[Sacellum] Das Fahnenheiligtum

  • Nach einem längeren Fußmarsch von der Barracker seiner Centurie, erreichte er mit dem Neuling das Fahnenheiligtum. Er deutete den beiden Wachsoldaten an, das große Eingangsportal zu öffnen, hinter welchem die wertvollen Standarten und Feldzeichen aufbewahrten worden. Sie waren gut geordnet und nach Einheiten aufgereiht. Im Zentrum stand auf einer Art Podest der Legionsadler aus Gold, welcher das höchste Feldzeichen bildete. Vor diesem würde der Tiro gleich seinen Eid abhalten. Verus trat mit Licinius ein. "Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen an den Eid. Einige lassen die Rekruten eine Zeit allein, um zu Mars oder den Ahnen zu beten und dann den Eid abzunehmen oder einige nehmen auch direkt den Eid ab und beten danach, um persönliche Stärke oder Eidtreue," erklärte Verus nüchtern und positionierte sich selbst etwas Abseits vom großen goldenen Adler. "Möchtest du erst allein gelassen werden oder wollen wir dich gleich vereidigen? Bedenke, dass dies eine große Entscheidung ist," fragte Verus fürsorglich. "Danach gibt es kein Zurück mehr," warnte der alte Centurio.

  • Als sie das Fahnenheiligtum betraten, musste Iosephus wieder an seine Mutter denken. Und natürlich an Elohim, den Gott seiner Väter. Er hatte sich nie sonderlich zu diesem Gott hingezogen gefühlt und alle seine Schulkameraden hatten andere Götter verehrt, die irgendwie ein bisschen... plastischer waren. Aber natürlich hatte seine Mutter ihm trotzdem die Zehn Gebote des Adonai angetrichtert, deren wichtigste lauteten:
    Ich bin Adonai, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.
    Er sah zu dem goldenen Adler, den goldenen Statuen und den Feldzeichen, Opfergaben und Schmuckwerken.
    Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen.
    Der Eid würde ihn auf diese Götter verpflichten, die ihn eigentlich schon immer fasziniert hatten, vor denen er aber auch eine gewisse Angst hatte. Denn wie ging das Zehnwort weiter?
    Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation
    Titus dachte an seinen Vater, der den Eid abgelegt hatte und sicherlich regelmäßig an Kultfeiern zu Ehren des Kaiserhauses und irgendwelcher Götter teilgenommen hatte. Er hatte zwar nie einen Talisman mit Mars oder ähnliches gehabt, aber immerhin. Hatte Adonai sich jemals an ihm gerächt? War er, Titus, verflucht? Wohl kaum, denn bisher war ja alles ganz gut gelaufen!


    Also nickte er und erklärte: [COLOR=#affe]"Ich mach's gleich."[/COLOR] Bevor er noch Angst bekam. Aber wovor? Hatte Adonai in den letzten Jahrzehnten jemals seine Macht erwiesen, wie seine Mutter es ihm aus den alten Geschichten erzählt hatte? Wo vor sollte er sich also fürchten?


    Er hob also die rechte Hand und sagte die Worte: [COLOR=#affe]"Iurant autem milites omnia se strenue facturos quae praeceperit imperatur caesar augustus, numquam deserturos militiam nec mortem recusaturos pro romana republica."[/COLOR]

  • Gut, der junge Rekrut war schneller als Verus gedacht hatte. Er kannte sogar bereits die Eidesformel, was wohl auf die Soldatengeburt zurückzuführen war. "Ehm..," machte Verus überrascht und kratzte sich am Hals. "Eigentlich...," wollte er einen Satz finden aber brach dann ab, da der junge Mann bereits seine Schuldigkeit getan hatte. "Gut, ich werde deine Ernennung einleiten. Herzlich Willkommen in der Legion!" - sagte Verus, der nun wohl sein neuer Centurio war. "Haltung annehmen," begann gleich der übliche Drill. "Du bist nun Legionär! In zweifacher Geschwindigkeit zur Stube," war der Befehl, den Verus ausgab und dem jungen Mann leicht im Scherze und auch im Ernst mit der Faust auf die Schulter schlug.


