Beiträge von Sisenna Iunius Scato

    Gute Männer waren das, die Arbeit sahen, ohne dass man sie darauf hinweisen musste. Etwas nervös, aber das nahm Scato als Kompliment auf. Wer wurde nicht nervös in unmittelbarer Anwesenheit der Cohortes Urbanae? Dass sie neu waren, wusste er nicht, da auch er heute den ersten Tag hier arbeitete. Das Fass war mit vereinten Kräften bald fertig für den vertikalen Weitertransport, wie Lurco es so vornehm umschrieben hatte. Gemeinsam war alles leichter und das störrische Fass bewies das einmal mehr.


    "Ich nehme an, ihr wart schon mal in so einem Laufrad?", fragte Scato die Zivilisten ein wenig zu freundlich.


    So gern er das Laufrad testen wollte - in seinem Kopf ging es mit jedem hochgezogenen Meter schwerer zu bedienen, bis es am höchsten Punkt stockte und sich plötzlich in rasender Geschwindigkeit rückwärts drehte, während die Last hinabrauschte und der Mann im Inneren durchgewirbelt wurde.

    "Wir können die Fässer nicht einfach öffnen. Wie willst du sie hinterher wieder verschließen, so dass sie trotzdem dicht bleiben? Dazu braucht man Spezialwerkzeug und einen genau passenden Deckel! Unser Befehl lautet, sie unters Dach zu bringen und nicht, sie zu zerstören. Packt mit an."


    Scato versuchte, das Fass auf die Kante zu wuchten, einige Kameraden kamen zur Hilfe. So konnten sie es Stück für Stück auf die Platte des Krans befördern.

    << Carcer - der Prügelknabe


    Nachdem er Tarpa im Carcer besucht hatte, war Scato in die verwaiste Baracke zurückgekehrt, hatte seine Ausrüstung gereinigt und seine Tunika in Seifenlauge eingeweicht und war in die Thermen gegangen. Bei seiner Rückkehr, bei der er eine frische Tunika trug und nicht mehr nach Rauch, sondern nach Ölen duftete, machte er zwei Entdeckungen:


    Erstens: Lurco lag in seinem Bett. Da er die Angewohnheit hatte, nackt zu schlafen, war das ästhetisch besonders ansprechend.


    Zweitens: Das Wandbild von den Göttern war inzwischen weit fortgeschritten. Zunächst freute Scato sich darüber, dann stutzte er. Irgendwie kamen ihm manche der Götter bekannt vor. Er betrachtete sie aus unterschiedlichen Perspektiven und der Verdacht erhärtete sich. Im besten Fall nahm Ramnus es als Kompliment auf, für Bacchus Modell gestanden zu haben, im Schlechtesten stand die nächste Prügelei auf der Tagesordnung. So weit, so gut. Faunus fehlte noch, den wollte er selbst zeichnen und hatte sich eine Stelle auf der Wand reserviert. Aber warum sah Mars aus wie Maro?! Etwas nervös suchte Scato nach weiteren bekannten Gesichtern und Körpern. Zum Glück waren es nicht die Centuriones, welche die Stubenkontrollen durchführten.


    Scato kontrollierte noch einmal, ob der Ofen aus war, entschuldigte sich für sie alle bei den Penaten und erklärte den Schutzgöttern, dass die Hälfte des Contuberniums unter einer leichten Rauchvergiftung litt und legte ihnen eine handvoll Getreidekörner als Opfergabe für später in die kalte Asche, ehe er ins Bett kletterte. Was für ein Tag. Da er oben schlief, hatte er einen besonders guten Blick auf das Wandbild. Der Duft seiner strohgefüllten Matratze und Lurcos leiser Atem eine Etage tiefer waren das Letzte, was er wahrnahm, bevor ihm die Augen zufielen.

