Taberna "Aus der Hand von Schesmu"

  • "Küche aufräumen wäre toll, dann kann ich mich frisch machen. Wenn ihr Hunger habt, dann könnt ihr euch schon etwas Brot nebenbei machen. Demetrios kann dir zeigen wie es geht, falls du es nicht weißt. Die Ziegen und die Hühner bräuchten auch noch frisches Wasser und Futter. Ich komme in etwa einer Stunde wieder runter und löse dich ab, Tiberios. Du bist bestimmt hundemüde nach dem Sklavenmarkt und der Therme also keine Widerrede!" setzte ich noch schmunzelnd nach um Widerworte gleich zu unterbinden. "Morgen können wir uns dann vormittags einmal zusammen setzen und über die Zukunft sprechen."

    Tiberios gab keine Widerrede. Er war wirklich müde, und er räumte auf, in dem er die Gemüsereste in einem Kübel sammelte und das Mehl aufwischte, dann den Fußboden kehrte und ihn mit einer Mischung aus Asche und Sand bearbeitete, die das Fett aufnahm.

    Mit einem Sud aus saponaria officinalis brachte er alles Metallische zum Glänzen. Tongeschirre reinigte er mit Essigwasser, und Nitrum schüttete er in die Abgüsse.

    Dann ließ er sich von Demetrios zeigen, wie man Hühner und die Ziege, die sich sehr wohl mit seiner alten Tunika fühlte, fütterte. Irgendwann legte er ihren Stall mit Poleiminze aus, damit die Parasiten fern blieben, und es dauerte eine Weile, bis er die Ziege streichelte, wenn er mit Demetrios die süßliche aufschäumende Milch holte.

    Nach einer Weile war es so, dass er in seinem neuen Leben aufging und nichts anderes mehr wünschte. Das lag an Demetrios, der der erste Mensch war, der so etwas wie die Vaterrolle einnahm und an Domina Proxima, die ihn nie anders als gütig behandelte.

    Roma verblasste wie ein Traum, an den man sich nur vage erinnerte, wenn man am Morgen erwachte.






  • Es war an einem anderen Tag. Tiberios hoffte sehr, dass Demetrios ihn endlich in das Geheimnis der Henqet- Herstellung einweihen würde, weshalb er sich mit dem Einkaufen beeilt hatte. Wie zuvor schon trat er rasch in die Gaststube und winkte: "Salve Domina Proxima! Ich habe alles bekommen, was du gewünscht hast, und Athenais hat mir sogar zugelächelt."


    Seine Domina saß am Tisch mit einem Gast, den er nicht erkannte. Sie schienen zu warten.... auf ihn?

    "Ich wasche mir rasch die Hände, und dann komme ich bedienen, ja?", sagte der Grieche und lief in die Küche, in der er auch die Einkäufe abstellte.

    Mit zwei Brotkörbchen, zwei Tellern und Löffeln kehrte er zurück und näherte sich Domina Iunia Proxima und dem Unbekannten....

  • Als Tiberios vom Einkaufen wieder zurückkam, saß ich bereits mit Furius Cerretanus am Tisch und nippte an meinem Wasser. Tibi hatte sich so schnell hier eingelebt, als wäre er schon Jahre Teil unserer kleinen sonderlichen Familie. Aber ich wusste auch, dass er ein junger Mann mit vielen Talenten war und vieles davon an diesem Ort hier verschwendet war. Er könnte in einem wesentlich vornehmeren Haus bessere Arbeit machen als meine Küche zu schrubben oder den Stall der Ziege auszumisten. Ich würde ihm wahrscheinlich nicht im Wege stehen, wenn er nach Rom zurückkehren wollte. Ich könnte bestimmt eine Einigung mit den Furiern erzielen.


    Mein Lächeln war daher ein wenig wehmütig, da ich damit rechnete meinen neuen Sklaven bald wieder zu verlieren. "Athenais kann doch gar nicht lächeln...vielleicht hatte sie einen Schlaganfall und Gesichtslähmung..." erwiderte ich nur leidlich lustig. "Ja, sei so gut und bring uns bitte Essen und nimm dir auch eine Schale und setze dich zu uns." Sie würde schon noch früh genug mit der Sprache rausrücken, sobald Tibi sich gesetzt hatte.

