Cultus magnificus addit hominibus auctoritatem - Die Kandidaturrede des Manius Flavius Gracchus Minor zum Aedilat

  • Auf dem Forum ergab sich an diesem Morgen ein Auflauf von Menschen. Die Familia Flavia Romae hatte sämtliche Klienten und Freunde des Hauses aufgeboten, welcher man habhaft werden konnte, um den Auftritt ihres Sprosses zu unterstützen, der im folgenden Jahre sich um das Aedilat bewerben wollte. Die große Schar der gemeinen Klienten, dennoch gehüllt in die Toga, aber auch befreundete Senatoren und Equites sollten jedem Passanten, insonderheit den Senatoren auf ihrem Weg zur Curia Iulia den Eindruck vermitteln, dass dieser Kandidat einem derart ehrenwerten und angesehenen Geschlecht entstammte, dass eine Wahl selbst in die höchsten Ämter der Res Publica hier lediglich eine Formalität darstellte. Dennoch spielten Formalitäten gerade für altehrwürdige Patrizierfamilien eine bedeutsame Rolle, sodass man auch für diesen Wahlkampf nicht umhin war gekommen, eine öffentliche Rede Gracchus Minors anzusetzen.


    Mit großer Ehrfurcht erklomm Manius Flavius Gracchus Minor somit an diesem Tage die Stufen der Rostra. Seit jeher war dies der Ort, an welchem die Lenker des Staatsschiffes zum Volke hatten gesprochen, an dem der glänzende Cicero und der leuchtende Hortentius, ja alle Idole seiner rhetorischen Edukation zahllose Reden hatten gehalten, um die Menge in diese oder jene Direktion zu navigieren, um große Heroen zu memorieren und grässliche Missstände zu geißeln. Obschon die Flavii als patrizische Familie stets ein etwas distanziertes Verhältnis zum Volke hatten gepflegt, so vermochte Manius Minor sich doch der Faszination dieses Ortes und seiner Dynamik nun, da er erstmals ihn betrat, um selbst seine Worte an die Menge zu richten, nicht zu entziehen. Die Choreographie seines Auftrittes sah es vor, dass er die Tribüne allein betrat, weshalb er, seines Leibsklaven und Wegeleiters entblößt, vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte und selbige höher hob denn gewöhnlich, um nicht über eine Unebenheit des Marmors zu stürzen oder zu straucheln, was zweifelsohne der Plebs zum Spotte hätte gereicht.


    Sim-Off:

    Jedwedes Publikum ist herzlich willkommen :)

  • Seit meiner Wahl zum Quaestor Principis erstattete ich dem Kaiser täglich Bericht über die Dinge, welche im Senat geschahen und daher war ich auch heute wieder auf dem Weg zur Curia Iulia, als der ausserordentliche Auflauf rund um die Rostra meine Aufmerksamkeit erhaschte. Scheinbar hatte eine bedeutende Person etwas zu sagen, zumindest wenn man die Anzahl Senatoren und anderer Togati als Zeichen für die Bedeutung einer Person herbeizog.


    Ich suchte mir einen Ort, von wo aus ich sowohl alles sehen und hören konnte, aber dennoch nicht in Mitten der grossen Menge steckte und mich so etwas am Rand und unauffällig halten konnte. Natürlich wusste jeder, dass ich dem Kaiser berichten würde, aber das musste ja nicht gerade so offensichtlich geschehen, dass ich mich gleich an den Rand der Rostra stellen und Tabula sowie Stilus zücken musste. Letzteres tat ich dennoch, als der junge Flavius Gracchus die Rostra betrat. Er war nur wenige Jahre älter als ich und vermutlich würde er an diesem Tag also seine Rede zur Erklärung seiner Kandidatur als Aedil halten. Zumindest wäre die der naheliegendste Anlass für eine Rede seinerseits. Gespannt wartete ich, was er zu sagen hatte.

  • Den Wahlkampfauftakt zum Aedilat wollte sich Tiberius um keinen Preis entgehen lassen. Er wäre in der Menge vor der Rostra auch aufgetaucht, wenn der Kandidat nicht der Sohn des Pontifex Flavius gewesen wäre, mit dem Tibeius nun schon bei mehr als einer Gelegenheit persönlich zusammen gearbeitet hätte.