    << Valetudinarium - Nach dem Brand


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    Tarpa


    Tarpa schmorte nun schon seit zwei Wochen im Carcer. Ziemlich lange für eine Prügelei, fand er. Langsam begann er sich Sorgen über noch ernstere Konsequenzen zu machen. Sein Tagesablauf bestand darin, in der winzigen Zelle im Kreis zu gehen und Leibesübungen mit dem eigenen Körpergewicht auszuführen, damit er in Form blieb und etwas zu tun hatte. Allerdings konnte er nicht verhindern, dass er bei der kargen Kost an Masse verlor. Die Schmerzen in seiner Brust machten nicht alle Übungen angenehm. Hunger, Einsamkeit und Zukunftsängste waren keine gute Mischung. Besonders, dass auch die Kameraden vom Wachdienst Zurückhaltung wahren mussten und ihn nicht mehr als einen Kameraden behandelten, machte ihn fertig. Da hörte er in der Dunkelheit eine vertraute Stimme.


    "Jemand hier? Tarpsi?"


    "Ja, Mann."


    Tarpa trat aus dem hinteren Teil der stockfinsteren und fensterlosen Zelle vor zum Türgitter, so dass Scato ihn schemenhaft erkennen konnte. Ein Wachmann war so freundlich, ihn mit einer Öllampe begleitet zu haben, aber er blieb in gebührlichem Abstand stehen, so dass die Lampe außerhalb der Gefahrenzone blieb. Ein zweiter wartete mit den Schlüsseln. Beide waren, wie das Vorschrift war, bewaffnet. Wer allerdings annahm, der Abstand der Gitter wäre groß genug, um einen Arm hindurchstecken oder auch nur effektiv hindurchspucken zu können, irrte. Es handelte sich nur um ein winziges, eng vergittertes Fenster in Gesichthöhe zur Belüftung und zur Lebendkontrolle, wie sie jeden Morgen stattfand. Da Tarpa keinerlei Ärger gemacht hatte, wurde auch ihm nicht mehr Ärger gemacht, als nötig. Das Prinzip der Waage, das auf ihrem Banner prangte, der ausgleichenden Gerechtigkeit. Weder wurde Tarpa an die Wand gekettet noch anderweitig schickaniert. Nun bekam er sogar Besuch. Für einen geselligen Menschen wie Tarpa war Einsamkeit nicht leicht zu ertragen, weshalb er sich sehr freute.


    "Eine Stunde Besuchszeit", blaffte der diensthabende Kamerad, schloss für Scato auf, ließ ihn eintreten und schloss hinter ihm wieder ab. Selbstverständlich hatte Scato alle Waffen abgeben müssen und der Beutel, den er bei sich trug, war genau untersucht worden. Der Wachmann mit der Lampe blieb freundlicherweise im Gang stehen, da Scato ihn aus gutem Grund darum gebeten (und mit einer kleinen, mit Wachs versiegelten Amphore unverdünnten Weines dafür bezahlt) hatte. So hatten sie ein Minimum an Licht. Sie setzten sich auf den Strohsack.


    "Wie riechst du denn, hat es gebrannt?", erkundigte Tarpa sich.


    Scato erzählte ihm von dem Brand im Lupanar Ganymed. Und Tarpa bedauerte, dass er nicht hatte dabei sein können, freute sich aber, als er hörte, dass auch Ramnus das nicht vergönnt gewesen war, weil er noch immer im Valetudinarium lag.


    "Apropos Valetudinarium", meinte Scato in beiläufigem Ton, während er betont in eine andere Richtung sah, "kann ich deine Wunde mal anschauen?" Dabei versuchte er, nicht allzu neugierig zu klingen, was ihm nur mäßig gelang.


    "Nein. Du willst nur meine Titten sehen."


    Das entgeisterte Gesicht von Scato belohnte Tarpas kleinen Scherz mit seinem ersten Lachen seit zwei Wochen. Ein Geräusch, was im Carcer sicher auch nicht allzu oft zu hören war. Als Scato merkte, dass er verarscht worden war, wurde er böse.


