Der junge Fabier erinnerte Gracchus ob seiner Idealvorstellungen ein wenig an den jungen Mann, der er selbst dereinst gewesen war als er nach Rom zurückkehrte, um sich in den Dienst des Staates zu stellen. Einen Augenblick lang war er darob uneins in seiner Entscheidung, ob es Torquatus würde zuträglicher sein, jene Ideale alsbald durch die Realität zu substituieren, oder aber ihm die Möglichkeit angedeihen zu lassen, durch jene Ideale die Realität zu wandeln. Er entschloss sich zu einer Melange aus beiden, jedoch mit einer Gewichtung auf die Möglichkeiten der Veränderung.
"Ich würde mich nicht dafür aussprechen, den Status Quo unseres Gemeinwesens zu schützen, sondern die angestrebte Beständigkeit auf seinen Kern reduzieren. Dies ist selbstredend nicht glei'hbedeutend mit dem Wunsch nach Umbruch oder gar Subversion, doch im Studium der Faktizität des Lebens wirst du feststellen, dass stets alles Gedeihliche - gleich ob als Individuum, als Familienverbund oder als komplexes Gesellschaftssystem - danach strebt, sich zu einem Besseren zu wandeln. Dies ist es, wonach auch du streben solltest: jeden gegenwärtigen Zustand zu einem Besseren zu wandeln."
Er feines Lächeln kräuselte seine Lippen, denn dies war weitaus einfacher gesagt als getan.
"Die hohe Kunst be..steht darin, zu erkennen, wie dieses Bessere aussieht, und sodann die angestrebte Änderung zu bewirken."
Für ersteres war eine gute Bildung zweifelsohne unabdingbar, doch gerade zur einer erfolgreichen Umsetzung angestrebter Zeile gehörte weitaus mehr, wie Gracchus selbst im Laufe seines Lebens hatte - bisweilen schmerzlich - feststellen müssen.
"In facto ist gar der Wille der Götter nur eine Münze auf der Waagschale dieser Erkenntnis, gleichwohl zugestandenermaßen eine überaus schwer wiegende."
Noch einmal wägte Gracchus ab zwischen bedingungsloser Ehrlichkeit und fadenscheinigen Ermutigungen. Indes sah er keinen Wert, den jungen Mann zu belügen, denn nur wenn er sich den Herausforderungen seiner Zukunft würde stellen, würde er letztendlich sein Ziel erreichen können.
"Ich will ehrlich zu dir sein, Fabius. Das Collegium Pontificum rekrutiert sich aus den hö'hsten Ständen der Gesellschaft, und es wird ob deiner Herkunft nicht leicht für dich sein, diese Kreise zu erreichen, selbst so der Augustus dich in den Ordo Senatorius erhoben hat. Selbstredend haben sich die Anforderungen für eine Aufnahme in das Collegium seit dessen Anfängen gewandelt, in der Theorie zweifelsohne zum Besseren"
, griff er seine vorherigen Gedanken noch einmal auf.
"In der Praxis nicht immer, denn es gibt durchaus auch in den Reihen der kultischen Kollegien Männer, welche allein Geld oder Ma'ht in diese Position hat gebracht. Dies jedoch entspricht nicht meiner Überzeugung, gegenteilig werde ich ein solches Vorgehen stets zu verhindern suchen."
Er hielt kurz inne, ehedem er fortfuhr.
"Indes ist dies kein Geheimnis, darob bin ich sicher, dass dein Vater sich dessen bewusst war als er dich mir für ein Tirocinium anheimgab. Was wiederum mich an..nehmen lässt, dass er eine Eignung in dir sieht, welche dir durchaus eine Zukunft weit über deine Herkunft hinaus ermöglicht. Dies wiederum bin ich geneigt zu unterstützen, sofern diese Einschätzung sich als richtig erweist. Doch auch in diesem Falle wird bis in das Collegium Pontificum ein Weg vor dir liegen, der bisweilen sehr mühsam sein kann."