    Tiberius war also höchst gespannt. Vielleicht gelang es dem jüngeren Flavius Gracchus nun mehr, aus dem Schatten des Vaters heraus zu treten. Keine leichte Aufgabe. Er konnte sich vorstellen, dass genau dieser Umstand dem Kandidaten erhebliche Nervosität verursachte. Einem großen Vorgänger gerecht zu werden war unabhängig von der Herkunft ein schwieriges Unterfangen Auf der Plusseite würde sich Minor gewiss nicht unerheblicher Vorschusslorbeeren sicher sein können, die zwar auch auf seiner Herkunft und seiner exquisiten Bildung ruhen konnten, aber auch auf seinem Engagement für die Salii Palatini.


    Die Plebs würde natürlich darauf schauen, ob sich die Flavier angemessen spendabel zeigten. Das Getuschel in der Menge fragte sich bereits, ob die patrizischen Flavier vielleicht als Vorgeschmack auf die Amtszeit des jüngeren Gracchus ein paar zünftige Spiele entkorken würden. Immerhin hatte auch der ältere Gracchus eine Vorliebe für gediegenes Spektakel bewiesen, als er die Redewettstreite organisiert hatte.

    Alles in Allem blickte Tiberius also optimistisch auf die erwartete Rede und klatschte ordentlich Beifall, als der Kandidat die Bühne betrat.

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    SODALIS FACTIO VENETA - FACTIO VENETA

    KLIENT - MANIUS FLAVIUS GRACCHUS

  • Langsam pirschte Gracchus Minor sich an die Brüstung der Tribüne heran und blieb endlich stehen. Vor ihm standen zahllose Personen, einige vertraute Gesichter, aber augenscheinlich auch diverse Fremde, die neugierig zum Halten waren gekommen. Immerhin begrüßte ihn ein warmer Applaus, der seine Nervosität ein wenig senkte. Befangen strich er den Bausch seiner Toga candida entlang, dann erst erhob er die Stimme:

    "Quiriten!"

    , rief er die Menge an.

    "Mein Name ist Manius Flavius Gracchus, Sohn des Consulars Manius Flavius Gracchus, Enkel des ehemaligen Praefectus Urbi Titus Flavius Vespasianus. Seit Generationen dient unsere Familie dem Volke von Rom in verschiedenen Ämtern. Nachdem auch in diesen Weg angetreten habe, erhoffe ich nun, ebenfalls im kommenden Jahr meinen Weg fortzusetzen, um dieser Stadt und all ihren Bewohnern zum Nutzen zu gereichen."

    Zunächst hatte Manius Minor erwogen, an dieser Stelle auch den Dienst an den Göttern zu erwähnen, da doch sein Voranschreiten im Cursus Honorum primär der Furcht vor der Ira Deorum war geschuldet, welche seine geliebte Mutter ihm im Traume in Aussicht hatte gestellt. Indessen hatte Lucretius Carus ihm geraten, jene Passage zu streichen, da doch das Aedilat weniger kultische Obligationen umfasste, sodass nur gedankenverloren er einen Blick gen Himmel wandte, wo die Götter vom Olymp auf ihn herabsahen, um sodann fortzufahren:

    "Bisherig hatte ich die Ehre, der Res Publica in diversen Bereichen zu dienen: Als Tresvir Monetalis sorgte ich für die korrekte Prägung jener Münzen, in denen ihr euren gerechten Lohn erhaltet. Als Tribun führte ich eure Söhne und Brüder bei der ruhmreichen Legio II Germanica, die unser Imperium gegen die Horden der Barbaren schützen. Als Quaestor assistierte ich dem ehrenwerten Consul Herius Claudius Menecrates und unterstützte ihn bei der Ausrichtung der zahllosen Ludi, welche euch zweifellos in bester Erinnerung sind."

