Der Wettstreit der Rhetoren - die Rückkehr der Redenschwinger

  • Der Herbst nahte mit großen Schritten, brachte allerorten gute Ernten und Wohlstand ein und schenkte Rom dazu noch einige golden schimmernde Tage. Jener Tag, an welchem der Wettstreit der Rhetoren auf dem Forum Romanum stattfand, war von einem lauen Luftzug aus Westen geprägt, von einer blassen Sonne, welche zwar die Welt noch zum Leuchten brachte, doch ihre hitzige Sommerglut hatte eingebüßt bis zum nächsten Jahr. Es war ein Tag, welcher geradezu dazu einlud durch die Straßen der Stadt zu flanieren und auf den Plätzen und Foren zu rasten - oder eben dem Hauptstrom der Passanten zu folgen und zum Forum Romanum sich ziehen zu lassen, auf welchem der Wettstreit der Rhetoren stattfand. Zur Seite der Rostra, vor dem Triumphbogen des Septimus Severus, war eine Tribüne aufgebaut, auf welcher jedoch nur die hochrangigsten Honoratioren der Stadt* einen Sitzplatz fanden. Allen anderen Zuschauern war das Forum so überlassen, wie es stets gedacht war - um dort nebeneinander zu stehen. Einige hatten sich bereits eingefunden, um sich die besten Plätze auf den Stufen zur Basilica Iulia zu sichern. In den Straßen, welche zum Forum hinführten, drängten sich fahrende Händler an die Mauern der Gebäude, welche neben allerlei Naschereien, Essen und Trinken auch jeglichen Tand aus aller Herren Länder den vorbeikommenden Zuschauern feilboten. Da das Spektakel noch nicht hatte begonnen, zogen auch über das Forum noch Händler mit ihren Bauchläden, priesen lauthals in Honig eingelegte Nüsse, frische Feigen, Pflaumen oder Trauben, pikant eingelegte Oliven, süße Kekse oder salziges Dörrfleisch und viele Leckereien mehr an.


    Sim-Off:

    * Um möglichst viel Zuschauer-Spiel zwischen allen Ständen zu ermöglichen sind dies nur etwa der Augustus und Familie, der Consul, vielleicht die Praetoren, die drei Haupt-Flamines, der Rex Sacrorum, Praefectus Praetorio und Praefectus Vigilium, ...

  • Auch Macer zog an diesem Tag mit einem kleinen Gefolge aufs Forum, um den Wettstreitern zuzuhören. Zum einen war er ohnehin ein Freund der gepflegten Rede und zum anderen hatte er einen seiner jungen Klienten überzeugen können, dass er an dem Wettkampf teilnehmen sollte. Langsam bahnte sich Macers Gruppe einen Weg durch die Menge, um einen guten Platz zu finden. Macer hielt nach bekannten Gesichtern Ausschau, hatte sich aber mit niemandem speziell verabredet. Nicht jeder seiner Senatskollegen und auch nicht alle seine Klienten schätzten das geschliffene Wort, so dass er erst gar nicht versucht hatte, irgendjemanden zum Mitkommen zu überreden und sich stattdessen einfach überraschen lassen wollte, wen er hier treffen würde.

  • 'Wir wollen die Augusta sehen, wir wollen der Augusta winken!' hatten unsere Sklaven uns in den Ohren gelegen. Da ich brave patriotische Begeisterung nicht unterbinden wollte, hatte ich dann eben tatsächlich dem halben Haus freigegeben, und sie hatten sich hier grüppchenweise unters Volk gemischt. Es war ja auch nicht verkehrt, wenn unsere Dienerschaft etwas Stimmung für Scapula machte.
    Auch die Klienten der Familie hatten wir um uns versammelt, alle in bester Toga, und ein paar von ihnen als Claqueure strategisch auf dem Forum verteilt. Ich hatte vollstes Vertrauen in die Redekunst meines eloquenten Vetters, aber solche kleinen Tricks, um ihn besonders hervorzuheben, konnten auch nicht schaden. Schließlich war dies für ihn heute ein großer Tag, der erste öffentliche Auftritt hier in Rom.
    Wir waren früh da und ergatterten noch einen Platz auf den Stufen der Basilica Iulia. Ein bisschen wurmte es mich schon, meinen Statusverlust im Vergleich zu früheren Zeiten zu spüren, und kurz sah ich etwas wehmütig zu der schicken Tribüne. Aber so war das nun mal, und hier stand ich nun, zusammen mit Valentina, Scapula, Custodes und Gefolge.
    "Na?" meinte ich freundlich zu meinem Vetter, klopfte ihm auf die Schulter und bot ihm aus einem mitgebrachten Schlauch einen Schluck Honigwein für die Stimme an.
    Dann winkte ich einen Bauchladenmann herbei, damit Valentina sich etwas aussuchen konnte, und erstand für mich selbst ein paar tiefviolette Feigen, die einfach zu lecker aussahen.
    "Was für herrliches Wetter heute," plauderte ich gutgelaunt und lächelte meiner Ex-Verlobten zu. "Könnte gar nicht besser sein. Es ist fabelhaft wieder hier zu sein, im pochenden Herz der Welt."

