Beiträge von Emilía Bantotakis

    "Chaire Nikolaos, Penelope ist, soviel ich weiß, daheim. Sie wird Anthimos bei seinen Wettkämpfen nicht zusehen." Emi lächelte ihm freundlich zu und antwortete höflich, allerdings auch kurz ab. Sie wußte nicht, warum sich Nikolaos und Anthi nicht mochten, aber ihr war sehr wohl bewußt, dass Anthi der Meinung war NIkolaos wäre in Pelo verliebt. Oder es mal gewesen. Dementsprechend wollte sie nicht allzu viel über die Beziehung ihres Cousins erzählen, nicht, dass es da noch weitere Reibereien gab.


    "Ich glaube ich freue mich auf beiden Wettkämpfe gleich viel, wobei ich als Preisrichterin den musischen unter ganz anderen Gesichtspunkten verfolgen werde. Bei den körperlichen Wettkämpfen dagegen brauche ich nur zugucken und ich hoffe sehr, dass mein Cousin gut abschneidet. Ich glaueb Wazeb könnte ein ernstzunehmender Gegner sein, er wirkt recht einschüchternd auf mich. Hast du einen bestimmten Favoriten?"

    Es begann. Oder besser, es war in vollem Gange. Und von Nike weiterhin keine Spur. Aus sorglosem Vertrauen, die ältere Schwester würde schon noch rechtzeitig Auftauchen, war mittlerweile erboste Peinlichkeit geworden. Wie konnte sie es wagen, einfach nicht zu erscheinen? Was hatte sie aufgehalten? War ihr etwas passiert? Die junge Frau mit den zwei unterschiedlichen Augenfarben hoffte es, denn das wäre die einzige plausible Erklärung, die sie Nike durchgehen lassen würde. So eine Ehre auszuschlagen! Emi schämte sich ja glatt - und das passierte äußerst selten.


    Allerdings konzentrierte sie sich dann doch und hörte sich aufmerksam und äußerlich so unbeeindruckt wie sie konnte die Darbietungen an. Es gab viele gute Stimmen, viele gute Dichter, viele gute Musiker und es war schwer für Emi die kleinen Fehler zu entdecken. Denn sie war weder Musikerin noch Dichterin und eine gute Singstimme hatte sie auch nicht, daher kannte sie sich nicht damit aus. Wußte nicht, worauf sie achten sollte. Und so gab es für sie nur ein Entscheidungskriterium, nämlich, was sie am meisten berührte und was sie - ganz schlicht und ergreifend - am schönsten fand.


    Also blieb ihr nichts weiter über, als sich alles anzusehen und anzuhören. Obwohl sie natürlich gerade bei Penelope genauer hinhörte und wirklich beeindruckt war. Gelegentlich hatte sie Musik im Haus gehört, aber noch nie hatte sie ihre Verwandte so erlebt. Es war herrlich zu beobachten, wie mutig sie war! Da vor allen zu stehen und so hervorragend zu spielen. Beeindruckend.

    "Ja, da hast du völlig Recht. So müssen wir unsere Sympathien nicht aufteilen und können mitfiebern. Obwohl, ich muß sagen, dieser Wazeb sieht mir wie ernstzunehmende Konkurrenz aus. Mich würde interessieren in welchen unterschiedlichen Disziplinen die beiden aufeinander treffen werden." Emi grinste und blickte noch mal über die allesamt mehr oder minder nackten Männer. Ein Festtag war das heute! "Schade, dass Penelope nicht kommt. Aber so wie ich das verstanden hab, will sie Anthi nicht zusehen." Hier seufzte Emilía einmal gespielt theatralisch, denn sie fand es etwas seltsam von Pelo, dass sie ihren Ehemann nicht anfeuerte. Zudem kam, dass die beiden Frauen keine rechte Freundschaft verband, irgendwie hatte es alles schon falsch angefangen und Emi wurde das Gefühl nicht los, mit der werdenden Mutter einfach nicht warm zu werden.