    Selbstredend hätte er noch weitere Meriten erwähnen können, doch da diese Rede volkstümlich und kurzweilig sein sollte, hatte er lediglich jene Aspekte erwählt, die ihm aus Perspektive der Plebs (eine Perspektive, welche einzunehmen ihm zweifelsohne nicht sonderlich leicht war gefallen) am relevantesten waren erschienen.

    "Nun möchte ich gemeinsam mit meinem geschätzten Freund Lucretius Carus das Aedilat ergreifen. Dieses Amt dient, wie ihr wisst, in besonderer Weise eurem alltäglichen Leben, welches zu erleichtern und zu bereichern ich im Falle meiner Wahl gelobe: So werde ich einen scharfen, doch gerechten Blick auf die Märkte dieser Stadt haben, aufdass Betrügern und Dieben das Handwerk gelegt wird und ihr die Früchte eurer Arbeit ungestört genießen könnt. Ich werde die Gewerbe beaufsichtigen und einschreiten, wo illegale Aktivitäten vorliegen, aufdass ihr vertrauen könnt, dass die Waren und Dienste, welche ihr mit eurem hart verdienten Geld erkauft, in jener Qualität vorliegen, die ihr erwartet."

    Dies stellte den weniger erquicklichen Teil der aedilischen Obliegenheiten dar, welche der Flavius eher zu delegieren erhoffte, obschon er selbstredend bewusst war, dass auch hier er seinen Eifer würde unter Beweis stellen müssen.

    "Insonderheit werde ich jedoch die Cura Ludorum ernst nehmen und besonders anlässlich der Megalesia Wagenrennen und Schauspiele veranstalten zu Ehren der großen Mutter und zur Freude für euch alle! Ich werde Sorge tragen, dass Pferderennen unter den Augen der Kybele stattfinden und die besten Aurigae sich messen! Ich werde Schauspieler beauftragen, euch die phrygischen Mären zu präsentieren und euch Zerstreuungen bieten, wie ihr sie an diesen Tagen gewohnt seid!"

    Dies war wohl die aedilische Pflicht, welcher die Plebs die größte Bedeutung zumaß, obschon sie doch theoretisch die verzichtbarste mochte sein.

    "Seit alters her tragen die Aedilen auch Sorge für die Versorgung unserer Stadt mit Getreide. In Erinnerung daran und als Vorgeschmack auf die Lustbarkeiten zu den Spielen biete ich euch heute kostenlose Getreidespenden, um euch zu sättigen! Jeder mag sich gütlich tun an Korn und Wein und seinem Patrone empfehlen, mich zum Aedil zu wählen - zum Nutzen unseres Staatswesens wie zu eurem besten!"

    Gewinnend erhob er die Rechte und sogleich erscholl der Applaus der flavischen Klientel, während Minor verweilte, um etwaige Fragen zu parieren.

  • Als der junge Flavius geendet hatte, schaute ich auf meine Tabula, auf welcher ich die Punkte notiert hatte, welche er angesprochen hatte:

    - Aedilis Curulis

    - Märkte überwachen

    - Gewerbe beaufsichtigen

    - Wagenrennen und Schauspiele zu den Megalesia

    - Getreide- und Weinspende an das Volk am heutigen Tag

    Grundsätzlich stand da nichts, was man von einem Aedil nicht erwarten durfte, die Rede enthielt also keine überrissenen Versprechen und keine Überraschungen. Auch war sie kurz und nicht sonderlich ausgeschmückt gewesen, so als ob er versucht hätte, sich dem Volk anzupassen, zu welchem er als Patrizier eher weniger gehörte. Konnte man ihm das als Makel anrechnen? Sicherlich nicht, denn Rom bestand aus dem Volk und nicht dem Adel.


    Gespannt wartete ich nun darauf, ob jemand eine Frage stellen würde, oder ob es in der Mehrheit die Klienten der Flavii waren, die sich heute hier eingefunden hatten.