    "Schön", fauchte er. "Dann nehme ich das hier eben wieder mit." Er hob den Beutel.


    "Ach, komm", gluckste Tarpa. "Ich zieh mich schon aus."


    Das tat er auch und gab Scato die Gelegenheit, ihm fahlen Licht der Lampe die Bisswunde zu bewundern. Der untersuchte sie interessiert, so etwas bekam man nicht oft zu sehen. Ramnus hatte gute Arbeit geleistet. Seine Zähne hatten sich oberhalb und unterhalb der Brustwarze durch alle Hautschichten bis ins Fleisch gegraben und eine geschwollene Entzündung hinterlassen. Die Brust fühlte sich heiß an. Scato drückte an den Wundrändern herum und versuchte, mehr zu erkennen. Irgendwelche Wundflüssigkeit trat aus.


    "Sieht nicht gut aus und ich glaube, du hast auch Fieber. Da muss noch was gemacht werden. Das hättest du morgens bei der Kontrolle sagen sollen."


    "Mir wurde nahegelegt, nicht zu jammern."


    "Dann jammer ich für dich. Ich rede dann noch mal mit dem Optio carceris." Damit durfte Tarpa sich wieder anziehen. Erst jetzt, wo seine Augen sich langsam an die Dunkelheit gewöhnt hatten, fiel Scato auf, dass es immer noch die Gleiche war und dass der Fleck auf der Brust immer noch feucht war. "Dreh die mal um, damit die Wunde nicht dauerhaft nass ist. Immer wenden, sobald der Fleck auf der anderen Seite getrocknet ist."


    Etwas anderes konnte er zur Schadensbegrenzung nicht tun. Nun durfte Tarpa in seinen Geschenkbeutel sehen. Jeder Kamerad hatte etwas Kleines hineingepackt: einen Apfel, ein Stück Hartkäse, ein Stück Schinken, eine Lukanerwurst, einen kleinen Kuchen ... Tarpa zählte sieben Geschenke.


    "Ramnus hat mir was mitgegeben?", fragte er verblüfft.


    "Ja, klar", log Scato. Die fehlende Gabe hatte er selbst beigesteuert. "Warum sollte er auch nicht? Du bist sein Kamerad."


    Tarpa schwieg gerührt. "Richte ihm bitte aus", sagte er schließlich, "dass es mir leid tut. Das Lachen war mies von mir."


    "Mache ich, na klar." Scato war erleichtert. Der erste Schritt zur Versöhnung war gegangen. "Jetzt iss erstmal was. Du bist dünn geworden."


    Sie redeten die verbleibende Zeit, während Tarpa langsam am Hartkäse kaute. Die übrigen Gaben sparte er sich für später auf. Scato blieb bis zur letzten Minute, als der Wachmann verkündete, die Zeit sei nun um. Der Abschied war etwas wehmütig und Scato musste schnell gehen. Tarpa hier zurückzulassen, fiel ihm nicht leicht. Er versprach, dass bald wieder Besuch kommen würde, wenn der Optio carceris es zuließ. Den informierte er noch über Tarpas gesundheitlichen Zustand, ehe er zurück zur Baracke VII ging.


    Baracke VII - Rückkehr nach Ganymed-Einsatz >>

    "Jetzt ist Quietus arbeitslos", sprach Scato bedauernd. Ihr wandelndes Lexikon war soeben aus dem Regal gekickt worden. "Aber wie bekommen wir ein 300 kg schweres Fass auf den Kran? Nach deiner Rechnung bräuchten wir dafür sechs Mann, wo sollen die alle anpacken? Oder einen kleinen Kran, um das Fass auf den großen Kran zu wuchten. Nah ... vielleicht eher schrägstellen und Stück für Stück auf der Kante rollen. Wenn wir es richtig hinlegen, kriegen wir es am Ende wahrscheinlich nicht mehr aufgestellt."


