Beiträge von Aulus Furius Saturninus

    "Mir fällt auf, dass es nicht wirklich Verträge sind, also nicht in dem Sinn eines gegenseitigen Geschäftes.", sagte ich, obwohl auch mir schleierhaft war, worauf Magister Tiberius hinauswollte. Er machte es spannend:


    "Einmal wird Eigentum übertragen, in dem der eine aus irgendeinem Grunde schweigt, das andere Mal geraten sie sozusagen in einen formellen Streit, und der Praetor muss entscheiden, wer Recht hat.

    Kann es sein, dass unsere geschätzten Vorfahren das Prinzip des Kaufens und Verkaufens als Tausch von Ware und Geld noch gar nicht wirklich verinnerlicht hatten?"

    Ich wollte die maiores nicht kritisieren, aber die besprochenen beiden Prozeduren hatten entschieden etwas Gewaltsames, auch wenn sich die Vertragsparteien mit den Stäben, die sie in den Händen hielten, nicht gegenseitig verprügelten sondern nur symbolisch den Sklaven schlugen, um zu beweisen, dass er ihr jeweiliges Eigentum war.

    Re: Den Träumen kommt keine prophetische Bedeutung zu, sondern sie entstehen durch das Eindringen von Bildern.

    "Gut, so schreibe", sagte ich: " An Optio Appius Furius Cerretanus, Legio XV Appolinaris, Satala, Provincia Cappadocia,

    Aulus grüßt seinen Appius und hofft, dass es dir gut geht, ist dem so, so geht es mir auch gut. Deine Cousine Stella ist auf Reisen, und der frühere Maiordomus bei einem Schiffsunglück ums Leben gekommen, doch sonst geht alles seinen geregelten Gang zuhause. Einige Dinge passieren in Roma, von denen ich dir berichten möchte: Mein Patron ist der werte Senator Annaeus Florus Minor, der kürzlich Iulia Stella geheiratet hat. Ich nehme an einem Rechtskurs im Hause meines alten Freundes Tiberius Flaccus teil, und habe dort einen anderen Urbaner kennengelernt: Purgitius Lurco, du kennst ihn bestimmt, er hat unverhofft geerbt.

    In Roma selbst scheinen einige Banden ihr Unwesen zu treiben, stell dir vor, mein Sklave Diocles hat eine Leiche gefunden, und ich musste zur Befragung in die Castra,die aber gimpflich verlief....",

    hier warf ich einen Blick auf Diocles...obwohl sich mein Sklave vor Angst fast in die Tunika.... aber das schrieb ich nicht:

    "Warum ich dir schreibe, ist jedoch, dass ich einen beunruhigenden Traum hatte, ich müsste ihn deuten lassen, doch ich möchte dich bitten, dass du auf dich aufpasst, damit du wohlbehalten in die Arme deiner Lieben zurückkehren kannst.

    Dann stelle ich dir ein paar der Leute vor, die ich mittlerweile in Roma kennen gelernt habe, wir huldigen Bacchus und vergessen wenigstens ein Weilchen die Misere, die die Welt dort draußen oft ist.

    Vale bene dein Cousin Aulus Saturninus.....hast du das, Diocles? Dann setz dich auf deinen Hintern und schreibe es in deiner besten Schrift ins Reine und nachher bringst du es zum Cursus Publicus. Ich lege mich derweil nochmals aufs Ohr."


    Ich war wieder müde geworden und versuchte, noch ein Stündchen Schlaf zu finden, während die Feder meines Scriba über den Papyrus kratzte, doch bevor ich ihn unwillig rügen konnte, war ich tatsächlich eingeschlafen.


    Als ich aufwachte, war Diocles schon aufgestanden und war gegangen, seinen Auftrag zu erledigen, und ich ließ mich von Andreas ankleiden.

    Den Träumen kommt keine prophetische Bedeutung zu, sondern sie entstehen durch das Eindringen von Bildern.*

    Es war ein paar Nächte später, als ich von meinem Cousin Appius Cerretanus träumte, dem Sohn von Onkel Sextus. Ich hatte zu seiner Schande lange nicht mehr an ihn gedacht, er hatte sich nämlich vor geraumer Zeit zur Legio V Appolinaris in Satala, Cappadocia, ( hatte er mir nicht gesagt, aber ich wusste es) versetzen lassen, und er war es gewesen, der mir bei meiner Ankunft in Roma Geld geliehen hatte, denn ich besaß außer einer sauberen Toga in jener Zeit nichts.

    Was hieß geliehen; er hatte nie etwas davon zurückhaben wollen, und das einzige, was ich ihm später verehrte, war eine Amphore Falernerwein, so dass ich ihn ihn nicht nur als Verwandten, sondern auch als Freund betrachtete.


    Der Traum war recht unheimlich, ich sah darin eine Reihe Soldaten, darunter Appius, durch eine menschenleere Wüste reiten und plötzlich öffnete sich eine Erdspalte wie in der Geschichte von Marcus Curtius.* Sie ritten hinein, und der Spalt schloss sich über ihnen, so das es aussah, als hätte sie der Erdboden spurlos verschluckt.


    Ich fuhr aus dem Albtraum auf und rief nach Diocles, der mir vorgelesen hatte und vermutlich eingeschlafen war.

    "Entzünde Licht, Diocles", rief ich ihm zu, denn es war mitten in der Nacht und der Mond war bereits untergegangen, was mich annehmen ließ, dass es kurz vor Sonnenaufgang war:

    "Und bring etwas zu Schreiben, ich möchte einen Brief an Appius Cerretanus verfassen."



    Sim-Off:

    *Zitat von Epikurius von Samos **Nach Livius soll im Jahr 367 v. Chr. ein tiefer Spalt inmitten des Forums aufgebrochen sein. Der Spalt war bei aller Mühe nicht aufzufüllen. Schließlich verkündeten Auguren, man müsse an jener Stelle das, wovon die Macht Roms am meisten abhänge, opfern. Marcus Curtius meinte, darunter seien Tapferkeit und Mut eines römischen Soldaten zu verstehen, und weihte sich selbst in einer Devotio als Opfer. Er stürzte sich mit Pferd und Waffen in die Tiefe.

