschon mit spontanen Fragen beteiligen wollte. Was es als erste Antwort zu hören gab, barg dann auch nichts überraschend neues für ihn.

  • Der Petronier hatte es nicht weit zu den Verliesen der Prätorianer - trotzdem war er noch nie dort gewesen. Es war auch kein sonderlich sympathischer Ort, es roch komisch und die Schergen, die hier herumkrebsten, verstärkten seinen Eindruck von den Prätorianern als komischer Haufen. Alles in allem sah es aber nicht sonderlich anders aus als in den Arrestzellen der Urbaner - auch wenn es dort etwas heller war.


    Als sie endlich vor der Zelle Varias standen, wunderte er sich, dass sie nicht eintraten. Ein Blick durch das Gitter zeigte eine magere Figur, die an die Wand gekettet war - wovor der Tiberier sich fürchtete, dass er den Knüppel bereit hielt, konnte der Tribun nicht erkennen. Auf ihrem Pferd und an der Spitze eines Sklavenheeres war diese Sklavin eine Bedrohung gewesen, aber hier unten, an die Wand gekettet und sichtlich entkräftet?


    Insofern musste er der höhnischen Bemerkung der Frau zustimmen, als der Consul sie zu befragen begann. Wären sie in ihrer Nähe gewesen, hätte er sie geohrfeigt - so sprach man nicht mit einem Senator!

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  • Obwohl er kurzzeitig am klaren Verstand zweifelte, als Varia vom Mythos ihrer Abstammung sprach, musste er sich eingestehen, dass alles andere auf einen funktionierenden Geistesapparat hindeutete. Es gab also zunächst keine Veranlassung, an den Aussagen zu zweifeln. Glaubte man ihnen, musste das Sklavenheer aus mehr als nur Sklaven bestanden haben. Auch jeder Freie mit schlechter Versorgung und fehlender Sicherheit wäre ein potentieller Gefolgsmann gewesen.


    Mit Ausnahme der Befragung Morrigans sah sich Menecrates nicht als Haupt- oder gar Einzelperson für die Beschaffung von Informationen. Da er nicht wusste, ob sich die Kommissionsmitglieder zurückhielten, weil sie diese Regelung nun verallgemeinerten oder ob sie schlicht keine eigenen Fragen bewegten, wandte er sich zunächstl an die Männer. Er sprach mit gedämpfter und gleichzeitig ermunternder Stimme.
    "Wenn ich die Befragung begonnen habe, heißt das nicht, dass ich zurück zu einer Rang- oder Reihenfolge möchte. Jeder hat aus seiner Sicht unterschiedliche Fragestellungen und jede einzelne ist für uns hilfreich.
    Mich zum Bespiel interessiert noch das Folgende."


    Damit wandte er sich wieder Varia zu.
    "Was hast du all jenen versprochen, die dir gefolgt sind?" Menecrates konnte sich nicht vorstellen, dass sich Massen einfach so einem Aufstand anschlossen. Immerhin riskierten sie ihr Leben, ihre Freiheit, einfach alles. Zugegeben: für Unfreie fiel das Gewicht der Freiheit als Argument weg.


  • Die Römer, die wohl weit genug weg standen und so ihre Mimik nicht sehen konnten, konnten somit auch nicht sehen, wie sei die Augen verdrehte. Was sollte sie denen schon versprochen haben? „Es war nicht viel von Nöten. Es ist eben nicht jeder zum dienen geboren sowie nicht jeder geboren ist um zu herrschen. Es ist kein Geburtsrecht, nicht die Geburt entscheidet wer Herr und wer Sklave ist. Und viele sind unzufrieden, es bedurfte keiner Versprechen. Die Hoffnung auf ein besseres Leben, auf ein Leben in Freiheit, auf ein Leben ohne Gewalt, auf ein Leben ohne Not und Elend, auf ein Leben ohne Hunger, reichte aus damit sie mir folgten. Ich versprach ihnen nichts. Ich gab ihnen Hoffnung.“

  • Die Verliese der Praetorianer waren ein Ort, welcher dem jungen Flavius gänzlich unsympathisch erschien, noch ehe er tiefer in ihn war eingedrungen. Nicht lediglich die mit Händen zu greifende Desperation dieses Hortes der Unseligen, die Brutalität der Bedingungen, unter welchen sie hier ihr klägliches Dasein fristeten, sondern auch die Dunkelheit der Keller, in welcher der fehlsichtige Flavius kaum sich zu orientieren wusste, ließen die engen Gänge ihm als eine Art Vestibulum des Tartaros erscheinen, durch den er beständig stolperte. Während er die schmale Treppe hinabstieg, kam ihm gar der Gedanke, dass diese Räumlichkeiten geradezu eine grässliche Metapher für sein eigenes Leben darstellten, in dem beständig er sich mühte, die Götter als seine potentiellen Peiniger zu befriedigen, wie auch die Häftlinge hier ihre hiesigen Herren über Tod und Leben vergeblich zu saturierten versuchten. Hierzu passte, dass Patrokolos als Protokollant dieser Exkursion ein kleines Öllämplein in Händen hielt und damit ihm als einziger Licht und Orientierung bot (obschon es eigentlich dem profanen Zwecke diente, ihm das Notieren der Fragen und Repliken zu gestatten).


