Beiträge von Petronia Romana

    Auch Romana interessierte sich kurzzeitig für das Auftragen der Vorspeisen und beobachtete dabei die Inszenierung, achtete auf Farben und Kleidung. Von den Eiern nahm sie vorerst nicht, sondern konzentrierte sich auf die Fragen von Celerina. Meine Zeichnungen gehen als Entwurf an die Goldschmiede des Marcus Aemilius Classicus. Meister Thales fertig daraus Schmuckstücke auf Bestellung oder nach meinen Vorstellungen. Die meisten aus Gold, aber auch aus Kupfer und mit edlen Steinen verziert. Ob für Frauen oder für Männer, als Geschenk oder zum Repräsentieren, das kommt auf den individuellen Geschmack jedes Einzelnen an.
    Um ihr eines von den Schmuckstücken näher zeigen zu können, nahm sie die Enden des feingliedrigen Gürtels und ließ sie durch die Finger der einen Hand gleiten.
    Erst habe ich nur für mich entworfen und der Cousin meines Vaters hat sie bei einem Bekannten fertigen lassen. Seit ich in Rom bin und Aemilius Classicus traf, haben wir uns vertraglich geeinigt und ich arbeite mit seinem Schmiedemeister zusammen. Es gibt mir eine gewisse Unabhängigkeit und ich muss nicht bei jeder Ausgabe den Praefectus bitten. Die letzten Worte sprach die Braunhaarige mit einem gewissen Stolz in der Stimme und lächelt dann über den Appetit von Asinia.
    Die Frage nach Serapio und dessen Familienstand überging sie. Um nicht doch antworten zu müssen, griff sie sich einen Becher verdünnten Wein und prostete zuerst in Richtung des Gastgebers, danach ihrer Nachbarin zu, bevor sie Massa ihren Becher entgegen hielt, ihn ein zärtliches Lächeln schenkend und auf dessen Antwort hoffend.

    So lange Massa mit Asinia sprach, hing Ramona an dessen Lippen und versankt tief in seinen Braunen. Als er das Wort mit mehreren Fragen zurück gab, wechselte auch sie die Blickrichtung und konzentrierte sich auf Celerina. Dabei musterte sie gekonnt unauffällig deren Kleidung und verarbeitete das Gesagte mehr oder weniger interessiert. Sätze, die teilweise wie ein Wasserfall über die Lippen flossen oder wie ein Regenguss auf ein Dach prasselten, fanden den Weg bei der Braunhaarigen nur bedingt bis in deren Gedankenwelt und begannen sehr schnell zu langweilen. Deshalb erschien auch nach einiger Zeit ihr aufgesetztes Lächeln und erst nachdem die Sprache auf ihre Person hin deutete, kam die Aufmerksamkeit zurück und die Augen begannen zu lächeln.
    Die Frage nach der Cousine, bekam als Antwort ein leichtes Nicken, welches mit dem Straffen ihres Oberkörpers und dem leichten Heben des Kinnes unterstrichen wurde. Bei der nächsten Frage, der sofort eine Weitere folgte krauste sie zuerst einmal leicht ihr Näschen und ließ ein Schmunzeln erkennen. Als Verkehren habe ich es bisher nicht gesehen. Mein Zuhause ist die Casa der Decimer und das, weil ich durch meine Mutter in deren Welt geboren wurde. Für mich ist das nicht so etwas Besonderes, wie es sich für dich anhört. Auch geht der Praefectus Praetorio seiner Tätigkeit nach und ist nicht ständig um mich herum. Wie schade sie das fand und wie selten sie überhaupt eine Menschenseele der Gens traf, blieb hinter ihrer Stirn verborgen und gehörte nicht in die Öffentlichkeit , war schon gar nicht für neugierige Ohren bestimmt.
    Ob der Kaiser mich überhaupt bemerken würde, sei dahin gestellt. Bisher habe ich ihn weder kennen gelernt, noch zieht es mich in seine Nähe. Höchstens … und dabei begann Romana kurz zu lachen … höchstens er bestellt Schmuckstücke bei mir und ich bekomme die Ehre, sie ihm nach meinen Entwürfen fertigen zu lassen. Wie immer gekonnt, kam die Sprache auf ihr Lieblingsthema und schon begannen ihre Hellblauen zu leuchten und ihr Lächeln wirkte lebendiger.

