Beiträge von Tiberius Aurelius Avianus

    Na also. Ging doch. Avianus sah sich vorsichtig um und zog sich die Kaputze zurecht und stand auf. Das Getränk, was auch immer die Brühe war, ließ er stehen. Irgendein Säufer würde sich schon darüber hermachen. Doch das Verhalten der Wirtes hatte etwas Auffälliges und das machte den Aurelier durchaus nervös. Eine Hand befand sich immer griffbereit zu dem Dolch, welchen er mit sich führte.
    So folgte er der Instruktion der Wirtes und sah ihn auf dem Weg zu besagtem Tisch mehrmals fragend an.

    "Ja, is' eilig", kam es ruhig aus ihm heraus wie aus der noch nicht erfundenen Pistole geschossen, "Nunja... dachte nur... ach, hätte ja sein können." Er holte noch einen Aureus hervor, natürlich nicht ohne Hintergrundgedanken, doch machte keine Andeutungen mit ihm. Fiel mehr verschwand er, zusammen mit dem ersten Aureus in seiner Faust. Er musste aufpassen, sonst wäre er wohl nur der Geldes wegen ein toter Mann.


    Der Wirt machte auf ihn den Eindruck, als wollte er ihm nicht sagen, was er wusste. "Dachte, das hätte hier in der Gegend die Runde gemacht. Nicht nur, dass sich so 'n Schnösel hier gezeigt hat, irgend 'n Bastard hatte noch Mumm, den Geldscheißer abzumurksen." Er überlegte, wie er etwas aus dem Wirt herauskriegen konnte. Er entschied, abzuwarten und zu beobachten, ob der Gegenüber mit den komischen Sachen im Ohr ihm einen Hinweis bot. Immerhin winkte ein attraktiver, einfacher Nebenverdienst. "Oder haste' etwa auch Schiss vor Nestor? Also, nicht dass es ein Vorwurf wäre", er hob beschwichtigend die Hände, "Wärst einer von Vielen."

    Avianus nahm einen Schluck, bevor er zum Wesentlichen kam. Der Krug senkte sich wieder und landete mit dumpfen, hölzernem Klopfen übertönt vom sonstigen Gegröhle auf dem Tisch. "Da gibt's einen Typen... einen ganz bestimmten Typen, der sich hier in der Gegen 'nen Namen gemacht hat und vor vielen Jahren an einem Mord an so 'nem Patrizierschnösel beteiligt war."
    Er spielte ein wenig mit dem Aureus herum, um die Attraktivität dessen hervorzuheben. Die Münze funkelte im matten Licht der wenigen Fackeln im Raume. Er wurde leiser: "Nennt sich Nestor*. Hör zu, Du kriegst hier so Einiges mit... ich will alles über diesen Mann wissen und der kleine Freund gehört Dir. Einfach so." Er legte den Aureus auf den Tisch.


    Sim-Off:

    * Rahmeninformation zu Nestor: Hoch gefährlich, steckt in einer kriminellen Bande, ist der Mörder von Avianus' Vater, der Rest ist Kreativität des Schreibers überlassen. ;)




    Ad Manius Tiberius Durus
    Villa Tiberia
    Roma


    ______________________________


    Sei gegrüßt, Tiberius,


    leider werde ich zur von dir ausgerufenen Cena nicht erscheinen können. Ich hoffe du zeigst verständnis dafür, dass ich zum einberaumten Abend verhindert bin und nimmst meine Entschuldigung an.
    Ich werde jedoch versuchen, baldmöglichst mit Dir in Kontakt zu treten.


    Mögen die Götter über Dich wachen.



    Gez.
    Tiberius Aurelius Avianus


    Der Wirt war schnell zur Stelle. Avianus überlegte kurz und senkte nachdenklich den Kopf. Nicht darüber dachte er nach, was er trinken wolle. Als Wirt bekam man vieles mit von Leuten, die schon viel getrunken hatten und daher eine lockere Zunge hatten. So direkt konnte man ihn nicht fragen. Vielleicht aber würde der Kerl sich über einen leichten Nebenverdienst freuen.
    "Was zum trinken. Egal was", nuschelte er in seinen Dreitagebart hinein und zog einen glänzenden Aureus hervor, "Ich bezahle mit dem kleinen Freund hier. Ich will nur etwas Bestimmtes wissen..." Er sah den Wirt fragend an. Das Angebot stand.