  • An der Spitze der flavischen Familie und Klientenschar stand selbstredend der Vater des jungen Gracchus und blickte zur Rostra empor. Er trug die Maske, welche er stets zu großen öffentlichen Opferzeremonien als Pontifex nutzte - ernst und würdevoll, voller Gewissheit und Zuversicht -, gleichwohl in seinem Inneren er immer noch strauchelte zwischen väterlichem Stolz und aus Vergangenheit geborener Skepsis. Minor präsentierte sich durchaus gut, im Volk konnte der ältere Gracchus einiges Nicken erkennen und insbesondere bei Erwähnung der Spiele gab es zustimmendes Gemurmel. Zum Ende der Rede traten einige Handlanger der Familie vor die Rostra hin, bestückt mit Säcken voller Getreide und Amphoren voll Wein, welche sie jedem ausgaben und ausschenkten, der dies in Anspruch wollte nehmen, stets mit einem "Empfehle Flavius Gracchus Minor zur Wahl zum Aedilis Curulis!" auf den Lippen.



    Sim-Off:

    Es gibt zwar noch keinen Waren in der WiSim, doch wer sich seine Getreide- und Wein-Spende abholen möchte, der bekommt den Gegenwert in Sesterzen überwiesen.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Mit einem Becher Wein in der Hand, wie immer eben, schlenderte er kreuz und quer über das Forum und belustigtet sich über diverse Situationen, die ihm umgaben. Doch nachdem er einen jungen Mann beobachtete, wie dieser verzweifelt versuchte irgendein ein Geschenk für seine Mutter zu finden. Erhörte er eine laute Stimme und sah wie sich die Menge vor ihm plötzlich von der rechten Seite hin zur Mitte begab. Natürlich interessiert wie Varenus war, gesellte er sich dazu. Ah,... jemand wollte wohl für den Senat kandidieren. Ein Patrizier Namens Flavius irgendwas. Na ja,.... Die Flavier waren ihm bekannt, doch tangiert hatten sie ihm nicht wirklich. Diese Adligen immer... bäh. Bisher! Denn als Wein verteilt wurde, drängelte er sich schnell nach vorne. "Ein Hoch auf die Flavier! Also her mit dem Wein!" Er bekam ein Becher angereicht. Wie nur einen? Bissle geizig. "Mein Patron ist Senator Lucius Aelius Quarto und ich werde ihm davon berichten." Mit dieser Aussage bekam er einen weiteren. Geht doch. Geschenkt schmeckte dieser immer am besten.

  • Keine Fragen waren zu vernehmen, sodass eine Weile der Flavius fragend in die Menge blickte und zuletzt gewinnend die Rechte erhob, woraufhin sogleich der neuerliche Applaus der flavischen Klientel erscholl. Noch einen Augenschlag verweilte Minor und verließ sodann jene Bretter, welche in alter Zeit die Welt hatten bedeutet, und stieg in die Menge hinab, wo frenetisch jubilierende Parteigänger höheren Ranges ihm ihre Rechte darboten, um den strahlend weiß gewandeten Kandidaten zu berühren und ihre Unterstützung zu kommunizieren.


    Während die Hautevolee in der Menge um den Kandidaten sich scharte, eilten die gemeinen Klienten und Schaulustigen bereits zu den Ausgebern der Spenden. Auch Decimus Varenus weilte unter ihnen und als er so freundlich sich gerierte und sogar als Klient des großen Aelius Quarto sich offenbarte, erwiderte der Sklave:

    "Dann sollst du noch einen haben!"

    , was selbstredend dazu führte, dass weitere Taugenichtse, welche dies vernahmen, ebenfalls zu beteuern begannen, sie seien die Klienten oder Klientensklienten dieses oder jenes angesehenen Senators. Da indessen die Kassen der Flavia noch immer prall waren gefüllt und Manius Maior höchstselbst hatte angewiesen, bei der Unterstützung seines Sohnes nicht knausrig aufzutreten, vermochten die Spendengeber diese vermehrte Nachfrage einiger durchaus aufzufangen.