    Scato hatte sich noch nie mit so etwas befasst, fand es aber spannend, bereits an einem Fass zu scheitern, kaum dass kein Vorgesetzter neben ihm stand und ihm konkrete Anweisungen gab, während andere um ihn herum in der Stadt riesige Bauten hochzogen. So durfte der Vergleich natürlich nicht enden. Hier war römischer Grips gefragt.

    Scato kam nicht mal dazu, auf das Gequassel zu antworten. Kaum hatte Lurco fertig gesprochen, fielen ihm im Sitzen die Augen zu und er war im Reich der Träume. Ein Anstupsen zeigte keine Wirkung. Scato ließ ihn daher vorsichtig in eine liegende Position gleiten und positionierte ihm die Arme und Beine auf eine Weise, die er für bequem hielt. So lag Lurco nun, als würde er für einen Bildhauer posieren.


    "Kündigen ... dir huste ich was, wenn du wieder gesund und munter bist", murrte Scato leise.


    Was den Akt, sich hinzulegen, mit einem Drücken vor irgendwelchen Konsequenzen zu tun haben sollte, wusste Lurco allein. Scato blieb im Wartebereich, bis auch der letzte Miles vom Personal des Valetudinariums hineingebeten worden war. Ihm fielen zu diesem Zeitpunkt selbst fast die Augen zu. Die Ausrüstung musste er dann auch noch reinigen ... zunächst aber würde er nach dem letzten Sorgenkind Tarpa sehen. So atmete er tief durch und schwang die Arme, um den Kreislauf wieder in Gang zu bringen und stapfte zunächst zur Baracke VII, um etwas zu holen, ehe er sich auf den Weg zum Carcer machte.


    Carcer - Der Prügelknabe >>

    Der erste Einsatz an der neuen Urbanerstation in der Subura und schon fühlte Scato sich überfordert. 300 Liter waren das je Fass, die konnte man nicht einfach selber buckeln, doch der Bauherr hatte mitgedacht. Scato allerdings war Soldat und abgesehen von Straßenbau und Schanzarbeiten hatte er bisher nichts weiter kennengelernt. Ratlos blickte er an der Krankonstruktion hinauf.


    "Weißt du, wie man damit umgeht?", fragte er Lurco.


    Betrieben wurde der Kran mit einem Laufrad, so viel war zumindest offensichtlich. Oben waren etliche Seilwinden, die einen Flaschenzug formten, weitere formten am Fuß des Laufrads das Gegenstück. Das Ganze lief über einen Kranausleger und war nach hinten mit sehr langen Seilen und Bodenankern befestigt. Scato folgte mit den Augen dem Verlauf des Seils. Vor der Größe und Kraft der Maschine hatte er doch etwas Respekt, auch wenn eine kindische Ecke in seinem Hirn unbedingt das Laufrad ausprobieren wollte. Dafür gab es allerdings sicher ausgebildetes Personal, sprich Sklaven. Allerdings entdeckte er gerade niemanden, der zuständig war, als er sich umschaute, der Kran war verwaist und ihre Einheit allein mit zich gigantischen Fässern.


    "Ramnus hätte die einfach hochgetragen", meinte er.

    Scato war erleichert, Lurco zu sehen. Dann besorgt, weil ihm schlecht war. Dann wieder erleichtert, weil er noch rumblödeln konnte. Trotzdem starrte Scato ihm genau ins Gesicht, um seine Mimik und vor allem die Augenbewegungen zu überprüfen. Dabei drängelte er Ramnus beiseite, der sich über Lurcos Zuspruch ziemlich freute.


    "Mir geht`s gut, meinte Scato, "und ich habe gerade ein wenig Zeit, aber guck mal in den Spiegel, du siehst grauenvoll aus. Gegen Übelkeit habe ich leider nichts, das musst du dann den Medi fragen. Falls du eine Rauchvergiftung hast, werden sie dich für ein paar Tage viel liegen und viel trinken lassen. Viel frische Luft durch ein geöffnetes Fenster tut wohl auch gut. Mehr kann man nicht machen, zumindest weiß ich nichts. Unsere Mahlzeiten sollten wir vorerst außerhalb der Stube zubereiten, draußen auf dem Hof irgendwo, und nicht am Zimmerofen. Bis sich alle erholt haben bleibt das Feuer im Raum aus. Die Penaten müssen eine Runde schlafen."