    Annaeus Conservator sprach von seiner Jugend, die im besten Sinne römisch gewesen war; fast sah ich es vor mir, den Pater familias, wie er im Ehrengewand unseres Volkes die Laren ehrte, bevor der Morgen anbrach; die kluge Mutter, die ihre Söhne unterwies, während sie am Webstuhl saß und die auch bei den Sklaven keinen Müßiggang gestattete; die stille Größe, so wie einst Latium wohl gewesen war, bevor die Götter uns zu den Herren der Welt bestimmt hatten und bevor alles hereinbrach, was es vorher nicht gegeben hatte: Laster, Zügellosigkeit und um es mit Vergilius zu sagen, natürlich: Auri sacra fames!*


    Etwas wie Sehnsucht nach diesem Leben brach in mir auf. Hatte nicht einst der Botschafter Kineas König Pyrrhos berichtet, der Senat von Roma wäre ihm wie eine Versammlung von Königen erschienen**in ihrer schlichten Würde?

    Diese doch abgelegene Provinz Hispania im äußersten Westen hatte wohl mehr Züge des mos maiorum bewahrt als die Urbs selbst.


    Doch als nun mein Gastfreund über seinen Doctor gladiorum Celer sprach, da spürte ich seine tiefe Liebe zu jenem Mann, die über pietas, die man dem Vater entgegenbrachte, noch hinausging. Ich selbst gab gerne den Spötter, doch ich verachtete die Liebe keineswegs, und es sprach für Conservator, dass er einst jemanden so geliebt hatte.


    Ich ließ mir von Andreas nachschenken, und nahm dann wahr, wie Gadir, nun mit selig geröteten Wangen, wieder seinen Platz einnahm, noch bevor wir Safranküchlein und Wein den Laren geopfert hatten.***

    „Ligarius Celer muss ein großartiger Mann und wahrer Römer gewesen sein, und du nennst ihn deinen Bruder. Solange du seiner gedenkst, wird er nicht vergessen sein, und wir sollten ihm auch in diesem Moment gedenken.“, sagte ich voller Wärme und sah Conservator an:

    „Auf Härte gegen sich selber und andere, Brüderschaft, Kampfgeist, einen festen Willen, kein Selbstmitleid und den Willen der Götter akzeptieren, wie du sagtest, lass uns darauf trinken.“


    Ich selbst war ganz anders aufgewachsen, und mein lieber guter Lehrer Erotókritos, der mich später bewog, in Athen meine Studien zu vollenden, oder meine genauso nachgiebige Pflegemutter hätten alles andere getan, als den Kinderbrei aus mir herauszuprügeln, wie es mein Gast nannte – beide hätten mich eher noch bis weit über das zwanzigste Jahr mit Kinderbrei vollgestopft.


    „Doch du sprachst von einem Adler, werter Conservator? Meinst du Iuppiters mächtigen Vogel, also ein reales Tier?
    Bitte mach mir die Freude, mir davon zu berichten.“



    Sim-Off:

    *O verfluchter Hunger nach Gold! ** Plutarch. Pyrrhus. 19,6 *** Also noch vor der mesa secunda


    Das Lob und die Gratulation des verehrten Aedilis Curulis ging dem rührigen Buchhändler hinunter wie Öl,

    und ein breites freundliches Lächeln verschönerte seine Züge:
    139-044c19e986d651ff3a63dfe93f62187e8fee9bd5.jpg"Ich danke dir für das Lob, werter Aedilis Curulis. Es macht mich froh, dass alles zur Zufriedenheit ist und mit den Gesetzen konform. "

    Er hätte auch gerne gesagt, dass er froh wäre, wenn jede Überprüfung so korrekt und gleichzeitig begleitet von Kunstsinn und jenen verfeinerten Formen, die nur wirklich altes Blut hervorbrachte, verlaufen würde.Aber das klänge vielleicht zu sehr nach Kritik an anderen Magistraten.


    Er hätte auch zu gerne Flavius Gracchus Minor, dessen Gesellschaft er sehr genossen hatte, beide Werke des jungen Dichters Lycus Gordias als Geschenk verehrt, aber er wollte keinesfalls den Anschein eines Bestechungsversuches erwecken.


    Also sprach er:

    "Der Gedanke, das in meinem Hause Werke verkauft werden könnten, die die Sittlichkeit gefährden, lässt mir keine Ruhe.

    Doch ich sehe schon, du bist ein Mann mit Erfahrung in diesen Dingen.

    Um den Einzelfall jedoch zu überprüfen, würde ich die große Bitte haben, dass du je ein Exemplar der "Braut von Corinthus" und ein anderes des "Edhuardos et Isara" mit dir nimmst, um es zu lesen und mir Mitteilung zu machen, sollte es sich bei einem der beiden um einen solchen Einzelfall handeln.

    Sollte dieser der Fall sein, werde ich diesen Lycus Gordias aus dem Sortiment nehmen.


    Und da ich dich um dein Urteil bitte, überlasse ich dir beide Werke selbstverständlich als Prüfungsexemplare für alle Ewigkeit.


    Den Lycus schicke ich dir vorbei, sobald ich ihn - den Musen sei es geklagt, dass er Abgerissenheit für einen Künstler für unabdingbar hält - mit einer sauberen Tunika ausgestattet habe, die ihm gestattet, dir unter die Augen zu treten.


    Vale bene Aedilis Curulis Manius Flavius Gracchus Minor, der Segen der Götter sei mit dir."


    Ich konnte Conservators Argumente genauso gut nachvollziehen wie die des Ravilla, so dass ich immer dem innerlich Recht gab, der gerade am Sprechen war.