    Oft tut auch der Unrecht, der nichts tut.
    Wer das Unrecht nicht verbietet, wenn er kann, der befiehlt es.

    - Marcus Aurelius


    Über die Straßen Roms hatte sich in jener Nacht eine unheilvolle Dunkelheit gelegt. Es war kalt, so dass der warme Atem schon beim Austritt aus den Mundwinkeln von der kalten Luft eingenommen und verdampft wurde. Mitten in der Nacht hörte man immer noch Lärm mitten in der Stadt, der aus allen Winkeln kam. Rom schlief nie. Vor allem die Subura mit ihren Bordellen und Spelunken und dem Unrat, der diese bevölkerte war zu dieser Zeit hell auf. Jeder normale, zivilisierte Mensch wollte hier nicht sein. Nicht zu dieser Kälte, nicht zu dieser Tageszeit und schon gar nicht alleine. Zu sehr hätte sich ein normaler Mensch gefürchtet, ausgeraubt und ermordet zu werden. Doch Avianus war kein normaler Mensch. Schon lange nicht mehr.
    So strich er erneut durch die Gassen der Subura, wie er es schon seit Monaten immer wieder tat. Gänzlich gewandelt, in einer schlichten Tunika, einem abgerissenen Kaputzenmantel und darunter ein geschärfter Dolch, den er ohne zu zögern einsetzen würde. Geschützt von der aufgelegten Kaputze und der Dunkelheit der Nacht würde niemand ohne Weiteres erkennen, wer er wirklich war. Er war in dieser Nacht ein niemand. In dieser Nacht gab es keinen Avianus.


    Er war nur in der Subura, weil wieder der Hass in ihm hochkam. Seit Monaten suchte er immer wieder nach den Mördern seines Vaters. Er war nie fündig geworden. Irgendwann, wusste er selber, würde ihn dieser Suche vielleicht in den eigenen Tod treiben. Aber er hatte ohnehin keine Angst davor, zu sterben. Und es war bis zu einem gewissen Grad sogar beruhigend... denn wenn man fest damit rechnete, dass man nicht mehr lange hätte, dann machte es einen frei, abzurechnen mit all jenen, die noch eine Rechnung bei einem offen hatten. So skrupellos war Avianus, zu allem imstande, während er geheimnisvoll durch die Gassen stapfte und anhielt, als er eine Spelunke erblickte. Die Lichter brannten von innen und die lauten Schreie und Prügeleien waren auf der Gasse deutlich hörbar. Der Aurelier wagte sich hinein in diese Lokalität, die man als Drecksloch bezeichnen mochte, in der Hoffnung, fündig zu werden. Unauffällig begab er sich so an die Theke des Wirtes. Man würde ihn bedienen... nicht nur mit Getränken.
    Vorsichtig sah sich Avianus um, erkundete seine Umgebung:
    Es stank nach Bier, billigem Wein und Kotze. Der Typ neben ihm stank auch wie ein Straßenköter. Einige Besoffene lachten schallend, eine Prügelei am anderen Ende der Spelunke, in der Ecke küsste sich ein Pärchen. Die anderen soffen weiter. Er war nicht aufgefallen, das war gut.

    Für Avianus war es höchste Zeit, ein Testament einzureichen, um über die Aufteilung seines Besitzes zu bestimmen. Der Tod nämlich, war ihm ein Begleiter, ein regelmäßiger Gast, ihm immer auf den Fersen an den Orten, an denen er sich herumtrieb und immer noch nach den Mördern seines Vaters suchte.
    So erreichte ein Bote der Gens Aurelia das Atrium Vestae und reichte das Testament ein, welches sein Herr geschrieben hatte.