    "Vielleicht. Ich meine, wir wurden gebeten uns zurück zu halten, wenn Pelo auftritt und ihr nicht von vornherein positiv eingestellt zu sein. Ich meine, es ist natürlich absolut verständlich, dass es auffällt wenn sie unser beiden Stimmen hat. Andererseits ..." hier senkte Emi ihre Stimme verschwörerisch "... wenn ich Pelo für die Beste von allen halte, dann bewerte ich auch so. Mir egal ob Nikolaos oder wer sonst auch immer mit dann Vetternwirtschaft vorwirft. Als wenn die Männer das nicht schon seit Generationen so machen würden!" An dieser Stelle grinste der Lockenkopf dann wieder. Ja, sie hatte ihre Meinung und den nötigen Dickkopf, diese auch zu vertreten. Aber das wußte Pasiphaë wahrscheinlich schon längst.

    "Schade, dass Timos nicht auch antritt. Es wäre sicherlich interessant gewesen.""Manchmal? Nur manchmal?" Emi grinste und schüttelte leicht belustigt den Kopf, so dass sich einige Locken lustig hin und her bewegten. "Also ich glaube ich freue mich auf beides gleich. Der gymnische Wettstreit ist allerdings viel eher was zum zugucken und beim musischen werd ich ganz genau hinhören müssen. Berenike und ich sind als Preisrichterinnen gelost worden, das ist eine große Ehre meint Nikolaos."


    Apropo, der Gymnasiarchos kam gerade in Begleitung einer jungen Römerin auf die Tribüne und Emi hoffte er würde nicht bemerken, dass sie Pasiphaë hier oben mehr oder minder hinausgeschmuggelt hatte. Daher wandte sie sich wieder nach vorne und beobachtete Wazeb. Neben ihrem Cousin errechnete sie ihm die größten Chancen, seine dunkle Haut glitzerte in der Sonne und sie konnte sie trainierten Muskeln darunter sehen. Fast wie bei der schwarzen Katze, die sie immer wieder in der Nähe ihres Hauses herumstromern sah. Nur, dass die Katze nicht so gut ernährt und gepflegt war, eine Straßenkatze eben. Aber muskulös war sie, sehr sogar. Mit kleinen Rissen an den Ohren, wahrscheinlich von einigen revierkämpfen. Ob Wazeb auch Narben hatte?

    Auch Emilía gesellte sich nun zu den Menschen, die den musischen Wettstreit verfolgen wollte, allerdings blieb ihr als Preisrichterin die Ehrenplätze vorbehalten. Sie schaute sich einmal noch um, doch von ihrer Schwester keine Spur, was ihr langsam aber sicher missfiel. Sie würde doch diese Ehre nicht ausschlagen und einfach nicht erscheinen!? Nein, das konnte sie nicht tun. Das wäre unvorstellbar. Unhöflich. Undankbar und einfach eine Frechheit. Eigenschaften die sie ihrer Schwester nicht zuschrieb und so hoffte Emi einfach, dass Nike so schnell wie möglich auftauchen würde. Sorgsam schritt sie die Reihen ab und erkannte Nikolaos, der gerade im Gespräch war und sie sah auch Pelo, der sie kurz zuwinkte. Das war dann aber auch die einzige Reaktion ihrer Verwandten gegenüber, schließlich wollte sie nicht parteiisch wirken, darauf hatte man sie ja extra hingewiesen.


    Sollte sie sich noch zu einem Gespräch hinzugesellen? Oder lieber schon Platz nehmen? Emi zögerte einen Moment und entschied sich dann für letzteres, es machte eh den Eindruck, als ginge es bald los.

    Emi nickte, stand auf und holte ein Tablett mit allerlei Getränken und Knabbereien, darunter Wein, Obstsaft und Wasser und dazu getrocknete Früchte aber auch frisches Obst. Sie stellte es auf den Tisch und verdünnte sich dann etwas Saft mit Wasser und setzte sich wieder. Vorsorglich stellte sie den Becher etwas weiter weg und machte zuerst die Urkunde fertig.


    "Also entweder gehe ich kurz zu Anthimos und lasse sie unterschreiben oder ich bringe sie dir vorbei, wenn er sie unterschrieben hat. Ganz wie du möchtest.." Emi grinste.


    "Ja, eine Marmorstatue, das kenn ich. Aber dann schnapp ich mir mein Schreibzeug und wander über den Markt und kontrolliere die Stände oder hab einfach nur meine Augen offen. Als Frau fällt das gar nicht so auf, wenn man sich die Waren genauer anguckt, das hilft ungemein."