    Das zu befehlen, nahm er sich einfach mal heraus. Schaden konnte es in jedem Fall nicht. Er klopfte Lurco mit der flachen Hand auf die Brust.


    "Du kannst von Glück reden, dass ich nicht gesehen habe, wie du losgezogen bist, um die Lupos zu retten! Ich hätte dich nicht in das Flammenmeer gehen lassen. Aber wo es nun schon mal passiert ist ... bin ich froh, dass du den Mann da rausgeholt hast."


    Den Namen ließ Scato unerwähnt. Niemand brauchte zu wissen, dass er Python kannte.


    "Auch wenn man dir dafür die Rübe abreißen sollte, für mich bist du ein Held, genau wie der Vigiltribun, der noch mal rein ist und jeder andere, der sich an der Aktion beteiligt hat. Für unseren ersten Großeinsatz war das richtig gut, finde ich. Und jetzt setz dich irgendwo hin, wenn dir schon schlecht ist. Und du gehst ins Bett, Ramnus! Abmarsch!"


    Zur Unterstreichung seiner Worte zeigte er mit dem Finger in Richtung der entsprechenden Tür. Was Lurco mit einer von den Göttern geweihten Wand meinte, konnte Scato sich nicht so recht vorstellen. Noch mehr bemalte Teller?

    << [Subura] Ganymed - Lupanar


    Scato folgte dem Befehl von Optio Furius Cerretanus, indem er die verletzten Milites ins Valetudinarium begleitete. Er sortierte sie schon einmal eigenmächtig vor. Wer unverhältnismäßig blass und still war, kam nach vorn in die Wartereihe, auch wenn nicht jeder mit seiner Einschätzung einverstanden war. Es kam zum Streit, weil jemand sich für hilfsbedürftiger hielt als den Vordermann. Als er Scato auch noch anbrüllte, wollte dieser ihn zur Strafe nach ganz hinten packen. Um ein Haar wäre das in einer Schlägerei geendet, bis ein vorbeikommender Capsarius schlichtete und die Milites dann tatsächlich so sortierte, wie Scato es sich überlegt hatte. Am schlimmsten hatte es ihren griechenhassenden Schluckspecht Stilo erwischt. Äußerlich schien er unverletzt, aber er blickte drein, als würde er gleich umfallen und wirkte geistesabwesend. So ließ Scato ihn auf einer Bank liegen, damit er nicht stürzte. Asper, der ohne Verletzungen davongekommen war, organisierte ihm und den anderen etwas zu trinken, nachdem Scato mit dem Capsarius Rücksprache dazu gehalten hatte.


    Sogar Ramnus kam aus einem der Zimmer gestapft, der immer noch furchtbar zerbeult aussah und tiefe Augenringe hatte. Misstrauisch schaute er sich um, aber als er Tarpa nicht entdeckte, war er beruhigt.


    "Darfst du hier rumspazieren?", lautete Scatos wenig herzliche Begrüßung, da er gerade eine Brandwunde beäugte. Seine Absicht war, sich im Kopf die korrekte Behandlung zu überlegen, um sie später mit der tatsächlich stattgefundenen abzugleichen.


    "Nö, ich soll liegen", antwortete Ramnus. "Ich hab die ersten Nächte durchgekotzt."


    "Schwindelgefühl?", riet Scato.


    "Ja, klar. Gehirnerschütterung."


    "Erzähl mal, was die gesagt haben. Warum bist du noch hier? Du weißt, warum mich das interessiert, also lass dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen. Wer rumläuft, kann auch reden."