    Entweder war das geistige Flexibilität oder Mangel an Charakterfestigkeit meinerseits, und während ich noch über beide Aspekte nachgrübelte, stellte Magister Tiberius eine neue Frage:


    Nun kommt etwas für Feinschmecker, meine Freunde. Kennt von euch jemand die Klageformel der ehrwürdigen Legis actio sacramento in rem? Wenn nicht, sage ich sie euch. Das bringt uns des Rätsels Lösung etwas näher."

    Legis actio sacramento in rem war diese Eigentumsprozessformel, mit deren sich zwei Parteien um einen Besitz stritten wie zwei Hunde um den eines Knochens.

    Vermutlich war das auch früher ähnlich abgelaufen, stellte ich mir vor, aber das sagte ich nicht laut.

    Ich antwortete stattdessen:

    "Ja, die Besonderheit ist, dass beide Parteien in Rede und Gegenrede ihren Besitzanspruch anmelden. Das heißt vindicatio und contravindicatio. Und das tun beide Prätendenten selbstverständlich mit den...",

    hier schenkte ich Conservator einen Seitenblick:

    ".... genau gleichen formelhaften Worten vor dem Praetor. Einen Stab, eine festuca, hat auch jeder der beiden in der Hand. Und wie immer muss der betreffende Gegenstand anwesend sein. Also beispielsweise ein Sklave. :

    Erst sagt der eine: Hunc ego hominem ex iure quiritium meum esse aio secundum suam causam. Sicut dixi, ecce tibi, vindictam imposui.*

    und dann sagt der andere auch: Hunc ego hominem ex iure quiritium meum esse aio secundum suam causam. Sicut dixi, ecce

    tibi, vindictam imposui....

    Und dann muss der Praetor: Mittite ambo hominem!** sagen. Aber damit ist das Ganze natürlich noch nicht zu Ende..."


    Ich machte eine Pause, da ich auf des Rätsel Lösung, was uns Tiberius Flaccus versprochen hatte, gespannt war.


    Sim-Off:

    * Dieser Sklave, sage ich, gehört seiner Rechtslage entsprechend nach quiritischem Recht mir. Siehe, wie ich gesprochen habe, lege ich den Stab an.
    **Lasst beide den Sklaven los!

    (pars prima)

    „Zu verteidigen gibt es bei den Hellenen wenig und noch weniger zu huldigen. Zumindest ihr politisches Schicksal betrifft, haben sie sich alles selbst zuzuschreiben, wobei sie in ihrem Verderben dann ja auch den göttlichen Plan erfüllten; Aber ja, ich mag viele ihrer Ideen, gerade auf philosophischem Gebiet. Und die Stoa hindert im Gegensatz zu superstitio* niemanden daran, für die res republica tätig zu werden, im Gegenteil. “,

    antwortete ich, ohne mit der Erwähnung meines Großvaters die Sache zu komplizieren.


    Der Vergleich mit den Sirenen gefiel mir, und ich scherzte kurz darauf:

    „Ich meinte Alexandria ad Caucasum**; hatte ich das nicht erwähnt?

    Nein, ich sprach in der Tat von Alexandria ad Aegyptum.Mich interessierten die dortigen angewandten empirischen Methoden.“


    Ich griff herzhaft bei den Süßigkeiten zu und war ruhig auf meiner Kline liegen geblieben, als Conservator den puer Gadir zu sich befahl und zu seinem Messer griff.

    Ich dachte mir schon, dass der Annaeus meine Gastfreundschaft nicht auf diese Weise ausnutzen würde, einen der furischen familia ernstlich zu verletzen. Ich meinte, ein Pferd hätte er mir ja auch nicht zu Schanden geritten.


    Leider hatte mein Sklave diese Einsicht nicht und hatte sich fürchterlich erschrocken.


    „Wenn es dir Freude macht, die Dienerschaft in Angst zu versetzen, so kann ich durch meinen Maiordomus vielleicht noch lohnendere will sagen ängstlichere Exemplare als diesen hier herholen lassen, werter Conservator.“, sagte ich zuvorkommend, wobei ich doch einen klitzekleinen Tadel über das gezeigte Taschenspielerkunststück einfließen ließ.


    Beim nächsten Satz des Gastfreundes hob ich in gespieltem Entsetzen die Hand:

    "Lass meine Sklaven bitte nicht frei, ich kann mir keine neuen leisten, und was mache ich mit dieser Masse an Klienten?!

    Ich denke, ich habe verstanden, was du mir sagen möchtest.

    Eine Reform der Regeln hieße jedoch in meiner Vorstellung nicht, dass man sie vollkommen über Bord wirft, und alles in ochlokratia***endet. Ich fragte mich nur, warum östliche Kulte im privaten solchen Zulauf finde und versuche zu ergründen, welches menschliche Bedürfnis sie befriedigen....

    Und ja, Gadir, wenn du uns Wein gemischt hast...“, ich schloss mich der freundlichen Geste von Annaeus Conservator an:

    „Geh in die culina und trinke einen Schluck, damit deine Wangenröte zurückkehrt. Andreas wird dich solange vertreten - “, Andreas war älter und kein so anmutiger Anblick, doch immer noch besser als der bereits bärtige Diocles.


    (pars fīnis)


    Dann ging es im Gespräch weiter, und ich nickte dazu, während ich mich nun an gefüllten Datteln gütlich tat:

    „Die Gefährlichkeit dieser Christianer für das ganze Staatswesen leuchtet mir ein, wenn alle sich nur noch auf das Elysium konzentrieren und keiner mehr auf die Bürgerpflichten, dann wäre dies äußerst fatal. “, sagte ich:

    „Und Götter können nicht von Menschen getötet werden, obwohl sie sich manchmal untereinander töten und in der Zeit des Caesar Augustus Tiberius ja angeblich der große Pan gestorben ist, sofern die Geschichte von Plutarch**** so geschehen ist.

    Doch was man mir auch erzählt, ist, dass der Zimmermannssohn, also der mit dem Eselskopf, auch wieder von den Toten auferstanden sei. Seine Anhänger glauben an eine wahrhaftige resurrectio*****, wobei mir ein alexandrinischer Arzt jedoch versicherte, dass es sich um einen Zustand handelt, der in der Medizin höchst bekannt ist: Der Scheintod nämlich.