    "Ja wirklich." Emi kicherte. "Ist dir denn nicht aufgefallen, dass diesmal zwei Bantotakinnen dabei sind? Meine Schwester und ich." Irgendwie hatte Emi ja gehofft, dass es für mehr Aufsehen sorgen würde, wenn gleich zwei aus der Familie die Ephebia machten. Zumal ja Pasi auch dabei war, aber ihren Namen hörte man ja nicht an, dass sie zur Familie gehörte. Noch nicht. Emi grinste wieder. Und dann fiel es ihr ein, sie hatte sie ja gar nicht vorgestellt. Wie sollte die Scriba da auch wissen, wer sie war!? "Bei den Göttern, wie unhöflich. Ich habe mich gar nicht vorgestellt. Emilía Bantotakis. Freut mich sehr."


    Dann nickte sie, das mit den Briefen und Listen und Formalitäten kannte sie auch. Ànthimos war ein sehr engagierter Mensch und erwartete vollen Eisnatz von seinen Scriba, wobei den anderen manchmal sehr deutlich die Lust fehlte. Etwas, dass Emi zwar auch kannte, aber niemals zugeben würde. Dazu war sie zu stolz und würde eine solche Schikane nicht vor ihrem Cousin akzeptieren. Sie war schließlich auch dankbar, dass er sie eingestellt hatte. Es störte sie nicht weiter, dass sich Axilla auf ihren Tisch setzte, sowas hätte sie auch gemacht - da hatte sie gar ncihts gegen. Zumal keine wichtigen Listen auf ihrem Tisch lagen.


    "Wenn du jetzt keine Eile hast, dann kann ich uns was zu trinken holen. Wenn du magst. Ein bisschen plaudern muß auch mal sein, von Scriba zu Scriba." Ein Lächeln. "Ich bin auch froh, dass ich bei Ànthi untergekommen bin. Es macht sehr großen Spaß, auch wenn es manchmal sehr langweilig ist. Letztens habe ich zwei Tage meines Lebens geopfert um die Sortierung von Papyrusrollen zu kontrollieren. Jede Rolle öffnen, nachsehen was drauf steht, richtig einsortieren und nach Aktualität zusammenlegen. Zwei Tage lang! Nur damit die anderen Holzköpfe es wieder durcheinander bringen können." Sie seufzte gespielt theatralisch und grinste dann.

    Emilía hatte sich einen der begehrtesten Plätze gesichert, sie durfte nämlich von der Ehrentribüne aus zusehen, schließlich war sie Preisrichterin. Sie sah Pasiphaë in ihrer Nähe und auf sie zugehen und hatte diese in einem unbeachteten Moment zu sich geholt, es war niemandem aufgefallen - vielleicht hielt man sie ja auch für Nike, die mit Abwesenheit glänzte. Emi war froh Gesellschaft zu haben und machte es sich auf einer der zahlreichen Sitzgelegenheiten bequem, während ihre Augen bei Cleonymus hängen blieben. Er erklärte die Regeln und jetzt würden die Athleten bald anfangen, darauf freute sich Emi besonders. Sie würde ihren Cousin natürlich anfeuern. Und sich die anderen Mitstreiter ganz genau ansehen.


    "Und, Pasiphaë, freust du dich eher auf den athletischen oder musischen Wettstreit? Ich bin ja sehr gespannt wie meine Verwandtschaft abschneidet."


    Wie gewohnt plapperte Emi einfach rauflos und begann so ein unverfängliches Gespräch. Zu den delikaten Gesprächsthemen würde man noch früh genug kommen.

    "Äh, ja, stimmt. Das sagtest du ja." Die junge Bantotakin lächelte entschuldigend und hoffte, man würde ihre Unachtsamkeit nicht übel nehmen. Sie hätte besser zuhören sollen, zu dumm aber auch. Aber dafür wurde sie spätestens bei dem fast schon magischen Wort "Gymnasiarchos" hellhörig. Sie war seine Scriba? Interessant. Ein Fernhandel? Sehr interessant. Dabei hatte er doch erst letztens Grundstück und Taverna verschenkt und wollte nun also einen neuen Handel eröffnen. Emi grinste und nickte, langte nach den entsprechenden Schriftstücken und versuchte so beiläufig wie möglich ein Gespräch anzufangen.


    "Das ist ja ein Zufall! Der Gymnasiarchos ist mein Lehrer, weißt du, ich mache grade die Ephebia. Und bis dahin bin ich die Scriba von Anthimos Bantotakis, du kennst ihn sicher. Wie ist denn der Gymnasiarchos so?"


