Beiträge von Angus

    Ich hatte große Mühe, mich im Griff zu halten. Die Arroganz dieses Römers kannte keine Grenzen. Er empfand meine Worte wohl eher als Belustigung und spaßigen Zeitvertreib. Kein Wunder auch, wenn ich mir diesen Lupus und all die anderen anschaute, die demütig vor ihm kuschten.
    Dennoch hätte ich mir gewünscht, Aislin wäre hier an meiner Seite gewesen. Denn sie hätte es verstanden, mich nun zur Besonnenheit zu ermahnen. Ein geübter Weitblick wäre hier tatsächlich von Nöten gewesen. Aber in mir hatte sich so viel Wut und Verbitterung angestaut.
    „Das mag wohl sein!“, gab ich zurück. „Dennoch sollst du wissen, Caius Flavius Scato, dass ich alles verachte, wofür du stehst!“ Aus meiner Stimme war jegliche Emotion gewichen. Nur seinen Namen hatte ich überspitzt betont ausgesprochen, sodass dabei mein ganzer Zorn zu Tage trat. So leicht sollte dieser lackierte Wicht mich nicht bekommen. Ich wollte mich nicht fügen – niemals!

    Lupus, so hieß also der Sklave, öffnete die Tür und in Windeseile wurde aus dem großspurigen Wolf von eben ein unterwürfiger Hund, der seinen Schwanz einklemmte, wenn er vor seinem Herrn stand. Zweifellos war dieser Lupus zahm, im Gegensatz zu mir. Voller Ironie huschte mir noch ein Grinsen über den Mund, dieser Auftritt hatte all meine Wut beiseite gefegt. Lupus, tss!


    Das Grinsen verging mir aber ganz schnell wieder, als ich den Römer mit meinem Blick erfasste. Er lag da, trank ein Schluck Wein und sein Blick, den er mir zuwarf, war abfällig. Ein junger Mann zweifelsohne, vielleicht in meinem Alter. Dennoch amüsierte mich sein Anblick. Die feinen lockigen Haare, das edle Gewand, in dem er steckte, erinnerte mich doch sehr an eine Frau. Selbstredend konnte ich mit meinem Äußeren nicht mithalten. Meine Hosen, die ich trug, hatten seit Wochen kein Wasser mehr gesehen und sie waren mittlerweile überall zerschlissen. Da dieser Idiot Kretos meine Tunika am Morgen zerrissen hatte, bedeckte nur noch ein leichter Ölfilm meine Brust und sonst gar nichts.
    Ich konterte mit demselben Blick, den er mir zugeworfen hatte, um ihm ganz deutlich zu machen, was ich von ihm hielt.
    „Ich bin Angus mac Donall, vom Volk der Carvetii und ich bin hier, weil ihr uns unser Land nahmt und uns zu Sklaven gemacht habt.“ In meinen Worten klang deutlich die Verbitterung mit, doch auch meinStolz, den ich noch hatte. Ja, ich war stolz darauf, wer ich war, denn ich wusste um das Unrecht, das mir widerfahren war.
    Noch eine Weile musterte ich CFS, dessen Zeichen ich im Nacken trug. Dann fiel mein Blick auf Lupus, der sich noch immer nicht traute, wie ein Mann da zustehen.

    Zugegebenermaßen hatte es mich doch beeindruckt, wie es im Inneren dieses Hauses aussah. Solchen Prunk hatte ich nicht einmal in Lugvalium zu sehen bekommen. Ich fragte mich immer mehr, wer oder was dieser Flavius Scato war, dass er sich solch einen Luxus leisten konnte. Je eher ich mich mit dem Sklaven, dessen Namen ich immer noch nicht kannte, einer bestimmten Tür näherte, umso schneller kam ich hinter dieses Geheimnis. Allerdings begleitete mich dabei ein ziemlich ungutes Gefühl. Ich hatte die Römer nur zu gut kennengelernt, als dass ich wusste, dass sie allesamt Halsabschneider, Betrüger und Diebe waren. Dieser Scato, so vermutete ich, machte da sicher keine Ausnahme. Der Sklave hatte mich zum Respekt ihm gegenüber gemahnt. Pah, ganz sicher würde ich nicht vor ihm auf den Knien rutschen! Lieber wollte ich sterben!
    Schließlich stand ich vor besagter Tür, die mich von demjenigen trennte, der von nun an mein „Herr“ sein sollte. Ich überließ es dem Sklaven, die Tür zu öffnen und drehte mich kurz zu ihm um. Die ganze Zeit über hatte ich es peinlichst vermieden, mit ihm zu sprechen. Was hätte ich auch sagen sollen. Vielleicht dass es mich freute, hier sein zu dürfen? Ich gehörte nicht zu jenen Arschkriechern, die ihr Hirn mit sämtlichen Gedanken am Eingang abgaben und nur noch das taten, was man von ihnen verlangte.

    Sollte ich jetzt Angst haben? Vor diesem Wicht! Im Grunde genommen war er doch auch nur ein Sklave. Doch seine Arroganz, die er mir gegenüber an den Tag legte, nervte mich einfach. Wir beiden hatten dringend das eine oder andere Wörtchen miteinander zu wechseln und zwar ohne dass uns jemand dabei störte.
    „Fass mich nicht an!“, zischte ich, als er mich von hinten vor sich her schieben wollte. Wenn in diesem Haus alle so „nett“ waren, wie dieser Kerl, dann brachen harte Zeiten für mich an. Andererseits, die Zeiten waren so hart, wie sie nie zuvor gewesen waren. Ich war allein in der Fremde, sie hatten mir alles genommen, meine Familie, mein Land, meine Freiheit. Aber meinen Stolz sollten sie mir nicht nehmen, selbst wenn sie versuchen wollten, ihn aus mir heraus zu prügeln. Am Ende würden sie damit keinen Erfolg haben.