  • An der Seite des gutaussehenden Mannes, der einmal der Ihre hätte werden sollen, stand Valentina auf den Stufen neben Serapio. Sie hatte sich die Haare mit goldenen Bändern nach oben gesteckt, die sehr gut zu der rosenfarbigen Tunika passte, die sie trug. Es war schön heute hier zu sein, es lenkte sie davon ab in der Casa auf Casca zu warten. Er war immer noch so sehr bei den Tempeln beschäftigt, dass es ihr den Anschein hatte, dass die gemeinsame Reise noch warten musste. Sie beklagte sich mit keinem Wort und das würde sie auch nicht, sie freute sich jedes Mal wenn ihr jetziger Verlobter nach Hause kam anstatt ihm Vorwürfe zu machen. Dennoch tat es gut heute mal ein bisschen Zerstreuung zu finden. Ob und wenn ja welchen Eindruck dieses vertraute Miteinander mit Serapio auf unwissende Augen machen könnte, daran verschwendete sie keinen Gedanken.
    Nachdem Serapio sich die Feigen aus dem Bauchladen des Verkäufers ausgesucht hatte wählte Valentina die verführerisch roten Erdbeeren. Sie nahm eine davon zwischen die Finger und biss genüsslich von der Frucht ab. Da sie momentan den Mund voll hatte konnte sie auf die Äußerung von Serapio zuerst nur nicken. Damit sie nicht als einzige Frau zwischen Serapio und dessen Vetter samt Gefolge war, hatte sie wie so oft in den letzten Tagen, die Ägypterin hinter sich sitzen, die sie von Serapio zusammen mit dem wunderschönen Tier geschenkt bekommen hatte, welches Zuhause in der Casa wuchs und gedieh. Eben dieser Ägypterin reichte sie eine der Erdbeeren bevor sie sich an Serapio wandte. "Ja du hast recht. Es ist ein wunderschöner Tag. Es verspricht eine spannende Darstellung zu werden." Sie reckte etwas den Kopf um besser zur Bühne blicken zu können.

  • Eigentlich hatte ich nicht mehr damit gerechnet, überhaupt noch einmal das Haus verlassen zu dürfen. Nachdem was ich mir letztens im Theater geleistet hatte. Überhaupt hatte ich fest damit gerechnet, Dominus Serapios Zorn zu spüren. Aber nichts dergleichen! Gut, Dominus Serapio hatte mich weiterhin mit Ignoranz gestraft und mich seitdem auch nicht mehr rufen lassen. Wahrscheinlich konnte er auch gut und gerne auf meine Dienste verzichten. Umso mehr erstaunte es mich jetzt, zu denjenigen Sklaven zu gehören, die ihn und die anderen Herrschaften zu begleiten. Vielleicht war das jetzt so was wie eine letzte Chance. Wenn ich die wieder vermasselte, konnte ich mich garantiert warm anziehen. Also, so sagte ich mir, am besten einfach die Klappe halten, solange keiner das Gegenteil befahl und ja nicht unangenehm auffallen! Wenn ich mich daran hielt, konnte nichts Schlimmes passieren.


    Auf dem Weg zum Forum erfuhr ich dann auch so nebenbei, wohin wir eigentlich gingen. Zum Glück war es nicht wieder so ein superlangweiliges Theaterstück, bei dem so ein komischer Kerl die ganze Zeit vorne auf der Bühne herumhüpfte. Nein, dieses Mal gingen wir zu einem Wettstreit. Also so eine Art Wettrennen, zumindest dachte ich das. Sogar die Augusta höchstpersönlich sollte dort sein, um zuzusehen – nicht um mitzumachen. Stattdessen würde ein Vertreter der Decima bei diesem Wettstreit teilnehmen - Dominus Scapula! Sicher war dann auch dessen Sklave Nereos nicht weit.
    Schade nur, das mein Dominus nicht dabei sein konnte. In letzter Zeit hatte ich ihn so gut wie gar nicht gesehen. Ständig war er außer Haus und nahm mich nie mit. Aber vielleicht hatte das auch sein Gutes, denn sonst hätte er ganz sicher von meinem ‚Missgeschick‘ im Theater gehört.
    Dann waren da noch Domina Valentina, die Verlobte meines Dominus und ihre ägyptische Sklavin, die ihr Dominus Serapio geschenkt hatte. Zum Glück hatte sie das gefährliche Katzenvieh zu Hause gelassen, sonst hätte es womöglich noch sämtliche Teilnehmer des Wettstreits aufgefressen.
    Wie mir zu Ohren gekommen war, hatten Domina Valentina und Dominus Serapio mal was miteinander. Aber irgendwie hatte das nicht geklappt und jetzt war sie mit meinem Dominus verlobt. Irgendwie beneidete ich ja schon ihre kleine Ägypterin. Domina Valentina hatte ihr gerade eine von den lecker aussehenden Erdbeeren geschenkt. Bestimmt war die zuckersüß! Mir schenkte keiner eine Erdbeere, oder irgendetwas anderes…

  • Es war schon ziemlich voll auf dem Forum. Reden waren nicht so mein Ding. Aber ich war natürlich trotzdem gekommen. Am schlimmsten waren die ganzen Verlockungen am Wegesrand. Datteln mit Nüssen! In Kräuteröl geröstete Kichererbsen! Schweinefleisch am Spieß! Ich liebte Schweinefleisch am Spieß!