  • Als der junge Gracchus die Rostra verliess, war dies für mich das Zeichen zum Aufbruch. Ich hatte nicht vor, mich in die Schar derer einzureihen, welche die Spenden in Anspruch nahmen, aber das hatte nichts mit dem Flavier oder gar mit den Flaviern zu tun. Gracchus der Vater hatte mir ja ebenfalls seine Unterstützung im Senat bei der Nachwahl zum Quaestor nicht versagt und daher gab es keinen Grund, dem jungen Mann meine Unterstützung vorzuenthalten.


    Also führte mich mein Weg auch noch kurz bei ihm vorbei: Ich wünsche dir viel Erfolg für die Kandidatur, Manius Flavius Gracchus Minor. Mögen die Götter deinem Vorhaben ihre Gunst erweisen. sagte ich, als ich dann nach einiger Zeit nahe genug war, dass er mich auch hören würde und bot ihm meine Hand an.

  • Am diffizilsten für Manius Minor am Wahlkampf waren Szenerien wie jene, denen nun er ausgesetzt war: Aus nächster Nähe traten diverseste Personen an ihn heran, manche wohlbekannte Klienten aus der Familia Flavia Romae, manche potente Senatoren, manche indessen bedeutungslose Wichtigtuer, von welchen bei letzteren nicht zu viel Zeit war zu verlieren, anderen jedoch besonders intensive Zuwendung war zu schenken, um sie für ein Votum zu den eigenen Gunsten zu gewinnen. Angesichts seiner Hypermetropie nun verschwammen jedoch die Gesichter, lediglich die grobe Form der Schemen sowie der Klang der Stimmen vermochte dem Flavius eine Idee zu vermitteln, um wen es sich jeweils handelte, was dadurch war erschwert, dass er seit längerer Zeit Rom war fern geblieben, sodass sein Erinnerungsvermögen an die feinen Nuancen zwischen Vätern und Söhnen, aber auch schlicht ähnlichen Charakteren war getrübt. Überaus wertvoll war daher Patrokolos, welcher zugleich ihm als Nomenclator diente und schließlich bei einer Person, welche ohnedies er mitnichten hätte identifiziert, ein

    "Annaeus Florus Minor!"

    ins Ohr hauchte, woraufhin der jüngere Gracche ein freundliches Lächeln präsentierte und die dargebotene Hand ergriff:

    "Annaeus, ich glaube, wir hatten noch nicht persönlich das Vergnügen! Ich danke dir für deine Glückwünsche und gebe sogleich sie zurück anlässlich deiner Nachwahl zum Quaestor! Du scheinst wahrhaftig das Auge des Princeps auf dich gezogen zu haben!"
    Jene denkwürdige Session des Senates war ihm in lebhafter Erinnerung geblieben, war sie doch die erste seit seiner Rückkehr nach Roma gewesen. Und in der Tat hatte der Augustus in ungewöhnlicher Deutlichkeit seine Präferenz für die Ernennung jenes Jünglings geäußert, der vor seiner eigenen Erhebung in den Senat ihm noch gänzlich unbekannt war gewesen, dem aber augenscheinlich eine große Karriere war beschieden.

  • Ich freute mich aufrichtig, dass der junge Gracchus nicht bloss meine Wünsche zur Kenntnis nahm, sondern auch noch die Zeit fand, mir zu meinem Amt zu gratulieren.

    Zuviel der Ehre, Flavius Gracchus Minor. Nein, wir hatten noch nicht das Vergnügen, aber ich hoffe, dass sich dies in Zukunft ändern wird und wir dann gemeinsam Teil einer starken Allianz im Senat sein können. Ich habe zwar noch keine Stimme, aber ich weiss, was ich bis zur Wahl zu tun habe.

    Das musste als Hinweis meiner Unterstützung ausreichen. Ich war noch nicht in der Situation, grosse Versprechen zu geben und ich wusste auch sehr wohl, dass mein Patron und der ältere Flavius Gracchus nicht häufig auf derselben Seite gestanden hatten. Da aber mein Patron nicht anwesend war, ich nicht wusste ob dem jungen Gracchus überhaupt bekannt war, wer das war und ich meine Karriere demnach auch nicht auf meines Patrons aktiver Hilfe aufgebaut hatte, ward mir das Privileg zuteil, meine eigenen Allianzen schmieden zu können. Die Flavii waren mir dabei wichtig, da ich bei einer Aufnahme in den Senat auf jeden Fall auch eine kultische Position übernehmen wollte.