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    Kretos & Plethos
    „Nein! Du ignorierst einfach mein Bedürfnisse!“, jammerte Plethos weiter. „Red doch keinen Scheiß, ich ignoriere gar nichts! Nichts und niemanden ignoriere ich!“gab Kretos verärgert zurück. Inzwischen war die Tür aufgegangen und der Lackaffe von heute Morgen nahm uns in Empfang. Allerdings schien das außer mir niemand wirklich zu interessieren. Irgendwann aber tippte Plethos seinen Kollegen an und deutete in Richtung Tür. „Hä?! Ach ja… also wir bringen deinem Herrn den Sklaven. Nimm ihm die Dinger ab!“, herrschte er Plethos an, der eigentlich bereits schon angesetzt hatte, sich zu beschweren, weil er immer alles machen musste. „Nächstes Mal machst du das, nur dass du´s weißt!“, murrte er, während er mich von den Ketten befreite. Demonstrativ hielt ich ihm noch die gebundenen Hände entgegen, die er schließlich mit einem vernichtenden Blick löste. Kretos versetzt mir noch einen letzten liebevollen Stoß, so dass ich fast zur Tür hineingefallen wäre.
    „Ja also, dann vielen Dank für deinen Einkauf und so! Beehre uns ruhig wieder!“, meinte er zu dem flavischen Sklaven während er sich zum gehen umwandte. „Los, komm jetzt, du Idiot!“ herrschte er noch einmal Plethos an. Dann verschwanden die beiden, doch man konnte ihrem Gezanke noch lange lauschen, wenn man das wollte.
    Noch einmal warf ich dem Sklaven einen vielsagenden blick zu, der keinen Zweifel daran ließ, was ich von ihm hielt und trat schließlich ein.

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    Kretos & Plethos


    Kretos und Plethos, die beiden Gehilfen des Sklavenhändlers hatten sich kurz vor Sonnenuntergang mit ihrer Lieferung auf den Weg gemacht. Vorher hatten sie dem Kerl noch seine Brandmarkung verpasst. Nun trug er ein kleines aber feines eingebranntes CFS in seinem Nacken. Wie ein Mädchen hatte der große Blonde geschrienen, als das brennendheiße Eisen seine Haut berührt hatte! Die beiden hatten ihre helle Freude daran gehabt. Schade nur, dass sie ihn nun gleich los waren.
    Sie hatten bereits die Villa der Flavier erreicht und mussten eigentlich nur noch an der Porta anklopfen. Doch das war dann gar nicht so einfach!


    „Du klopfst an!“, sagte Kretos seinem Kollegen. „Hey, warum soll ich immer anklopfen?“, wiedersprach Plethos. „Immerfort sagst du mir, was ich tun soll!“
    Kretos, der eindeutig der stärkere von beiden war, verzog sein Gesicht. „Red nicht so einen Stuss, klopf einfach an!“ „Nein, das werde ich nicht! Ich weigere mich, anzuklopfen! So!“ , gab Plethos trotzig zurück und zeigte demonstrativ, wie beleidigt er war. „Was heißt dass, du weigerst dich??“, begann Kretos loszupoltern. „Jungs… Jungs! Hört doch mal!“, begann ich mich einzumischen und erntete dafür ein vereintes „Halt´s Maul!“ Die beiden Idioten stritten sich fröhlich weiter. Dabei wäre es so einfach gewesen!
    „Nein, du nimmst mich einfach nicht für voll!“, konterte Plethos. „Ich soll dich nicht für voll nehmen? Wer hat sich denn letztens den Patzer mit dem blinden Gallier geleistet? He? Das warst du! Du, du du!“, schrie Kretos. Und da diese Diskussion sicher noch Stunden gedauert hätte, hüpfte ich zur Tur (ja ich hüpfte, weil die beiden Genies mir unbedingt Fußfesseln verpassen mussten) und hämmerte mit beiden Händen, die mittels eines Stricks zusammengebunden waren, gegen die Porta.

    Auf einmal war alles zu Ende. Seitdem der Römer mir meinen Halt genommen hatte und ich den anvisierten Punkt verloren hatte, war ich dazu gezwungen gewesen, Mitros' Bemühungen, mich möglichst teuer an den Mann zu bringen, zu verfolgen. Es war einfach widerwärtig, wie er das tat. Ständig tatschte er mich an, als wäre ich nur ein Stück Fleisch. Im Grunde war ich das ja auch.


    650 Sesterzen war ich schließlich wert gewesen. Ausgerechnet dieser Schnösel, der wissen wollte, ob ich zahm bin, hatte den Zuschlag bekommen. Andererseits hatte ich jetzt die Möglichkeit, ihm zu beweisen, wie zahm ich war! Doch bevor ich mich in irgendwelche Schwierigkeiten hineinmanövrierte, wollte ich erst einmal besonnen bleiben. Schließlich war ich fremd hier, in dieser Stadt und in diesem Teil der Welt. Wirklich alles wirkte so fremd und das römische Britannien war nur ein schwacher Abklatsch von dem, wie Rom tatsächlich war.
    Mitros schloss die Verhandlungen ab und notierte sich den Namens des Käufers und wohin man mich liefern sollte.
    Argwöhnisch beobachte ich meinen „Herrn“, ich wollte mich sowieso weigern, ihn jemals so anzusprechen, als Mitros etwas von brandmarken faselte. Das würde er doch nicht tun!?
    Er tat es! Und ich erfuhr noch viel mehr! Mein Blick musste wohl Bände sprechen, als ich realisierte, dass dieser Kerl nicht der vermeidliche Herr war, sondern auch nur ein Sklave. Sein Grinsen und diese Bemerkung brannten sich in meinem Hirn ein. Sicher würden wir beide viel Spaß haben!


    Und dieser Caius Flavius Scato? Wer war dieser Mann und vor allen Dingen, wo war er. Verunsichert schaute ich mich nach allen Seiten um, ob ich diesen Mann erkennen konnte, doch da packten mich bereits Mitros´ Männer und zerrten mich herunter, um mir das Zeichen dieses Römers in meine Haut zu brennen.