  • Die freundlich gemeinte Einladung Proximas lehnte Cerretanus ab. Er hatte keinen Hunger einzig zu Trinken war es was er benötigte. Die Kehlw war immer noch durch den Staub der Strasse verlegt was jedesmal ein Kratzen verursachte wenn er schluckte.



    Appius wartete ab. Er wartete darauf dass Tiberios sich zu ihnen gesellte. Er wartete darauf dass er erkannt wurde und...Er wartete auf dessen Reaktion und....auf dass wie sich die Geschichtw entwickeln würde.

    Appius fiel auf dass das Verhältnis zwischen Proxina und Tiberios recht offen war. Verständlich....Tiberios war ein fleißiger, freundlicher Kerl und er wäre jeden wenn dieser nicht geistig umnachtet, tief konservativ und/ oder Patrizier ist als solcher betrachtet worden. Aooius selbst hatte eher wenig mit ihm zu tun. Aber er wusste um dessen Talente und Vorzüge bescheid.


    Er machte keinerlei Anstalten sich zu erkennen zu geben.

  • Tiberios wollte seine Schale auf den Tisch stellen und sich setzen, aber dann sah er den Gast genauer an: Groß, durchtrainiert und grauäugig, und er erkannte ihn sofort: Dominus Cerretanus von den Urbanern, der Cousin seiner Herrin. Er war immer gut zu ihm gewesen.

    Er hatte ihm nach Satala geschrieben, ohne etwas zu fordern, denn das stand ihm nicht zu. Ein Lebenszeichen hatte er geben wollen. Er hätte nie geglaubt, dass der furische Herr persönlich aufkreuzen würde, um nach ihm zu suchen, aber hier saß er nun leibhaftig in der Schankstube mit Domina Proxima am Tisch. Er war ein Bote aus einer Vergangenheit, die Tiberios in die Weiten seines Gedächtnis verbannt hatte. Warum sich an etwas erinnern, was man nicht wieder haben konnte?


    Doch plötzlich war Roma wieder präsent, sogar das Licht, die Gerüche, die Stimmen: Die Casa Furia, die stillen Räume, die in gediegenem Wohlstand eingerichtet waren, die Bibliothek mit den vielen Schriftrollen , und der warme Blick seiner Domina Stella wenn er etwas gut und richtig gemacht hatte. Auch andere Menschen und Orte gehörten zu dem Bild: Er hatte sie geliebt, um sie gelitten, sich mit ihnen gefreut: er hatte mit ihnen gelebt.


    Tiberios hielt in der Bewegung inne, mit der er sich setzen wollte, er blieb stehen. Der furische Haushalt war standesbewusster als sein jetziger gewesen, und nun erinnerte er sich wieder an die alten Regeln. Aus Tibi wurde Tiberios, der Maiordomus. Er aß nicht mit den Römern zusammen, nur zu den Saturnalia tat er das.


    „Salve Dominus Cerretanus“, grüßte er und verbeugte sich tief. Eine andere Regel war, nie zu sprechen, bevor man nicht angesprochen wurde. Er merkte, dass ihm die Knie anfingen, zu zittern. Aber er behielt Haltung, und dann schaute er zu Domina Proxima und dachte an den alten Demetrios. Und dann wusste er gar nicht mehr, was er gerade wollen wollte.

  • Ich hob eine Augenbraue bei der offensichtlichen Veränderung in Tiberios' Verhaltung und dass er meine Aufforderung sich zu mir zu setzen und zu essen vollständig ignoriert hatte. Kurz überlegte ich, ob ich ihn zurechtweisen sollte, entschied mich aber dagegen. Das wäre kleinlich und ich war schon angespannt genug durch diese ganze Situation. Ein wenig traurig war ich schon, da ich immer gehofft hatte, dass dieser Tag nicht kommen würde, aber nun war er hier und der Furius stand nun vor ihnen. Würde sich Tiberios vielleicht doch dazu entscheiden hier zu bleiben? Ich wollte mir keine großen Hoffnungen machen, also ging ich das Thema direkt an.


    "Nun, Furius Cerretanus...hier ist Tiberios. Was genau möchtest du denn nun, dass du den weiten Weg hierher auf dich genommen hast?" Die Worte klangen ein wenig rauer als beabsichtigt, sah ich den Furius doch als die Quelle meiner Ungewissheit.