    Die schmeichelnden Worte durchzogen noch die Gedanken von Romana, wobei es kein Denken geben konnte nach diesem Lippenkontakt, sondern nur Gefühle von ihren Lippen ausgehend und die Hoffnung auf eine Wiederholung der süßen Verführung.
    Erst durch seine um sie gelegten Arme beruhigte sie sich etwas und das Zittern begann langsam nachzulassen, gefolgt von dem Versuch, Ordnung in ihr Köpfchen zu bringen und seine Frage zu beantworten. Ihr Blick lag auf seiner Brust und um intensiver nachdenken zu können, schob sie ihre Wange sacht über seine Schulter und begann leise die Worte zu formulieren. Wo ich bin … ja. Er weiß, ich bin nach Ostia aufgebrochen wegen der Unruhen in Rom und der verlassenen Casa. So in etwa schrieb sie ihm, daran konnte sie sich erinnern und bestätigte das Gesagte auch mit einem angedeuteten Nicken. Bei wem … nein. Nur wer mich begleitet und er sich keine Sorgen machen muss. Es folgte ein erneutes sachtes Nicken, als Bestätigung für das Geschriebene und dann nur noch knisternde Stille begleitet von ihrem Herzschlag und dem unbändigen Gefühl, immer so bei ihm zu sein.
    Momente später mit Blick nach oben in seine braunen Augen … war das falsch von mir?

    Während Romana neben Massa her schlenderte und den Becher verdünnten Wein in der Hand hielt, beobachtete sie den Gastgeber und amüsierte sich über dessen Worte und sein Tun. Als ihr Begleiter es ihm dann auch noch gleich tat und die Beere vor ihren Lippen kreisen ließ, fiel ihr eine ähnliche Situation wieder ein, als sie sich und der Centurio in Rom das erste Mal trafen. Damals war sie es, die ihn nachahmte und ihr Lachen, was danach folgte. Heute verführte er sie und die Braunhaarige folgte mit ihren leicht Glänzenden und sog die Beere gekonnt zwischen ihr Lippenpaar. Ob die Röte auf ihren Wangen danach seiner Worte geschuldet war oder ihrem verführerischen Tun, blieb wohl beiden verborgen, nachdem sie den Kopf in die Richtung wand, wo er ihre Aufmerksamkeit auf den den Tribun zu lenken versuchte. Dass sie dabei noch gedanklich bei seinen Fragen nach dem Iulius war und über die Übertreibung seiner Aufmachung nach dachte, ließ sie vorerst offen und folgte schweigend bis zu dem für sie vorgesehenen Korbsessel an seiner Seit. Wieder war es wie bei der ersten Begegnung und ein sachtes Kribbeln der Erinnerung schlich sich unter ihre Haut.
    Endlich bestand auch die Möglichkeit vom Getränk zu nippen, ohne unhöflich zu erscheinen und jetzt blieb sie ihm auch die Antwort zu seinen Fragen nicht schuldig und antwortete gut hörbar. Nicht nur unser Gastgeber fügt sich in das Gesamtbild des Festes, auch die Inszenierung schmeichelt der Komposition von Gewand und Persönlichkeit. Romana hob den Becher und prostete in die Richtung des Erwähnten, flüsterte danach aber leise zu Appius, während sie ihm zu prostete. Ich habe aber doch nur Augen für einen. Dabei verlor sie sich für wenige Wimpernschläge in seine Braunen und lächelt, begleitet von einem verräterischen Funkeln in ihren Hellblauen.


    Unterbrochen und angesprochen, veränderte sich der Gesichtsausdruck l und ihr Lächeln sehr schnell, auch straffte sich der schlanken Körper der Braunhaarigen. Petronia Romana, Cousine des Praefecten Praetorio, Decimus Serapio - folgte ihre Vorstellung - in Begleitung des Centurio Classicus der Classis Misenensis auf diesem beeindruckenden Fest Wohlüberlegt ließ sie den Namen von Massa außen vor und wechselten den Blick zwischen der Dame und ihrem Begleiter.