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    [Blockierte Grafik: http://imageshack.us/a/img12/4291/8s3.gif]Mitros hatte wieder einmal den richtigen Riecher gehabt. Das Gebot hatte sich noch einmal erhöht. Da zeigte es sich doch einmal mehr, wie gut es war, wenn man die Sklaven kurz vor dem Verkauf wieder auf Vordermann brachte. „Für meine Kunden tue ich doch alles!“, rief Mitros grinsend dem jungen Mann zu. „Und, höre ich noch ein weiteres Gebot? Wer bietet 700?“ Mitros hatte sich wieder den anderen Interessenten zugewandt, die es allerding vorzogen, heute eher den Part der nichtbietenden Zuschauer einzunehmen. Offenbar hatte der Britannier seinen Zenit erreicht.
    „Nun gut, wenn ich keine Gebote mehr höre, dann geht der Bursche hier an den jungen Herrn hier, zum ersten, zum zweiten…. und zum dritten… Verkauft für 650 Sesterzen an den jungen Herrn hier.“ Mitros warf noch einen letzten Blick auf den Britannier. Er hatte ihm doch ein ordentliches Sümmchen eingebracht, was er nicht gedacht hätte. Sein neuer Besitzer würde seine helle Freude an ihm haben. Aber das war nun nicht mehr sein Problem.
    „Nun, dann macht das 650 Sesterzen“, meinte Mitros, der sich zu dem Käufer hinunter gebeugt hatte. „Soll er gebrandmarkt werden und dürfen wir ihn liefern und wenn ja, wohin? Das macht dann nochmal 100 extra.“

    Mitros rieb sich die Hände, als nun endlich ein Gebot kam. 550 Sesterzen? Da ging bestimmt noch mehr! , versicherte „Oh ja, die spricht er!“Mitros lachend, obwohl er doch etwas nervös wirkte. Irgendetwas stimmte heute nicht, bildete er sich ein. Die Leute gingen heute gar nicht mit, so wie er es sonst gewohnt war. Waren denn diese jämmerlichen Kreaturen von Sklaven so abstoßend? "Seine Familie? Sind wohl alle draufgegangen, wie ich gehört habe. Der Bursche hat also nichts mehr zu verlieren," gab Mitros lachend zum Besten, während ich mich zusammenreißen musste, ihm nicht den Kopf abzureißen.


    „Nun, sicher kannst du ihn auch zu schwereren Arbeiten heranziehen. Zum Beispiel als Feldsklave. Allerdings wäre das eine reine Verschwendung, wenn di mich fragst! Du siehst, er ist gut gebaut und gesund! Auch seine Zähne machen einen guten Eindruck.“ Mitros hatte mich am Kinn gepackt und drückte mit seinen Fingern den Mund auf, so dass meine Zähne kurz zu sehen waren.
    Aus der Menge kam endlich ein weiteres Angebot. „600 Sesterzen, für den Britannier!“ Mitros war hellauf begeistert! „600 sind geboten. Nun kommt schon Leute, ihr wisst genau, dass ein Kerl wie der hier viel mehr wert ist! Also höre ich noch ein höheres Gebot?“

    [Blockierte Grafik: http://imageshack.us/a/img12/4291/8s3.gif]Offenbar hatte Mitros sich selbst übertroffen und ein bisschen zu sehr aufgetragen. Wenn hier die Stimmung nicht noch kippen sollte, dann musste er schleunigst etwas zurückrudern. Natürlich sollte dies auf Angus' Kosten gehen.
    „Nun, im Vertrauen gesagt, der von dem ich ihn habe, hat mir erzählt, dass der Bursche sich fast in die Hosen gemacht hat, als er von den Soldaten Roms besiegt worden war.“ Mitros lachte auf und wand sie seiner Ware zu. „Nun komm schon, du hast gehört, was der nette Herr hier wissen will, sag ihm gefälligst, ob du gezähmt bist!“



    Dieser dreckige Grieche, falls er mir eines Tages noch einmal über den Weg laufen sollte, würde ich ihn sofort töten, stieß mich an und zwang mich, sein dummes Spiel mitzuspielen. Dadurch hatte ich meinen visuellen Halt verloren. Ich war gezwungen, hinunter zu diesem römischen Wicht zu blicken, der wissen wollte, ob ich gezähmt war. Das hätte ich ihm nur zu gerne Mann gegen Mann gezeigt!
    Da ich nicht gleich antwortete, gab Mitros ein Zeichen und ich erhielt postwendend ich einen Klaps von einem seiner Männer, die sich hinter mir postiert hatten.
    „Ja, man hat mich gezähmt“, presste ich nicht allzu laut heraus. Wie weit konnte ich noch sinken? Gab es da noch eine Steigerung?

    Lethargisch saß ich in der hintersten Ecke des Käfigs. Mich interessierten die Römer nicht, die sich draußen vor den Gittern herumtrieben und uns wie Tiere gegafften.
    Nach und nach holten Mitros' Männer einen nach dem anderen nach draußen. Das Geschrei des Sklavenhändlers und das seiner Zuschauer drang bis zu uns in die Käfige. Es war wohl das Entwürdigendste, was man sich vorstellen konnte, dort draußen stehen zu müssen, womöglich noch nackt, und von diesen Bestien verspottet und gegafft zu werden. Der arme Tropf, den sie soeben hinaus gezerrt hatten, war dazu verdammt, aus sich einen Affen machen zu müssen. Ich hoffte, mir würde so etwas erspart werden.
    Die Zeit verging und je weiter der Tag voranschritt, umso stickiger und heißer wurde es. Irgendwann schließlich wurde die Tür des Käfigs geöffnet und zwei stämmige Männer zogen mich grob in die Höhe. „So jetzt bist du an der Reihe!“, sagte der eine grinsend. Der andere riss mir die Tunika vom Leib und schmierte mich mit einer öligen Flüssigkeit ein. „Damit du schön glänzt! Die Leute wollen was geboten bekommen.“ Danach schoben sie mich hinaus auf den Podest, auf dem Mitros bereits in wartender Pose stand. Sobald ich in sein Blickfeld rückte, begann er mit seiner überschwänglichen Einführung.
    „Quirites! Seht her! Einen kräftigen Burschen aus den Wäldern Britannias! Bis vor einigen Monaten kämpfte dieser Häuptlingssohn noch gegen Rom. Doch unsere siegreichen Soldaten wiesen ihn in seine Schranken. Seht nur, wie er vor Kraft strotzt!“, rief Mitros, fasste dabei an meinen Oberarm und erzählte dabei seine haarsträubende Gesichte weiter. „Die beste Wahl, falls ihr ihn zum Gladiator ausbilden lassen wollt. Natürlich eignet er sich auch hervorragend als Custos. Seht nur seine Muskeln!“
    Ich versuchte mit meinen Augen einen Punkt in der Ferne zu fixieren. Daran hielt ich mich fest. So blieb es mir vorerst erspart, hinunter in die Menge zu blicken zu müssen, während Mitros meinen Körper feilbot und mich dabei betatschte. Besonders gut schien ihm dabei meine Tätowierung auf der Brust und an den Oberarmen zu gefallen, da er darauf mehrmals hingewiesen hatte.
    „500 Sesterzen sind geboten! Wer bietet mehr… Na kommt schon Leute! Einen so stolzen Barbaren bekommt man nicht alle Tage!“ Der Grieche legte sich mächtig ins Zeug, den Preis immer höher und zu treiben. Mir war es egal, für wie viel er mich verkaufte. Mir war eigentlich alles eagal!