  • Cerretanus beobachtete Tiberios als dieser an den Tisch kam, die Schüssel abstelle und im Begriff war sich zu setzten. Gerade in dieser Sekunde durfte der Griwche anscheinend den Gast erkannt haben....

    " Machst du hier Gymnastik oder hast du etwas verloren" meinte Cerretanus mit einem Schmunzeln und wiegte den Kopf hin und her.

    " Setz dich und mach nicht so ein Theater."

    Dann sah er Proxima an und bemerkte die Unruhe. Ihre Stimme schwankte ein wenig und hatte nicht mehr weichen Tonfall.


    " Was genau ich nun will...darüber bin ich mir nicht nicht so im Klaren. Tiberios ist in Rom in unseren ' Besitz' gekommen." Das Wort ' Besitz' sprach er ein wenig abschätzend aus.

    " Ich bin für jeden konstruktiven Vorschlag offen."


    Wieder blickte er Tiberios an.

    " Dominus Saturninus hat mich informiert. Du wärst während einer Überfahrt, war es Aegyptus oder Hella?..." Die Frage war eher rethorischer Natur:" verloren gegangen. Und Piraten haben dich aufgegriffen? Und dich hier verkauft? Und niemand weiß davon......"


  • Tiberios war einen Moment lang automatisch in die Erziehungsmuster seiner Kindertage zurückgefallen, und die hochgezogene Augenbraue seiner Domina verriet ihm, dass ihr das missfiel. Auch wenn Dominus Cerretanus ihm nun mit einem Scherz das Hinsetzen erlaubte, wandte er sich an sie und sprach: "Ich danke dir, Domina, dass ich Platz nehmen darf.", um ihr zu zeigen, dass er ihr gehorsam war, dann setzte er sich, und er war froh, erst einmal zu sitzen.


    Domina Proxima hatte von einem weiten Weg gesprochen, den der Furius gekommen war. Von Caesarea nach Satala, das war weit. War der Optio gekommen, um nachzusehen, ob es dem Griechen gut ging oder um den Furiern ihr Eigentum zurückzuholen? Und spielte das eine Rolle? (Ja, im Gegensatz zu früher spielte es eine Rolle. Wie schnell man sich daran gewöhnen konnte, wie ein Mensch mit Gefühlen behandelt zu werden.)


    Aber dann stellte Dominus Cerretanus einige Fragen über die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit, und der Grieche gab Auskunft:

    "Ich war im Auftrag von Domina Stella von Alexandria nach Roma auf einem Schiff namens Nereis Alexandrina unterwegs, und wir wurden von Piraten geentert. Sie nahmen die Kinder und Jugendliche als Sklaven mit. Ich war der Älteste.", einen Moment lang verdunkelten sich seine Augen, als er daran dachte, wie viele Tote es gegeben hatte.*:

    "Ich ging durch mehrere Hände.", schloss er.


    Sim-Off:

    * Diese Geschichte wird hier erzählt.

  • ich hatte während der Unterhaltung demonstrativ mit säuerlichem Gesichtsausdruck von meiner Suppe gegessen. Ich kannte die Geschichte bereits, aber was ich noch nicht kannte war das Motiv des Furius. Weshalb war er wegen einem Sklaven den ganzen Weg von Satala hierher gekommen? Ich beschloss mich nicht von dem Soldaten beeindrucken zu lassen. Ich hatte Tiberios legal und für viel Geld erworben.


    "Nun weißt du was geschehen ist, Furius. Ich habe nicht vor Tiberios zu verkaufen, denn ich habe ihn legal erworben. Ich biete dir aber gerne Obdach für die Nacht an, falls du dich ausruhen möchtest. Wir haben hier auch Gästezimmer." Demonstrativ wandte ich mich wieder meiner Suppe zu. Ich konnte diese Situation nicht ausstehen...

  • " Ich habe keine Zeit mich auszuruhen, Werte Iunia. Danke für das Angebot" lehnte Appius das Angebot ab.

    Wieder an Tiberios gerichtet meinte er:" Nun Tiberios. Was sagst du dazu? Ich werde natürlich keine Anstrengungen unversucht lassen falls es dein Wunsch ist zurück nach Rom zurückkehren zu können aber wenn du meinst du möchtest hier bleiben vergesse ich was ich weiß. Und jeder ist glücklich."