    Viel trug die Braunhaarige nicht zur Konversation bei. Es gehörte nicht zu ihren Charakterzügen, Lobgesänge über eine Person oder ein Fest anzustimmen. Dazu war sie auch viel zu sehr an der Inneneinrichtung und vor allem an der künstlerischen Gestaltung der Villa interessiert. Natürlich noch mehr an ihrem Begleiter, der ihr nach dem Essen hoffentlich Einiges erklären und zeigen konnte.
    Mit Beendigung des Fingerspiels zog sie kurzzeitig ihre Unterlippe ein, hielt sich aber weiter dicht an der Seite des Centurio. Als dieser schließlich Dives verabschiedete, erschien auf ihren dezent glänzenden Lippen erneut dieses bezaubernde Lächeln und im Gleichklang ein sachtes Nicken als Bestätigung seiner Worte und zur Verabschiedung. Wenige Wimpernschläge lang wurde - als Zeichen der Ehrerbietung - der Blick mit dem Gastgeber gekreuzt, bevor auch Romana ihre Hellblauen durch die Reihen der neuen Gäste schweifen ließ.
    Sich abschließend ganz der Führung der warmen Hand Massa's hingebend, folgte sie ihm in das angesteuerte Triclinium. Dabei rieb sie für einen winzigen Augenblick ihre Wange an seine Schulter, begehrlich nach seinem berauschenden Duft.

    Verunsichert durch sein Schweigen und den festen Blick in ihre Hellblauen, wirkte Romana noch zerbrechlicher und zierlicher als sonst. Leicht zusammen gesunken beobachtete sie das Tun von Massa. Wie er aufstand, ohne seine Braunen abzuwenden, wie er an das Fenster trat und hinaus sah, dann doch zu sprechen begann. So stockend und unverständlich die Worte an ihr Ohr drangen, so wenig verstand sie deren Bedeutung. Längst hatte ihr Herzschlag die Oberhand über ihre Sinne. Ihr ganzer Körper vibrierte und verschloss die Kehle noch fester. Es blieb ihr nur das Zuhören.
    Nicht antworten zu können und sich hilflos fühlen, das war ein Zustand, den die Braunhaarige bisher nicht erlebt und so nicht kannte. Als sie aufstehen wollte, um zu ihm zu gehen, versagten ihre Beine den Dienst. Kein Bodenkontakt war zu spüren, keine Möglichkeit sich vom Sessel zu erheben. Ihr Blick haftete aus seinem Rücken und als er sich umwand, auf sie zukam, blieb ihr Herz einen kurzen Augenblick gefühlt stehen. Das Rot aus ihren Wangen wich merklich und ihre Hände begannen zu zittern. Sie befand sich in einer Art Wachtraum und sah dabei nur seine verschwommenen Umrisse und die großen braunen Augen.
    Ihre kalten Finger erspürten seine warmen Hände. Das von ihnen ausgehende Kribbeln, durchzog jede Faser ihres Leibes. Wie schwebend erhob sie sich, gehalten von ihm und umgeben von seiner Wärme und dem Duft, bekannt aus ihren immer wieder kehrenden Träumen. Unglaublich weich empfand sie seine Lippen und doch brannte der Kuss wie Feuer und verlangte nach Nahrung, um nicht zu erlöschen, sondern sich auszubreiten. Sie dachte nicht an Öffentlichkeit und ihr war nicht wichtig, was sein Status war. In diesem Moment des ersten Kusses, den Lippenkontakt, den sie so noch nie erleben durfte, gab es für Romana nur die Erwiderung und das Gefühl, diesen nicht endenden Augenblicks.