    [Blockierte Grafik: http://imageshack.us/a/img12/4291/8s3.gif] „He Bürschchen, lass dich mal anschauen!... Mhm, ja…könntest mir ein feines Sümmchen einbringen, wenn du dich benimmst!“ Die Sklavenhändler hatten sich bereits in Isurium Brigantum eingefunden als wir dort ankamen. Man scheuchte uns von den Ochsenkarren herunter und nachdem wir uns in einer Reihe aufgestellt hatten, musterten sie nun jeden einzelnen von uns. Mitros, ein griechischer Sklavenhändler, der sich bereits einige unserer jungen Frauen ausgesucht hatte, stand nun vor mir und prüfte mein Äußeres. Er schien zufrieden zu sein, mit dem was er sah und deutete mit seinem Stock auf mich. Daraufhin kamen zwei seiner Männer und schoben mich fort aus der Reihe. Danach widmete sich Mitros dem Nächsten.
    Nachdem diese Prozedur zu Ende war und er einem der Soldaten einen dicken Beutel, gefüllt mit Münzen überreicht hatte, richtete er seine Worte an unsere zusammengeschrumpfte Gruppe.„Ihr könnt euch glücklich schätzen, denn ihr seid nun im Besitz des Sklavenhändlers Mitros von Delos. Das bedeutet für euch, eine ausreichende Versorgung mit Futter und Wasser. Ich bin dafür bekannt, für meine qualitativ hochwertige Ware und dementsprechend werdet ihr euch im Gegenzug nicht wie Wilde benehmen, wenn sich jemand für euch interessieren sollte. Wer Ärger macht, wird damit bestraft!“ Mitros hielt eine Peitsche in der Hand und zeigte sie allen. Dann gab er seinen Männern ein Zeichen, die uns daraufhin auf einen Wagen luden. Die Eisenketten an meinen Füßen hatte die Haut aufgerieben. Mit jeder Bewegung schmerzten sie. Aber dieser Schmerz war nicht so groß, wie der in meinem Herzen. Je weiter wir uns von der alten Heimat entfernten, umso größer wurde dieser Schmerz.


    Wochenlang waren wir unterwegs, sie hatten uns hinunter in den Süden gebracht und dort auf ein Schiff geladen. Nach der Überfahrt nach Gallien waren wir erneut auf einen Karren geladen worden. Irgendwann hatte ich damit aufgehört, die Tage zu zählen. Unzählige Städte, Flüsse und Landschaften waren an uns vorbeigezogen. Je südlicher wir kamen, desto heißer und unerträglicher wurden die Tage. Die Sonne begann meine Haut unerbittlich zu röten. Wir baten und bettelten um einen Schluck Wasser. Mitros Männer jedoch ließen sich nicht erweichen, sie erhöhten nicht unsere Rationen. Deswegen kam es schließlich zu Querelen. Uns war es gelungen, einen von Mitros` Männern niedergeschlagen, um an etwas mehr Wasser zu kommen. Doch die Strafe dafür war hart gewesen. Alle Beteiligten, so auch ich, wurden mit zehn Hieben und drei Tagen Essensentzug bestraft. Danach lehnte sich niemand mehr auf.


    Eines Tages, so schien es, hatten wir endlich unseren Bestimmungsort erreicht – Rom! Vor den Stadttoren lud man uns von dem Karren herunter. Den Weg in die Stadt legten wir zu Fuß zurück. Noch immer mit Eisenketten versehen, gestaltete sich dies nicht sehr einfach. Die Menschen, an denen wir vorbeizogen, gafften uns an, manche verspotteten uns. Doch der Spott konnte uns nichts mehr anhaben. Wir waren wie betäubt, nicht fähig, auf das was von außen kam, zu reagieren.
    Während unseres Marsches durch die Stadt gewann ich nur wenige Eindrücke. Ich wusste nur, diese Stadt war groß, dreckig, laut und so furchtbar fremd! Ich sehnte mich nach meiner Heimat, nach den grün-braunen Bergen, den frischen klaren Bächen und dem Lächeln meiner Frau. Aislin, warum war ich dir nicht gefolgt?


    Mitros, der Sklavenhändler hatte einen festen Verkaufsstand, der durch eine größere Anzahl von Käfigen im Hintergrund ergänzt wurde. In diese Käfige sperrte man uns schließlich, die Frauen von den Männern getrennt. So war es den potentiellen Käufern bereits im Vorfeld möglich, einen ersten Blick auf Mitros´ Ware zu werfen.
    Am nächsten Tag, so sagte man uns, würde man uns dort hinauf auf den Verkaufspodest zerren, um uns an irgendeinen Römer zu verkaufen, der dann Herr über unser Leben und Tod war. Mir widerstrebte diese Vorstellung zutiefst. Ich hasste die Römer. Alle Römer waren Halsabschneider und Betrüger in meinen Augen.