  • Tiberios sah auf seine Hände, die auf dem Tisch lagen und überlegte, was er denn antworten wollte.

    Bisher in seinem Leben war ihm stets gesagt worden war, wohin er zu gehen, wo er zu schlafen, was er essen, was er zu arbeiten hatte und wem er angehörte. Auf gewisse Weise hatte er sich um existenzielle Fragen nie Gedanken machen müssen, jetzt aber lag der graue Blick des Dominus Cerretanus, der den weiten Weg gekommen war, auf ihm und ebenso sahen ihn die braunen Augen seiner neuen Domina an.

    Sie waren freie römische Bürger und warteten doch darauf, dass er, der griechische Sklave, über sein eigenes Schicksal entschied. Sie hätten ihn mitnehmen, einsperren oder sich vor Gericht um ihn streiten können, doch das taten sie nicht. Sie waren edelmütige, großherzige Menschen, alle beide. Tiberios liebte sie. War es das, weshalb seine Tyche ihn nach Caesarea geführt hatte? Um ihn zu lehren, eine Entscheidung zu treffen? War auch so etwas ein Teil der Freiheit? Etwas aufgeben zu müssen, um etwas anderes nicht zu verlieren?

    Tiberios dachte an Domina Stella und Dominus Aulus, an die Casa Furia in Roma, und einen Moment lang an all die Möglichkeiten, die ihm Roma eines Tages, wenn er älter wäre, bieten würde. Er wäre nicht der erste Grieche, der aus dem unfreien Stand zu Ansehen gelangen konnte.

    Und dann dachte er an sein Leben hier in Caesarea, welches so viel einfacher war, an das tiefe Gefühl der Zufriedenheit, das ihn zuweilen überkam, wenn er den Hühnern Körner hinstreute und er auf die Berge in der Ferne blickte oder wenn er den Hof fegte, an die wohlige Müdigkeit, die er abends fühlte, weil er umher gelaufen war und nicht, weil er sich den Kopf zerbrochen hatte und daran, dass er hier einfach Tibi war und Demetrios wie ein Vater oder guter Onkel. Demetrios würde vielleicht auch nicht mehr lange leben, da konnte er sich nichts vormachen. Würde Tiberios nach Roma zurückkehren, würde er unter dieser Sonne Demetrios nie wieder sehen.

    Der Grieche ging auf die Knie, wie er es in Alexandria getan hatte und hob beide Hände, um um Gnade zu bitten:

    "Dominus Cerretanus, ich danke dir dafür, dass du gekommen bist.", sprach er:

    "Aber... ich möchte eigentlich noch nicht fort von hier. Ich glaube, ich sollte gerade hier sein.", er warf einen Blick zu Domina Proxima, die gesagt hatte, sie wolle ihn nicht verkaufen:

    "Ich glaube auch, dass wir alle glücklicher sind wenn alles so bleibt wie es gerade ist.", endete er und wartete darauf, dass jemand das Wort an ihn richtete.

  • Ein Reisender


    Tiberios hatte vom Markt, wie Iambulos ho Nabataea ihm geraten hatte, Schafsmilchbutter, Cadmea und Fettsalbe für die Verletzungen des Mannes mitgebracht, den er unter dem Namen Damocles kannte. Das Iambulos in den nächsten Tagen hereinschauen wollte, hatte er schon wieder vergessen.

    Der Grieche hatte kürzlich noch zu Dominus Furius gesagt, dass alle wohl am glücklichsten waren, wenn alles genauso bliebe wie es zur Zeit war, doch omnia mutantur – alles ändert sich, schrieb bereits Ovidius, und Tyche änderte es besonders gerne, wenn man nicht damit rechnete.


    132-01e8853de1556ecacadd444e04aa16ec08ff27eb.jpgIambus ho Nabataea hielt Wort und kam in die Taberna „Aus der Hand von Schesmu“ , und Tiberios, der im Schankraum arbeitete, wies ihm einen Tisch mit zwei gegenüberliegenden Bänken zu und lächelte den Besucher erfreut an:Chaire kyrios Iambulos Wir haben exzellente Flusskrebssuppe heute, mit Lauchzwiebeln, Karotten und Pastinaken und natürlich henqet, gebraut nach original Alexandriner Rezept.“

    „Von diesem henqet bitte von dem alle so schwärmen.“, bestellte Iambulos und schaute Tiberios freundlich an:

    „Und eine Schale Suppe – ihr köstlicher Duft schmeichelt meiner alten Nase."