    Aber ich blieb standhaft. Diese Genusssucht an allen Ecken war ein Zeichen für den Verfall dieser Stadt! Ja, das war doch einfach widerlich! Wi-der-lich! Und überhaupt roch es auch gar nicht gut so alles auf einmal.


    Ich drängte mich weiter nach vorn bis ich gut sehen konnte. Das bedeutete natürlich dass jemand hinter mir heute nicht gut sehen konnte. Aber ich konnte ja auch nichts für meine Größe. So hatte der Herr mich nunmal geschaffen.

  • Tiberius hatte darauf geachtet, sich früh genug auf den Weg zum Forum zu machen, um sich an die Stimmung des Ortes zu gewöhnen. Das war wichtig, um in den richtigen Rhythmus und die richtige Stimmung zu kommen. Er hatte sich als einer der Redner schon mal hinter die Rostra begeben und konzentrierte sich nun auf die Rede, die er natürlich auswendig gelernt hatte. Er hatte noch nie auf der Rostra geredet. Die Plattform hatte auch nicht mehr die Beeutung, die sie während der Republlik gehabt hatte, als von hier aus regelmäßig monumentale Ereignisse der Geschichte ihren Ausgang nahmen.


    Trotzdem war die Ehrwürdigkeit des Monumentes unbestreitbar und für Tiberius absolut greifbar. Er versuchte sich von der Athmosphäre inspirieren zu lassen. Es würden heute vielleicht weniger die Worte sein, die eine gute Rede ausmachen würden, sondern viel mehr als sonst das gesamte Paket der Rhetorik von der Gestik bis zur Mimik.


    Mit diesem Gedanken vertiefte sich Tiberius wieder in seine Konzentation.

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    SODALIS FACTIO VENETA - FACTIO VENETA

    KLIENT - MANIUS FLAVIUS GRACCHUS

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    Als das Forum bereits gut gefüllt war traten die Preisrichter aus dem Schatten des Tempels des Saturnus und nahmen auf einer kleinen Tribüne zwischen der Rostra und der Basilica Iulia Platz. Ein weithin schallender Fanfarenstoß kündete vom Beginn des Wettbewerbes, und ein beleibter Mann - der berühmte und allseits beliebte Ausrufer Calpetanus - betrat die Rostra.
    "Hochverehrtes Publikum, Freunde der schönen Dichtkunst und hitzigen Reden, Verehrer der gedrechselten Silben und gegossenen Worten, Bewunderer großer Gesten und volltönender Stimmen - Willkommen! Willkommen zu einem Kampf der schönen Verse, zu einem Schlagabtausch der Lobpreisungen, zum großen Wettstreit der Rhetoren, der euch präsentiert wird von Consular Manius Flavius Gracchus. Kein geringerer als dieser stellt auch den heutigen Preis, den die tapferen Wortakrobaten - neben unsterblicher Berühmtheit - gewinnen können: ein kleines Stück Land vor den Toren Consentias! Wenn das mal kein Grund ist, sich ins Satzwerk zu stürzen und die höchsten Töne zu spucken!"
    Ein Raunen ging durch die Menge. Ein Grundstück im Süden Italias versprach allfällig keinen überbordenden Reichtum, doch Land war Land.
    "Doch vor dem Gewinn steht harte Arbeit, es gilt die heutigen Preisrichter zu überzeugen. Werte Zuschauer, begrüßt sie mit einem frenetischen Applaus, unsere erhabene, unsere einzigartige, unsere großartige Augusta Veturia Serena! Sie ist unsere größte Förderin von Kunst und Kultur, vor deren Feinsinn jedes noch so große Wort sich verbeugen muss!"
    Die Augusta erhob sich kurz und der dies begleitende Fanfarenstoß wurde beinahe vom Jubel und Applaus der Menge übertönt. Ohne Zweifel, würde die Augusta an einem Wettbewerb um die Gunst der Menschen teilnehmen, sie hätte noch vor dessen Beginn bereits gewonnen.
    "Wer könnte zudem besser über Gunstbezeugungen an Roma richten als ihr Praefectus Urbi? Aus diesem Grunde ist er der zweite Preisrichter, Consular Herius Claudius Menecrates, ein Mann, der ebenso das Schwert zu schwingen weiß wie das Wort - und von dem man behauptet, dass er mit beidem einen Gegner zum Schweigen bringen kann!"
    Ein neuerlicher Fanfarenstoß begleitete Claudius' Vorstellung. Der anschließende Jubel konnte selbstredend nicht mit dem für die Augusta mithalten, doch er war gewiss nicht gering. Durch sein Bemühen um die Sicherheit der Stadt - insbesondere der Subura - hatte der Praefectus Urbi in den zurückliegenden Monaten viele Sympathien bei den Einwohnern Roms gewonnen.
    "Und zuguterletzt, Consular Manius Flavius Gracchus, ein Mann, der Worte gerne so lange aneinander reiht, dass ein einzelner Satz von ihm schon als Epos gelten kann. Aber er weiß auch die Würze der Kürze zu goutieren, liebe Kandidaten, es besteht also kein Grund zu monströsen Satzschlangen!"
    Auch dies wurde von einem Fanfarenstoß beendet, während die Zuschauer applaudierten.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Hochgradig nervös wandelte Carbo in seinen besten Sachen durch die Straßen der Ewigen Stadt. Er war auf dem Weg von der Taverna Apicia zum Forum Romanum, wo er heute an einem Wettstreit der Rhetoren teilnehmen wollte. Wie war er nur in sowas wieder hineingeraten? Er war ja nicht mal ein Römer, geschweige denn Rhetor! Aber vor fast zwei Wochen, als er den Aushang gesehen hatte, hatte er es noch für eine sehr gute und witzige Idee gehalten, sich ein wenig aufregender die Zeit in der Hauptstadt zu vertreiben, ehe er sich nach Cumae aufmachen wollte. Wieso er so lange mit dieser Reise wartete wusste er selbst nicht ganz. Irgendwie fühlte er, dass der richtige Augenblick noch nicht gekommen war. So also blieb ihm bis dahin nichts anderes übrig, als brav seiner Arbeit nachzugehen, das Opfern zu lernen und an gesellschaftlichen Ereignissen wie dem heute teilzunehmen. Letzteres im wahrsten Sinne des Wortes.
    Auch wenn Carbo geschickt im Umgang mit Worten war und sich auszudrücken verstand, war das was da auf ihn heute zukommen würde, wohl eine ganz andere Liga. Aber es schadete ja nichts, wenn er es trotzdem versuchte. Im besten Falle hatte er Spaß dabei!
    Was seine Rede anging, so hatte er sich für eine ganz schlichte und bodenständige entschieden, die er heute vortragen wollte. Ohne rhetorische Ausschmückungen, Pomp und Beiwerk, eben ganz den nördlichen Gepflogenheiten entsprechend. Direkt und unverfälscht.


