Beiträge von Artomaglos

    Aromaglos wird waaß der Teifel wou hingschickt! Ins Exil oder sunstwouhin! Ins Exil, aber pronto! Dass i net bei den verruckten Flaviern bleiben muass.


    *winkewinke*

    Und genau zu diesem Moment trug es sich zu, dass in das Zimmer des betrübten Flaviers zwei Sklaven stießen, natürlich ohne anzuklopfen. Gerade eben waren Artomaglos und Semiramis angekommen. Der Kelte hatte den Wagen in aller Herrgottsfrühe, vor dem Sonnenaufgang, in die Stadt hineinkutschiert, und hatte ihn dann fachmännisch verstaut. Semiramis‘ Gezicke hatte er, wie üblich, total ignoriert, hatte schon eine erstaunliche Routine darin bekommen, ihre nervige Stimme einfach nicht wahrzunehmen. Überhaupt hatte er sich dazu entschlossen, sie einfach nur wie Luft zu behandeln – es geschah höchstens ein paar Male, dass er ihr ganz unverhohlen auf die Brüste oder auf den Hintern starrte. Nun, Artomaglos war noch nie ein Mann gewesen, der für Signale von außen besonders empfänglich war. Am Liebsten hatte er es, wenn man ihn in Ruhe ließ und ihm seinen Kram machen ließ. Was er mochte, das war prügeln, das war eine feine Geschichte, und nützlich, hatte ihn das Leben doch gelehrt, dass man mit brachialer gewalt weiter kommt als mit gutem Zureden, was besonders der Fall war, wenn einen sowieso keiner verstand. Dabei hatte er sich in letzter Zeit eh besondere Mühe gegeben. Aber mache Wappler machten einen ganz auf verständnislos, denen musste man es einfach mit den Fäusten einreiben.
    Als er nun alles versorgt hatte, hatte er Semiramis am Arm ergriffen und sie mit sich zu Pisos Zimmer geschleppt, in welches er nun eintrat. “Herr? Mir sind z’ruck!“ Stolz klang seine Stimme, doch dann fiel sein Blick auf den Flavier, der, ohne sich zu rühren, auf seinem Bett lag und todunglücklich dreinschaute. Artomaglos zuckte die Achseln. Wos mocht der? Is‘ er ein Wappler, oder wie?, schien sein Blick auszudrücken. Er drehte sich zu Semiramis. “Du, red du mit eahm.“ Er versetzte Semiramis‘ Hintern einen recht groben Klaps und schob sie dann nach vorne. Frauen konnten das doch. Mit dem Reden und so. Artomaglos war darin nicht so gut, wie insgesamt mit Gefühlen und dem Gefühlsleben anderer nicht.


    Hier befindet sich das Sägewerk des Flavius Piso in Germanien, nahe bei Mogontiacum. Artomaglos und Semiramis hatten es nach viel ach und krach zu einem komplett überteuerten Preis erstanden. Doch nun stand es, und der Name des Eigentümers war groß am Eingangstor angeschrieben:


    ALUS FLAFIUS PISSO


    Na ja, halbwegs richtig wenigstens. Artomaglos, des Lesens unkundig, hatte es nicht korrigieren können.
    Auf jeden Fall war es ein recht nettes Stückchen Land, unweit des Rheins, sehr idyllisch gelegen, und sehr holzreich. Ja, hier wuchsen noch urtümliche germanische Eichen... und auch wundervoll rotes Kirschholz. Mit so etwas konnte man sich sehen lassen, dachte sich Artomaglos.
    Und so wurde ein Verwalter zurückgelassen, ein hinterhältiger zwar, der einiges an Einnahmen abzapfte, aber wer schon ein Sägewerk in Germanien wollte, aber in Rom lebte, musste mit so etwas einfach leben.