    Als der Centurio die Braunhaarige an der Hand haltend ein Stück nach vorn zog, begannen deren Fingerspitzen zu Kribbeln und auf ihren leicht mit Glanz belegten Lippen erschien ein dezentes Zucken. Gekonnt überspielte sie die Erregung mit dem Griff nach einer ihrer Löckchen, die sich kess ins Gesicht geschlichen hatte und rückte den Efeukranz zurecht.
    Bei der Vorstellung ihrer Person kreuzte sie ihren Blick mit dem des Gastgebers und um den Worten von Massa noch Nachdruck zu verleihen, hob sie ganz leicht ihr Kinn. War es sonst nicht ihre Art, ihre Herkunft und die Gens ihrer Mutter zu erwähnen, genoss sie es in diesem Augenblick und bestätigte das Gesagte mit einem sachten Nicken. Noch hielt sie es für angepasst, zu schweigen und überließ weiterhin die Konversation den beiden Herren. Dabei trat sie allerdings wieder einen Schritt an die Seite ihres Begleiters zurück und begann hinter ihrem Rücken versteckt, ein neckendes Spiel mit dessen Fingern.

    Gerade als Romana sich nach dem Gastgeber erkundigen wollte, steuerte dieser gezielt in ihre Richtung. Es blieb ihr eben noch die Zeit, sich den Kranz lose auf den Vorkopf zu drapieren, um die kunstvoll gesteckten Locken nicht zu zerstören.
    Seine Begrüßung, ganz den Erfordernissen eines solchen glanzvollen Festes angepasst, boten ihr die Möglichkeit den Schönling und dessen Gewand zu mustern. Für ihren Geschmack etwas zu übertrieben und eher ein Augenschmaus für eine Theateraufführung. In der Gänze betrachtet allerdings auch widerspiegelnd für seine aufgesetzte Freundlichkeit, die selbst die Braunhaarige mit Bravour zu beherrschen vermochte.
    Während der Gastgeber Massa ansprach, lächelte sie leicht verzückt und überließ die Begrüßung und die Vorstellung ihrer Person ganz ihrem Begleiter.

    Nach so langer Zeit bei ihm zu sitzen, ihm zu beobachten, keinen Blick von ihm zu wenden, das war für Romana wie ein Geschenk. Mehr als von ihr erhofft oder erwartet und doch so ganz anders, als nach seinem letzten Brief erträumt. Die Gefühle der Braunhaarigen offenbarten sich in jedem Blick, in jedem Lidschlag und in ihrem Lächeln.
    Als er den Wein eingoss, sich vom Hähnchen nahm und sie danach ansprach, fiel es ihr schwer, sich auf das Essen zu konzentrieren und nicht immer nur Massa zu mustern. Das Essen und vor allem das Gespräch davon war ihr in dem Augenblick so unwichtig. Ihre Kehle war zugeschnürt und der Appetit nicht einmal durch den Wein und die Datteln anzuregen. Achtlos blieb der Becher stehen und zum wiederholten Male wurde ihr Blick mit seinem gekreuzt.
    Seine Mimik und seine Braunen wirkten fast verlegen und verunsicherten Romana. 'Lag es an ihr oder an der ungewohnten Umgebung?' Gedankenversunken und den Blick letztendlich auf das Hähnchen gerichtet, folgten dem sachten ablehnenden Kopfschütteln schließlich leise Worte. Nicht nur die Seeluft, auch deine Nähe … Appius.

    Das leichte Schaukeln der Sänfte war wohltuend und Romana sichtlich entspannter, als ihr Massa ins Freie half. An seiner Seite näherte sie sich dem Eingang und betrat schließlich gemeinsam mit ihm und anderen Gästen, an den Posten vorbei, die Villa. Spielerisch lächelnd, wie sie es unter Fremden zu tun pflegte, sah sie sich in dem herbstlich bunt dekoriertem Atrium um. Als ein Slave auf sie zu trat und ihr einen der bacciden Efeukränze entgegen hielt, griff sie zögerlich zu, behielt ihn allerdings vorerst nur in der Hand. Von der fröhliche Panmusik getragen und durch den festlich-feiernden Charakter der Veranstaltung inspiriert, betrachtete sie die Anwesenden und verfing sich schlussendlich mit ihren Hellblauen in den in Gold gehaltenen Weinreben einer besonders aufwendig gestalteten Toga. So wie sich deren Träger gab, handelte es sich offenbar um den Gastgeber, der flankiert von zwei Liktoren, seine Gäste begrüßte und sich bewundern ließ. Nicht schlüssig, ob Massa zur Begrüßung auf ihn zusteuern würde, berührte sie sacht seinen Arm und lächelte zu ihm auf. Ein sehr beeindruckendes Fest.