    Falls das wahr ist, haben die Männer,die jenen Iesus gekreuzigt haben, ihr Handwerk nicht verstanden, was ich mir aber wiederum nicht vorstellen kann.“


    Als Conservator nun die äußerste Härte des Gesetzes für die Tempelschänder forderte, stimmte ich aus ganzem Herzen zu. (Obwohl mir die Via Appia persönlich als Hinrichtungsstätte nicht so recht war, denn auf ihr fuhr meine Cousine nach Brundisium, wenn sie sich in Sommerfrische begab, und die ganze Reise über Leichengestank war nicht nach unserm Geschmack.)

    Aber ein Exempel musste statuiert werden.


    Da ich nun pappsatt und in versöhnlicher Stimmung war, lenkte ich die Konservation wieder in privatere und hoffentlich friedlichere Bereiche:

    „ Aber nun sprachen wir ausführlich über meine Jugend, wie steht es mit der deinen, werter Annaeus Conservator? An welchem Ort des Imperiums bist du aufgewachsen und was oder wer prägte dich, als du ein Jüngling warst?“

    Kurz tippte ich auf Tusculum******als Geburtsort. Was den Charakter des Annaeus geformt hatte, interessierte mich jedoch aufrichtig.




    Sim-Off:

    *lat. Aberglaube, im Sinn von religiöser Schwärmerei ** Im heutigen Afganisthan ***griech. Pöbelherrschaft **** Plutarch: De defectu oraculorum***** lat. Wiederauferstehung ****** Geburtsort von Cato maior

    Was ist denn faul, geschätzer Sāturnīnus? Gedenkst du uns zu sagen, dur prüfst nicht, welch Eigenschaften ein Sklave hat?", fragte Mārcus schmunzelnd und ging dann auf die Frage ein: "Ein Sklave wird ja erworben, um sich Arbeitskraft, hier eher Feldarbeitskraft zusätzlich in die familia zu holen. Der Sklave kostet ja nicht den Preis eines Brotes oder eines Huhns. Man erwirbt also auf dem Markt für viel Geld eine Arbeitskraft. Sie wird Teil der Familie, ist also familiaris quirites. Meine Einlassung in Bezug auf die göttliche Verknüpfung ist rein faktisch logischer, als eine vermutete Gelehrtenmeinung." Ein kleiner Widerspruch zu Valerius Flacccus Aussage. "Ein Sklave ist per se ja kein familiäres Grundeigntum, welches dauerhaft vererbar wäre. Irgendwann ist auch diese Sache einfach tot. Dafür sorgt schon das Leben. Er verliert auch an Wert, je älter er wird, zumal als Feldarbeiter und entweder wird er dann Haussklave oder muß verkauft werden, sonst zahlt der Eigentümer drauf. Und dies ist wirtschaftlich sehr sinnbefreit."

    Auch ich lächelte und erwiderte: "Ich prüfe die Eigenschaften schon, werter Conservator, doch errasse humanum est, nicht wahr?

    Würden alle in dieser Beziehung immer richtig liegen, so bräuchte es weder fugitivarii* noch Ketten oder Peitschen oder zuweilen Kreuze.


    Doch ansonsten kam mir auch genau dein Einwand in den Sinn: Ein Sklave ist nicht dauerhaft vererbbar. Vieh aber auch nicht, irgendwann ist der beste Zugochse tot. Daher fand ich das mit der göttlichen Verknüpfung auch einleuchtender."


    So ein wenig dachte ich schon nach, welchen Sklaven ich dem geschätzten Annaeus andrehen könnte, um zuletzt auch ein wenig zu schmunzeln. Ich hatte aber gerade keinen bei der Hand, den ich loswerden wollte.


    Sim-Off:

    * Sklavenjäger

    Ich grinste über den Einwand des Purgitius, der mir gerechtfertigt erschien und hatte auch eine Frage:
    "Bei Res Mancipi wie Land und Vieh könnte ich noch verstehen, dass sie wertvolle Kerngüter waren, die in der Familie bleiben sollten, doch weshalb erstreckte sich das auf Sklaven? Auch dem frömmsten Landwirt kann man es doch nicht verdenken, wenn er einen faulen Nichtsnutz verkaufen will."

    Der Scherz verzog die Lippen des Buchhändlers zu einem anerkennenden Lächeln, so gemütlich er war, mochte er es im Bereich der Witze durchaus ein wenig morbide.

    139-044c19e986d651ff3a63dfe93f62187e8fee9bd5.jpg"Ja, Monster tauchen in der Tat immer wieder auf, aber vorwiegend dienten sie bisher dazu, dem Helden die Gelegenheit zu geben, sie in heroischem Kampfe abzuschlachten, ehrenwerter Aedilis.", gab er zu bedenken:

    "Lycus Gordias jedoch stellt sich auf ihre Seite, er zeigt auf, dass sie doch auch denkende und fühlende Wesen sein könnten. Bei ihm hat die Empusa Familie, sorgt sich die Lamia um ihren Geliebten, wenn man so möchte, so dass der Zuschauer die Katharsis hin und her gerissen erlebt.

    Daher wollte ich deinen Rat erfragen, Aedilis, da du in solchen Dingen bewandert bist: Ist Dichtung, die die Kräfte des Chaos so beschreibt, dass man am Ende Mitgefühl mit diesen bekommt, nicht der Weg, der direkt zu Anarchie und Chaos führt? Ist der Dichter mit seiner Sympathie für Monster eine Art Gesetzesbrecher, obwohl er kein bestehendes Gesetz bricht? "

    Die Diskussion über Aspekte der Literatur machte Lucilius Posca sichtlich Freude. Noch nie hatte er eine solch geistig anregende Marktaufsichtsüberprüfung erlebt. Das der verehrte Gracchus Minor den Hungerleider Lycus Gordias sogar ein Mäzenat in Aussicht stellte, besser konnte es nicht laufen, denn dieser war, was Posca verschwiegen hatte, der Sohn seiner ungeliebten Cousine väterlicherseits zweiten Grades. Jetzt war ihm diese was schuldig. Do ut des!