    Testament


    Tiberius Aurelius Avianus


    Hiermit verfüge ich, Tiberius Aurelius Avianus, im vollen Beisein meiner geistigen Kräfte, über dieses Testament die Aufteilung meines Vermögens im Falle meines Ablebens.


    So sollen alle Grundstücke in meinem Besitz meinem treuen Vettern, Titus Aurelius Ursus, zukommen, auf dass sie ihm und seiner Familie von großem Nutzen sein mögen.
    Mein restliches Vermögen soll gerecht über alle Mitglieder der Gens Aurelia verteilt werden. Auch mein Patron, Spurius Purgitius Macer, soll in diese Verteilung miteinbezogen werden - als Dank für seine Unterstützung im Senat und für weisen Rat.


    Dieser Brief soll nach der Verteilung der Erbschaften der Gens Aurelia in Rom als Abschiedsschreiben überreicht werden.
    Wenn ihr diese Zeilen lest, meine lieben Familienmitglieder, werde ich in Elysium sein, wo auch mein Vater ist. Es schmerzt mich, euch kein großes Vermögen hinterlassen zu können, wie es unsere andere Vorfahren getan haben. Zu sehr hat mich die Politik beschäftigt, zu sehr habe ich danach gestrebt, die Verantwortlichen für Vaters Tod zu suchen. Die Suche war womöglich das, was mir das Leben gekostet hat.
    Ich hoffe, mein Ableben trifft euch nicht schwer - ich weiß, diese Zeilen lesen sich komisch. Doch wir werden uns wiedersehen. Eines Tages. Bis dahin jedoch möchte ich nicht, dass Ihr mir nachtrauert. Gedenkt, wie ich gelebt habe und nie, wie ich gestorben bin. Erfreut euch des langen und glücklichen und ruhmreichen Lebens, welches noch vor Euch steht. Trauert mir nicht nach, denn ich würde nie wollen, dass ihr meinetwegen traurig seid.


    Vergesst nicht, dass ich in Elysio auf Euch warten werde, doch noch ist Eure Zeit nicht gekommen.
    Mögen die Götter Euch jederzeit schützen und bewachen.




    "Dann ist wohl ein Gladiator, der den Schwertkampf lehrt und ein Centurio, der Disziplin beibringt die perfekte Kombination für einen Rekruten", schlussfolgerte Avianus und betrachtete kurz seine Hand. Seine Finger waren vom langen Baden schon verschrubbelt und durchzogen von kleinen Fältchen.
    "Patronus, sofern du mir nichts mehr sagen möchtest, denke ich, ist es Zeit, mich zu verabschieden", erhob sich Avianus.

    Auch Avianus bediente sich nun, nachdem Silana zugegriffen hatte und verzehrte genussvoll eine Dattel, während er seiner Geliebten beim Essen zusah. Er sah sie an und lächelte dabei, wie sie ihr essen kaute und am eingelegten Obst naschte. Sein Blick wollte nicht von ihr ablassen. Er hatte gar nicht gewusst, was sie bevorzugte, doch es aussah mochte sie die einfacheren Speisen. Wobei Avianus der Gedanke beschlich, dass sie nichts anderes gewohnt war. Doch nur so war es ihm Recht, wenn sie einfach diejenige war, die der Aurelier kennen und lieben gelernt hatte.
    "Ich könnte mir keinen besseren Moment für uns Beide vorstellen", lächelte auch er und ließ sich seinerseits erneut von ihrem Lächeln in seinen Bann ziehen. Er streichelte sanft ihre Wange. Anschließend nahm er einen Schluck falernen Wein und stellte ihn wieder auf den Tisch ab. "Ich möchte, dass Du immer bei mir bleibst. Meinst Du, Du musst heute Abend noch nach Hause? Würdest du bleiben?"