    „Domina Iunia Proxima kocht sie selbst wie alle Speisen, mit Gefühl und mit Leidenschaft, nicht nach Rezepten.“, erwiderte Tiberios etwas exaltiert, und Iambulos lachte leise über seinen Eifer:

    „Na dann wird es doppelt gut schmecken. Und kannst du mir bitte deine Herrin für einen Moment herholen, wenn du Zeit erübrigst. Ich wollte mit ihr eine Angelegenheit besprechen“


    Tiberios brachte auf einem Tablett eine Tonschale dampfender Suppe und einen Becher kühlen Biers, und da es noch vor der Zeit war, in der für gewöhnlich ein leichtes Mittagsmahl zu sich genommen wurde,und außer Iambulos kein Gast anwesend war, schaute er auch gleich in die Küche:

    "Domina Proxima!", rief er halblaut: "Würdest du bitte in die Gaststube kommen. Unser Gast möchte dich kurz sprechen."

  • Die Suppe war fertig gekocht und dampfte friedlich im Kessel, als Demetrios mit dem Mahlen des Korns fertig war und ich mit dem Teig für das Fladenbrot anfangen konnte. Demetrios erwähnte, dass das Korn wieder angefallen war und einiges davon nicht mehr brauchbar war. Ein Ärgernis in der Lage, in der wir uns befanden. Die Taberna lief gut, aber aktuell machten wir nur wenig Gewinn und wir kamen gerade so über die Runden mit zwei alten Männern, einer davon krank und nicht arbeitsfähig, unter dem Dach. Aber es fiel mir schwer diese Menschen ihrem Schicksal zu überlassen, auch wenn es vielleicht gefühlsduselig war.


    Ich versuchte mir Tiberios gegenüber nur wenig anmerken zu lassen, auch wenn selbst ihm nicht entgangen sein konnte, wie leer die Haushaltskasse momentan war. Mit ein wenig sparen würde es aber bald wieder besser aussehen. Wir mussten alle nur den Gürtel ein wenig enger schnallen und das Beste aus dem machen, was uns die Götter gegeben hatten. Ich hatte noch einige Reserven für schlechte Zeiten, aber so weit sollte es hoffentlich nicht kommen, es sei denn das Geschäft blieb vollends aus. In diesen Gedanken versunken knetete ich den Brotteig und es dauerte einige Sekunden, bis ich bemerkte, dass Tiberios zu mir sprach.


    Ein wenig zerstreut lächelte ich und antwortete: "Ich komme gleich. Ich muss nur schnell den Teig hier fertig kneten und mir dann die Hände waschen. Gib mir ein paar Minuten, Tiberios." Gesagt, getan knetete ich den fast fertigen Teig noch einmal durch und überließ ihn dann Demetrios' fähigen Händen. Er würde den Teig portionieren und in Fladen verwandeln, die an den Seiten des Ofens flach gedrückt gebacken wurden. Währenddessen wusch ich mir die Hände und machte mich dann auf den Weg in den Schankraum. Dort saß der Geschichtenerzähler, den ich auch schon auf dem Markt gesehen hatte und der immer so wundervolle Dinge erzählte.


    Als ich am Tisch ankam, grüßte ich den Geschichtenerzähler freundlich. "Salve, Iambulos. Du wolltest mich sprechen?"

  • 132-01e8853de1556ecacadd444e04aa16ec08ff27eb.jpgIambulos schaute sich um und sagte sehr höflich:

    „Salve edle Iunia Proxima. Ich beglückwünsche dich zu Deinem gastlichen Haus und deinen hervorragenden Speisen.

    Viele in Caesarea kennen mich, da ich nämlich Geschichten erzähle. Für die meisten ein Zeitvertreib, für einige wenige jedoch Flügel für die Seele. Mehr als ein Erzähler bin ich allerdings ein Reisender. Wir erkennen uns gegenseitig, wenn wir einen anderen treffen. Einen deiner Diener, der jungen Tiberios, habe ich bereits kennen gelernt. Aber du bist auch eine Reisende, nicht wahr, edle Iunia Proxima? Du kommst von weit her."