    Ich machte in der Nacht kaum ein Auge zu. Stattdessen sah ich hinauf zu den Sternen und fragte mich, ob wohl dieselben Sterne nun über den Ruinen unseres Dorfes standen. Noch einmal sah ich die Bilder vor mir, unser hoffnungsloser Kampf, das brennende Dorf, Cedrec, der erbärmliche Verräter und schließlich Aislins letztes Lächeln, bevor sie und unser Sohn starben.


    Dann, als endlich der Morgen graute, nahmen sie uns die Ketten ab. Mitros´ Männer wuschen uns notdürftig. Die Ware sollte sich so gut wie möglich präsentieren. Gleichgültig verharrten wir nun in unseren Käfigen, bis sie begannen, die ersten von uns nach draußen zu zerren.
    „Quirites! Kommt her und schaut!“, begann Mitros zu rufen. „Frische Sklaven aus Britannia! Wohlgestaltete Frauen und überaus kräftige Männer!

    Mir blieb nicht viel Zeit, um zu trauern. Unsanft zog man mich wieder auf die Füße und verfrachtete mich und die anderen auf Ochsenkarren. Nur die wenigsten leisteten noch Gegenwehr. Sie wurden auf der Stelle getötet. Ich selbst hatte nicht den Mut aufbringen können, den meine Frau aufgebracht hatte. So ließ ich alles mit mir geschehen.


    Wir konnten noch beobachten, wie die Soldaten damit begannen, die toten Körper ihrer Feinde auf einem Haufen zu werfen, um sie dort dann in Brand zu stecken. Ebenso verfuhren sie mit unseren Häusern. Alles was einen gewissen Wert gehabt hatte, war vorher schon geplündert worden. So wie wir zuvor, hatten sie auch unser Vieh zusammengetrieben.


    Als der Ochsenkarren sich in Bewegung setzte und wir alle noch einen letzten Blick auf unser altes Leben werfen konnten, begannen die Frauen zu wimmern. Die Häuser brannten bereits lichterloh. Der Geruch des verbrannten Holzes mischte sich mit dem von verbranntem Fleisch. Es war ein wahres Inferno. An diesem Tag, war der Himmel über uns eingebrochen und hatte dabei alles mit sich gerissen und zerstört. Alles was uns wichtig gewesen war, verbrannte dort.


    Unser Ochsenkarren wurde von den zufriedenen Blicken der römischen Soldaten begleitet. Noch einmal erhaschte ich einen Blick auf den Verräter, der ein wenig verloren unter den Römern wirkte.
    „Cedrec, eines Tages wirst du dafür bezahlen!“, sprach ich mehr zu mir selbst. Die anderen Männer auf dem Wagen schwiegen. Vielleicht dachten sie dasselbe.
    Wir alle waren auf der Fahrt ins ungewisse. Eins wussten wir, falls es für uns noch eine Zukunft gab, dann war sie finster und unerbittlich.

    Der Zorn, der in mir entbrannt war, ließ meine Aufmerksamkeit für das Wesentliche schwinden. Noch versuchte ich mich von diesen Ketten zu befreien. Nur zufällig blickte ich kurz auf und fing so diesen letzten warmherzigen Ausdruck auf ihrem Gesicht ein. Ich hatte es immer so sehr gemocht, wenn sie mich so ansah. Jedes Mal, wenn ich zur Jagd gegangen war, hatte sie mir dieses Lächeln geschenkt. Doch nun war sie es, die gehen wollte. Sie hatte sich entschieden. Bevor ich es jedoch realisierte, was sie vorhatte, war es bereits zu spät, ihr etwas zu entgegnen oder sie gar aufzuhalten. Sie hatte sich die Waffe des römischen Offiziers genommen und war auf Cedrec losgestürmt. Dabei ließ sie ein markerschütterndes Kriegsgeschrei ertönen.
    Fassungslos musste ich mit ansehen, wie sie sich den Tod geben wollte.



    [Blockierte Grafik: http://imageshack.us/a/img821/8803/x5z9.gif] Während der Asconier die Flucht angetreten hatte, verblieb Cedec wie angewachsen an Ort und Stelle. Zu sehr war er schockiert, was gerade geschah. Die junge Mutter rannte auf ihn zu, den Gladius schwingend, den sie fest in ihrer rechten Hand hielt. Mit der anderen hielt sie noch immer den kleinen Jungen, Angus` Sohn. Manch einen der Römer amüsierte wohl dieser Anblick. Doch Cedrec hatte genau verstanden, wie erbittert und ungezügelte dieses letzte Aufbäumen war.
    Gerade noch rechtzeitig, bevor Aislin ihn hätte ernsthaft verletzen können, trat ihr einer der Legionäre entgegen und stoppte sie.



    ~~~


    Noch ehe meine Frau den Verräter erreichte, wurde sie von einem der Soldaten gestellt. Ich sah, wie er zum Schlag ausholte. Völlig skrupellos stieß er ihr seinen Gladius in den Leib. Brüllend vor Wut und Trauer musste ich zusehen, wie sie zusammensank. Der Soldat setzte noch einmal nach. Ein letztes Mal hörte ich das herzzerreißende Schreien meines Sohnes, ehe es für immer verstummte. Der Schmerz, den ich empfand, ließ mich zusammensacken. Noch einmal schrie ich ihren Namen und blieb schließlich gramerfüllt und wimmernd im Dreck liegen.
    Alles, wirklich alles war mir an diesem Tag genommen worden, mein bisheriges Leben, wie ich es kannte und liebte, meine Freiheit und, was das Schlimmste von allem war, meine Familie. Zurück blieb nur eine leere Hülle, die sich, je länger ich mich grämte zusehends mit Hass füllte. Die Römer täten gut daran, wenn sie mich töteten oder in einer ihrer Mienen versenkten, damit sie mein Hass nicht traf.