    Als Carbo am Forum ankam, fand er eine schon versammelte, größere Menschenmenge vor. Und die alle sollten ihm heute zuhören? Na das konnte ja was werden. In Mogontiacum war das mit dem Reden halten ja noch etwas anderes gewesen. Das war am Rande der zivilisierten Welt gewesen, wo höchstens die Provinzverwaltung als "gehobene Gesellschaft" auftrat. Hier aber hatte er gehört sollte die Frau des Augustus persönlich ebenfalls zuhören! Neben all den mächtigen Senatorengeschlechtern natürlich, die diese Chance wahrnehmen würden, um um die Kaiserin herumzuschlarwenzeln und ihr öffentliches Profil und Ansehen zu schärfen. Ja, das konnte heute wirklich heiter werden für Carbo. Noch eine Spur nervöser bahnte er sich den Weg durch die schwatzenden und lachenden Menschen zur Rostra hin und betrat das Areal hinter dieser, wo die Redner auf ihren Auftritt warten sollten. Schüchtern grüßte er die bereits Anwesenden: "Salve", und stellte sich danach auf eine -hoffentlich- unauffällige Stelle, um das zu erwarten, was da kommen wollte.

  • Eine claudische Sänfte, die von vier nubischen Trägern, so schwarz wie Ebenholz, getragen wurde, näherte sich dem Forum Romanum. Die schwitzenden Träger hatten schon auf dem Weg hierher große Mühe gehabt, sich einen Weg durch die überfüllten Gassen zu bahnen. Mein verspätetes Eintreffen war diesem Umstand geschuldet. Doch nun, da es schier aussichtslos war, auf dem noch überfüllteren Forum auch nur noch einen Schritt vorwärts zu kommen, ließ ich die Träger anhalten. So stellten sie die Sänfte an Ort und Stelle ab, so dass ich kurze Zeit später aus ihr entsteigen konnte.
    Meine Eleni richtete schnell und fachmännisch meine Kleidung und auch Creton waltete seines Amtes. Wieder einmal stellte ich erfreut fest, dass sich mein neuer Custos bezahlt machte. Es genügte nur ein grimmiger Blick und schon machten mir die Leute Platz, so dass ich noch etwas weiter nach vorne gelangen konnte. Es war eine Selbstverständlichkeit, dass ich für diese Veranstaltung die Villa verlassen hatte. Schließlich war mein Onkel einer der beiden Juroren, die den Wettstreit der Rhetoren entscheiden sollten.


    Gerade noch rechtzeitig, als der Ausrufer die Tribüne betrat und einige Fanfarenstöße den Beginn des Wettstreits ankündigten, hatte ich mit meinem kleinen Gefolge einen recht akzeptablen Platz ergattert. Mein skythischer Hüne achtete derweil darauf, dass mir niemand zu nahe kam oder sonst etwas Böswilliges in meiner Gegenwart im Schilde führte.