    Er berührte lächelnd mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand seine Stirn und dann sein Herz:

    „Ich würde mich freuen, wenn du diese Mahlzeit mit mir teilen würdest.“, sprach er:

    „Darf er dir hier aus der Küche noch einmal das Gleiche bringen lassen, was auch ich genieße?“

    Er machte eine Geste hin zu Tiberios.Dann wandte er sich wieder der jungen Römerin zu:


    „Caesarea in Cappadocia hier ist ein guter Ausgangspunkt für eine Reise, da es die Straßen nach Armenien und in das obere Euphrattal beherrscht.",er lächelte nun breiter:

    „Beim Reisen gen Osten hat es unbestreitbare Vorteile, kein Römer zu sein, nichts für ungut. Zunächst muss man ja an den Parthern vorbei.

    Jenseits des Reiches der Parther gibt es jedoch noch unzählige andere Reiche und Länder: Baktria* – dort spricht man noch Griechisch und es findet sich ein Alexandria – Alexandria in Arousia. Daran grenzt das große Imperium von Kossanon.** Und noch viel weiter im Osten liegt das Reich der Serer, der Seidenleute. Einzelne Männer wie der Kaufmann Maës Titianus***, haben sogar den sagenhaften Tempel des Weißen Pferdes4 in Sericas Hauptstadt erblickt, der dem Ioasaph5gewidmet ist. Aber alles hat der Kaufmann nicht gesehen und noch weniger aufgeschrieben, leider, denn der Kaiser der Serer gewährt denen, deren Absichten er nicht kennt, keinen Zutritt in seine Lande."

    Iambulos sprach die fremdartigen Namen fast liebevoll aus, als seien es kostbare Perlen. Seine weiche Stimme beschwor jene Reiche herauf, so wie er es auf der Agora getan. Er machte eine Pause, und seine dunklen Augen glitzerten:

    "Stell dir einen einsamen Pilger, nur begleitet von einem Diener, vor, der nach der Weisheit von Ioasaph strebt.",sagte er:

    "Zu zweit und zu Fuß wären sie, waffenlos und demütig und eine Jahre andauernde Fahrt liegt vor ihnen. Ioasaph wird sie allerdings zumindest im Großen und Ganzen vor Sklavenhändlern und Räubern beschützen.

    Ob ihre Reise erfolgreich sein wird - wer weiß? Ob sich das Wagnis lohnt - das mag nur eine Reisende wie du beantworten.

    Ich würde deinen jungen Griechen gerne als meinen Sklaven mit mir nehmen, wenn du ihn an mich verkaufst. Was du auch bezahlt hast für ihn, ich kann dir mehr bezahlen, weit mehr. Du könntest dein Geschäft verzwei- oder verdreifachen. Was meinst du dazu, edle Iunia?“


    Iambulos machte den Eindruck, ein Mann von bescheidener Finanzkraft zu sein. Doch der Anschein trog; diejenigen, die ihm den Auftrag gegeben hatten für die Reise, waren mehr als wohlhabend, und das, was er und sein Gehilfe eigentlich im Land der Serer tun sollten, würde sie alle reicher machen als den sagenhaften Lyderkönig Croesus, ja reicher als den Caesar Augustus, wenn es denn gelingen sollte.


  • " Wenn das so ist....." Cerretanus überlegte kurz ob er etwas hinzufügen wollte.

    " So soll es sein, Tiberios. Bleib wenn du dich hier wohl fühlst und denkst es ist der richtige Platz."

    An Proxima gerichtet, mit einem Lächeln meinte er:"Auch wenn ich nicht unbedingt der einfachste Mensch bin so kann man mit mir reden. Dann werde ich nich wieder auf den Weg machen. Schließlich habe ich auch Veroflichtungen nachzukommen und muss mit Konsequenzen rechnen wenn ich es nicht tue. Herzlichen Dank für deine Gastfreundschsft, Iunia."

  • Mein Lächeln war freundlich und geschäftsmäßig, so wie ich jeden guten Kunden meines Hauses begrüßen würde. Ich hatte dem Geschichtenerzähler schon mehrfach auf dem Markt gelauscht auf dem Heimweg vom Einkaufen. Seine Geschichten waren immer sehr ausufernd und interessant und er hatte eine Gabe für Worte, die man nicht abstreiten konnte. "Ich stamme nicht von hier, das ist richtig. Mein Bruder und ich stammen aus Alexandria und unser Weg hierher war sehr lang. Ich setze mich gern zu dir und teile eine Mahlzeit." Ich machte es mir dem Nabatäer gegenüber bequem und wartete kurz darauf, dass Tiberios mir eine Schale brachte.