    [Blockierte Grafik: http://imageshack.us/a/img607/8381/i5i.gif]Aislins Mut wurde von dem Römer sofort im Keim erstickt. Er packte sie bei den Haaren, zog sie an sich heran und schrie ihr ins Gesicht. Daraufhin brüllte der Kleine noch mehr, den sie immer noch an sich gedrückt hielt.
    Als er sie endlich losließ und sich ihrem Mann zuwandte, der soeben wutentbrannt losgeschrien hatte, weil er begriffen hatte, dass sie verraten worden waren, erkannte auch sie den Verräter Cedrec.


    Was hatte der Römer soeben zu ihrem Mann gesagt? Sie hätten einen hohen Preis zu zahlen? Wenn dem so war, dann sollten auch die Römer und ganz besonders der Verräter erfahren, wie hoch der Preis war! Aislin hatte nun für sich und ihren Sohn den Preis gewählt. Ihr Kind sollte nicht als Sklave aufwachsen.
    Noch einmal suchte sie Angus´ Blick, lächelte ihm liebevoll zum Abschied zu und hauchte leise: „Ich liebe dich! Eines Tages werden wir uns wieder sehen. Bis dahin werde ich auf dich warten.“
    Dann folgte sie dem Soldaten, der sich den anderen Gefangenen zugewendet hatte, zog dessen Gladius aus der Scheide und rannte schreiend mit erhobener Waffe auf den Verräter zu. Wenn Lugh ihr noch einen letzten Wunsch erfüllen wollte, dann den, dass sie den Verräter mit in den Tod nahm.



    [Blockierte Grafik: http://imageshack.us/a/img821/8803/x5z9.gif] Im Grunde ging ihm diese Selbstgefälligkeit des Römers tierisch auf die Nerven. Dieses typisch römische arrogante Gesülze von der "Güte und Gnade Roms" war so verlogen, wie alles andere was von dort kam. Doch Cedrec verbarg geschickt seine wahren Gedanken und spielte sein Spiel weiter.
    „Du meinst, sie könnten eines Tages wieder freikommen?“ Wenn das geschehen sollte, musste er auf der Hut sein. Doch falls es jemals dazu kommen sollte, würden viele lange Jahre ins Land gehen.
    Eigentlich konnte es den Römern nur recht sein, wenn die Gefangenen am Leben blieben. Nur dann hatten sie ihren Profit. Aber bevor sie auch die Frauen an die Sklavenhändler verhökerten, wollte er sich noch eine Gefährtin für die Zukunft aussuchen. Eine, die ihm schon immer gut gefallen hatte, die allerdings nie auf seine Avancen eingegangen war. „Ach ja Herr, bevor ich es vergesse. Ich hätte eine Bitte. Unter den Frauen ist meine Verlobte. Ihr wird doch sicher die Gnade und Güte Roms zuteil, indem sie verschont wird?“, fragte er untertänigst.


    Just in diesem Moment begann sich eine schicksalhafte Maschinerie in Gang zu setzten, als er unter den Gefangenen Angus erkannte. Gleich darauf drang auch das drohende Geschrei seines ehemaligen Stammesgenossen zu ihm. Jetzt musste er schnell handeln. Sonst würde am Ende sein Plan doch noch scheitern.
    „Der da, das ist der Anstifter des Aufstandes. Er hat alle im Dorf aufgewiegelt!“, schrie Cedrec aufgeregt und deutete in Angus Richtung. Genau von dort aus rannte eine Gestalt schreiend und mit erhobenem Gladius auf ihn zu. „Aislin?!“ Seine Augen waren weit aufgerissen.

    Wie betäubt ließ ich mich widerstandslos zu den anderen Überlebenden bringen. Die meisten von ihnen waren verwundet. Einige würden die Nacht nicht überleben. Die höhnischen Worte des Soldaten perlten an mir ab. Nichts hätte einfacher sein können. Gar nichts!


    Sie legten uns in Ketten. Ich brachte nicht mehr die Kraft auf, mich dagegen noch aufzulehnen. Ich ließ sie gewähren. Jeder von uns wusste, was uns erwartete. Die Römer gingen mit Aufständischen nicht zimperlich um. Wenn sie uns nicht kreuzigten, dann würden sie uns in die Zinnmienen in den Süden schicken, damit wir dort schufteten, bis wir starben.
    Niemand von uns sprach ein Wort. Nur die Schwerverletzten stöhnten vor Schmerzen. Erst als wir uns bewusst wurden, dass die übrigen Soldaten zum Plündern, Vergewaltigen und Morden übergegangen waren, regten wir uns wieder. Wir vernahmen sie Schreie der Frauen und Kinder, die aus den Häusern getrieben wurden. Wieder waren meine Gedanken bei Aislin. Ich hoffte, sie nie wieder sehen zu müssen, denn dann war sie und unser Kind den römischen Horden entkommen und in Sicherheit. Mein Leben war verwirkt, aber ihres konnte sie noch retten.


    [Blockierte Grafik: http://imageshack.us/a/img607/8381/i5i.gif] Aislin und die beiden Sklaven hatten sich im Haus verbarrikadiert. Der Kleine hatte, den Tröstungsversuchen seiner Mutter zum Trotz, die ganze Zeit gewimmert. In der Nacht hatte er zu allem Überdruss auch noch zu fiebern begonnen. Aber auch er hatte bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Aislin hielt ihn im Arm und streichelte sanft sein Köpfchen, um ihn und auch ein bisschen sich selbst zu beruhigen.


    Das Kampfgetöse hörte man bis hin zu ihrem Haus. Unter den beiden Sklaven herrschte eine gespannte Stimmung. Sie hatten ihrem Herrn die Treue geschworen, seine Frau, das Kind und auch seinen Besitz mit ihrem Leben zu verteidigen. Still hatte Aislin zu Lugh gebetet, er möge ihren Mann beschützen.
    Dann nach einer gefühlten Ewigkeit war es plötzlich ganz still geworden. Die Stille des Todes. Niemand im Haus glaubte daran, dass dies ein gutes Zeichen war. Sie rechneten mit dem Schlimmsten. Vielleicht hatten sich die Sklaven bereits mit dem Gedanken abgefunden, dass sie heute noch sterben würden. Es war längst zu spät, in die Berge zu fliehen. Mit einem kränkelnden Kind wäre es sowieso unmöglich gewesen.