    Artomaglos und Semiramis hatten ihre Geschäfte in Germanien abgeschlossen. Lange genug hatte es gedauert. Doch nun war es endlich soweit. Alles war getan - das Sägewerk war gekauft, das Geld verschleudert. Es ging jetzt wieder nach Hause!
    Artomaglos, dessen einzige Freude in Germanien gewesen war, viele Germanen zu verhauen, war ob dessen sehr froh.

    Artomaglos gurgelte irgendeinen Fluch als Nachtgruß zu Valgiso, bevor er sich wieder in sein Zimmer begab. Er wusste nicht, dass sein Gefluche andernortens als ästhetisch eingestuft werden würde, wenn, hätte er verdutzt geschaut, und die Satire hinter den Worten nicht überrissen.
    So verließ er den Ort des Geschehens, zu sich selber murmelnd, und betrat wieder sein und Semmels Zimmer. Mit einem Ächzen ließ er sich ins Bett nieder, und hoffte dabei, er hätte die Syrerin nicht aufgeweckt. Schon nach ein paar Augenblicken war er eingeschlafen und schnärchelte vergnügt vor sich hin.

    Sim-Off:

    Ich kann leider kein eifel“keltisch“ und hoffe, walisisch tut es auch. ;)


    Artomaglos war schon dabei gewesen, sich vom Acker zu machen, von diesen ganzen blöden, schaßhirnigen Germanen sich loszueisen, die Barbaren hinter sich zu lassen. Doch es kam anders als erwartet. Der Kerl, den er beschimpft hatte, fing plötzlich an, ihn auf keltisch anzureden!
    Mit großen Augen drehte sich Artomaglos herum und schaute den Mann entgeistert an. Jo, wo samma denn? Dann begann er zu lachen. Wenn man sein Lachen überhaupt als solches bezeichnen kann, es war eher ein gurgelndes Brüllen.
    „Du bist mir einer!“ Dieses Mal sprach er keltisch. „Mae’n wych [Zu köstlich]! Pah, ich hasse Klugscheißer, ich hasse sie! Ah! Cau dy ffwcin ceg [Halt deine verdammte Klappe]! Paid a malu cachu y twpsyn fach drewllyd [Laber keinen Stuss, du dummer stinkender Trottel]!“ Er schnaufte tief ein und ließ fortfolgend einen Haufen kreativer Schimpfwörter auf Valgiso hinunterprasseln, eine Palette, die von „cachau bant“ bis „twllt din“ – es befand sich also richtig schön Rustikales darunter. In der Mitte seiner Tirade unterbrach sich Artomaglos.
    „Behalt deinen Löffel, ich bin jetzt zu müde, um RICHTIG Streit anzufangen.“ Er winkte ab.