    Nachdem ich mein eigenes Mahl erhalten hatte, setzten wir unsere Unterhaltung während dem Essen fort. Ich lauschte der melodischen Stimme des Fremden, der sehr ausdrucksvoll fremde Länder und die Reisen dorthin beschrieb. Ich selbst hatte eine lange Reise von Alexandria nach Caesarea hinter mir und das war mir erst einmal genug Wanderung für einige Jahre. Vielleicht würde mich die Wanderlust in der Zukunft noch einmal packen, aber aktuell war ich zufrieden hier und wollte nicht weiterziehen, auch wenn die goldene Zunge des Geschichtenerzählers mir die Ferne schmackhaft machte.


    Bei der Bemerkung, dass es manchmal von Vorteil war nicht als Römer erkannt zu werden, nickte ich nur. Außerhalb des Imperiums war es nicht immer von Vorteil sich als Römer zu zeigen. Selbst in den Grenzprovinzen gab es immer wieder Aufruhr. Doch als die Geschichte von einem Wanderer und seinem Diener zu handeln begann, begann sich der Besuch des Mannes zu erklären. Er hatte mich schon halb in den Schlaf gewiegt mit seiner sanften, melodischen Stimme, als das Angebot für Tiberios mich auf einen Schlag zurück in die Wirklichkeit holte, als hätte man mir einen Eimer Wasser über den Kopf gegossen.


    Würde Tiberios mit dem Fremden mitgehen wollen, weil es ihm hier nicht mehr gefiel? Ich wusste, dass ich es ihm nicht abschlagen können würde. Er war jung und so talentiert und feingeistig. Seine Gaben waren in dieser Einöde verschwendet und doch hatte ich ihn als Teil unserer kleinen Familie hier sehr lieb gewonnen. Ich musste hart mit mir kämpfen, damit meine Gesichtszüge nicht entgleisten und ich blickte Tiberios nur starr an. Die traurige Wahrheit war, dass ich das Geld sehr gut gebrauchen konnte. Das alte Dach hatten wir notdürftig ausgebessert, aber es musste eigentlich erneuert werden, was sehr kostspielig war.


    Mit tonloser Stimme antwortete ich daher: "Wenn Tiberios mit dir ferne Länder bereisen möchte, so stimme ich zu. Andernfalls wird er Teil meines Haushalts bleiben, egal wieviel du bietest."

  • " Wenn das so ist....." Cerretanus überlegte kurz ob er etwas hinzufügen wollte.

    " So soll es sein, Tiberios. Bleib wenn du dich hier wohl fühlst und denkst es ist der richtige Platz."

    An Proxima gerichtet, mit einem Lächeln meinte er:"Auch wenn ich nicht unbedingt der einfachste Mensch bin so kann man mit mir reden. Dann werde ich nich wieder auf den Weg machen. Schließlich habe ich auch Veroflichtungen nachzukommen und muss mit Konsequenzen rechnen wenn ich es nicht tue. Herzlichen Dank für deine Gastfreundschsft, Iunia."

    Dominus Furius Cerretanus war immer gütig Tiberios gegenüber gewesen, und das war er auch jetzt: Er ließ ihn bleiben, wo er war. Der Grieche erhob sich aus seiner demütigen Position und sprach:

    „Ich danke dir, Dominus Furius, für alles. Ich werde dir deine Freundlichkeit nicht vergessen.Ich hoffe, dass ich dir eines Tages dafür etwas zurückgeben kann.“


    Und dann räumte er den Tisch ab und tat, was in der Taberna seine Aufgabe war. Anschließend fütterte er die Ziegen, die ihn mittlerweile kannten, ihm entgegenliefen und ihn mit ihren gelben klugen Augen ansahen.

  • Die Schwierigkeit der Entscheidung lag darin, DASS es Tiberios in Caesarea gefiel.

    So wie er Domina Stella nicht verlassen hatte wollen, wollte er Domina Proxima nicht verlassen. Und noch weniger Demetrios. Er liebte sie.