    Sim-Off:

    Ich hoffe, du bist nach meiner langen Pause noch aktiv. Tut mir leid, war einfach ein wenig stressig. Würdest du übrigens deinen PN-Posteingang leeren, bitte? :)

    Der Aurelier presste die Zähne zusammen und ließ kurz sein Hirn rattern. Langsam verstand er, was war. Langsam kam er dahinter, dass Nigrina ihn richtig ausfragte. So war es also! Sie fragte ihn aus! Und das taten meistens nur Frauen, die dahinter auch sehr gesprächig waren. Irgendwie musste Avianus versuchen, sich herauszunavigieren. Lügen konnte er ja als Politiker, ohne mit der Wimper zu zucken.
    "Seit ein paar Tagen." Das war zwar eine knappe Aussage, aber keine Lüge. Er war nun gefasst auf jede weitere Frage. Und die Fragen wurden bestimmt nicht besser...

    Avianus hatte sich in der folgenden Diskussion sehr zurückgehalten. Zu schwierig war es, sich als einziger durchzusetzen wo niemand seine Meinung vertrat. Er selbst hatte zwar nichts dagegen, wenn dieser Cornelius Palma dank seines Werdegangs. Und ob der Argumentation, dass sie sich für das Wohl Roms einsetzten, musste sich Avianus doch eine unbedingt nötige Frage stellen: Wozu war er hier, wenn nicht zum Wohle Roms? Und was würde er Rom als toter Mann bringen? Nichts. Und war es wirklich eine kluge Idee, sein Leben in die Hände eines Mannes zu legen, in dessen Antlitz er nie geschaut hatte! Für ihn nicht. Nein, für ihn waren die Dinge klar. Er kannte Lucianus und dieser war ein ehrbarer Mann, ohne Zweifel fähig und würdig für den Kaisertitel. Letzten Endes wollte sich für die interessesen des Staates möglichst als lebender Mann einsetzen. In Palma zu vertrauen war für ihn Glücksspiel. So, wie jemandem auf der Straße ein Messer zu geben und hoffen, dass man nicht abgestochen wurde. Ja, so war es für ihn!


    "Mein Vertrauen geht nach wie vor an Vinicius Lucianus. Mein Standpunkt ist klar. Kein Glücksspiel, ich vertraue niemandem den ich nicht kenne."

    Avianus nickte bedächtig. Ja, die Legion war aus militärischer Sicht ein reines Erfolgskonzept und der Neid anderer Völker. Er hätte sich denken können, dass man langfährige, erfahrene Kämpfer brauchte, um diesen Standard zu halten. "Ob es wohl an die Qualität richtiger Ausbilder heranreicht? Was meinst du, Patronus? Kann ein ehemaliger Gladiator einem Offizier das Wasser reichen? Ich meine, von der Kampfkraft her. Unsere Centuriones können etwas mehr, nämlich Disziplin vermitteln. Diese hat uns gebracht, wo wir heute sind." Interessiert sah er den Purgitier an. Der Mann hatte Erfahrung im Militär und würde sich mit der Frage des Aureliers wohl nicht schwer tun!


    "Und die nächsten großen Kämpfe", echote er, "Ich denke mal, das werden meine Spiele sein!*"



    Sim-Off:

    Ich gehe mal von einer Zeitebene vor den Spielen aus. ;)

    Ihr Gesichtsausdruck gefror und ihre Miene drückte aus, was Avianus schon vermutet hatte - ihr passte etwas nicht. Ihr passte etwas ganz und gar nicht! Ja, und er konnte sich schon denken, dass es der Umstand war, dass es keine rassige Patrizierin war, welche die Glückliche war. Aber das waren nur Vermutungen. Nigrina konnte man nicht viel anmerken, aber für Avianus war ein eindeutiges Signal gegeben, mit seinen Informationen ein wenig vorsichtiger umzuspringen. Denn bei aller Liebe zum weiblichen Geschlecht wusste er doch letzten Endes vor allem Eines: Was in die Ohren drang, kam über die Lippen wieder nach außen. Überall, zu jeder Zeit.
    Nun, merkwürdig war es schon ein wenig, dass es ausgerechnet eine Frau aus der Bürgerschicht Roms war. Dass es keine Patrizierin war, mit der er eine Bindung zu einer anderen einflussreichen Familie stärken konnte. Die ihn hätte politisch weiterbringen können. Silana konnte ihm das alles nicht bieten. Doch all dies wollte Avianus nicht, den er er hatte eine Frau mit anderen Qualitäten. Aber dies wollte vielleicht niemand wahr haben.