    Es dauerte nicht lange bis es einmal, zweimal, dreimal heftig gegen die Tür polterte. Dann zerbarst das Holz. Mehrere Soldaten drangen in das Haus ein. Die beiden Sklaven, die sich mit ihren Dolchen den Römern entgegengestellt hatten, hatten keine Chance. Mit zwei, drei festen Gladiushieben wurden sie von den Soldaten niedergestreckt.
    Als Aislin von einem der Soldaten an den Haaren gepackt wurde, begann der Kleine wieder zu schreien. sie zerrten sie nach draußen und trieben sie zu den andern Frauen und Kindern, die man ebenso aus ihren Häusern geholt hatte.
    Die völlig verängstigten Frauen und Kinder weinten und klagten und standen dicht beieinander, als ob sie sich auf diese Weise vor Übergriffen der Römer hätten retten können.


    „Aislin!“ Jemand hatte ihren Namen gerufen. Das war nicht Angus´ Stimme gewesen. Sie gehörte einem der Römer, der ihren Namen so hart und unpersönlich aussprach.
    Anfangs hatte sie sich nicht gerührt. Doch als einige der Frauen begannen, sie zu bedrängen, trat sie mit ihrem Sohn hervor. Der Soldat zerrte sie mit sich und brachte sie zu den gefangenen Männern. Direkt vor Angus blieb er stehen und stieß Aislin zu Boden in den Schlamm.


    ~~~


    In diesem Moment glaubte ich, mein schlimmster Alptraum sei Realität geworden. Sie hatten Aislin gefunden und sie und den Knaben zu mir gebracht. Nun lag sie zu meinen Füßen im Schlamm und sah mich weinend an. Der Kleine ließ sich nicht mehr beruhigen. Wie gerne hätte ich ihn ihr abgenommen, um ihn zu trösten, meinen Sohn.


    Wieder brüllte der Soldat seine höhnischen Bemerkungen heraus. Diesmal waren seine Worte an meine Frau gerichtet. Doch Aislin erhob sich im gleichen Augenblick und trat ihm mit erhobenem Haupt entgegen. „Ja, er ist ein wahrhaftiger Held! Ein wahrer mutiger Krieger, der es gewagt hat, sich gegen eure Ungerechtigkeiten zu erheben! Seine Tat wird nicht vergessen werden.“ sprach sie stolz. Und genauso stolz war ich auf sie, dass sie es wagte, dem Römer zu trotzen.


    [Blockierte Grafik: http://imageshack.us/a/img821/8803/x5z9.gif] In einem langsamen Trab ritten Cedrec und der Asconier zu dem Ort, an dem noch vor kurzem erbittert gekämpft worden war. Der abtrünnige Carvetier ignorierte die Toten mit den bekannten Gesichtern, an denen er vorbei ritt. Schließlich waren sie zum Stehen gekommen, und beobachteten, wie die Überlebenden Britannier in Ketten gelegt wurden. Auch jetzt nicht rührte sich sein Gewissen. Er war davon überzeugt, das richtige getan zu haben. Auch wenn es vielen das Leben gekostet hatte. Deswegen konnte Cedrec auch mit seinem Werk vollkommen zufrieden sein. Der Römer war auf seine Machenschaften hereingefallen und versprach ihm für seine Treue und Loyalität zu Rom eine Belohnung.
    „Wäre es nicht besser, wenn man die Aufständischen auf der Stelle kreuzigen würde?“ Denn dann waren wirklich alle tot, die sich eventuell doch noch später bei ihm rächen konnten. Andererseits, wenn man die Männer nach Rom schaffte, um sie dort als Sklaven zu verkaufen, dann würden sich ihre Wege sicher auch nicht mehr kreuzen.


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    Genau in diesem Augenblick traf sich unser Blick. Ich wollte meinen Augen nicht trauen, als ich Cedrec neben dem römischen Beamten erspähte. Keine Frage, es war Cedrec! Der Cedrec, der vor einigen Tagen noch zum bewaffneten Aufstand gegen die Römer aufgerufen hatte. Dieser Verräter! Vor Wut versuchte ich mich loszureißen, um mich dem Verräter entgegenzustellen. Doch die Eisenketten an meinen Füßen und Händen verhinderten dies. Voller Zorn schrie ich seinen Namen!
    „Cedrec, du verräterisches Schwein!“

    ~*~Unterdessen hinter den römischen Linien~*~


    [Blockierte Grafik: http://imageshack.us/a/img821/8803/x5z9.gif]


    Ob Cedrec ein schlechtes Gewissen hatte, wegen dem, was er gerade tat? Keineswegs! Cedrec hatte nur früh genug erkannt, wie sinnlos ein bewaffneter Aufstand gegen die viel zu starken Besatzer war. Wenn er also auch in Zukunft als freier Mann und Eigentümer eines Stück Lands leben wollte, musste er eben zu unorthodoxeren Mitteln greifen. Natürlich fand er es bedauerlich, als er die Todesschreie seiner ehemaligen Nachbarn von Weitem hörte. Aber eine gesicherte Zukunft hatte nun mal ihren Preis!


    Damit es überhaupt zum Aufstand gekommen war, hatte er sich ordentlich ins Zeug legen müssen. Es war nicht ungefährlich gewesen, die römischen Soldaten aus dem Hinterhalt anzugreifen, um ein paar von ihnen zu töten. Aber schließlich musste die Stimmung auch auf Seiten der Römer aufgeheizt werden. Und seine Rechnung war aufgegangen! Sie hatten sich recht schnell dazu entscheiden können, gegen sein Dorf vorzugehen. Schließlich konnten sie sich nicht von ein paar Dörflern auf der Nase herum tanzen lassen.