    Sie schenkte der jungen Frau noch ein unschuldigen Lächeln und fügte beiläufig die ersten Daten auf das Pergament.

    Emi schaute von ihrer Arbeit hoch und lächelte die junge Frau an, die vor ihrem Schreibtisch stand. Sie waren sich bisher noch nicht begegnet und automatisch grinste Emilía, sie konnte einfach nicht anders. Hoffentlich gab es etwas interessantes zu tun.


    "Chaire, kann ich dir weiterhelfen?" fragte sie freundlich.

    natürlich verfiel auch Emilía in Applaus, als die Rede zu Ende war und die Spiele offiziell eröffnet. Welch eine Aufregung! Das Hochgefühl, dass die Einwohner und Beobachter ergriffen hatte, war fast greifbar und machte sich in Beifallsbekundungen, Applaus und lauten Zurufen Luft. Das war natürlich was ganz anderes als die kleinen Feste, die Emi noch aus ihrer Heimat kannte. Das hier war groß, immens, erstaunlich und überragend. Und sie war ein Teil davon! Nike und sie würden als Richterinnen auftreten! Emi, als kleine Zunge an der Waagschale über Sieg oder Niederlage. Sie grinste. Lustige Vorstellung. Aber sie freute sich sehr und war stolz, dass Nikolaos sie dafür vorgeschlagen hatte. Er musste viel auf sie halten, wenn er ihr das schon zutraute.


    Aber nun trat Cleonymus nach vorne und sagte noch ein paar Worte, bevor er die ersten Wettkämpfe ankündigte. Emi nickte freudig, jetzt würde sie ein paar Athleten beobachten können. Sie grinste. Gymnischen Pentathlon - lecker.

    Autsch! Da sagte sie erst tagelang nichts (jedenfalls kam es Emi so vor) und dann direkt sowas. Ihr Kof schnellte zu Pasiphaë, so dass ihre Locken lustig hin und her wogten. Einen Moment musterte sie die neue Freundin der Familie, die ihr in der kurzen Zeit schon so vertraut geworden war. Ja ja, das hatte man davon, wenn man die Meinung von anderen hören wollte. Sie lächelte sanft und nickte.


    "Du hast Recht, eine Heirat ist wichtig und ernst und entscheidet über das restliche Leben." Ein kurzer Blick zu ihrer Schwester, die wahrscheinlich am besten verstand was Emi meinte. "Nikolaos ist aufgrund seiner Stellung in der Polis wohl das, was ein Fischer einen guten Fang nennt. Er ist reich und mächtig, er hat reiche und mächtige Feinde. Ich versteh das und bin mir der Gefahren bewußt. Auch, wenn ich nicht den Eindruck mache." Sie grinste wieder und blickte alle drei Frauen an, während sie noch etwas trank und dann wieder das Wort erhob. "Es gibt vieles, dass dagegen spricht, nicht zuletzt, dass Anthi ihn anscheinend wirklich nicht leiden kann. Es gibt aber auch vieles, dass dafür spricht. Außerdem kann Timos darüber sowieso frei verfügen, wenn er es für das richtige hält, wird es wohl geschehen. Auch wenn man immer noch versuchen könnte ihn davon abzubringen, die Frage ist nur, ob ich das sollte. Mit Nikolaos als Ehemann haben meine Kinder alles was sie jemals brauchen könnten, sie kriegen eine hervorragende Bildung, wachsen sicher und behütet auf und werden es sicherlich weit bringen. Und ich werde ihnen schon einbläuen, wem sie das zu verdanken haben. Wo doch allgemein bekannt ist, dass die bantotakischen Frauen hervorragende Männer zur Welt bringen." Auch hier nochmal ein schelmisches Grinsen.

    Nach einer Weile sollten die Spiele offiziell eröffnet werden und Emilía ging, wie die meisten Menschen auch, um dabei zuzusehen. Sie gesellte sich neben ihre Familie und beobachtete Nikolaos, der sich umgezogen und nochmal zurecht gemacht hatte, dabei wie er gewissenhaft die Opferrituale vollzog. Er sah ernst und gewissenhaft aus und legte eine große Sorgfalt an den Tag, die Opferhelfer hatten sicherlich keinen einfachen Tag heute. Aber Emi gefiel das, zeugte es doch davon, dass Nikolaos gewissenhaft war und sich nicht darum scherte, ob er es den anderen damit leicht machte oder nicht. Diese Rücksichtslosigkeit hatte ihm sicherlich sehr geholfen das zu erreichen, was er heute war. Seine Stellung und sein Reichtum kamen immerhin nicht von ungefähr, so blauäugig war Emi wirklich nicht.