    Der Aurelier nahm mit einem freundlichen Nicken Platz, als Nigrina vorschlug, dass sie sich setzten. "Du hast Recht. Mir schmerzen auch schon die Beine", machte er wieder einen auf Kavallier und setzte dabei ein Lächeln auf, "Nun, ich habe sie vor dem Tempel der Venus kennengelernt. Wir sind dort zufällig zusammengestoßen." Ob Nigrina daraus jetzt einen Zufall oder göttliche Vorsehung interpretierte, war natürlich gänzlich ihr überlassen. Für Avianus war es der Wille der Liebesgöttin, gegen den er sich nicht stellen konnte, auch wenn er wollte. "Sie selbst ist allerdings erst seit Kurzem in Rom und hat vorher in einem Landgut gelebt."

    Das waren nun viele verschiedene Kombinationen, die Avianus nicht erahnt hätte. Aber es war durchaus interessant - Rennen boten möglicherweise viel mehr Möglichkeiten, als er selbst erahnt hätte. So ganz uninteressant schien das also nicht!
    "Manchmal schon, aber nicht zwingend", erklärte Avianus, "Ältere Gladiatoren geben ihr Wissen auch gerne weiter und bereiten die Anfänger vor. Aber im Kampf muss schließlich jeder seine eigenen Erfahrungen machen. Dort hat man den Lehrer nicht mehr."

    Avianus hatte sich an jenem Abend bis zum eigentlichen Hauptthema eher schweigsam gegeben und tat dies auch weiterhin, als die Nachspeise serviert wurde und man sich daran bedienen konnte. Es ging um ein nicht unerhebliches Thema, die Nachfolge des Kaisers, wenn sie die Tat und den Sturm danach überlebten und dem Treiben des Praefectus Urbi ein Ende setzten. Er lauschte den Worten des Tiberiers sehr aufmerksam und ließ dafür auch das Essen beiseite liegen. Der mögliche Kandidat schien sehr geeignet als neuer Kaiser, doch beherbarg dies auch ein kleines Risiko, was Bedenken in ihm hervorrief. Sie mussten den Mann erst noch einweihen, würden jemanden auf den Kaiserthron setzen, dessen Intentionen sie noch gar nicht so genau kannten, war der Werdegang noch so üppig gefüllt mit hochdekorierten Ämtern. Kurzum: Der Mann bot sich an und schien fähig zu sein, aber er hatte keine Ahnung von der Verschwörung und man konnte nie wissen, ob so weit gehen würde. Oder ob er nicht letzten Endes dafür sorgte, dass sie alle ans Kreuz genagelt wurden.


    Nachdem Lucianus sich geäußert hatte und der Sohn von Durus auf die Bildfläche trat, wartete Avianus einen kurzen Moment, blickte sich um, ob jemand etwas sagen wollte.
    "Ich spreche mich eher dafür aus, Vinicius als neuen Kaiser einzusetzen", ergriff er anschließend das Wort, "Zuerst bin ich vollkommen davon überzeugt, dass Vinicius ein fähiger und über alle Zweifel erhabener Kaiser wäre, zum anderen habe ich Bedenken bei dem anderen vorgeschlagenen Kandidaten: Du erwähntest, Tiberius, dass er nicht eingeweiht in unsere Verschwörung sei. Darin sehe ich ein unnötiges Risiko. Und selbst wenn er uns nicht vorzeitig aufdeckt, so habe ich trotz des ruhmreichen Werdegangs die Befürchtung, dass wir seine wahren Intentionen nur schlecht sehen können, wenn wir ihn nicht alle besser kennen. Wer garantiert uns, dass er uns nicht alle hinrichten lässt, wenn wir ihm nicht mehr von Nutzen sind?"