    "Außer der Braut von Corinthus habe ich noch ein Frühwerk hier: Edhuardos et Isara....", ein Wink zu einem der fast identischen Sklaven:

    "Lycus Gordias mit L wie Laborat magister docens tardos*, beide Werke.", während der Bursche nach den Schriftrollen ging, besann sich Lucilius Posca wieder auf den eigentlichen Zweck des hohen Besuches:

    "Ich hoffe, alles sonstige ist zu deiner Zufriedenheit, ehrenwerter Aedilis Curulis?", fragte er so beiläufig wie ehrerbietig.


    Sim-Off:

    lat. Geplagt ist der Lehrer, der Schwachköpfe unterrichtet

    Ich lachte auf :„Kronos finde ich durchaus amüsant. Ich kam an den Achäern wirklich nicht vorbei.“, gestand ich:

    „Ich bin in Parthenope aufgewachsen, im ältesten Teil von Neapel, sozusagen direkt in der Magna Graecia.*

    Und die letzten drei Jahre habe ich größtenteils in Athen und ein wenig in Alexandria verbracht, wobei du nicht denken darfst, dass mir meine Jugendzeit da einen Vorteil brachte, dazu hat man meinen italischen Akzent zu sehr bespöttelt.“


    Den für junge Römer üblichen Bildungsabschluss in Achaea hatte ich zeitlich so weit ausgedehnt, wie mir meine Finanzen erlaubten:

    „Der griechische Osten war für mich ein wie ein langer dösiger Sommernachmittag zwischen Gesprächen und Studien, Wein und ab und an in den Armen von willigen Geliebten – sehr selten, ich war nicht wohlhabend genug - gewesen.“

    Ich lächelte vermutlich etwas blöde in seliger Erinnerung:


    „In Eleusis habe ich das erste Mal gespürt,dass es mehr gibt, als ich mit bloßem Auge sehen oder studieren kann, und dass es vielleicht nicht genug war, mit den Göttern auf dem Wege überlieferter Formeln und akribisch dargebrachte Opfer zu sprechen.“


    Ich trank einen tiefen Schluck Wein und ließ mir von meinem Ganymed nachschenken.


    Ob ich Conservator die Anziehung deutlich machen konnte, die von dieser Welt ausging?

    Hunderte von Jahren waren wir zufrieden gewesen, uns in den festgelegten Bahnen zu bewegen, die die Vorväter geebnet hatten. Unsere ordnende Hand ließ unser Imperium blühen. Auch ich war ein kleines Rädchen, und ja, stolz darauf, der Patria dienen zu können.

    Aber neue Ideen wurden aus dem Alten in der Ferne geboren. Sie brandeten unaufhörlich wie eine Sturmflut an die starke Hafenmauer, die das Imperium war. Der Osten brachte die Sirenenklänge des reinen Intellektes. Der Osten brachte aber auch die Sirenenklänge des Irrationalen.

    Aus diesem langen Sommernachmittag mit seinen wirren Träumen hatte ich mich noch einmal in das tätige Leben eines civis retten können.


    Annaeus Conservator erwies sich übrigens als profunder Kenner der Verhältnisse im Osten, obwohl er diesmal Partei ergriff – für die Achäer als kleineres Übel vermutlich, wenn man die Wahl zwischen Pest und Cholera hatte.


    „Es gab auch einmal andere Zeiten; Zeiten in der die alexandrinischen Judaäer ihre heiligen Schriften in Griechische übertrugen, die so genannte Septuaginta** nicht allein, um sie in ihrer Alltagssprache lesen zu können, sondern auch um sie als Philosophie mit anderen Philosophen zu diskutieren.“, wandte ich ein:

    "Aber du hast recht damit, dass die Zeiten eines Philon Alexandrinus*** leider lange vorüber sind. Und als ich im letzten Jahr in Alexandria war, gab es niemanden mehr, der darüber sprechen wollte. Kein Kunststück, fast jede ansässige Familie hatte Opfer oder den Verlust von Besitztümern zu beklagen.

    Was du mir erläuterst, erschreckt mich aber zutiefst, werter Freund.

    Meinst du denn, diese monotheistischen Religionen haben überhaupt irgendeine Chance, an die Macht zu kommen?

    Sie sind meines Erachtens nach völlig unlogisch, nimm doch nur das Beispiel, dass zwei Völker im Krieg stehen.

    Wie kann ein Gott die eine und die andere Seite gleichzeitig beschützen?"


    Bei den nächsten Erläuterungen spürte ich, wie das Blut mir in den Kopf schoss – vor Scham. Denn auch ich hatte es meinen Studienkollegen gleichgetan und mich über die Sekte der Christianer lustig gemacht:


    „Also dieser Iesus ist ein gewöhnlicher Mensch gewesen, der sich den Königstitel angemaßt hat, wenn auch nicht so schlimm wie König Andreas, der in der Cyrene das Massaker anrichten ließ?“****,
    fragte ich nach:

    „Mir erzählten die Alexandriner, der Gott der Christianer hätte einen Eselskopf *****– oder war es ein Fischkopf? Ein Zimmermann, der gekreuzigt wurde....“, das war eine sehr erniedrigende Todesstrafe, und ich schüttelte fassungslos den Kopf:


    „Offen gesagt betrachtete ich sie damals noch als harmlose Verrückte, doch deine Erläuterung gibt weit mehr Sinn. Und man sieht ja auch, dass sie gefährlich sind. Danke dafür, dass du mir die Augen geöffnet hast.“


    Wieder etwas dazu gelernt:

    „Leider sind derartige Fanatiker von den christiani sogar schon hier in der Stadt, es gab kürzlich eine Schändung des Flaviertempels.“,

    ich hielt mich selbst nicht für grausam, aber Heiligtümer waren zu respektieren, und der Glaube des Nachbarn, auch wenn man den betreffenden Gott nicht verehrte, auch; alles andere war unrömisch:

    „Ich hoffe, sie werden ad bestia verurteilt, da tun die Löwen ein frommes Werk.“


    Auf die Empörung hin brauchte ich erst einmal einen frischen Becher Wein und einen gehäuften Teller mit dulcia domestica und Honigkuchen.