    Artomaglos verdrehte die Augen. Tat die nur so blöd, oder war sie es wirklich? Wer ihn nicht verstehen konnte, der war wirklich schon jenseits von gut und böse. Also nein. Es musste schon ein rechter Barbar sein, der seinen Akzent nicht einwandfrei verstehen konnte. Und das Gebrüll, das sie anschlug, als er ihren Zehen gerade bog, also nein, inakzeptabel war das.
    „Brav!“, murmelte er allerdings am Ende dieses Prozedere zufrieden. Er musterte noch einmal den Raum, in dem die beiden untergebracht waren, drehte sich dann zur Türe hin und verließ die Unterkunft, als er merkte, dass die erschöpfte Semiramis eingeschlafen war.
    So leise wie möglich tappte er durch den Flur hinaus (er wollte wirklich nicht, dass die Syrerin aufwachte und es wieder einen Zickenterror gab), fand einen Hintereingang und eilte dadurch hinaus, wo noch der Wagen stand. Er trieb diesen in eine Stallung hinein, die bei der Taverne angebracht war, schirrte die Pferde ab, holte sich aus dem Wagen ein wenig Geld und schloss hinter sich die Stalltüre wieder zu. Das könnte er sicherlich tun, schließlich war er hier zahlender Gast.
    Er grunzte, als er wieder vor der Haupttüre stand, zog sich den Rotz hinauf und traf geräuschvoll ein. Sein Auge fand den Wirt, der sich mit einem Gast mit einem bemerkenswerten Schnurrbart zusammengesessen hatte. Artomaglos knurrte etwas in sich hinein, etwas keltisches, was man wohl am Ehesten mit „Saugermanen“ übersetzen konnte, und trat dann zum Wirt hin. Widerwillig warf er ihm den genannten Betrag pro Nacht hin, dass es nur so schepperte. „Do!“, konstatierte Artomaglos aus ungeschlachtem Munde lakonisch, und wollte sich gerade wieder abwenden, als sein Augenmerk auf den Mann fiel, der neben dem Wirt hockte. Genau das richtige Opfer, welches als Ventil für seine miese laune dienen konnte.
    „Eh, Schnurrbart!“, grollte er zum Mann hin. „Du schaust ma verdächtig aus. Bist a Wappler?“ Ohne die Antwort abzuwarten, beugte sich der keltische Hüne vor zum Mann, steckte einen Finger in seine Suppe hinein, zog ihn wieder raus, und schleckte ihn ab. Dann richtete er ihn auf den Kerl. „Di merk i mir vor, Schnurrbart. Di merk i mir vor. Deppertes Germaneng'sindel, g'schertes!“ Der letzte Fluch entfuhr ihm auf Keltisch.
    Er winkte verächtlich ab und schickte sich an, fortzugehen.

    Artomaglos seufzte nur als Antwort auf ihr Gejammere. Nach Hause, nach Hause! Er schnaubte aus. „I mechat a ham. Oba!“ Und das große aber folgte sofort: „Oba durt’n bin a a Merder! Ein Mörder, verstehst?“
    Die schlimmsten Befürchtungen von Semmel wurden Realität, als Artomaglos wieder ausschnaubte und grob zu ihren Zehen hingriff. Er grabschte sich die Zehen des einen Fußes und rupfte sie hin und her, etwaiges Geschreie und Protest der Syrerin gleichmütig ignorierend.
    „Nix brochen!“, verkündete er launig und wandte sich zum Bett hin. Mir einem lässigen Armwischer entfernte er den ganzen Müll, der auf dem Bett lag, unter anderem ein massiver Schlögel, der auf den Boden fiel und dort mit einem lauten Kracher eine permanente Macke hinterließ. Anschließend rupfte er die Decke weg, packte sich die Syrerin und platzierte sie mit einem einzigen Satz auf dem Bett. „Und jetzt schlof!“, kam der Befehl aus ungeschlachtem Mund, als Artomaglos wieder die Decke über Semmel warf.

    „Jojo, is‘ jo guat! Tschuldigung, dass i höf’n wuin houb!“, grummelte Artomaglos und zog ein beleidigtes Gesicht. Bei Isis Noreia, was hatte er nur getan, dass man ihn mit so einer Zimtzicke zusammensteckte. Er verschränkte seine Arme und betrachtete Semmel dabei, wie sie ihren Weg sich durch das vollgestellte Areal rings um ihr Bett machte, bis sie an einem Amboss ihren Meister fand. Jener nämlich war so ungünstig positioniert, dass Semmel drüberstolperte oder was auch immer. Nein, schlimmer, sie hatte versucht, ihn mit ihrem Fuß wegzuschubsen. Er seufzte, als sie darin glänzend versagte und sich dabei weh tat. Ach ihr Götter.
    Der Noriker setzte sich in bewegung hin. Erst ging er zum Amboss, ergriff ihn nur mit dem Daumen und dem Zeigefinger der linken Hand und stellte ihn hernach ganz lässig beiseite.*
    Erst danach wandte er sich an die Syrerin. „Meine Schuld, ha?“, fragte er genervt, ging dann aber neben ihr doch in die Hocke und blickte sie an. „Wo am Fuaß tuats weh?“, fragte er sie.