    Während sie nun hier lagen und einige Worte miteinander wechselten, kamen schon die Sklaven mit den Vorspeisen hinein und servierten diese ordentlich auf der Mensa, dem Essenstisch in der Mitte der drei Liegen. Immer mehr füllte sich der Tisch mit einer reichhaltigen Auswahl an nahrhaften Vorspeisen. Dabei waren gewöhnliche Vorspeisen wie Brot, Käse und andere nicht einmal wirklich nennenswert - viel Besonderer waren da die teueren Datteln und der falerne Wein, welcher den Beiden ausgeschenkt wurde. Dann stand da eingelegtes Obst und eine Auswahl an anderen Obstsorten bereit. Da er noch gar nicht wusste, was Silana gerne aß, hatte er eben für jeden Geschmack etwas vorbereiten lassen.


    Doch Avianus überließ es dem Gast, zuerst zuzugreifen und ließ auch den Wein auf dem Tisch stehen. "Nein, das weiß noch niemand", schüttelte er den Kopf, aber nichts trübte seine Freude, "Aber sie werden alles noch früh genug erfahren. Ich warte sozusagen auf den richtigen Moment, damit herauszurücken." Aber wann war schon der richtige Moment, dachte er sich nebenbei...

    Da hatte Macer wohl oder übel auch recht. Selbst junge Gladiatoren konnte es bei den gefährlichen Kämpfen übel erwischen und wenn ihnen ihr Leben bleib, waren sie oftmals dauerhaft verletzt. Wer dauerhaft verletzt war, kämpfte nicht mehr so glanzvoll und konnte sich schwerer die Gunst der großen Menge in der Arena sichern. "Das würde ich so nicht sagen... zumindest stelle ich mir das nicht trivial vor, einen Wagen zu lenken", wandte Avianus ein, "Vielleicht mag es einfach sein, herumzufahren, doch muss ein Wagenlenker nicht lernen, wie er sich zu verhalten hat, wie er ideal lenkt und wie sich sein Wagen verhält oder wie er seine Gegenstreiter überlistet? Unterscheidet das einen erfolgreichen Fahrer nicht von allen anderen, die das, was sie haben, nicht einsetzen können? Kann ein erfolgreicher Fahrer nicht irgendwann vom Wagen fallen und sich lähmen?" Er hatte ja keine Ahnung von Rennen, aber seine Behauptung schien ihm nur allzu logisch.

    Natürlich war Avianus auch eingeladen und zog es natürlich in Erwägung, zu einem derart wichtigen Treffen auch zu erscheinen. Denn es ging nicht nur um ein einfaches Treffen, nein, es war nicht einmal eine einfache, kleine politische Verbrüderung gegen einen unbliebsamen Mitsenator. Viel mehr war es als das: Es war eine Verschwörung großen Ausmaßes. Es war eine Verschwörung, die Rom verändern konnte. Oder sollte man eher sagen, die Rom retten musste?
    Avianus kam nicht ganz rechtzeitig an, doch rechtzeitig genug, um sein späteres Kommen noch als charmant durchgehen zu lassen. Er wurde von einem Diener des tiberischen Hauses in das Triclinium geführt, just als die Worte des ehemaligen Consulars verschallt waren.


    "Die Ruhe vor dem Sturm, möchte man meinen", wandte er im Hineingehen ein und grüßte, wie es sich gebührte, nach Rangfolge der Anwesenden: "Salve, Tiberius. Salve Vinicius." Er machte eine Pause, wandte sich dann den anderen beiden Gästen und Mitverschwörern zu. "Salve Flavius. Salve Sextus." Lupus konnte er immerhin persönlich grüßen. Wegen der familiären Bindung, wenn man es so sagen konnte. Doch im Grunde waren sie alle im selben Boot, verschworen gegen einen Feind, der mächtig war und auch ihr Ende bedeuten konnte, würde ihr Unterfangen scheitern.
    Diesen Ernst der Lage immer im Hinterkopf, ließ sich der Aurelier seinen Platz zeigen und legte sich hin.