    Wie es bei solchen Veranstaltungen üblich war, unterrichtete Calpetanus, der Ausrufer die Menge davon, wer der Initiator des Wettstreits war und welcher Preis den glücklichen Gewinner erwartete.
    Natürlich durfte keinesfalls die Gegenwart der Augusta unerwähnt bleiben, da sie als Ehrengast fungierte. Spätestens jetzt begann die Menge zu jubeln.
    Es lag bereits eine gewisse Spannung in der Luft, so wollte ich meinen. Doch bevor der Wettbewerb tatsächlich starten konnte, wurden auch noch die Juroren gewürdigt. Als mein Onkel dann endlich in Erscheinung trat, begann nicht nur ich frenetischen Beifall zu klatschen. Ein Indiz dafür, wie sehr seine Arbeit für die Stadt wertgeschätzt wurde. Es war schon bedauerlich genug, dass sich kein claudischer Redner unter den Wettstreitern befand.


    Neben meinen beiden persönlichen Sklaven hatte ich dieses Mal auch einen Nomenclator des claudischen Haushalts mitgenommen, der mir die Namen, sowie wertvolle Details zu den wichtigen Persönlichkeiten ins Ohr flüsterte, die sich auch auf dem Forum eingefunden hatten oder gar am Wettstreit teilnahmen. Auf diese Weise wollte ich einen ersten Einblick in die bessere römische Gesellschaft gewinnen, da ich beschlossen hatte, meinem zurückgezogenen Dasein ein Ende zu bereiten.

  • Seit Valentina und ich nicht mehr verlobt waren, und nachdem ich mich mühsam damit abgefunden hatte, dass ausgerechnet Vetter Casca sie mir ausgespannt hatte... ja, seitdem war ich viel entspannter im Umgang mit ihr. Nicht länger musste ich ihr krampfhaft beweisen, dass ich trotz aller Unzulänglichkeiten ein guter Ehemann sein könnte. Das machte alles viel einfacher.
    "Das sieht wieder sehr apart aus." bemerkte ich zu ihr, nicht überschwänglich, eher aus der alten Gewohnheit heraus sie zu komplimentieren, das rosenrote Gewand und die klassische Frisur mit einer kleinen Handbewegung bezeichnend. Valentina wusste es, sich mit schlichter Eleganz in Szene zu setzen. "Es ist einfach deine Farbe" Und augenzwinkernd meinte ich: "Du könntest heute glatt... als holde Muse der Beredsamkeit durchgehen." Die als Preis eine Erdbeere verlieh.


    Dass Renenet sie begleitete und offenbar in Valentinas Gunst stand, sah ich gern, da hatte mein Mitbringsel sich wohl gut gemacht. Im Gegensatz zu gewissen Haussklaven in unserer Casa, die auf ganz dünnem Eis gingen. Zum Beispiel Cascas freches Blondchen, das heute auch wieder mit dabei war. Bei ihrem Anblick wurden meine Augen schmal. Über der Fahrt nach Ostia, dem Wirbel um Silas' Verschwinden und den Vorbereitungen meiner heiß ersehnten Jagdpartie in den lucretilischen Bergen, hatte ich doch glatt vergessen, sie für die Blamage im Theater angemessen zu sanktionieren.
    Heute. Keinen. Ärger. versuchte mein strenger Blick ihr stumm mitzuteilen. Na mal sehen.


    Das Forum hatte sich gefüllt, Fanfarengeschmetter, und es ging los. Allein die Ansage des Ausrufers war ein Genuss für die Ohren.
    "Das ist ja mal großzügig." bemerkte auch ich beeindruckt ins allgemeine Raunen, als bekannt gegeben wurde, dass Grund und Boden dem Sieger winkte. Zugleich hatte Manius damit natürlich öffentlich demonstriert, wie unermesslich reich und was für ein großer Gönner er war, noch dazu in unserer ur-römischen Kunst der Rhetorik. Ja, kurz gesagt, Manius hatte es eben einfach drauf! Sogar die Augusta gab sich die Ehre.
    Ich gab die noch nicht gegessenen Früchte einem Custos weiter, damit ich die Hände frei hatte. Kräftig applaudierte ich für unsere Augusta und stimmte in den aufbrandenden Jubel ein:
    "Unsere Augusta lebe hoch!"
    Auch dem Stadtpräfekten spendete ich respektvoll Applaus, und mit besonderer Überzeugung dem Veranstalter selbst.

  • Als der Applaus langsam verebbte, sah Gracchus sich zu einigen Worten bemüßigt. Da indes für ihn selbst kein Gewinn - von Gunst, Stimmen oder Beliebtheit - mehr vonnöten war, konnte er gänzlich auf den Aspekt der Kunst sich beschränken.
    "Bürger und Bürgerinnen Roms, Freunde und Gäste unserer Stadt! Kunst und Kultur sind ein Zeichen von Frieden und Wohlstand eines Reiches. Seit Jahren trägt unser Augustus Aquilius Severus Sorge für Frieden und Wohlstand in unserer Stadt und unseren Landen, und somit auch für das Erblühen der Kunst. Der Wettstreit des Wortes, die Kunst der Rede ist dabei eine der hö'hsten, wenn nicht gar die höchste Kunst unsere Zeit. Es ist mir daher eine große Ehre euch am heutigen Tage junge Künstler präsentieren zu dürfen, welche die Herausforderung angenommen haben, sich vor ganz Rom messen zu lassen."
    In seiner vorbereiteten Ansprache wollte der Flavier hier mit einem 'und' im Satze fortfahren, doch nach dem Seitenhieb CaIpetanus' während der Vorstellung setzte Gracchus einen Punkt.
    "Ein jeder von ihnen wird eine Lobpreisung auf Roma vortragen, so dass wir hernach den besten Redner diesen Tages küren können. Calpetanus, bitte stelle uns die Kandidaten vor."
    Der Flavier setzte sich wieder und überließ dem Maître de Plaisir auf der Rostra die Aufmerksamkeit.