    Sim-Off:

    *Hach, ich liebe realistische Vorkommnisse. :D

    Artomaglos ignorierte das Gekeife der kleinen Syrerin standhaft, und schritt, nur am Wort interessiert, voran, bis das Zimmer erreicht war. Erst, nachdem er eingeschlagen hatte, bemerkte er, dass da noch jemand war. Wer quäkte da? Ah, die Semmel. Artomaglos grinste sie an. Die Kleine hatte ja Fantasien! Er im Übrigen auch, wenn er ihre Rundungen beaugäpfelte. „Wous? A eig’nes Zimmer? No na schau her, samma die Kenigin vum Schlaraffenlaund!“, höhnte er, dröhnend lachend. „Wos brauchst auf amoi sou a Zimmer? Du schlofst doo.“
    Er deutete in eine dunkle Ecke, die Semmel bisher verborgen geblieben war, wie es schien, wo sich, wenn man genau hinsah, ein zweites Bett erschloss, umkränzt von Gerümpel eher dubioser Natur. Der Wirt schien keinen großen Wert darauf zu legen, seinen Gästen gepfelgte Schlafstätten zu hinterlassen. Dafür waren sie so schön billig.
    „I kaunn’s verrucken, waunnst wüst.“, bot er ihr an. So ein Bett zu verschieben würde sicherlich ein Klacks für ihn sein. „Oiso. Den Obend bleib’ma hier. Und am nächsten Tog gemma zu a‘m Händler.“, schrieb er den Tagesverlauf zu. „Es wird sicher an Guaten geben.“
    Dass er den nächsten Tag überleben würde, daran zweifelte er nicht. Im Schlaf hörte er seine Feinde schon von Weitem kommen.

    Befriedigt blickte Artomaglos drein, als keiner mehr aufmuckte. No oiso. Des woa jo a Kinderspüh! Waunn olles in Germaunien sou guat lauft, bin i da Maunn! Er grinste und wandte sich dann nach hinten, wo sich Semiramis im Herumjammern übte. „Geht’s guat?“, fragte der Noriker freundlich, wieder die Gleichmut in Person, als er sich bücke, Semiramis‘ Hand ergriff und sie mit einem Ruck hochzog. „So.“, meinte er und grinste sie an. „Dir is‘ nix passiert, oda?“
    Es war nur eine Formfrage gewesen, denn egal, was Semiramis sagte oder auch nicht, dem hörte Artomaglos nur am Rande zu, bevor er zur Theke der Wirtschaft trat, sich vor dem leicht irritiert aussehenden Wirt aufbaute, und fragte: „Preis?“ Der Mann stotterte hervor: „Das macht 5 Ses... Sesterzen... pro Nacht... und Kopf...“ Er sprach ganz akzeptables Standard-Latein, als Wirt sollte man das auch können. Artomaglos lehnte sich nach vorne. „Es gibt oba an Rabatt, gö? Fia Spezialfreind.“ „Ich denke nicht, dass du mein Spezialfreund bist. Und das ist der niedrigste Preis, den es in ganz Mogontiacum gibt.“, presste der Wirt hervor. Artomaglos lachte. „Dann nemma des. I mein... der Piso hot uns so vü Göd ge’m, des kemma vaschleidern.“, lachte er. „Zeig uns des Zimmer.“
    Der Wirt nickte nur und bedeutete Artomaglos und Semiramis, ihm zu folgen. Artomaglos stampfte hinter ihm her, ohne sich zur Syrerin umzusehen, dem Wirt hinten nach, bis jener ihr Zimmer erreichte und aufmachte. Artomaglos blickte herein. Welch gemütliches Gammelzimmer. Der heimelige Geruch von vermoderndem Holz, von abgestandenen Rauch und Fliegenschiss. Dazu dieses kuschelige Halbdunkel, welches verhinderte, dass man das Übelste auf dem ersten Blick sah.
    „Prima.“, meinte Artomaglos. „Des nehmen mir!“ Er packte die Hand des Wirts und schüttelte sie dermaßen, dass der arme Gastronom nur mit Mühe ein spitzes Aufkreischen verhindern konnte.