    Als sie endlich sie Varias Zelle erreichten, atmete der wohlbeleibte Quaestor ein wenig erleichtert auf, da bis zu diesem Ort zweimal er beinahe gestrauchelt und in den Rücken des Consulars Purgitius gefallen wäre. Fortunablerweise hatte stets sein allzeitig aufmerksamer Leibdiener jedoch ihn beim Arm gepackt und damit ihm die Gewinnung seines Gleichgewichtes gestattet, womit das Schlimmste war zu vermeiden gewesen.


    Die Repliken Varias wiederum stimmten den jungen Gracchen aufs Neue bedächtig, denn similäre Gedanken waren auch ihm gekommen, als damals in Germania Superior er im Namen des Statthalters war zu Gericht gesessen, um Roms Gerechtigkeit auch jenen aufzuoktroyieren, die niemals um sie gebeten hatten. Prompt fühlte er sich erinnert an Epikurs 33. Lehrsatz: Niemals gab es absolute Gerechtigkeit, sondern nur einen Vertrag, der jeweils im gegenseitigen Austausch an beliebigen Orten darüber abgeschlossen wurde, niemanden zu schädigen oder sich schädigen zu lassen. Ganz augenscheinlich war die Gerechtigkeit, welche Rom beständig produzierte, für viele nichts anderes als schnöde Tyrannis.
    Manius Minor seufzte betrübt über jene Einsicht, die doch nichts an den Umständen des Lebens änderte, denn konträr zu den Reden der Amazone war die Welt sehr wohl so beschaffen, dass Geburt und Schicksal beschieden, wer Herr war und wer Knecht, und niemand imstande war, seiner Bestimmung zu entfliehen, wie er selbst durchaus schmerzlich hatte erfahren. Obschon es inoch immer ihn bisweilen gelüstete, Rom und den Lasten des Cursus Honorum den Rücken zu kehren, um alleinig sich der Philosophie zu widmen (selbst wenn Epikur augenscheinlich irrig war), so harrte er hier aus, in jenem stinkenden Loch, um der Kehrseite des Glanzes Roms ins Auge zu sehen. Freiheit war nichts denn eine Illusion, Hunger und Elend dem einen ebenso bestimmt wie Überfluss und Verantwortung dem anderen.


    Diesem Bewusstsein der Verantwortung war es auch geschuldet, dass Manius Minor jene betrüblichen Gedanken aufs Neue beiseite schob und der Aufforderung des Consul, seinerseits Fragen zu stellen, nachkam:
    "Du bist eine Tochter des Mars? Oder von welchem Kriegsgott sprichst du? Und wie wurde jener 'Mythos', wie du ihn titulierst, bekannt? Wiegeltest du das Volk mit öffentlichen Reden auf und erklärtest dich zur Heilsbringerin? Oder wie gelangten jene Unterdrückten zu der Einsicht, dass du sie in die Freiheit führen würdest?"
    Dem Quaestor war nicht bekannt gewesen, dass just ein Kriegsgott in den Kreisen der Armen jene Admiration genoss und ebensowenig, dass sie lediglich darauf warteten, einen Befreier zu finden, um welchen sie sich scharen konnten.


  • „Man sagt über uns, dass wir geboren sind um zu siegen. Wir wären launische, mordlüsterne Töchter des Kriegsgottes Ares, eingeschnürt in gepanzerte Rüstungen und schwer bewaffnet. Man sagt, dass wir uns die eigene Brust abtrennen, um beim Speer werfen und Bogenschießen den männlichen Kontrahenten in nichts nachzustehen. So zumindest will es die Legende. Es ist jener Mythos, den die Griechen uns angedichtet haben. Ein Teil Wahrheit, ein Teil Übertreibung.“ Sagte Varia. „Ich habe ihnen nichts versprochen. Es gab Toten, sie wussten dass ich es war. Sie sahen, dass ich die Ungerechtigkeiten nicht länger hinnahm. Das ich handelte statt zu reden. Es sind nicht die Worte die uns ausmachen, sondern unsere Taten. Sie sahen was ich tat und wollte sich mir anschließen. Es waren wenige am Anfang, aber es kamen immer mehr und mehr. Und so gab ich ihnen was sie wollten. Sie wollte die Tochter eines Gottes. So war ich für sie eben diese. Sie wollten eine die für sie kämpft und so tat ich das. Sie wollten Hoffnung und so gab ich ihnen diese. Reden hielt ich erst, als wir schon viele waren, als wir genug waren um uns zu erheben.“ Varia machte sich jetzt nicht einmal mehr die Mühe in Richtung der Männer zu blicken und schloss ihren Augen. Und sie wiederholte ihre Frage „Ihr beantwortet mir meine Frage nicht. Ist es Angst oder was hält euch ab mir direkt gegenüberzutreten?“ Ja es huschte sogar ein kleines Lächeln über ihr Gesicht. Sie verschanzten sich weil sie Angst hatten. Varia stellte sich gerade vor, wie die Männer dort auf dem Flur vor Angst zitterten.