    Damit auch seine Leute keinen Verdacht schöpften hatte er erbitterte Reden gegen die römischen Bestzer gehalten und letztendlich auch dafür gesorgt, dass ein paar berittene Kämpfer der Selgovae ihnen zur Hilfe kamen. Allerdings nur so viele, dass auch sie keine Chance gegen die Römer haben würden.


    Nachdem nun der Kampf zu Ende war und der gesiegt hatte, auf den er seine ganzen Hoffnungen gesetzt hatte, schien Cedrecs Plan endgültig aufzugehen.


    „Siehst du Herr, wie ich es dir vorausgesagt habe. Dies ist … dies war ein Dorf von Aufrührern. Ihren Aufstand gegen Rom haben sie von langer Hand geplant. Hätten sonst die wilden Horden aus dem Norden eure Soldaten angereifen können?“ Cedric saß selbstzufrieden im Sattel seines Pferdes, das neben dem des römischen Beamten stand. Zwei Tage zuvor war er bei dem Asconier in Lugvalium vorstellig geworden und hatte seine Leute ohne mit der Wimper zu zucken des Verrats gegen Rom bezichtigt.
    „Und falls noch einige der Aufwiegler überlebt haben sollten, werde ich mich nicht scheuen, sie dir auszuliefern.“

    „Oh Lugh, du Leuchtender, wie konntest du nur so etwas zulassen?“, stammelte ich vor Verzweiflung. Alle waren tot. Meine Freunde, die ich von Kindesbeinen an kannte, lagen dort. „Aislin!“ Ich musste zu meiner Frau, musste sie und das Kind in Sicherheit bringen. Wenigstens sie sollte den Römern entkommen. Wieder versuchte ich aufzustehen. Von Weiten hörte ich irgendwelche Befehlsrufe der Römer. Sie drangen nur nebulös an mein Ohr. Ich muss zu Aislin, war mein Gedanke. Aislin!


    Noch bevor ich mich wieder auf meine Füße stellen konnte, traf mich ein Tritt von hinten. Kopfüber stürzte ich zu Boden. Die Erde war durchweicht vom Regen, der am Morgen gefallen war aber auch vom Blut der Toten und Verletzten. Dann wurde ich von hinten an den Schultern gepackt und mit einem Ruck nach oben gezogen. Ich kam wieder zum stehen, erblickte den Soldaten, der mir etwas zurief. Ich verstand ihn nicht, es war als wäre er ganz weit weg, obwohl er direkt neben mir stand. „Aislin!“, rief ich. Hilfesuchend schaute ich mich um. Die Römer begannen die Überlebenden zusammenzutreiben. Noch konnte ich keine unserer Frauen und Kinder entdecken. Vielleicht konnten sie fliehen, war mein Wunschgedanke. Sie sind in Sicherheit, ganz bestimmt!

    Das Eintreffen der selgovarischen Reiter schien die Römer anfänglich zu überraschen. Dennoch war es ihnen möglich, sich blitzschnell auf die neue Situation einzustellen. Ihre Speere, die durch die Luft surrten, trafen zielsicher auf die vordersten Reiter und deren Tiere. Doch die Selgovae ließen sich davon nicht beirren. So gelang es ihnen, mit ihren Pferden in die römischen Stellungen einzubrechen.
    Auch wir stürzten uns auf die Aggressoren. Mir war zwar von Anfang an klar gewesen, dass dieses Unternehmen zum Scheitern verurteilt war. Aber welche Wahl hatten wir? Endgültig Sklaven Roms zu werden oder wenigstens im Kampf fallen. Jeder ehrbare Krieger würde für sich die zweite Option wählen, so auch wir.


    Sobald wir Feindberührung hatten, fielen auch schon die ersten unserer besten und tapfersten Männer, was auch uns nicht davon abhielt, erbittert weiterzukämpfen. In wilder Raserei kämpften wir für unser Land, unsere Freiheit und unsere Zukunft. Auch mein Schwert bohrte sich in die Leiber vieler Feinde. Doch für mich war der Kampf im wahrsten Sinne des Wortes schlagartig zu Ende, als ein dumpfer Schlag meinen Kopf traf. Bewusstlos sackte ich zusammen und blieb neben den Gefallenen liegen.


    Der Kampf zog sich noch eine Weile hin. Nachdem die Selgowae empfindliche Verluste hinnehmen mussten, zogen sich die überlebenden Reiter zurück. Auch in unseren Reihen hatte es viele Tote gegeben, darunter waren Murdoch,der Dorfälteste, Bran, der ein Freund meines Vaters gewesen war und auch Cullen. Schrecklich ,wenn man sich eingestehen musste, dass sie letztlich alle umsonst gestorben waren.


    Die Überlebenden zogen sich schließlich zurück. Da sie einsehen mussten, dass der Kampf vorbei war, signalisierten sie dem Feind, dass sie aufgeben wollten und ließen ihre Waffen fallen. Dies war der Moment, als die Welt, wie wir sie bisher gekannt hatten, stehen blieb.
    Das Schlachtfeld war übersät mit Toten. Carvetier, Selgovaren und Römer lagen dicht beieinander, manchmal sogar übereinander. Auch ich fand mich inmitten von Toten wieder, als ich wieder zu mir kam. Ein stechender Schmerz in meinem Kopf erfasste mich und wollte mich gleich wieder lahm legen. Als meine Augen wieder sehen konnten, erblickte ich das Desaster. Mein Gesicht und auch meine Kleidung war blutverschmiert. Eine Mixtur des eigenen Blutes meiner Platzwunde am Kopf und das meiner getöteten Feinde.


    Ich versuchte mich aufzustützen und nach mehreren Versuchen gelang es mir tatsächlich, mich auf die Füße zu stellen. Verwirrt taumelte ich zwischen den Toten umher. Viele vertraute Gesichter erkannte ich, die mich mit ihren toten Augen und schmerzverzerrten Gesichtern anstarrten. Schließlich gaben meine Beine wieder nach und ich sackte erneut zusammen, hinunter auf meine Knie. Aislin, mein erster klarer Gedanke galt Aislin, meiner Frau und unserem Sohn.