  • "Äußerst gerne!"

    erwiderte der Flavius leutselig, als Florus zukünftige Allianzen erwähnte, selbst wenn er selbstredend bisherig kaum eigenständig im Senat auftrat, sondern vielmehr ein Pediarius seines Vaters war.

    "Ich danke dir in jedem Falle für deine Unterstützung - im Senat oder anderswo!"

    beendete er dann das kurze Zwiegespräch, da bereits Cornelius Scapula, sein Schwiegeronkel, an ihn herantrat, welcher selbstredend eine weitaus höhere Priorität genoss als ein bisherig unbekannter Quaestor, der noch nicht einmal zu wählen befugt war. Dennoch fasste Minor den Beschluss, den Weg des Annaeus aufmerksam zu verfolgen und die erwähnten Kooperations-Optionen sorgsam zu erwägen. Womöglich würde er ihn beizeiten einmal zu einem Gastmahl laden, um ihn näher kennenzulernen...

  • Ich nickte dem Flavier noch einmal zu und ging dann weiter, damit wichtigere Männer als ich auch ihren Moment erhielten. Einen kurzen Moment überkam mich das Gefühl, vielleicht trotz aller guten Voraussetzungen nicht wichtig zu sein, da ich keinen einflussreichen Patron an meiner Seite wusste, keinen Vater hatte, der mich automatisch in den Senat mitnahm und auch noch keine riesige Schar von Klienten, welche ich für meine Zwecke einsetzen konnte.


    Doch dann erinnerte ich mich an die Unterstützung, welche ich bisher erhalten hatte und diese trüben Gedanken verschwanden langsam wieder, genau wie ich vom Forum verschwand.

  • An diesem Morgen hatte es Titus aus zweierlei Gründen auf das Forum Romanum verschlagen. Zum einen war es seine ungeschriebene Pflicht, sich am Tage der Kandidaturrede des Sohnes jenes Senators, bei dem er sein Tiro Fori ableistete, in der Schar der Anhänger und Unterstützer zu befinden. Zum anderen hoffte er auf Inspiration auch für seine Rede, die alsbald bevorstand. Freilich waren die Anforderungen an die Erklimmung des Aedilats weitaus vielfältiger als die an den Wahlkampf für das Amt des Vigintivirs. Nichtsdestotrotz gedachte auch Titus sich dem Volke bekannt zu machen, zumal er im Gegensatz zum flavischen Sprössling keinerlei Vorschusslorbeeren aufgrund seines Namens oder seinem vergangenem Wirken wegen beanspruchen konnte. So hatte Titus die Rede Gracchus Minors mit gewohnt unterkühltem Blick, aber innerlich durchaus bewegt, aufmerksam verfolgt und beobachtete nun eher teilnahmslos, wie das Volke sich an den großzügigen Spenden erfreute.

  • Tiberius klatschte nach der Rede wiederum ordentlich Beifall und nickte. Eine absolut solide Rede, die die wesentlichen Punkte abdeckte. Natürlich hatte der jüngere Gracchus kein rhetorisches Feuerwerk abgebrannt. Aber das war bei dieser Gelegenheit auch nicht Sinn der Übung. Eher ging es darum, sich ins allgemeine Gespräch zu bringen. Was mit der Ankündigung der Spiele und den großzügigen Spenden durchaus gelingen konnte.

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    SODALIS FACTIO VENETA - FACTIO VENETA

    KLIENT - MANIUS FLAVIUS GRACCHUS

  • Mit dem Ziel, sich wieder vermehrt der Politik des Reiches zu widmen, besuchte Menecrates sporadisch die Rostra. Heute jedoch traf er gezielt ein. Die Kunde von der geplanten Kandidaturrede des jungen Flavius gelangte vor kurzem an seine Ohren und so hinterließ der alte Claudier den Angehörigen in der Villa das Ziel seines Vorhabens. Er stellte sich bewusst an den Rand. Der Platz entsprach seiner Mentalität, nicht seinen Verdiensten. Als der Redner endete, klatschte Menecrates zweimal. Wer ihn kannte, würde das verhaltene Auftreten richtig deuten. Im Normalfall würde er gar nicht klatschen. Als sich die Blicke einmal flüchtig kreuzten, nickte er mit einem Lächeln im Mundwinkel. Wenig später streifte er weiter und kehrte zur Mittagsstunde in die Villa zurück.