  • Als der Quaestor Consulum seine Fragen formulierte, nickte Menecrates zustimmend. Er erwartete mit Interesse die Antwort und folgte ihr, als sie kam. Aus ihr ergab sich für ihn gleich die nächste Frage und obwohl er eigentlich nicht sofort wieder das Wort an sich reißen, sondern die anderen Kommissionsmitglieder teilhaben lassen wollte, konnte er nicht umhin, sie sofort zu stellen.


    "Zu welchem Zeitpunkt begannen deine Taten, wie du dich ausdrückst. Und was genau waren das für Taten, bevor du Reden gehalten hast?" Menecrates fragte sich, ob die Kommission ihr bisher angenommenes Datum für die ersten Anzeichen des Aufstandes vordatieren mussten. Außerdem sah er es als möglich an, dass nicht die Morde und Parolen, sondern ganz andere Taten am Anfang der Ereignisskette standen.
    Er hoffte, die Gefangene besaß genug Kraft und vor allem auch den Willen, weiterhin zu antworten. Die Augen schien sie jedenfalls nicht mehr offen halten zu können.




  • Musste sie wirklich alles wiederholen? Das hatte sie doch alles schon dem Mann erzählt, der sie am Tag nach ihrer Festnahme befragte hatte. „Das sagte ich doch alles schon.“ knurrte sie nun auch entsprechend ungehalten. „Es war ein mehr als ein halbes Jahr vor den den Aufständen. Oder vielleicht war es auch länger? Zeit ist relativ und ich habe nicht Buch geführt.“ Nun sah sie doch wieder in die Richtung der Männer. Ihre Stimme war nun voller kalter Verachtung. „Ich habe Römer getötet. Jene die sich in der Subura aufspielten, die wahllos andere traten, ihnen Unrecht taten. Dies sprach sie herum. Ich habe jeden von ihnen ihre Statussymbole in den Rachen geschoben, damit sie an ihrem Rom ersticken mögen. Ich weiß nicht mehr wie viele es waren, aber es waren bei weitem nicht genug. Viel mehr Römer hätten sterben müssen um Rom von der Seuche der Arroganz und Selbstherrlichkeit zu befreien.“ Ja diese Frau hatte nicht zu verlieren und zeigte auch keine Reue. Sie würde nicht jammern oder um Gnade flehen. Dies tat sie nicht, auch nicht wenn die Soldaten täglich kamen um sie mit Schläge zu traktieren, zu foltern oder zu misshandeln. Sie flehte nicht, sie bat nicht um Gnade und sie bereute vor allem ihre Taten nicht.

  • Schlauer wurde der Consul durch die Antwort nicht. Er befragte hier auch eine Sklavin und nicht seinen Sekretär, daher konnte er nachvollziehen, dass Daten wenig im Mittelpunkt der Taten gestanden haben. Er drehte sich zu den Kommissionsmitgliedern um und fragte sie in gesenktem Tonfall.
    "Ich habe die Aussage so verstanden, dass tatsächlich die Morde der Auftakt waren. Demnach müssten wir unseren bisher angenommenen Zeitpunkt des ersten Schwelens nicht nach vorn versetzen, zumal die Befragte auch kein Datum benennen kann. Sieht das jemand anders?" Er blickte von einem zum anderen. "Stellen sich sonst noch irgendwelche Fragen?"

  • Die Aussagen dieser Varia klangen nach Mumpitz - dass die Menschen in der Subura auf eine Göttertochter warteten, schien ihm doch schlecht nachvollziehbar. Natürlich waren Menschen abergläubisch und je ärmer, desto schlimmer - aber der nächstbesten Verrückten nachzulaufen? Lucius argwöhnte, dass der Tiberier der Sklavin diese Geschichte in den Mund gelegt hatte. Zwar wusste er nicht warum, aber irgendwie schienen die Prätorianer eine ganz bestimmte Spur legen zu wollen...


    Als der Consul schließlich resümmierte, meldete der Tribun sich doch noch zu Wort.
    "Du hast diese Morde also öffentlich und vor Zeugen ausgeführt?"
    Wenn sie nicht damit "geworben" hatte, war das die logische Ableitung - die auch bedeutete, dass man in der Subura ganz unbeachtet Leute abstechen konnte. Nicht, dass Lucius das nicht schon gewusst hätte - aber das machte es doch verwunderlich, dass außerhalb der Subura scheinbar niemand etwas davon mitbekommen hatte... wozu hatten die Prätorianer denn ihre Spitzel?

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