    Das Opfer nahm seinen Lauf und während sie von einem Bein aufs andere wippte (nie wieder neue Schuhe zu einem besonderen Anlass!) beobachtete Emi weiterhin alles sehr gewissenhaft.

    Der Tag plätscherte dahin, ebenso wie das Gespräch. Emi hielt sich für eine Weile im Hintergrund und beobachtete versteckt die Menschen um sich herum, ergötzte sich an den Aufmachungen der Männer und Frauen und genoß den ein oder anderen Anblick eines Athleten. Timos hatte sie umarmt und Pasi schien wieder einmal sehr ruhig, viel lieber hätte sich Emi nun mit ihr verdrückt und heimlich über die vielen Eindrücke gesprochen. Aber das wäre unhöflich gewesen und man mochte dem Lockenkopf ja vieles nachsagen, aber höflich war sie immer. Also stand sie brav daneben und sinnierte ihre eigenen, kleinen Gedanken, lächelte selig und ließ die Männer die ach so wichtigen Dinge besprechen.

    Emilía war - kurz gesagt - komplett sprachlos. Sie nickte zwar immer mal wieder um ihrem Cousin zu zeigen, dass sie aufmerksam zuhörte, aber ihre manchmal recht bildliche Vorstellungskraft ging dabei mit ihr durch. Ihre Mutter hatte sich in den Freitod gerettet, ihre Cousind dem Tode nahe, der Selbstaufgabe nur noch wenige Augenschläge entfernt gewesen. Und dann kam die Wende. Zum Guten. Sie lächelte. Soviel Glück musste man erstmal haben. Es amüsierte sie wie er über Penelope sprach und brüskierte sie keineswegs, auch wenn es das wahrscheinlich sollte. Aber sie sah das etwas gelassener und es war ja auch nur Anthi, der brauchte sich da vor ihr nicht schämen. Selbstverständlich war sie, da sie ja unverheiratet war, noch Jungfrau, allerdings war sie mit vielen Geschwistern und einer generell sehr lockeren Familie aufgewachsen. Sie hatte genug aufgeschnappt um sich ihre eigene Meinung bilden zu können.


    "Weißt du, manchmal glaube ich, dass die Götter einen extra so leiden lassen. Damit man das Gute, dass sie einem hinterher gewähren auch wirklich zu schätzen weiß. Die Bantotaken sind eine große und starke Familie geworden und bald werden wir die nächste Generation begrüßen dürfen." Sie grinste den werdenden Vater an. "Du darfst zu Recht stolz sein auf das was ihr bisher geleistet habt. Ich bin jedenfalls sehr stolz eine Bantotakin zu sein und einen so tollen Cousin zu haben. Stell dir nur mal vor, wenn du Enkel und Großenkel hast, dann kannst du ihnen schauerlichen Geschichten von der See erzählen." Sie kicherte und versuchte sich Anthi mit einem zauseligen, weißen Bart und faltiger Haut vorzustellen.

    Oooh, Frauen. Kaum waren die männlichen Bantotaken aus dem Zimmer sprachen die Frauen viel, viel mehr als vorher. Und ausgiebig wurde über die von Timos vorgeschlagene Hochzeit diskutiert und ganz besonders, nein, eigentlich nur über den Kandidaten. Emi schaute von einer dunkelhaarigen zur nächsten und lächelte, nickte und dachte nach. Emilía Kerykes. Klang seltsam. Richtig seltsam, irgendwie. Sehr ungewohnt.