    Komisch, wie sich die Leute doch hierzulande wegen jeden kleinen Furz erbosten. In Noricum hätte man das viel lockerer gesehen. Naja, vielleicht nicht überall. Aber Artomaglos verstand echt nicht, wieso man so ein Aufheben machte um jemanden, der das Wegesrecht verlangte.
    Er sah sich konfrontiert mit einer Flut von germanischen Gejohle, das er ganz und gar nicht verstand. Für ihn waren die Germanen, wie für jeden Kelten, barbarisches Gesocks, und so würde Artomaglos ganz und gar nichts dagegen haben, ein paar von denen zu zeigen, wer hier gefälligst wie ein Gast zu behandeln war.
    Einige begannen nun, sich auf ihn zu stürzen. Artomaglos grinste breit, bevor er seine Hände erhob, sie zu Fäusten ballte und sie abwechselnd, wie Hämmer, zielgenau auf die Köpfe zweier anstürmenden Germanen trommeln ließ. Einen anderen packte er am Kragen, hob ihn schräg nach oben hoch und benutzte seinen Kopf als lebende Keule, um die Köpfe zweier anderer zu schlagen. Er ließ den armen Kerl dann fallen und bearbeitete mit seinen Fäusten einen anderen. Gerade wollte er sich auf einen weiteren Angreifer stürzen, da bemerkte er etwas, was hinter ihm vorging. Einer von dieser Germanenbrut hatte sich an Semiramis rangeschlichen und tat ihr lästig. Er seufzte sich und drehte sich um.
    Typisch Germanen, keinerlei Anstand oder Manieren.
    Er packte den Germanen, der Semiramis drangsalierte, grob an den Haaren mit der rechten Hand, zog seinen Kopf nach hinten, packte mit der linken Hand die heraushängende Zunge so fest wie er konnte und zog an diesen beiden den Unflätigen hoch. Dem Kerl entrannen einige langgezogene, heulende Lautes des Schmerzes, doch Artomaglos schenkte dem keine Beachtung. Er schleuderte den Armen zu Boden und hüpfte auf ihn hinauf, bevor er sich aufrappeln konnte.
    Er trampelte kurz auf ihm herum, bis der am Boden Liegende verstummt war, und blickte dann mit feurigem Blick zu den anderen Germanen hin. „Wer hot sunst no Lust, si mit mir anzuleg’n? Ha? Traut si jemaund von eich Wapplern, von eich Trossbagage, ihr Hundlinge?“, beschimpfte er die Germanen. „Traut si jetzt no jemaund?“, fragte er abermals. „Kummt’s scho! I fress‘ eich olle!“