    "Weil ich schief laufe, wenn sie mich über einen Strich balancieren lassen und manchmal doppelt sehe. So kann man mich nicht mit dem Gladius hantieren lassen. Das wird wieder, dauert aber seine Zeit. Das ist nur Tarpas Schuld."


    Scato schwieg dazu, prägte sich aber alles ein. "Und was wird unternommen?"


    "Am Anfang kühlen, dann schlafen, schlafen und noch mehr schlafen. Kann sich noch einen Monat hinziehen. Wenn es blöd kommt, noch länger." Ramnus zuckte mit den Schultern. "Ihr seht ganz schon Scheiße aus", stellte er dann fest. "Was war denn los?"


    "Großbrand im Lupanar Ganymed. Wir sehen ganz gut aus im Vergleich zu den Vigiles. Deren Tribun ist in die Flammen gegangen, um Menschenleben zu retten, danach war er fertig. Lurco war kein Stück besser, zwei Mal ist er da rein, um Lupos rauszuziehen!" Besorgt schaute Scato sich nach Lurco um. Hoffentlich war der klug genug gewesen, ihn ins Valetudinarium zu begleiten, sonst würde Scato ihn dann noch aus der Stube hierher prügeln. "Am schlimmsten erwischt hat es freilich die Lupos. Einige haben es nicht geschafft, bei anderen steht es auf Kippe. War kein schöner Anblick. Und sie dann so verletzt ohne Dach über dem Kopf zurückzulassen ... ich weiß nicht, ob der Staat in so einem Fall einspringt. Sollte nicht meine Sorge sein, aber irgendwie ist es das doch."


    Ramnus legte ihm kurz die Pranke auf die Schulter. "Da kann man nichts machen, ihr habt getan, was ihr tun konntet. Wo ist Tarpa, der Hund?"


    "Im Carcer."


    Ramnus grinste breit. "Ernsthaft?"


    "Jap, dort verfault er jetzt und kann über seine Untaten nachdenken, so wie du es hoffentlich auch tust. Ich werde dann mal nach ihm sehen. Soll ich was ausrichten?"


    "Sag ihm, dass er ein mieses Aas ist."


    "Noch was?"


    "Nö."


    Die Einstellung wollte Scato nicht gefallen. "Ihr könnt doch nicht ewig aufeinander böse sein. Ihr wohnt in der selben Stube, wie soll das in Zukunft werden? Wie stellst du dir das vor? Wir sind alle Teil eines Contuberniums, einer Centurie und einer Kohorte. Wir müssen uns aufeinander verlassen können."


    "Der hat angefangen. Bevor der sich nicht entschuldigt, will ich nichts von ihm wissen. Das heißt ja nicht, dass ich im Dienst deswegen Mist baue. Aber niemand kann mich zwingen, privat so was einfach hinzunehmen."


    Scato ließ erschöpft die Schultern hängen. In Anbetracht dessen, was er gerade erlebt hatte, mutete der Streit der beiden kleinlich an. "Ich werde dann mal mit ihm reden."


    Er kümmerte sich weiter um die Verwundeten.

    Nichts ergab irgendeinen Sinn. Erst spielte das Subjekt einen aggressiven Straftäter, dann spielte es einen Irren und jetzt auf einmal war es lammfromm. Das war weder logisch erklärbar noch glaubwürdig. In all der Zeit hatte es zudem nicht einen interessanten Satz abgesondert, sondern nur belanglosen Müll. Scato begann sich gewaltig zu langweilen und wollte zurück in die Castra.

    Der schöne Knebel. Scato wartete, bis Lurco stehen geblieben war und packte Eireann mit der Faust am Haarschopf. Er wollte weder gebissen noch bespuckt werden. Der Gladius wanderte wieder in die Scheide. Scato löste einhändig den Knoten, was ein wenig Fummelei war, aber der Knebel wurde vielleicht wieder benötigt. Dann nahm er mit der freien Hand den Griff seines bedauernswerten Dolches zur Hilfe, um den speichelnassen Stoffklumpen aus ihrem Rauchen zu pulen. Der Pugio wanderte dann wieder in die Scheide und Scato trat zwei Schritte zurück, so dass er schräg hinter ihr spiegelverkehrt zu Lurco stand.