    Auch, wenn es nicht die erste Feier war, an der die Braunhaarige teilnahm und sie mehr als erfreut die Einladung von Massa angenommen hatte, war sie seit dem Morgen nicht Herrin ihrer Sinne. Teils saß sie ohne jegliche Reaktionen auf der Kline und stierte auf die gegenüber liegende Wand, teils lief sie gehetzt zwischen Fenster und Tür hin und her und beschimpfte grundlos Nuha.
    Inzwischen waren wenigstens die Haare gerichtet und alle braunen Locken mit Haarnadeln gebändigt. Nicht zu kunstvoll, aber doch anders als gewohnt und mit einer mattgoldenen Spange auf dem Hinterhaupt fixiert, wirkte Romana größer und ihr Gesicht noch ebenmäßiger. Dezent geschminkt und die Lippen mit leichtem Glanz belegt, betrachtete sie sich im Handspiegel. Während sie ihren Kopf hin und her wendete, dabei ihre Frisur begutachtete, richtete die Grauhaarige ihr den, extra für die Reise angefertigten Peplos. Der neu dafür entworfene Schmuck, passend zu der Haarspange, rundete das Gesamtbild und der Farbton des Baumwollstoffes spiegelte sich in den Augen seiner Trägerin und ließ sie noch tiefgründiger erscheinen. Der um die Taille geschwungene, feingliedrige Gürtel, betonte ihre schlanke Figur und harmonisierte mit dem Schmuckband unterhalb ihrer Brüste. Durch die seitlichen Schlitze bis in Kniehöhe, bot das Gewand die nötige Beinfreiheit und ließ ausreichend Blick auf die passend abgestimmte Fußbekleidung.
    Erst als die Alte wenige Schritte rückwärts ging und einen leisen Seufzer von sich gab, reagierte ihre Domina und sah sie an. In deren müden Augen forschend, verzog sie die Lippen und ließ die Hand mit dem Spiegel sinken. Sag was! Fast herrisch klangen die Worte, auf eine Reaktion von Nuha hoffend.
    Als deren 'ich bin sprachlos' kam und ihr ein strahlendes Gesicht entgegen sah, erschien ein Lächeln auf dem Gesicht der Jüngeren und nachdem Nuha ihr dann auch noch die Tür öffnete und voran ging, lief sie ihr nach. Vorher griff sie sich noch schnell die winzige Schachtel vom Tisch und ließ dabei den Spiegel achtlos zurück.


    Es war spät geworden und mit jedem Schritt, den sie weiter nach Unten lief, schlug ihr Herz heftiger. Nicht nur, weil sie Massa warten ließ, sondern auch, weil es der erste Abend seit langer Zeit war, den sie gemeinsam verbringen würden und das auch noch unter den Augen Fremder.
    'Gleich … gleich …' Ihre Schritte begannen in ihren Schläfen zu hämmern, je näher sie dem Straßenlärm kam. Dort wo er auf sie warten würde, wo er sie abholen würde, wo er …
    Die Luft anhaltend ging sie die letzten Meter bis sie ihn neben seinem Pferd stehen sah. Unfähig, sich im ganz zu nähern und von seinem Anblick fasziniert, blieb sie stehen und errötete unter ihrem dezent aufgetragenen Rouge. Ich bin zu spät, verzeih Appius.