    Artomaglos drehte sich kurz um, als er Semiramis zurückäffen hörte. „Net schlecht, oba du klingst wia a Sau-Vindeliker!“, trötete er fröhlich zurück. Er wartete extra deswegen noch ein wenig vor dem Eingang zur Kneipe, bis Semiramis ihn eingeholt hatte, bevor er seinen Fuß in die Kneipe setzte.
    Was sich da vor ihnen erschloss, verblüffte den Noriker erst einmal. Ungläubig sah er zu, wie die Leute anfingen, sich in einer sehr seltsamen Sprache zu beschimpfen. Bevor dann seine Mundwinkel erst zu zucken beginnen, dann empor stiegen und Artomaglos ein Grinsen im Gesicht trug. Das war nach seinem Geschmack. Da war Mogontiacum vielleicht doch nicht so anders wie Flavia Solva.
    Er blickte, noch breiter grinsend, zu Semiramis. „Ujegerl, da miass’ma amoi auframen. Moch‘ da kane Surg’n!“, versicherte er ihr. „Germanen! Pah! Pack! Die hob‘ i scho g’fressen! Von denen hob i scho‘ einige g’fressen!“ Mit diesen selbstsicheren Worten trat er nach vorn, mit der Intention, sich einen Weg durch die Wirtschaft zu bahnen.
    Als er auf einmal eine Faust ins Gesicht bekam. Wohl eher unabsichtlich, als jemand von den Saufbolden in der Kneipe versuchte, einen Gegner mit einem gezielten Fauststoß niederzustrecken. Artomaglos blinzelte nur und wandte sich an den Burschen, der das getan hatte.
    „Woast du des? Sicher woast des.“, meinte er ruhig, bevor er zu brüllen begann. „Woas sogst, du Oaschkappelmuster, du Schastrommel, du depperte? Deine Schnorren wird glei wockeln!“, mit diesen Worten hob er den verdutzten Germanen mit einem Ruck hoch und schleuderte ihn in die Menge. Die Wucht des Aufschlages riss 2 oder 3 der Kämpfenden von ihren Füßen und auch sonstweitig störte das feucht-fröhliche Hauen über alle Maßen. Somit hatte Artomaglos jetzt erst einmal die Aufmerksamkeit aller im Raum, die mit einem Schlag zum Kämpfen aufhörten und den hünenhaften Kelten anschauten, der seine Arme anspannte und zu einer donnerhaften Rede anhub.
    „Ihr bleden Schwochmotiker ihr, ihr Hirnedis, jo hot ma eich ins Hirn g’schiss’n? Na Kruzitürken, des glaubt ma jo net! Unzivilisiertes Saupack, schlinglates, von eich Germanen hob i scho duzende g’fressen!“, erhöhte er einfach einmal die leicht kannibalische Zahl, die er Semiramis gegenüber angegeben hatte. „Auf amoi!“, fügte er hinzu. „Oiso, geht’s jetztat zur Seiten, ihr grenzdebile Vollkoffer, oder muass i‘s eich einbeizen?“ Erwartungsvoll und furchtlos blickte er in die Menge der versammelten links- wie rechtsrheinischen Germanen.

    Artomaglos gab der Wache einen unfreundlichen Blick, als jene die Kutsche unwillig durchwinkte. Das war ja auch Zeit. Als er die Kutsche weitertrieb – in Mogontiacum gab es ja kein Fahrverbot wie in Rom – wandte er sich an Semiramis, die neben ihm saß. Seine Redefreudigkeit war heute ausgeprägt. „Schon deppert, diese Wachen, gell? I mein, der anzige, der nett woa, woa der Kerl in Noviomagus.“ Die Stadtwache im heutigen Speyer hatte wohl Angst vor Artomaglos gehabt. „Oba wenigstens woa der net so strunzdumm wie die Wache in Dings, Comum.“ Im späteren Como hatten die Stadtwachen Artomaglos und Semiramis ewig aufgehalten, bevor sie spät in der Nacht endlich in die Stadt durften. „Jetzat miass’ma nur noch a Tavernen finden! Oba net so a schäbige wie die in Brigantium!“ In der Stadt, die man 2000 Jahre später als Bregenz kennen würde, waren die Kakerlaken ihre Bettgefährten gewesen, als sie zwischen lauter dubiosen Gestalten übernachteten. „Die, wo mir in Florentia g’habt haben, die war besser, sog i da...“ Als er sich über die zugegebenermaßen halbwegs akzeptable Taverne im späteren Florenz ausließ, tat sich die Straße durch Mogontiacum vor ihnen auf. Die überwiegenden Farben waren grün und braun. Schön war es wirklich nicht. Der Matsch auf den Straßen lag hoch, es hatte wohl gerade geregnet. Artomaglos‘ guter Laune tat dies keinen Abbruch. Ihre Reise war endlich zu Ende! Nun musste man nur noch nach einer Taverne suchen...