    Sim-Off:

    * Ich werde die Tage (hoffentlich morgen) einen Ausbildungsthread eröffnen, da können wir dann direkt weitermachen! ;)

  • Sim-Off:

    Ich dachte, ich beschleunige das ganze mal - werde jetzt ja schon 1,5 Monate lang gemustert ;)


    Titus stand da und sah den Centurio ausdruckslos an. Scheinbar hatte er irgendwas falsch gemacht - oder vielleicht auch nicht, schwer zu sagen. Auf jeden Fall passte es wohl irgendwie.


    Also nahm er auf Befehl wieder Haltung an und nickte.
    [COLOR=#affe]"Ja, Centurio!"[/COLOR]
    Der Schlag traf ihn ein bisschen unerwartet, aber er kam auch nicht so fest, dass es ihn ernsthaft verletzt hätte. Also widerstand er der Versuchung, die Stelle zu reiben und rannte los. Seine Kameraden würden sicherlich schon darauf warten, mit ihm die Latrinen zu putzen...

  • Ein Hauch von Weihrauch schwebte bereits in dem Gewölbe, welches die Feldzeichen der Legio umfasste, als Manius Minor und seine Ministri eintraten. Tag für Tag brachten die Priester der Legion dem Genius Legionis Opfer dar, doch am heutigen Tage hatte der junge Flavius sich für diese kultische Obliegenheit enrollieren lassen, da er es für erforderlich erachtete, zumindest einmalig auch dem divinen Numen, welches seine Einheit repräsentierte, seine Referenz zu erweisen. Dem alten Gebrauch gemäß trug er dabei das traditionelle Kriegsgewand der Quiriten, die Trabea, welche er auch als Salier bereits gewohnt war. Obschon weniger üppig geschnitten als die Toga, welche er für gewöhnlich zu tragen pflegte, sagte ihm der alternierend purpur und weiß gefärbte Stoff durchaus zu, zumal er seinem Dafürhalten seiner Figur schmeichelte.


    Derart profane Gedanken galt es nun jedoch abzuwerfen, als ein Glöcklein den Beginn des Opfers anzeigte. Patrokolos reichte ihm eine Schüssel mit Wasser, in welcher erstlich er seine Hände reinigte, um sodann den Zipfel der Trabea über sein Haupt zu legen. Erst nach jenen Präparationen blickte er auf:
    Sanftes Licht fiel auf die güldene Statuette des Adlers, der an der Seite des Imago Augusti seine Schwingen erhob, als setze er soeben an sich in die Lüfte zu erheben. Selbst wenn der junge Flavius im Morgenlicht nicht sämtliche Details jener kunstvoll gearbeiteten Figur zu identifizieren vermochte, verspürte er doch Ehrfurcht vor dieser Manifestation des soldatischen Kampfgeistes, welchen er selbst bisweilen bereits zu verspüren vermeinte.


    Selbstredend beherrschte Manius Minor, der heutig erstmalig jene Zeremonie vollzog, das Opfergebet nicht inwendig, weshalb einer der erfahrenen Aeditui des Sacellum ihm zur Seite ging und die Worte eingab, sodass der Jüngling lediglich nachsprechen musste.
    "O Genius Legionis, göttlicher Adler, Vermittler des Segens!"
    , intonierte er daher und öffnete die Hände hin zu der Figur.
    "Du führst uns in die Schlacht!
    Du erweckst in uns Mut und Stärke!
    Du schützt uns vor dem Schwert unserer Feinde und rufst den Segen des Iuppiter Optimus Maximus auf uns herab!
    Du verheißt uns den Sieg!
    Dafür ehren wir Dich, wenn wir aus- und eingehen und geben Dir gerechte Gaben an jedem Tag, der Deinem Geburtstag folgte!"