    Als Cerretanus über das Aussehen der Lupos herzog, zog Scato ein besonders neutrales Fischgesicht. Zum Glück kam kurz darauf Bewegung in die Sache, der Befehl zum Abmarsch erklang. Lurco machte das Objekt des Ärgers transportfertig. Gut so weit. Aber ein Detail fehlte.


    "Du erlaubst doch." Lurco brauchte gerade beide Arme, so dass Scato seine Ärmel in Ruhe ließ, aber dafür trennte er ihm mit dem Pugio unten einen breiten Streifen der Tunika ab. Etwas kurz war die nun. "Hübsch!"


    Natürlich war der eigentliche Zweck nicht, Lurcos Beine zu betonen, sondern den kloakenwassergetränkten Stoff zu ernten. Scato teilte den Streifen noch einmal der Länge nach entzwei. Ein Teil stopfte er Eireann tief in den Rachen, so dass sie den Mund voll hatte und mit dem Anderen setzte er den Knebel, den er so straff zog, dass er bis zwischen ihre Backenzähne gezogen wurde. Ein fester Sicherheitsknoten rundete das ganze ab. Nun konnte sie niemanden mehr beißen, anspucken oder schmähen.


    Zufrieden positionierte sich Scato neben Lurco, packte den Pugio weg und zog den Gladius, um seinen Kameraden zum Carcer zu eskortieren.

    Das war einleuchtend. Allenfalls hätte man die vier Testudos noch auf verschiedene Straßen aufteilen können, so dass eine den Gegner auf eine Kreuzung drängen und die anderen dann von allen Seiten attackieren könnten. Aber sofern sie nicht auf dem Forum Romanum oder dem Marsfeld kämpfen würden, wäre zu wenig Platz für seinen laut ausgesprochenen Vorschlag. Scato nickte zum Zeichen, dass er nicht nur zuhörte, sondern es bei ihm auch Klick gemacht hatte, quatschte aber nicht, da der Optio bereits alles erklärt hatte.

    Scato zog einen schiefen Mund. Dass Verax gehen wollte, misfiel ihm, da er diesen gut leiden mochte, auch wenn das wahrscheinlich nicht auf Gegenseitigkeit beruhte. Es war zwar dessen eigener Wunsch, zu gehen und niemand zwang ihn dazu, aber trotzdem. Mit unverholener Missbilligung zog Scato eines der Stäbchen und hoffte, dass nicht er der neue Magister sein musste. Mit seiner spärlichen Erfahrung wäre das eine mittlere Katastrophe.

    Scato las den Bericht. Seine Miene verdüsterte sich. "Natürlich", sagte er. "Der Medicus hätte festgestellt, dass sie wirklich die Dienste des Lupos in Anspruch genommen hat! Ein Medicus erkennt so was. Vielleicht hätte er auch Lampenöl auf ihrer Haut gefunden, das besonders gut brennt oder einen anderen Brandbeschleuniger. Darum biss sie ihn in die Hand."


    Mit erschüttertem Blick reichte er Lurco die Wachstafel zurück. Ihm fehlten die Worte. Besorgt schaute er in Richtung von Cerretanus, der noch arglos mit dem Tribun der Vigiles sprach. Sie mussten ihm unbedingt den Bericht zeigen! Spätestens, wenn sie in der Castra waren, notfalls vorher, falls er vorhatte, die mörderische Sklavin doch noch laufen zu lassen.

    Auf die Adressleiste werde ich mal achten!


    Verschiedene Tabs habe ich zu Hauf offen, auf einem Monitor den zum Nachlesen, auf dem anderen den zum Antworten und dann noch zichtausend sonstige. Das käme also zumindest als Ursache in Frage.