Nordöstlich vom Campus Martius hinter einem Abzweig der Via Flaminia lag freies Gelände, dessen Zweck längst beschlossen war. In Kürze würden hier die Mauern einer neuen Castra für Urbaner wachsen, die zum einen die anvisierte dezentrale Stationierung gewährleisteten und zum anderen die neue Cohors der aufgestockten Einheit aufnehmen sollte. Am heutigen Tag erfüllte Leben diesen Randbereich Roms, denn die Reinigung des Bauplatzes stand an. Als die Nacht der aufgehenden Sonne wich, wurde klar, dass dieser ID MAR DCCCLXXII A.U.C. (15.3.2022/119 n.Chr.) ein sonniger Vorfrühlingstag werden würde. Kein Lüftchen wehte. Tage zuvor wurden Absicherungen und ein kleines Podest errichtet, auf dem hochrangige Beamte, Offiziere und Senatoren ihre Plätze beziehen sollten, während die Bürger sich von der Absperrung gesichert um dem Bauplatz verteilten.
Es handelte sich bei der Bauplatzreinigung um eine der Größe des Vorhabens angemessene, aber keinesfalls außergewöhnliche, denn die geplante Castra lag - wie die Castra Praetoria - außerhalb des Pomerium. Zwei Priester samt Opferhelfer standen bereit - nicht das gesamte Collegium; zwei Stabsoffiziere wohnten der Zeremonie bei, Vertreter des Senats, der kaiserlichen Kanzlei, Urbanersoldaten und Schaulustige, sowie der Praefectus Urbi samt einer Schar Klienten und Vertretern der Stadtverwaltung.
Die Zeremonie leiteten dieses Mal die beiden Priester, aber Menecrates wollte es sich nicht nehmen lassen, wenigstens eine persönliche Opfergabe zu leisten. Nachdem Opferdiener einen Foculus platzierten, legten sie Kohle hinein und entzündeten sie. In der Zeit, wo sich die Glut entwickelte, hing jeder der Anwesenden seinen Gedanken nach. Die meisten verhielten sich still, manche murmelten. Eine andächtige Stimmung verbreitet sich. Der Preafectus Urbi, so lautete die Absprache, nahm die einführende Opferung vor.
Als sich Glut einstellte, winkte Menecrates einen Gehilfen herbei, der frisch gebackenen Opferkuchen, Kekse und loses Getreide trug. In Begleitung dessen - ein Ende der Toga leicht über das Haupt gezogen - trat er an den Foculus heran. Sein Blick richtete sich auf die Flammen, während die Hände gereinigt wurden, dann sprach er zur Menge:
"Senatoren, Würdenträger, Abgeordnete der Verwaltung, Offiziere, Bürger Roms, liebe Gäste! Seid herzlich willkommen und wohnt dem Akt der Besänftigung der Genii Loci bei. Ruft mit mir die Geister der hier ehemals Lebenden an und bittet um ihre Gnade, dass sie unserem Vorhaben, ihnen ein Bauwerk von erheblicher Größe auf ihr Land zu setzen, wohl gesonnen gegenüberstehen. Bittet mit mir um Vergebung, weil wir ihre Ruhe stören."
Er nahm die Opfergaben entgegen und warf sie nach und nach in die Glut, während er jeden einzelnen Gott aufrief und am Ende zu den Geistern des Bauplatzes sprach. "Genii Loci, durch das Opfern der Kekse und des Getreides bete ich ein gutes Gebet, damit ihr unserem Bauvorhaben gewogen seid. Ich möchte euch ehren mit dem Kuchen." Immer dann, wenn eine Opfergabe in den Foculus rutschte, griffen die Flammen gierig danach. Es knackte zuweilen, Rauch stieg auf und der Geruch verbrannten Gebäcks durchzog die Luft.