Beiträge von IUNO

    Immer wenn es um ihren Habitus ging wurde Iuno aufmerksam.

    Sie betrachtete sich von der Seite, von Vorn...was war denn mit ihren Brüsten? Zu groß waren sie nicht zu klein beileibe auch nicht, genau richtig, so fand sie.

    Sie hauchte sich neben den Frevler und schnippte ihm an´s Ohr,...so nicht du kleiner Mensch...etwas mehr Respekt!

    Iuno empfand kein Mitleid, keine Trauer, keinen Schmerz. Wozu auch. Sie existierte jenseits menschlicher Moral. Sie hatte viele Kommen und Gehen sehen. Sie würde noch viele Kommen und Gehen sehen.

    Wie klein war doch das Wissen der Menschlein?!

    Sie wandte den Blick ab vom Bett und dem Todgeweihten.

    Nun da es nichts weiter zu tun gab als abzuwarten ob die Augusta geläutert war und auch so handelte, löste sie sich auf und überließ den Raum dem Handlanger Hades´

    Iuno schwebte vor der Augusta und betrachtete sie wie ein neugieriges Kind einen interessanten Gegenstand. Sie spürte die Reue, aber war sie von Dauer? Oh, sie kannte diese Menschlein, stets voller Elan wenn sie in Not waren. Sobald es ihnen besser ging verstummten die Gebete und Beteuerungen.

    Nun, sie hatte durchaus auch Erfolge zu verzeichnen. Die Erfahrung zeigte jedoch, daß es gerade die reichen,...verwöhnten Frauen waren die sich schnell langweilten und dann nach Abwechslung suchten.

    Frauen wie diese kleine Augusta.

    Es war wohl hoffnungslos mit ihr und zeitlich begrenzt.

    Sie schwebte durch den Raum und der Rauch teilte sich durch ihre Bewegung. Langsam wurde es ungemütlich im Raum, Sie war die Mutter des Lebens,...der Tod, wenn er sie auch nicht persönlich traf behagte ihr nicht.

    Vor dem Bett des Jungen besann sie sich.

    Armes, unschuldiges Kind,...aber das war Claudius Nero aus oder der süße kleine Caligula.

    Sie strich ihm eine feuchte Strähne aus den Augen als niemand hinsah und sie wieder mal anfingen zu beten.

    Fiebrigglänzende Auge sahen sie an, das Gesicht entspannte sich, als würde der Kleine sie erkennen...Iuno setzte ihr liebevollstes Lächeln auf,...nein...sie lächelte wirklich. Der Kleine lächelte auch und nickte,...vielleicht hatte er eine alte Seele die nun wußte und akzeptierte was kam,...wer wußte das schon?

    Mmnaaah,...immer wieder der Kleine.

    Die noch nicht einmal persönlich dargebrachten Opfergaben imponierten ihr nicht, im Gegenteil, für eine Augusta hätte sie sich etwas raffinierteres erhofft.

    Das Greinen und Lamentieren würde ihr nichts nützen.

    Sie musste büßen. Sie mußte erkennen, daß alleine sie Schuld an ihrer Bestrafung trug, sie mußte erkennen, daß der Kleine sterben würde, auch ohne der Hilfe Iunos, sie musste auf einen guten, einen nützlichen Weg gebracht werden.

    Ach,...wieder Rauch? Kurz wurde ihr ein wenig anders als sie die Schatten des Todes in den Raum schwebten.

    Sollte sie weich werden? Was war schon ein kleiner Mensch gegen eine ehrfürchtige, keuche, gehorsame Augusta an der Seite des Imperators? Er könnte einen neuen Sohn zeugen, die Augusta war jung genug um wieder zu gebären.

    Nein, das Augenmerk der Götter lag nun einmal auf dem Kaiserhaus...ihrem momentanen Lieblingsspiel.

    Wieder ließ sie den Rauch zur Augusta zurückwabern, während sich der Schatten des Todes über das Bett des Kindes senkte.

    Iuno lächelte, es war nötig die Geschicke der Vestalinnen ein wenig zu beeinflussen. Seit sie die Augusta quasi zu ihrer Mission gemacht hatte folgte sie den Netz der Spinne Faden für Faden. Decima Messalina war wie ihre Patrona und hatte nun wirklich nichts in einer solchen Position zu suchen. Eine Unglückliche im Orcus zu finden und sie mit einem besseren Dasein zu ködern war nicht allzu schwer, ihr einen Mord aufzutragen eine Frage der Moral und der Notwendigkeit.