    Und da Conservator den Caesar Augustus erwähnt hatte – ich zuckte leicht zusammen, denn auch ich wusste, was aus Männern geworden war, die Ansprüche auf den Thron entweder anmeldeten oder auch nur verdächtigt wurden, welche haben zu können – brachte ich einen Trinkspruch dem Kaiser zu Ehren aus.


    Sim-Off:

    * Magna Graecia** Septuaginta*** Philon **** Immer noch der Diaspora-Aufstand *****Diese Ansicht basierte auf einer Behauptung des Alexandriners Apion, dass Juden einen Esel verehrten

    "Auf die Geschichte der Metamorphose der heiteren Morgenröte zu ernstem Tagewerk bin ich gespannt."*, wagte ich lächelnd ein Wortspiel, um die Schwermut zu vertreiben, die sich einen Moment auf dem Gesicht der Sergia abzeichnete:


    "Und ich komme dich gerne besuchen, als guter Freund natürlich. Ich hoffe, eines Tages auch mit unserer lieben Stella, wenn sie wieder hier in der urbs weilt. Vale bene Sergia Severa.

    Komm gut nach Hause. Auch ich werde mich auf den Heimweg machen."


    Morgen war ein gewöhnlicher Arbeitstag in der Kanzlei. Bacchus sei gelobt, mein Kopf war einigermaßen klar, da ich mich beim Mischungsverhältnis des Weines für meine Begriffe doch zurückgehalten hatte.


    Diocles hatte die Laterne, und ich wartete bis er das Licht angezündet hatte. Dennoch war es schon ziemlich dunkel.

    "Gehen wir nach Hause, Diocles", sagte ich ihm - ich wusste doch, wie ich meinem treuen Diener eine Freude machen konnte.



    *

    Sim-Off:

    Aurora = Morgenröte, severus = ernsthaft,streng

    Der Patrokolos genannte Begleiter des Aedilis Curulis las eine Szene aus dem Miles Gloriosus vor und Flavius Gracchus Minor
    139-044c19e986d651ff3a63dfe93f62187e8fee9bd5.jpgrezitierte die Fortsetzung, ohne in die Rolle zu sehen, was den Buchhändler zu einem angedeuteten Applaus hinriss. Natürlich würde sich ein wohlgeborener Römer nie dazu herablassen, auf einer Bühne zu stehen, da waren die Götter davor, aber Deklamieren war eine geschätzte Kunstfertigkeit.

    „Wunderbar“, sagte Galeo Lucilius Posca und wischte sich ein Freudentränchen fort:

    "Genau solch ein Kunstgenuss wie der Rex Leonum. Heiter und doch auch lehrreich, und die Zuschauer gehen beschwingt nach Hause. So sollte es sein.


    Etwas Neues aus der Theaterwelt erfragt der ehrenwerte Aedil? Ja, da habe ich etwas Neuartiges, doch es ist in der Tat sehr ungewöhnlich, und ich frage mich, ob die Leute im Theater so etwas sehen wollen.",


    Lucilius Posca machte eine kleine Pause und setzte eine etwas geheimnisvolle Miene auf:


    "Der ursprüngliche Verfasser war Phlegon von Tralleis *, der in seinem Buch der Wunder bekanntermaßen von allerlei seltsamen Vorkommnissen und Menschen berichtet: Von Sonnenfinsternissen und Hermaphroditen und sprechenden Köpfen.

    Ein junger, hier in der Subura darbender Dichter namens Lycus Gordias, der übrigens noch keinen langfristigen Gönner gefunden hat, hat aus einer der Episoden ein Stück gemacht: Die Braut von Korinthus.

    Es geht um eine junge Frau namens Philinnion aus Amphipolis, die nach ihrem Tod einen jungen Gastfreund ihrer Eltern besucht oder eher heimsucht, der ihr Begehren weckt. Doch die Eltern überraschen sie auf dem Liebeslager, und da braucht es viele Riten und einen tapferen Seher, bis der Leichnam des Gespenstes schließlich außerhalb der Stadtmauern verbrannt wird. Der Jüngling stirbt auch, an Wahnsinn oder sie saugt ihm das Blut aus, was weiß ich.",


    Der Buchhändler winkte einem seiner vier Sklaven zu, ihm die entsprechende Schriftrolle zu reichen:
    „Lycus Gordias wie Labor omnia vincit **",
    rollte sie dann auf und las vor:

    "Aus dem Grabe werd' ich ausgetrieben,

    Noch zu suchen das vermisste Gut,

    Noch den schon verlornen Mann zu lieben

    Und zu saugen seines Herzens Blut.

    Ist's um den geschehn,

    Muß nach andern gehen...***


    Edepol!****

    Alles sehr grausig, und wie gesagt, die Frage ist: Werden sich die Leute jemals für Geschichten über blutsaugende Untote interessieren?

    Diese Frage kannst wohl du, werter Aedilis Curulis Flavius Gracchus Minor als Ausrichter von Spielen eher beantworten als ich das als einfacher Buchhändler kann.

    Ich habe jedoch auch diese beiden Werke da. Die Adresse des modernen Dichters habe ich auch, wie gesagt, er nagt am Hungertuch."


    Nach Lucilius Poscas Ansicht verdiente der Dichter Lycus Gordias das Hungerleiden auch. Und beide Werke vertrieb er auch nur, damit man ihm nicht vorwerfen konnte, nicht auf der Höhe der Zeit zu sein. Das hielt ihn allerdings nicht davon ab, den Gordias und seine vampirische Braut als bahnbrechenden Geheimtipp zu verkaufen.