    Wenn nur nicht dieses eigenartige, ihn antreibende Gefühl des Verlangens nach etwas, was er noch gar nicht kannte, gewesen wäre, welches Iambulos mit seinen Worten, jedes einzelne wie eine Perle an einer Perlenschnur, heraufbeschworen hatte?

    Das war der Grund gewesen, weshalb sich der Sklave so oft auf der Agora aufgehalten hatte. Er selbst erkannte diese Macht: pothos; die Griechen der klassischen Zeit hatten noch einen daimon in ihm gesehen. Tiberios war ihm schon früher begegnet, in jenem Reich des Ideen. Pothos forderte sehr oft, etwas oder jemanden zurückzulassen, das und den man liebte.

    Die Stoa aber sah darin nur eine der inneren Antriebskräfte der Leidenschaft.


    132-01e8853de1556ecacadd444e04aa16ec08ff27eb.jpgIambulos sah von Tiberios zu Iunia Proxima.

    „ Edle Römerin, mein junger Freund: Um die Entscheidungsfindung zu erleichtern.“, sprach er und holte aus seinem Beutel Münzen. Es waren keine Sesterze, auch keine Drachmen oder Denare, es waren aurei, Goldmünzen, jede einzelne hundert Sesterze wert.

    Zehn zählte er vor und dann noch einmal zehn. Wie kleine goldene Sonnen lagen sie auf dem hölzernen Tisch der Taberna.

    „Deine Herrin lässt dir die Wahl.“, sprach er dabei: „Du hast mir selbst gesagt, dass du keinen Vaternamen hast, Tiberios. Komm mit mir, und die ganze große Welt wird deine Polis sein. Nebenbei sorgst du aber auch für die, die du liebst, besser als du es mit deinen geringen Kräften leisten könntest.“


    Iambulos sprach die Wahrheit. Das fehlende neue Dach, fiel Tiberios ein, das Balneum für die müden Glieder, ein Medicus für Demetrios Schmerzen und auch für Damocles Gesundung. Zweitausend Sesterze lagen auf dem Tisch. Es war viel mehr, als er wert war. Es war viel mehr, als er tun konnte, selbst wenn er Tag und Nacht im „Aus der Hand von Schesmu“ arbeitete.


    Der Grieche kam an das Ende seiner Überlegungen. Und dann sprach er: „Bitte Domina, lass mich mit Iambulos dem Nabatäer mitgehen. Ich möchte die fernen Länder des Ostens sehen. Und ich möchte über das, was ich sehen werde, schreiben wie Pytheas von Massilia über die Ozeane des Nordens geschrieben hat."

    Pytheas hatte er es schon als Junge gleichtun wollen.


    Iambulos schob die Goldmünzen zu der Iunia herüber und hielt ihr die Hand hin, damit sie einschlagen konnte.


    Und dann ging es sehr rasch mit dem Abschied. Tiberios hatte ja nicht viel an Besitztümern, nur das, was ihm Domina Proxima gekauft hatte; so ging er mit leichtem Gepäck.


    Aber als er sich von dem alten lieben Demetrios verabschiedete, musste er doch weinen.


    >>>Nach Osten

  • Wie konnte ich dem lieben Tibi etwas abschlagen? Wahrscheinlich hätte jeder diese Menge Geld genommen und dafür seine eigene Mutter verkauft, aber mir würde Tiberios fehlen. Ich hoffte, dass der Nabatäer ihn gut behandeln würde und dass die fernen Länder ihm gefallen würden. Würde ich den jungen Griechen, der aus meiner Heimat stammte und mir wie ein jüngerer Bruder ans Herz gewachsen war, noch einmal sehen? Nur die Götter wussten das...


    So hatte ich also eingeschlagen und Tiberios beim Packen geholfen. Demetrios war untröstlich gewesen, hatte er den jungen Tibi doch auch wie einen Sohn liebgewonnen. Selbst Tage noch nach Tiberios' Abschied hatten einige meiner Stammkunden nach ihm gefragt. Es würde wohl eine Weile dauern diese Lücke in unserer kleinen Familia hier in Caesarea zu schließen. Das Geld würde auf jeden Fall mit dem Dach und dem Anbau helfen, das konnte ich nicht abstreiten.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!