    Sie hörte aufmerksam zu was die anderen drei zu sagen hatten und da waren einige sehr gute Argumente darunter. Jede von ihnen hatte andere Erfahrungen gesammelt die mal mehr oder weniger ihre Meinung beeinflussten. Interessant war vor allem, dass alle drei Emi ganz anders einschätzten als sie sich selber. Sie sah in Nikolaos eine gute Partie und ganz wie Pasiphaë es gesagt hatte, vielleicht würde sie sich irgendwann einmal ärgern, wenn sie sich die Chance entgehen ließ. Natürlich würde es ihr nicht gefallen ihre Familie und dieses Heim zu verlassen, in dem sie sich so wohl fühlte. Wahrscheinlich wäre sie in Basileia auch ziemlich schnell ziemlich einsam, der goldene Käfig war nun mal ein Käfig. Ihre eigene Sicherheit und die späterer Kinder war sehr, sehr wichtig und darunter würden sie leiden. Dann könnte sie nicht mehr spontan über den Markt schlendern und sich neue Kleider kaufen. Wenn sie allerdings einen weniger reichen und weniger mächtigen Mann heiraten würde, gäbe es diese Freiheiten noch. Und sie würde sich nicht mit der Politik, den Intrigen und den Machenschaften hinter anderer Leute Rücken kümmern müssen, denn damit verbrachte Nikolaos anscheinend viel Zeit. Seine Spielchen, so hatte es Pelo ausgedrückt, denen müsse sie gewachsen sein. Und auch Pasiphaë und Nike sagten viele wichtige Dinge, auf die sie selber wahrscheinlich so gar nicht gekommen wäre.


    "Also, ob er mir diese Freiheiten gibt, kann keiner von uns sagen. Das wird sich herausstellen und selbst wenn er das vor der Hochzeit zusichert, heißt es noch lange nicht, dass es auch so stattfinden wird. Seinen eigentlichen Charakter finde ich wohl erst nach der Hochzeit raus, egal wie gut wir uns im Vorfeld informieren. Allerdings bin ich absolut dafür, dass wir Timos dazu bringen uns dorthin einzuladen." Emi nickte freudig. "Dann schauen wir gleich mal wie golden der Käfig wirklich ist." Sie grinste schelmisch.


    Ja, wenn die drei dachten sie würde die Situation nicht wirklich ernst nehmen, dann hatten sie diesen Eindruck wohl zu Recht. Emilía war nun mal ein Hitzkopf mit felsenfester Meinung und sie dachte meistens erst, nachdem sie gesprochen hatte. Obwohl ihr weder die Fähigkeit zu politischem Kalkül fehlte war es einfach mehr in ihrer Natur eine unbekümmerte und fröhliche Frau zu sein. Und so konnte man durchaus Bedenken haben, ob sie die Richtige für einen Gymnasiarchen war.

    Sim-Off:

    oh mist, das mit kiya ist mir gar nicht aufgefallen. mhh, aber du hast recht, es stört ja eigentlich auch nicht weiter. dann lass ich nike und pasi mal und schreib dann... will ja nicht drängeln ;)

    Emi schüttelte den Kopf und blickte zu ihrer Schwester. Ging es nur ihr so oder hörte sie sehr wohl die schlimmen Erfahrungen heruas, die ihre Schwester gemacht hatte. Sie klang ernst, sehr ernst und warnte sie ganz klar vor den Dingen, nach deren Gesichtspunkt der eigene Vater ausgewählt hatte. Der Lockenkopf lächelte ihr aufmunternd zu und versuchte ihr und auch sich selbst die Situation besser zu ergründen.


    "Wer könnte denn richtiger sein? Heiraten muß ich so oder so und unser Vater hat deutlich gemacht, dass Timos da das Entscheidungsrecht bekommt. Ich durfte nur hier hin reisen mit der Prämisse, dass ich eine gewisse Bildung erkenne. Ich bin schon so alt und es wird Zeit. Auch wenn es nicht das Erste war, dass ich mir gewünscht hab als ich hergekommen bin. Das geb ich ja zu." Sie grinste. Es hätte ihr ehrlich gesagt besser gefallen, wäre ihr noch mehr Zeit gegönnt gewesen. Aber eine solche Chance bekam man nicht zweimal im Leben. "Ja, es wäre ein goldener Käfig. Ein Käfig mit massenhaft Gold außen rum und innen drin. Nikolaos ist reich und mächtig, sein Ansehen würde auf die Familie abfärben und Timos und Anthi sicherlich weiterhelfen, darum geht es doch bei der Sache. Er ist gelehrt und soweit ich ihn bisher kennengelernt hab ganz nett. Was kann man denn mehr verlangen?" Sie blickte die drei Frauen an, wovon zwei von ihnen verheiratet waren und ihr wahrscheinlich auch zwei sehr unterschiedliche Ansichten von der Ehe als solcher darboten. Pasiphaë war unverheiratet und beteiligte sich kaum an der Diskussion, was Emi schade fand. Sie kannte die Frau zwar noch nicht so gut, aber dennoch hätte ihre Meinung sie interessiert. Daher blickte sie sie unumwunden mit einem fragenden Blick an.