    Sim-Off:

    *Phlegon von Tralleis:Das Buch der Wunder
    ** Harte Arbeit überwindet alles
    ***J. W.von Goethe: Die Braut von Korinth
    ****Bei Pollux!

    Ravilla schien sich so weit zu berappeln und Anaxis tat was er konnte, um Stichpunkte mitzuschreiben.

    Warum zum Beispiel haben es sich die Vorväter so schwer gemacht und vorgeschrieben, bestimmte Sachen mit einem so komplizierten unpraktischen Ritus übereignen zu müssen?"

    Mein erster Impuls war, dass unsere Vorväter vermutlich eine Menge Zeit hatten, aber das war natürlich nicht der Grund für das Procedere. Auch ich sagte nun etwas, um meinen Vorgänger zu ergänzen:

    "In alten Zeiten, also wirklich alten Zeiten hatten die Pontifices, also die Priester, auch die Aufsicht über das Rechtswesen. Das Recht war göttlichen Ursprungs. Und wie im Kult so war das Recht auch an Formeln gebunden....",

    ich warf einen Blick zu Conservator, nein, das kam ausnahmsweise nicht von den Griechen, das war unsere ureigenste Erfindung:

    "...die fehlerfrei aufgesagt werden mussten, damit ein Vertrag zustande kam. Die Pontifices fassten diese Formeln ab , und in der Tat ähneln sie auch sehr denjenigen, die den Göttern gelten.

    Der Mann mit der Waage, der libripens, war dagegen praktischen Erwägungen geschuldet: Unsere Vorväter hatten keine Münzen, sondern bezahlten mit Kupferbarren, und der fällige Betrag wurde in der Tat abgewogen und abgeschnitten.

    Und dieser Ritus galt nur innerhalb von uns Quiriten, als später Verträge mit Fremdländern dazukamen, wurde es dann auch anders."*



    Sim-Off:

    hier die Quelle von AFS


    "Um Kornblumen von Veilchen zu unterscheiden, muss ich warten, bis Aurora ihre rosigen Finger über dein Antlitz legt, teure Severa.", antwortete ich.


    Leider war die Sergia schon vergeben. Sie hatte einen Verlobten in Syria.


    Doch die Abweisung galt meiner Hand, nicht meinem Herzen. Mit dem Hafen der Ehe würde es nichts werden, aber Kahnfahren war auch ganz schön, solange das Gewässer nicht trügerisch war.


    Ich legte die Hand aufs Herz:

    "Dein brüderlicher Freund auf immer.", sagte ich:

    "Es muss dir nicht leid tun, Sergia Severa. Es war eine freundliche Anfrage, und du hast mir freundlich geantwortet."


    Ein wenig hoffte ich natürlich schon, dass es ihr leid tat, nicht meine Gemahlin werden zu können, soviel Eitelkeit wohnte mir inne.


    Mittlerweile hatten wir uns der Domus Iulia genähert. Und wer stand da etwas verloren vor der Porta und blinzelte mich aus kleinen Äuglein an? Ach mein Sklave Diocles, den hatte ich vergessen. Ich winkte ihm freundlich zu und tat so, als sei ich wegen ihm zurückgekommen.


    "Wann sehe ich dich wieder, Severa?", fragte ich meine Begleiterin.

    Annaeus Conservator zeigte meinem Mundgeschenk das Verhältnis Drei zu Eins an, und ich nickte dazu, und Gadir, der heute unser Ganymed war, mischte uns den Wein mit dem Wasser, wobei ihm vor Anstrengung und Konzentration unbemerkt die Zungenspitze aus dem Mund lugte- schließlich lernte er noch - aber das verlieh ihm einen dümmlichen Ausdruck, und ich gab ihm einen leichten Klaps, worauf er die Lippen schloss und die Becher ordentlich reichte.


    „Den Groll eines Gottes in Kauf zu nehmen, um zu siegen, ist nichts, was leichtfertigen Herzens geschieht. Aber danach kann man den Gott wieder aussöhnen, auch wenn es zehn Jahre dauert.“,sprach ich:

    "Auch dem Stammvater deines ruhmreichen Geschlechtes, Aeneas, gelang es, die große Iuno mit Gebeten, Gelübden und Opfern wieder zu versöhnen, zumal der göttliche und größte Iuppiter ihr versprach, kein Volk werde sie mehr verehren. Und so ist es gekommen."


    Bei der nächsten Angelegenheit trat wieder Annaeus Conservators Humor hervor, den er unzweifelhaft besaß, denn er nannte mir, als ich Byzanz erwähnte, zwei weitere kuriose Orte aber diesmal in nördlichen Landen, bei denen auch ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie jemals in der Geschichte des Menschengeschlechts irgendeine Bedeutung gewinnen sollten: Lutetia und Castra Bonna.*

    Ich lachte, dass ich fast den Becher verschüttet hatte – Gadir nahm ihn mir ab.


    „Doch richtig“, grinste ich: „Byzantium liegt in Thracia. Ich hoffe aber sehr, dass wir nicht eines Tages von Castra Bonna aus regiert werden, denn da ich kaiserlichere Primicierius bin, müsste ich mit mit umziehen… welch grausliche Vorstellung. Schon der Gedanke an die notwendige Maultierkarawane beladen mit Akten der Kanzlei über die Alpen…“

    Auch der Annaeus trank nun. Doch als er dann sagte, dass der eine vielleicht den Eindruck ein wiedergeborener Porcius Cato zu sein, erwecke und der andere im Rechtskurs einen Griechen darstelle, da horchte ich auf.

    Woher wusste der Mann, dass ich insgeheim für die Inkarnation des alten Cato hielt? Scharfsinn vielleicht oder ich war nicht der Erste, der das vermutete?:


    "Meintest du mich mit dem Griechen? Da wäre ich in guter Gesellschaft, denn auch unsere Urväter haben sich vor der Verfassung der Zwölftafelgesetze erstmal die Solonsche Verfassung aus Athen kommen lassen und die studiert. Ein Beweis: Das Wort „Poena“, das Maß der Strafe, das es vorher nicht gab, ein nettes Wortgeschenk der Achäer wie so vieles.