  • Umgeben von einigen Klienten (und wie stets flankiert von meinen Custodes) hatte ich den Auftritt des jüngeren Senators Flavius verfolgt. Auch einer weniger gelungenen Rede hätte ich natürlich Applaus gespendet, seinem Vater zuliebe. Doch Flavius Gracchus Minors Rhetorik war, wie wohl nicht anders zu erwarten, tadellos, die Rede genau richtig klar und bündig. Ich applaudierte ehrlich. Phrygische Mären, wie interessant!
    Die Unterstützer waren zahlreich und hochkarätig. Irgendwann trat auch ich an den Kandidaten heran und drückte ihm die Hand.
    "Ich bin sicher, Senator Flavius Gracchus Minor, dass Rom sich auf einen tatkräftigen Aedil und auf spektakuläre Megalesia freuen kann." erklärte ich vernehmlich.

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Eben noch erhaschte Manius Minor einen Blick auf Claudius Menecrates, der augenscheinlich ebenfalls war erschienen, um seiner Rede zu lauschen, da tauchte bereits mit Decimus Serapio ein weiterer Unterstützer vor ihm auf und drückte ihm die Hand.

    "Ich danke dir für dein Vertrauen, Decimus!"

    , erwiderte er und präsentierte ein genantes Lächeln. Just während er den noch immer recht ansehnlichen Prätorianer fixierte, musste er daran zurückdenken, dass sein Vater einst hatte postuliert, er habe ihn nach der palmarischen Verschwörung in Mantua allein zurückgelassen, um eben diesen Serapio, damalig Praefectus Praetorio, auf die Seite der Verschwörer zu ziehen. Stets hatte er den Vorsatz gehabt, sich bei diesem über den Wahrheitsgehalt jener Schutzbehauptung zu erkundigen, wozu sich indessen niemals die Gelegenheit hatte ergeben, was selbstredend bei diesem Zusammentreffen nicht anders war, sodass nach einem ungewöhnlich langen, wortlosen und versonnenen Blick Gracchus Minor repetierte:

    "Ich danke dir!"

  • Der jüngere Gracchus nahm meine Bekundung mit Dank und Politikerlächeln entgegen. Mir war so, als ob er noch was sagen wollte... doch es blieb bei einem nachdenklichen, tiefsinnigen Blick. Ich nickte höflich und trat beiseite, grüßte auch Manius, den stolzen Vater, auf die unverfängliche Weise, die wir in der Öffentlichkeit stets zur Schau trugen. Dabei hatte der kurze Augenblick, das minimal irritierende daran, in mir bereits Bedenken aufkeimen lassen, ob Gracchus Minor womöglich etwas wusste... oder ahnte... über unsere Liaison. Ich sagte mir, dass ich bloß Gespenster sah, dass ich eine Berufsdeformation diesbezüglich hatte, doch die Sorge begleitete mich den Tag über.

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Versonnenen Blickes betrachtete Gracchus das kurze Aufeinandertreffen seines Sohnes und Faustus' und schenkte diesem ein schmales Lächeln und ein unverbindliches Nicken als sich kurz ihre Wege kreuzten. Je älter er wurde, desto mehr sehnte er sich danach, dieser Öffentlichkeit, welche sie beide in ihre restriktiven Konventionen zwängte, den Rücken zu kehren, und schlichtweg seinen eigenen Wünschen nachzugehen. Der Blick zurück zu Minor indes, welcher die nächsten Worte eines Unterstützers entgegennahm, gemahnte ihn, dass dieses Leben nicht seinem eigenen Begehr diente, sondern dem Wohl und der Zukunft seiner Familie und Roms.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

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