    Mit zitternden Knien stand die Braunhaarige, vielmehr lag sie, in den Armen des Mannes, dessen Stimme so wohlklingend an ihr Ohr drang. Die Wärme seiner Hände, die sanfte Berührung seiner Lippen auf ihrer Hand, die braunen Augen auf sie herabblickend, ließen ihre Sinne erwachen. Befand sie sich eben noch in einer Art Lethargie, unterstützt durch das Halbdunkel in ihrem Zimmer, strahlte sie jetzt und die Spuren der Traurigkeit, abgelöst vom Leuchten ihrer Augen, waren Vergangenheit.
    Vergessen auch die Angst, sie könnte ihn nicht wiedersehen. Die Ungewissheit und das Sehnen verdrängt durch seine Anwesenheit und sein Lächeln. Während er sie musterte und Romana ihre Blicke mit ihm kreuzte, lauschte sie seinen Worten, hing an seinen Lippen, um keinen Laut zu verpassen. Selbst jedoch unfähig zu antworten, viel zu trocken fühlte sich ihr Kehle an, bremste jegliche Töne, erstickte sie, noch bevor sie die Lippen erreichen konnten. Einzig ihre Hellblauen sprachen und das ab und an sanfte Nicken bestätige das Verstehen seiner Fragen.
    Viel später erst und nach einer gefühlten Unendlichkeit, kam Leben in ihren grazilen Körper und verstärkt durch das laute Pochen in ihrem Herzen, röteten sich ihre Wangen. Wie unaufmerksam von mir. Noch klang die Stimme belegt und die Worte kamen zögerlich, überspielt durch ein verlegenes Lächeln. Bitte setz dich zu mir und bedien dich an den Köstlichkeiten, die Nuha vorbereitet hat. Endlich fähig, zusammenhängend zu sprechen, löste sie eine Hand aus seiner und deutete auf den zweiten Korbsessel. Gerne einen Schluck Wein und dazu Datteln und etwas … Erneut verfing sich ihr Blick in seinen Braunen und die Töne verebbten. Wurden abgelöst durch die Sprache ihrer Augen, die so viel mehr zu sagen vermochten, als jedes noch so leise gesprochene Wort.

    Das eben noch von Schatten traurig wirkende Antlitz, welches halb verdeckt durch ihre Hände, nun durch seinen Griff nach ihrer Rechten entblößt wurde, begann zu strahlen. Auch ihre Linke fand den Weg in Richtung Massa, um sich von dessen tatsächlicher Anwesenheit zu vergewissern. Vorsichtig, als müsse sie nach einer Berührung, durch einen brennenden Schmerz zurück schrecken, berührte Romana seine Schulter, streifte seinen Hals und zog mit den Fingerspitzen sacht ihre Bahn über seine Wange, ganz leise die Begrüßung wiederholend. Salve Appius.
    Seine Braunen waren noch viel beeindruckender, als in ihrer Erinnerung und von seiner Gestalt ging eine Faszination aus, die ihren Blick mit einem Bann belegte. Unfähig sich zu bewegen oder gar sinnvolle Worte zu formen, ruhten ihre glänzenden Hellblauen tief versunken in seinen Augen. Das kaum sichtbare Beben ihrer Lippen breitete sich – für sie selbst nicht spürbar – über ihren schlanken Körper aus. Und nur durch die sichtbare Gänsehaut auf ihren nackten Armen, war zu erahnen, in welchem Kampf sich ihre Sinne befanden und welche Schlacht in ihrem Inneren tobte. Bewegungslos saß Romana in ihrem Korbsessel, unfähig aufzustehen oder zu antworten und doch sprach ihre Regungslosigkeit, sprach ihr Gesicht und ihre Haltung, sprachen ihre Fingerspitzen von so viel mehr, als nur Freude ihn zu sehen.