    Warum das Rad zweimal erfinden, wenn man es schon in Hellas erfunden hat?

    Unsere Stärke ist es gerade, von den Nachbarn abzuschauen, was gut ist, jedoch - da gebe ich Cato Maior sehr recht- nicht alles kritiklos aufzuschlabbern, was aus dem Osten kommt.

    Wir nehmen es, wir prüfen es, wir passen es an unsere althergebrachten Werte an.

    Und wenn wir einen parthischen Reiter dazu bringen, uns den gefürchteten Rückwärtsschuss **zu lehren, so hätten wir in drei Monaten Hilfstruppen an den Grenzen, die ihn genauso gut beherrschen wie die Parther selbst – ohne jemals zu Parthern zu werden, was ich doch sehr hoffe.“


    Beim Thema der östlichen Kulte, die mein Gastfreund mit den Verboten des Bacchus- und des Isiskultes und der jeweils sehr gezähmten Wiederzulassung aufs Tapet brachte, musste ich meinen gerade geäußerten Optimismus wieder einschränken:

    „ Aus dem Ruder laufende religiöse Umtriebe sind Beispiele, bei denen meine Rechnung nicht recht aufgeht.“,
    gestand ich:

    „Hier scheint nämlich ein ganz oder gar nicht und kein weises Abwägen oder Übernehmen vorzuherrschen. Damit meine ich nicht das Handeln der Obrigkeit, sondern die Anhänger, die sich fanatisieren. In beiden Fällen kam das Verbot in der Tat keine Minute zu früh. Dein Bild von der „grauen Zensur“, in der sich Licht und Schatten mischen, das trifft es.

    Alexandria – du erwähntest die Bibliothek – ist ein trauriges Beispiel, werter Conservator.: Zwei hochbegabte Völker schlugen sich dort kürzlich gegenseitig die Köpfe ein ***

    Aber einer dieser östlichen Kulte sind auch die Christianer – was hälst du von denen?“


    Ich fragte, weil ich in der Tat kein klares Bild hatte außer von Leuten, die sich über diese östliche Sekte lustig machten. Ich selbst hatte mich in Athen in die Eleusinischen Mysterien**** einweihen lassen, aber ich konnte guten Gewissens behaupten, dass niemand daran dachte, diesen Mysterienkult zu importieren, um Unruhe zu stiften.


    Als Secundae brachten Andreas und Rhea nun Dulcia Domestica, die beliebte lauwarme Nachspeise aus Datteln, Pinienkernen und schwarzem Pfeffer, die in Wein gekocht wurde, sowie verschiedenes Backwerk; alles eher leicht und zur Jahreszeit passend. Ich mochte Süßes, und hoffte, dass auch Annaeus Conservator, der mir in der Tat ein angenehmer Gastfreund war, es mochte.


    139-044c19e986d651ff3a63dfe93f62187e8fee9bd5.jpgDer ehrenwerte Aedilis war ein Freund der schönen Künste und spontan hätte der Buchhändler dem Magistraten gerne ein Werk nach Wahl als Geschenk überlassen, wenn das nicht allzu sehr nach Bestechung ausgesehen hätte. Aber das war gar nicht sein Sinn - der stand ihm danach, hochstehende Kunden zu gewinnen. Lucilius Posca betrachtete sich selbst als ein von den Göttern gesegneter Mann, da er Ökonomie und Bibliophilie miteinander vereinen durfte.


    Die Hetäre Acroteleutum ist sogar der besondere Liebling meiner Frau – oh, meine Angetraute ist nicht prüde, sondern recht vernünftig, soweit ein Wesen vernünftig sein kann, dem ein anderes Lebewesen im Körper herumwandert* wie Soranus von Ephesus – von dem berühmten Arzt habe ich auch eine Ausgabe über seine Frauenheilkunde** hier in meinen Regalen, doch da muss ich dich warnen, edler Aedilis Curulis, die Details sind erschütternd und wenig erbaulich ...“,
    Galeo Lucilius Posca war zweifelsohne glücklich verheiratet, doch nun schüttelte er sich leicht, er hatte keine Nerven für so etwas:


    „Ich gebe alle Kopien selbst in Auftrag, bei Fachbüchern bediene ich das gesamte Sortiment, und bei anderer Literatur sehe ich mich selbst um,was vielleicht ein Erfolg werden könnte. Ich lasse griechische Werke übertragen, fördere junge unbekannte Dichter und auf Grund der vielen Fremden in Roma werden auch ursprünglich lateinische Werke in Griechisch gelesen. Sogar an parthische und persische Werke habe ich mich gewagt, aber sie gehen schlecht.

    Gestern im Theater- morgen auf meiner Theke, ist meine Devise. Variatio delectat. ***

    Gerade verhandle ich über die Rechte mit dem Autor der Stunde Irenaeus Meccius über sein letztes Stück Rex Leonum. Da waren meine Frau und ich selbstverständlich auch, mitreißend und schwungvoll und dennoch sehr lehrreich, und die Lieder werden jetzt schon auf den Gassen gesungen: Quiriten hört nun die Geschichte...."


    Das war Schmeichelei an die Adresse des Gracchus Minor gerichtet als auch die Wahrheit. Denn natürlich wusste der Buchhändler, wer die Spiele ausgerichtet hatte.


    "Die Kopierwerkstatt, mit der ich zusammen arbeite, gehört dem ehrenwerten Aulus Heterianus Ilias Maior und liegt an der Via Salaria. Er nennt über fünfzig Kopisten und Übersetzer sein Eigentum, und jeder einzelne versteht etwas von den Inhalten, die er abschreibt, das ist wichtig, um dumme Übertragungsfehler zu vermeiden.“



    Sim-Off:

    *Der Uterus als Auslöser von Hysterie
    **Soranos von Ephesos: Die Gynäkologie (peri gynaikein)
    *** Abwechslung erfreut