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    "Aber gerne doch! Hochverehrtes Publikum, werte Zuschauer - und ganz besonders die jungen Damen - merkt euch die Namen unserer Kandidaten, denn dies sind die jungen Männer, von denen man in den nächsten Jahren noch viel hören wird! Und ganz unter uns, ich habe gehört sie sind alle noch zu haben!"
    Er grinste anzüglich in die Menge hinunter und zwinkerte einer jungen Frau in den vorderen Reihen zu.
    "Aber das wird nach dem heutigen Tag sicher nicht mehr lange der Fall sein! Unsere Kandidaten, die Helden des Wortes, die Schmiede der Verse sind - in ausgewürfelter Reihenfolge ihres Auftritts: Gaius Caesoninus aus dem Haus der Iulier, Tiberius Flaccus aus dem Hause der Valerier, Servius Luscus aus dem Haus der Quintilier, Titus Scapula aus dem Hause der Decimer, Norius Carbo aus dem hohen Norden und Philo von Amastris aus dem fernen Osten! Einen großen Applaus vorab für unsere wortgewandten Teilnehmer!"

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  • Ziemlich schnell wurde es voll auf dem Forum und Macer war froh, mit seiner kleinen Gruppe rechtzeitig gekommen zu sein. Anscheinend wollten viele Menschen dem Wettbewerb beiwohnen, was Macer sehr erfreulich fand. Nicht nur für seinen Klienten, dem er ein großes und gut gelauntes Publikum gönnte, sondern auch für die Organisatoren, die zweifellos viel Mühe mit der Vorbereitung der Veranstaltung hatten. Und auch den anderen Kandidaten gönnte er natürlich das Publikum. Als ihre Namen verlesen wurden, applaudierte Macer ebenfalls kräftig und freute sich, dass sein ehemaliger Tiro Iulius Caesoninus ebenfalls antreten würde. So hatte er gleich zwei Reden, auf die er sich besonders freuen konnte. Die anderen Namen waren ihm zumindest spontan nicht bekannt, aber vielleicht ändert sich das noch, wenn er das Gesicht sah und sein schlechtes Personengedächtnis etwas Nachhilfe bekam.

  • Menecrates verabscheute Hektik und doch gehörte sie seit längerem zu seinem Alltag. Einzig an diesem Tag hatte er sich alle Termine vom Leib gehalten, was ihn zu einer fatalen Gemütlichkeit verführte. Als er zum Aufbruch endlich hergerichtet war, musste er feststellen, dass auf dem Weg zur Rostra wieder die Hektik an seiner Seite weilen würde, denn nichts wäre peinlicher gewesen als eine Ankunft, nachdem bereits die Preisrichter vorgestellt waren. Und so kam es, dass die Sklaven die Sänfte im Laufschritt und unter zeitweiligem Wechsel der Träger zum Zielort beförderten. Ein wenig übel in der Magengegend und mit verrutschter Toga entstieg Menecrates, wobei er sich erst einer Korrektur des Äußeren unterziehen musste, bevor er zur kleinen Tribüne schritt. Er verabscheute die großen Auftritte und doch wirkte es so, als suchte er genau dieses, weil er als einer der letzten eintraf, nachdem bereits die meisten Ehrengäste saßen und die Zuschauer einen Stehplatz gefunden hatten.


    Er grüßte mit Kopfnicken das kleine Gremium und nahm Platz. Sein Blick suchte die unauffällig platzierten Urbaner, die - wie bei jedem größeren Ereignis - für die Sicherheit aller sorgten. Da er deren Positionen kannte, fiel der Kontrollblick kurz aus, während bereits Fanfarenstöße erklangen. Er atmete einmal tief durch und konzentrierte sich auf einen wahrhaft fetten Mann, den allseits bekannten Ausrufer.
    Als er vorgestellt wurde, erhob er sich kurz. In winziges Heben des Mundwinkels zeigte dem aufmerksamen Beobachter, dass der heutigen Aufgabe des Praefectus Urbi mehr Vergnügen als Pflicht innewohnte. Im Allgemeinen zierte Ernsthaftigkeit sein Gesicht. Ein wenig verstärkte sich der Anflug eines Schmunzelns, als er den Teil seiner Vorstellung vernahm, wonach er mit dem Wort Gegner zum Schweigen bringen könne. Dessen war sich Menecrates nicht so sicher, wohl aber mit der Waffe. Zumindest kämpfte er weniger gern mit der Zunge. Er nahm Platz und nickte dem nachfolgend vorgestellten Preisrichter, Flavius Gracchus, zu, der das Gremium komplettierte.
    "Nun denn…"


    Er wandte den Blick nach vorn, freute sich über den Applaus, weil er Vorfreude und Interesse am Ereignis mitteilte und suchte noch einmal nach bekannten Gesichtern in der Menge. Irgendwo mussten auch seine Familienmitglieder sein. Er suchte nach winkenden Händen oder einem geschwenkten Tuch, was aufmerksam machen sollte, fand aber auf Anhieb kein Ziel. Daher hob er zum Gruß an alle noch einmal die Hand, ließ sie sinken und lauschte anschließend den Worten des Flavius Gracchus sowie der Verkündung der Wettbewerbsteilnehmer. Er kannte nicht alle, aber die meisten von ihnen.