    Semiramis musste die Schwänke, die Artomaglos von sich gab, nicht lange ertragen, denn es war nicht lange, bis sie eine Taverne erreichten. Eigentlich dauerte es nur 30 Sekunden, als sie bei der ersten Kneipe nach dem Tor vorbeikamen. Mit einem brutalen Ruck wurden die Pferde angehalten, und mit einem „HUA!“, schwang sich Artomaglos von seinem Kutscherbock hinunter. „Geh, schau amoi! Die Kneipen, die gefallt ma!“ Er deutete mit einer übertreibenen Geste zur Taberna Barbarorum, sicherlich eine der schwindeligsten Absteigen im ganzen römischen Reich. „Die ist fein! Hier übernacht‘ ma!“, meinte er mit befehlerischem Tonfall. Die Antwort von Semiramis wartete er gar nicht erst ab.
    Mit schweren Schritten stapfte er hinter die Kutsche, langte unter die Plane hinein und holte etwas Geld aus der „Kriegskasse“ der beiden Sklaven hervor. „Des sollt‘ reichen.“, murmelte er zu sich selber, als er wieder hervorkroch und nach vorne, zu Semiramis, rief: „Kummst jetzt runter, oder wühst dort oben übernochten?“ Ihm würde das eigentlich nichts ausmachen, aber er selber würde schon ein ordentliches Bett brauchen.

    „Scheißkaff.“, erkannte Artomaglos, als er zum ersten mal Mogontiacum sah. Es war von einem Hügel knapp südlich von Mogontiacum aus, wo er auf die Stadt herunterblickte. Unten, im Rheinland, erschloss sich ihnen eine typisch römische Ansiedlung, welche Artomaglos an Flavia Solva [Leibnitz] erinnerte. Die Römer waren dermaßen phantasielose Subjekte, die ganze Zeit pflanzten sie immer wieder die selben Städte an. Irgendwo drinnen ein Tempel, rundherum fade Hüttenen, die Artomaglos eigenhändig umhauen könnte, wenn er es denn wollte. Artomaglos und Semiramis (er hatte sich unterwegs tatsächlich ihren Namen gemerkt) saßen noch immer auf der Kutsche, welche Artomaglos vor sich hin rauschen ließ. Das Höllentempo zügelte Artomaglos widerwillig, als das Stadttor in Sicht kam.
    Vollständig kam der Wagen zum Stehen, als die Kutsche vor das Tor hinrollte. Da standen ja schon wieder so Hampelmänner umeinander, die daher schauten, dass man es nicht beschreiben konnte. Und das war Roms Stolz, diese halbseidenen Lamperln? Die würde Artomaglos ja ganz nebenher aus der Weltgeschichte entfernen können.
    „Salve.“, brüllte Artomaglos zu einem Soldaten herunter, der da stand. Von der Kutsche würde er nicht heruntersteigen, da brüllte er lieber, sodass man ihn verstand. „Mir sind aus Rom! Artomaglos und Semiramis heiß‘ma! Reinwollen tamma!“ Er bemühte sich um relative Verständlichkeit. „Mir sind Skloven, von dem, du kennst ihn eh, net woahr net, Jaulus Pflapfius Pisse! Und mir miassn ein Sääääägewerk kaufen, miass’ma, fiar den Patrizier, denn des ist er! Also, losst du uns hinein?“ Der keltische Akzent drang markant durch. Artomaglos nahm nicht anderes an, als dass der Kerl ihn verstehen würde.