    Ungeachtet der Geräusche, war Romana in ihre Gedankenwelt versunken. Während sie von Trauben und Dattel aß, schweifte ihr Blick durch den Raum, ohne wirklich etwas zu erkennen. Ihre Hellblauen waren von Traurigkeit getrübt und die Spur der verebbten Tränen unverkennbar auf den dezent geschminkten Wangen zurück geblieben. Müde wirkten ihre Bewegungen und durch die halb geschlossenen Fensterläden lagen Schatten auf ihrem sonst so ebenmäßigem Gesicht.
    Wie aus dem Nichts drang eine Stimme zur Braunhaarigen durch und ließ sie frösteln. Eine Stimme, die sie kannte und der sie mit einem Salve Appius! antwortete, ohne wirklich zu realisieren, wo sie her kam. Da waren sie wieder, die braunen Augen, die seit seiner Abreise bei ihr weilten und nun auch hier auf sie herab sahen … oder? Unwirsch rieb sie sich die Augen … wollten die Götter sie narren? Zögerlich blinzelte sie durch ihre Finger, spreizte sie auseinander und schloss sie wieder. Sag das noch einmal! Mit Ängstlichkeit in der Stimme und mit einem, ihren Herzschlag ähnlichen Rauschen in den Ohren, lauschte sie die Luft anhaltend und unfähig jedweder Bewegung.

    Durch das geräuschvolle Schieben des Korbsessels zum Setzten aufgefordert, wollte Romana so eben am Tisch Platz nehmen. Sie war gerade noch dabei, den Mantel abzulegen, als das Klopfen an der Tür, ihre Aufmerksamkeit auf sich zog und sie Nuha ansah. Wenn es Gaius ist, er soll sich ein Zimmer suchen und später wieder kommen. Die Reise war anstrengend … Den Rest der Worte blieb sie der Grauhaarigen schuldig in der Hoffnung, diese würde die richtigen finden.

    Während die Braunhaarige mit dem Rücken zur Tür, ihren Platz fand und zu Essen begann - wenigstens nahm Nuha es an – näherte die Alte sich dem Eingang. Auch sie war der Meinung, es könne nur der neue Diener ihrer Domina sein, öffnete deshalb ohne zu Zögern. Um so erstaunter fielen ihr Blick und ihre Reaktion aus, als sie den Centurio erkannte und ihm mit Flüstern zu verstehen gab, dass er eintreten soll und sie nach Unten gehe.
    Kaum hörbar und ohne sich noch danach noch einmal um zu sehen - wusste sie Romana doch in guten Händen - entfernte sie sich und überließ Massa das Terrain.

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    Nuha


    Das Stufen steigen lastete Nuha noch auf den Knien, als sie die Tür öffnete und beschwerlich in den Raum schlurfte. Obwohl das Zimmer räumlich optimal ausgestattet war, fand sie es etwas düster und der Stimmung ihrer Domina angepasst. Die stand am Fenster und sah zwischen den halb geschlossenen Läden nach Draußen.
    Ungeachtet dessen, dass die noch ihren Mantel trug und sich auch nicht nach ihr umsah, begann sie aus dem kleinen Reisekorb die mitgebrachten Speisen auf den Tisch zu verteilen. Es waren wenige Häppchen, liebevoll zurecht geschnitten und mit erlesenen Köstlichkeiten belegt. Auch wenn Romana prinzipiell wenig aß und meist nach frischem Obst und Datteln griff, hielt sie es für notwendig, ihr auch Anderes anzubieten. Du solltest etwas essen und dich angekommen fühlen. Mit ihrer Bemerkung nicht ganz zufrieden, verzog die Grauhaarige kurz die Mundwinkel und ließ ihren Blick schweifen. Es ist dein Zuhause hier in Ostia und du wirst sehen, es wird viele Vorteile bringen, so zentral zu wohnen.
    Die Alte hatte sich bereits vor der Insula umgesehen und festgestellt, dass der Centurio nicht nur die passende Räumlichkeit fand, sondern die auch den Bedürfnissen einer jungen Römerin angepasst war. Setz dich und versuche zu entspannen und wenigstens ein paar Bissen zu dir zu nehmen. Extra übertrieben geräuschvoll schob Nuha einen der Korbsessel zurecht und platzierte für die Gemütlichkeit zwei aus der Auswahl der vielen Kissen.