  • Nach dem Kompliment von Serapio nahm Valentinas Gesicht ebenfalls eine gesunde Farbe an. Welche Frau freute sich nicht über ein Kompliment? Und sie wusste, dass Serapio es nicht einfach aus Höflichkeit erwähnte. Auch wenn sie nichts weiter mehr verband als Freundschaft, so wusste Valentina es dennoch zu schätzen. Sie als Muse? Nun das hatte zuletzt Casca zu ihr gesagt. Verlegen aß Valentina den Rest der Erdbeere und folgte dann Serapios Blick. Er sah zu Cascas Sklavin. Valentina hatte noch nicht viele Berührungspunkte mit ihr. Es war nicht einmal Absicht, auch wenn sie ein seltsames Gefühl befiel, jedes Mal wenn sie die blonde Frau sah. Sie war jung und sie war hübsch. Und sie gehörte Casca, was bedeutete, dass sie sich viel in seiner Gegenwart aufhielt, wenn er in der Casa war. Valentina vertraute Casca und doch war selbst sie nicht frei vom unschönen Gefühl der Eifersucht. Da war es ihr ganz recht, wenn sie mit Serapio unterwegs war. Auch wenn sie keine Ahnung über deren Verfehlungen in letzter Zeit hatte. Irgend etwas musste vorgefallen sein, Serapios Blick sprach Bände. Doch jetzt und hier war nicht der passende Ort nachzufragen. Zumal plötzlich Jubel aufbrandete und Valentina ihre Aufmerksamkeit zur Bühne wandte. Sie jubelte mit, wobei sie jedoch die Erdbeeren nicht aus der Hand gab und somit mit der freien Hand auf ihren Unterarm klatschte. "Sie lebe hoch!" Rief sie neben Serapio und ließ sich vom allgemeinen Jubel um sie herum anstecken.

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    Der Applaus war noch nicht wieder zur Gänze verebbt, da forderte der Ausrufer mit einem Wink einen Fanfarenstoß ein, um für Ruhe zu sorgen.
    "Lasst uns nicht länger warten und uns endlich dem Vergnügen hingegen, weshalb ihr alle hier seid! Der erste Kandidat, der uns seine Lobrede auf Roma präsentiert ist Gaius Iulius Caesoninus!"
    Calpetanus schob sich die Stufen zum Forum hinab und überließ die Rostra zur Gänze Caesoninus.

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  • Es wurde immer voller auf dem Forum dann ging es endlich los. Ein ganzes Grundstück als Preis! Meine Augen wurden groß. Aber nicht wie die vieler anderer aus Erstaunen und Anerkennung. Sondern aus Bestürzung über dieses Prahlerei! Als die Preisrichter vorgestellt wurden klatschte ich nur mäßig mit um den Schein zu wahren. Wie ihr Ehemann verkörperte die Augusta alles was wir verachteten. Herrschsucht, Reichtum, Luxus und Menschen die sich aufschwangen Götter zu sein. Den Praefectus Urbi konnte ich nicht leiden. Die Urbaner waren eine echte Gefahr für uns. Und den Pontifex mochte ich noch weniger, diesen Diener falscher Götzen!


    Von den Kandidaten kannte ich keinen. Was nicht heißen musste dass sie unbekannt waren. Ich war nur schlecht informiert über Aufsteiger in Rom. Ich verlagerte mein Gewicht aufs andere Bein. Das würde sich hier hinziehen.

  • Zitat

    Original von Faustus Decimus Serapio


    … Dass Renenet sie begleitete und offenbar in Valentinas Gunst stand, sah ich gern, da hatte mein Mitbringsel sich wohl gut gemacht. Im Gegensatz zu gewissen Haussklaven in unserer Casa, die auf ganz dünnem Eis gingen. Zum Beispiel Cascas freches Blondchen, das heute auch wieder mit dabei war. Bei ihrem Anblick wurden meine Augen schmal. Über der Fahrt nach Ostia, dem Wirbel um Silas' Verschwinden und den Vorbereitungen meiner heiß ersehnten Jagdpartie in den lucretilischen Bergen, hatte ich doch glatt vergessen, sie für die Blamage im Theater angemessen zu sanktionieren.
    Heute. Keinen. Ärger. versuchte mein strenger Blick ihr stumm mitzuteilen. Na mal sehen. ...