    Artomaglos blickte verwundert auf Semmel. „Bist schreckhoft?“, fragte er amüsiert und nahm dann ihre Sachen entgegen. Hm, so viele waren das ja nicht. Nun, seine Kleidung war ja auch nicht viel mehr. In seiner Kiste hatte er vor allem... Gerätschaften. Die vielleicht einmal ganz nützlich kommen könnten.
    Er begab sich zur Kutsche, und warf nicht allzu elegant ihre Sachen auf die Ladefläche. Von jener herab holte er eine Plane, die er geschwind ausfaltete und mit einem einzigen Schwung über die Ladefläche schwang. Hastig fixierte er die Plane an der Kutsche, sodass sie nicht herunterflog, damit Semmel nicht ewig warten musste. Sie war eh schon ganz grantig, und wer konnte es ihr verübeln?
    Er zurrte den letzten Strick fest und lief dann nach vorne, zum Kutschbock, wo er sich neben die noch immer sehr widerborstig dreinschauende Semiramis setzte, und zwar mit solchem Elan, dass fast sein Sitz zerborsten wäre. Er blickte nach unten, schimpfte leise auf keltisch über die miese Qualität der italischen Hölzer, und blickte nach rechts, wo Semmel saß. Es sah nicht so aus, als ob sie nicht bereit wäre.
    Also nahm er die Peitsche in die Hand, ließ jene nach oben fahren, herumwirbeln und dann auf die armen zwei Pferde, welche vorne angespannt waren, herunterknallen. Die armen Tiere wieherten voller Angst und düsten los.
    Die Kutsche wurde also mit solch einem Ruck in bewegung gesetzt, dass hinten fast alles herausgeflogen wäre, doch Artomaglos hatte hinten alles gut verschlossen. Ohne sich noch einmal umzusehen, manövrierte er eilends die Kutsche aus der Villa Flavia heraus. Durch das nächtliche Rom jagten sie, aus der ewigen Stadt heraus, auf der Straße nach. Norden – nach Germanien.


    Sim-Off:

    So, ich melde mich jetzt um. In Mogontiacum sehen wir uns hier wieder. ;)

    Semiramis würde unzweifelhaft plötzlich eine Stimme hinter ihr hören können.
    „Schon soooo friaaaa-üüüh a-uf?“, fragte sie hinter der Dings, der Soch’n, na geh, die hot ja an Namen, do wird ma jo deppert im Hirn, in einer unverkennbaren Stimmlage, die auch nur einem einzigen Sklaven in der Villa Flavia gehören könnte.
    Artomaglos hielt eine Riesenkiste in seinen riesigen Händen. Sie musste sehr schwer sein, doch Artomaglos sah aus, als ob er in seinen Händen ein Brot halten würde. Apropos, Brot, er war doch sehr beeindruckt davon, dass Semmel schon so früh aufgewacht war.
    „Meine Soch’n.“, professierte er, zu seiner Kiste hinnickend. Er beugte sich leicht zur Seite, sodass er die Kiste auf nur einer Hand balanzierte. Er streckte den linken Arm zur Seite aus.
    „Du-o-art... dort ist die Kutschä.“, teilte er Semmel lapidar mit und wandte sich in die Richtung des Gefährts. Ohne Problem fand er den richtigen Weg zur Kutsche und lud mit einer lässigen Armbewegung seine Sachen auf. „Wo san... sind deinä So... Sach-en?“, fragte er. „I...ch lad sie dir no...ch auuuf.“ Er hatte noch immer Mühe, so zu reden, dass Semmel ihn verstand. „Deine Schreibsoch’n sins schon oum. Oben.“, meinte er überraschend freundlich. Zu hübschen Frauen waren Männer halt immer freundlich. Er dachte kurz ans Schreiben. Er hatte wider Willen mühevoll gelernt, ein paar Buchstaben aufzuschreiben. Seinen eigenen Namen konnte er schreiben, das war es eigentlich. Gut, dass Semiramis schreiben konnte (denn so dachte er, gleichsam wie sein Herr Piso).
    „Sog mir, wo deinä Soch’n sind. Dann, setz di...ch vorn auuuf. Ich kimmer mich um dei‘ Gepäck.“, versprach er.