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    Nuha


    Als Nuha in die dunklen Augen von Gaius sah, erschien ein sanftes Lächeln auf ihren faltigen Lippen. Sie hielt immer noch die Hand von Romana und nach den Worten des jungen Burschen, wurde sie noch liebevoller gedrückt, als vorher.
    Deine Domina ist einverstanden, wenn du dich weiter darum kümmern würdest! Die Antwort kam von der Grauhaarigen mit einer Selbstverständlichkeit und noch bevor der Wagenschlag wieder geschlossen wurde, wendete sie sich der Braunhaarigen zu und zwinkerte. Alles in bester Ordnung, bald sind wir da. Die Nervosität und die kalten Finger beunruhigten sie etwas, wusste sie doch selbst nicht, wie sie damit umgehen sollte und welche Probleme ihnen bevor standen.

    Enttäuscht, und das nicht nur gefühlsmäßig - es war Romana anzusehen - saß die Braunhaarige auf der Kline und hielt eines von der vielen Kissen in den Schoss gedrückt. Den Blick schweifend, sah sie sich um, bemüht, nicht in Tränen auszubrechen. Auf der Treppe waren Geräusche hörbar, ungewohnt und hastend, liefen an ihrer Tür vorbei und entfernten sich wieder. Naha und Gaius erledigten das Ausladen. Ein gewisser Titus hatte sie nach Oben in die kleine Wohnung geleitet und sie im Namen des Centurio Decimus, dort willkommen geheißen.
    Der kleine Raum war nicht ohne Charme und glich ihrem Cubiculum in Rom. Hier gab es zwei Räume, die durch einen Vorhang getrennt, voll und ganz ihren Ansprüchen genügten. Auch wenn sie das Fensterbrett vermissen würde und den Blick in den Hortus, hier war sie in Ostia und dadurch ihm nah. Die Gedanken daran beruhigten sie etwas und erhellten ihr bislang ernst wirkendes Gesicht. Trotzdem gelang es ihr nicht, sich los zu reißen und aufzustehen. Während der ganzen Reise war sie auf das Gesicht von Massa gespannt und jetzt gab es nur einen Willkommensgruß und keine Aussicht ihn zu sehen. Selbst auf ihre Nachfrage an den Calo, erfuhr sie nur Wenig. Zu unruhig schlug ihr Herz seither und Kälte breitete sich über ihren zierlichen Körper aus. Obwohl sie noch eingehüllt in ihren Mantel war, spürte sie das eisige Gefühl, wie es sich von den Füßen nach oben zog und auf ihren Brustkorb lastete.
    Als die Tür aufging und Nuha eintrat, erhob sie sich endlich und trat an das Fenster. Die Fensterläden waren noch halb geschlossen, gaben aber den Blick auf die belebte Straße frei. Lärm klang an ihr Ohr und vermischte sich mit dem leisen Schlurfen der Grauhaarigen, die begann eine kleine Mahlzeit aufzutischen. Auch wenn es lange her war, dass Romana einen Bissen zu sich genommen hatte, bestand wenig Appetit.
    Verträumt folgten ihre Hellblauen den Lauf des Straßenzuges und blieben irgendwo in der Ferne haften. Während leise seufzend der Name Appius ihre Lippen verließ, rollte blinzelnd winzige Tropfen über ihre Unterlider und bahnten sich den Weg über die Wangen, bevor sie als Rinnsal oberhalb der Mundpartie erstarben.

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    Nuha


    Die Worte von Romana gedanklich aufnehmend, öffnete Nuha den Wagenschlag und sah hinaus. Gaius befand sich im Gespräch mit einem Wachposten und der Kutscher war abgestiegen und kontrollierte den Zustand des Wagens. Sie waren nicht die einzigen Einreisenden am Tor, sondern standen zwischen Händlern mit Karren und Reitern mit Hufe scharrenden Gäulen. Es gibt Verzögerungen. Bestätigend die Worte der Grauhaarigen, nachdem sie die Vorhänge wieder zugezogen hatte. Unser Begleiter kümmert sich zuverlässig um die Passage. Sacht tätschelte sie die Hand der Braunhaarigen, bemüht sie mit der Geste und ihrem Lächeln zu beruhigen.