    Dann allerdings richtete sich ihre Aufmerksamkeit doch wieder zu Pelo, die gerade keine unwichtigen Details erzählte. Sie war die einzige von ihnen, die aus Alexandria stammte und somit mehr wußte über Nikolaos. "Opium?" Emi zog eine Schnute. "Verkauft er es oder konsumiert er es? Und was für Gerede gibt es noch? Vielleicht sollte man sich mal ganz genau über ihn umhören, hat er Sklaven oder Sklavinnen? Dann könnte sich vielleicht Kiya bei ihnen umhören es dürfte nicht schaden, sich einen umfassenden Eindruck von ihm zu machen."

    Auch Cleonymus unterschrieb den Vertrag, alle drei Ausführungen und Emi zog sich die Pergamente zu sich. Dann tropfte sie das Wachs mit einer fließenden, gekonnten Bewegung drauf und machte drei Siegelabdrücke. Es würde noch einen kleinen Moment dauern, bis der Wachs hart war und sie jeweils eine Ausführung an die Männer aushändigen konnte. Daher blickte sie lächelnd von einem zum anderen. Der Ägypter schien nicht sehr gesprächig, eher etwas gehetzt, aber diesen Eindruck hatte er auch bei den Spielen bei ihr Hinterlassen. Es gab so Menschen, die die Hektik liebten und ohne sie nicht auskamen. Aber ob er so einer war, mochte sie nicht beurteilen, dazu kannte sie ihn viel zu wenig. Daher schaute sie lieber zu Nikolaos, der freundlicher war und wohl auch eher bereit, mit ihr zu plaudern. Nur wollte ihr nichts so recht einfallen, was sie mit ihm reden konnte. Über den Unterricht? Nein, viel zu offensichtlich. Das Wetter? Nicht originell genug. Die Spiele? Nein, alles wichtige war gesagt worden. Eventuelle Hochzeiten? Viel zu plump. Stattdessen beobachtete und prüfte sie das Wachs, der nun trocken und hart war. Sie reichte beiden ein Schriftstück und lächelte sie an.


    "Ich hoffe es ist alles zu eurer Zufriedenheit, wenn es noch Fragen oder Probleme gibt, kommt ihr am besten nochmal her. Ich wünsche euch noch einen wundervollen Tag."

    Emilá beobachtete erfreut, wie Timos und Pasiphaë zu ihrer kleinen Gruppe stießen und sie erwiderte die Umarmung von ihrem Cousin herzlich. Anscheinend war sein Ärger von gestern verschwunden oder er schauspielerte wirklich überzeugend. Der Lockenkopf hatte sowieso das Gefühl, dass diese überschwengliche Fröhlichkeit an der Anwesenheit einer ganz bestimmten Nicht-bantotakin lag und sie lächelte still in sich hinein. Gelegentliche Blicke waren ihr beim Essen schon aufgefallen, aber sie hielt den Mund - etwas für sie sehr ungewöhnliches, aber jetzt und hier war nicht der Rahmen noch der richtige Zeitpunkt. Es wäre sowieso viel interessanter Pasiphaë danach zu fragen als ihren Cousin. Der hatte seinen Ruf weg, soviel war selbst Emi mittlerweile bekannt.


    Sie lauschte dem höflichen Geplänkel, dass sowohl eine Einleitung wie auch ein vorsichtiges Einschätzen sein konnte und blickte in die Gesichter der Männer, die hier standen. Alle sehr unterschiedlich. Und sich doch ganz ähnlich. Dann verabschiedete sich Nikolaos von ihnen und ja, Emi blickte dem Gymnasiarchos hinterher. Sie war in Gedanken und fragte sich ob sie ihm ihre Hilfe anbieten sollte, entschied sich aber dagegen. Sie wollte nicht den Eindruck machen, dass sie sich ihm anbiederte, weder als Frau und schon gar nicht als Schülerin. Der Blick von Pasiphaë entging ihr damit völlig.