    Der junge Flavius hatte vernommen, dass der Dies Natalis Aquilae als großer Festtag innerhalb der Legion galt, sodass ihm bereits danach verlangte, an jener Festivität noch zu partizipieren.
    An diesem Tage erhielt der Genius Legionis auch üppige Opfer, während im Alltag die Priester und Offiziere lediglich mit bescheidenen Gaben aufwarteten. So reichte ein Minister ihm auch diesmalig lediglich einen bescheidenen Opferkuchen.
    "Nimm diesen Kuchen als unsere tägliche Gabe."
    , präsentierte Manius Minor das Gebäck und hielt es hinauf, obschon er sich fragte, ob es nicht adäquater wäre, einem Adler ein Mäuslein oder dergleichen zu offerieren. Dennoch legte er die Gabe auf den entzündeten Altar, wo sie den Duft frisch gebackenen Brotes verbreitete und den jungen Flavius erinnerte, dass er nicht gefrühstückt hatte.

  • Am ersten Tag nach seiner Ankunft hatte sich Nero bereits im Morgengrauen zum sacellum aufgemacht, wo er mit vielen anderen neuen Rekruten seinen Eid leisten sollte. Unter ihnen war auch der Blonde, den Nero am Vorabend in seiner Baracke kennengelernt hatte. Er schien sich von ihm fernzuhalten oder hatte zumindest nicht den Mut, Nero anzusprechen. Nero dagegen hatte im Moment nicht die Absicht, sich mit irgendjemandem anzufreunden. Also ging er alleine seines Weges und stieß zu den anderen Rekruten am Fahnenheiligtum, die bereits anwesend waren. Nach und nach kamen weitere Rekruten hinzu bis letztlich Stille herrschte und Nero gespannt abwartete, was ihn erwartete. Er hatte noch nie einen Eid geleistet und konnte sich auch nur schwerlich vorstellen, welche konkreten Konsequenzen ein Eid für ihn hatte. Er wusste nur, dass es etwas verbindliches, vollkommenes war und sein Leben im Zeichen dieses Eides stehen würde.

  • Auch für einen Alten Centurio wie Catius war es immer wieder ein feierlicher Moment, wenn er das Fahnenheiligtum betrat. Er grüßte die Ehrenwachen vor der Tür, bevor er eintrat.


    Die Standarte stand im Zentrum der gegenüberliegenden Wand. Alle von der Secunda in ihrer Geschichte errungenen Ehrenzeichen waren hier zu sehen. Catius wandte sich an den Neuen. "Salve, ich bin Centurio Catius, ich werde die Ausbildung leiten und dir hier und Heute den Eid ablegen lassen!"


    Er sah den Mann eindringlich an


    "Und nun sprich mir nach: IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA."

  • Etwas überrascht, dass er direkt als erster aufgerufen wurde, trat Nero zögerlich nach vorne. Er schämte sich nie, aber das Leisten eines Eides und vor allem die Unsicherheiten, die damit verbunden waren, führten selbst bei einem Hünen wie ihn zu einem kurzen Zweifeln. Was würde der Eid für ihn bedeuten? Würde er diese Castra je wieder verlassen können? Nero wusste es nicht, aber er war bereit das Risiko einzugehen. Er hatte lange genug darüber gegrübelt und sich letztlich für das Leben bei der Legion entschieden. Als er vor dem Centurio stand baute er sich selbstbewusst auf, den Blick leicht nach oben gewandt. Glücklicherweise musste er nur nachsprechen und nicht selbst lesen. Die Götter waren mit ihm. "IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA", sprach Nero entschlossen, wohl wissend, dass er sich gerade in die Hände des Kaisers und des Staates begeben hatte. Nero war bereit seine Pflicht zu tun und hatte endlich eine Aufgabe, die ihn seiner Bedeutungslosigkeit entriss.

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