    Eigentlich hätte ich jetzt ausgelassen sein sollen, wie alle anderen, die heute Morgen die Domus verlassen hatten. Aber von Freude konnte überhaupt keine Rede sein! Immer wieder erwischte ich mich, wie ich in Dominus Serapios Richtung schaute. Sobald er den Blick in meine Richtung wechselte, versuchte ich schnell woanders hinzuschauen. Dummerweise gelang mir das einmal nicht rechtzeitig, so dass sich unsere Blicke unweigerlich treffen mussten. Oh Mann, dieser Blick hätte töten können! Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken, ging aber leider nicht. Wäre ich doch bloß zu Hause geblieben! Ja, ja, ich hatte es begriffen! Heute keinen Ärger machen. Ich wollte mir ja Mühe geben!
    Nein, heute hatte ich definitiv keinen Spaß! Das lag nicht alleine nur an Dominus Serapio´s strengen Blick. Ich war auch wegen Silas seit Tagen ziemlich durch den Wind. Dieser dumme Kerl! Wieso war er nur abgehauen? Er hatte sich doch so auf diesen Ausflug nach Ostia mit Dominus Serapio gefreut!


    Zitat

    Original von Quintilia Valentina


    Verlegen aß Valentina den Rest der Erdbeere und folgte dann Serapios Blick. Er sah zu Cascas Sklavin. Valentina hatte noch nicht viele Berührungspunkte mit ihr. Es war nicht einmal Absicht, auch wenn sie ein seltsames Gefühl befiel, jedes Mal wenn sie die blonde Frau sah. Sie war jung und sie war hübsch. Und sie gehörte Casca, was bedeutete, dass sie sich viel in seiner Gegenwart aufhielt, wenn er in der Casa war. Valentina vertraute Casca und doch war selbst sie nicht frei vom unschönen Gefühl der Eifersucht. Da war es ihr ganz recht, wenn sie mit Serapio unterwegs war. Auch wenn sie keine Ahnung über deren Verfehlungen in letzter Zeit hatte. Irgend etwas musste vorgefallen sein, Serapios Blick sprach Bände. Doch jetzt und hier war nicht der passende Ort nachzufragen.


    Tja, und dann war da noch Domina Valentina, die es Dominus Serapio nachmachte und mich nun auch anschaute, als wäre ich ein Fremdkörper, der hier nicht hingehörte. Dabei hatte ich mit ihr doch noch gar nichts zu tun. Was konnte ich dafür, dass Dominus Casca mich gekauft hatte?
    Schließlich starrte ich zu Boden, weil ich merkte, wie die Tränen in mir aufsteigen wollten. Verdammt, Silas hatte es doch richtig gemacht! Er hatte die Faxen dicke und war einfach abgehauen. Vielleicht sollte ich das auch machen.


    Inzwischen hatte der dicke Mann auf der Tribüne zu reden begonnen. Jetzt ging es also gleich los. Mir war das mittlerweile ziemlich Schnuppe. Doch ich versuchte, mich einfach zu entspannen und den Decimer und die Quintilia beiseite zu schieben, auch wenn das schwerlich möglich war. Also wischte ich mir etwaige Tränen ab und zog meine Nase hoch.
    Jetzt merkte ich auch, dass es hier um gar kein Rennen, sondern um Dichtkunst und Reden schwingen ging. Mir blieb auch nichts erspart! Was hatten mir die Blödies in der Domus nur erzählt?! Na egal, ob rennen oder reden, Hauptsache ein Wettstreit! Und einen tollen Preis gab es auch noch. Ein Stück Land irgendwo in JWD (janz weit draußen). Besser als gar nix, sagte ich da nur.
    Schließlich fiel mein Blick auch auf die Kaiserin, als der Ansager sie begrüßte. „Hoch lebe sie!“, rief ich brav, damit man mir nichts vorwerfen konnte. Denn eigentlich kannte ich sie ja gar nicht.

  • Frieden, Wohlstand, Kunst. Des Redners Lorbeer gebührte – für mein Empfinden – schon nach diesen schlichten, wohlklingenden, und dabei überaus patriotischen und staatstragenden einleitenden Worten einzig und allein Manius. (Wobei er auch hätte eine Wäscheliste vortragen können, ich hätte ebenso an seinen Lippen gehangen. Womöglich war ich ein wenig voreingenommen.)
    Noch vor nicht allzulanger Zeit hatte dieser Platz ganz anderes gesehen... Hetzreden, Wirren, Soldatenaufmarsch. Es war ein Luxus, nun in Friedenszeiten leben zu dürfen. Ein zerbrechlicher Luxus.
    Ich zügelte mich, nicht zu enthusiastisch für den werten Veranstalter zu applaudieren, um niemanden stutzig zu machen. Die Liste der Teilnehmer wurde verkündet und wieder spendete ich Applaus, wie beim Einmarsch der Gladiatoren.
    "Ein großer Tag für Scapula." meinte ich zu Valentina. "Der perfekte Einstieg, um den Cursus Honorum zu erstürmen. Quintilius Luscus, seid ihr verwandt?"


    Aber nichts machte einen Wettstreit so spannend wie eine kleine Wette. Noch bevor es richtig losging mit dem ersten Redner, suchte ich einen Wett-Partner.
    "Ich wette, dass Titus Decimus Scapula des Redners Siegeskranz erringt!" rief ich mit einem zuversichtlichen Lächeln im Gesicht zu den um uns herum stehenden Personen. "Und setze eine Amphore besten Falerner auf ihn. Wer hält dagegen?"
    Na, wer würde einen anderen Favoriten unterstützen? ;)

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