    Iuno dachte an Vesta, die Gute...viel zu weich und zu gutherzig. Manchmal bedurfte es der durchgreifenden Hand um die Dinge zum Guten zu wenden. Tabula rasa.

    Sie verließ diesen Ort, sich die Gesichter und Gefühle der Anwesenden genau merkend,...für alle Fälle.

    Iuno hatte schon länger ein Auge auf die dreiste Augusta geworfen. In astraler Gestalt hörte sie unter tausenden Gebeten die Augusta heraus und entschloß sich einfach mal zu hören was die impertinente, intrigante und wolllustige Augusta denn glaubte von ihr zu wollen.

    Gnädigste,...Gütigste,... Mater Iuno, wenn es euch dreckig geht, dann bin ich die Mater Iuno.

    Für sie war klar, daß sie ein Exempel statuieren musste.

    Heute war ihr nach Spiellaune,..ein Schalk saß ihr im Nacken.

    Sicher würde dieses verwöhnte Biest wieder einmal das Blaue von Himmel versprechen, Besserung geloben, Keuchheit, Gehorsam...pfah,...was hatte sie schon versprochen bekommen, aber sobald es dieser Augusta wieder zu wohl ging waren ihre Schwüre Schall und Rauch.

    Apropos Rauch. Sie wischte ein wenig mit ihrer Hand und der Rauch aus der Schale waberte zurück und hüllte die Augusta ein.

    Na warte du,...um den Kleinen tat es ihr beinahe Leid aber der stand schon nahezu neben Hades,...

    Von einer ihrer Krähen informiert, bemüßigte auch die höchste aller Göttinnen sich zu dieser Leberschau. Stirnrunzelnd beobachtete sie, wie ihr Göttergatte Venus auf den Hintern glotzte. Dieses Schwein! Er konnte es einfach nicht lassen. Grollend wartete Iuno ab, denn nun nahm ihr Gatte sich endlich der Leber an. Achja, da war ja was. Was wollte der Tiberier wissen? Senat, Tribunat, der Familie wohlgesonnen? Iuno schnaufte leise. Das waren allesamt Fragen, die sie nicht wirklich betrafen. Jedenfalls noch nicht, solange der Tiberier sich nicht ein Weib nahm und Bälger zeugte. Heute war sie definitiv nicht in der Stimmung, ausschweifende Antworten auf solcherlei Nichtigkeiten zu geben. Soweit Iuno sich erinnern konnte, hatte dieses Menschlein ihr bisher auch noch keine große Aufmerksamkeit geschenkt, weshalb sollte sie jetzt also ihrerseits etwas unternehmen?


    "Tzess!", zischte sie in Richtung ihres Gatten, als dieser sich zufrieden zurücklehnte. "Ich verschwinde. Woanders sind Kinder auf die Welt zu bringen." Mit einem letzten vernichtenden Blick in Iuppiters Richtung verschwand Iuno, ohne ein Zeichen auf der Leber zu hinterlassen. Ihre Zeit würde gewiss noch kommen.

    Iuno war in der Nachbarschaft gewesen, genauer gesagt in Durocortum, wo sie sich um die Nachwuchsfrage eines hiesigen Honoratioren gekümmert hatte. Seine Ehegattin hatte auf ihrer Liste - DER Liste - gestanden und die oberste aller römischen Göttinnen hatte der Frau ihren Kinderwunsch erfüllt. Sie war heute ein bisschen in Geberlaune, das konnte man wohl so sagen.


    Als ihr ihre Krähe dann flüsterte, dass eine erfahrene Hebamme gerade mit einem Mann das Bett teilte, horchte sie auf. Der Name des Menschleins war ihr bekannt, denn die junge Frau hatte schon viele ihrer lieben kleinen Neugeborenen bei der Geburt begleitet. Iuno sah gütig auf die junge Frau hinab. Der Mann, den sie in ihr Bett geholt hatte, war ja auch ganz reizend anzusehen. Die beiden könnten ein hübsches Kindlein miteinander haben... wenn ihre Liste - DIE Liste - es denn hergab.


    Iuno kaute auf ihrer Unterlippe herum. Die Hebamme hatte bereits eine Tochter, ein süßes kleines Ding. Ursicina, so flüsterte der Rabe ihr zu. Warum sollte das Mädchen nicht ein kleines Geschwisterchen bekommen, dachte Iuno. Vielleicht wich sie heute einfach mal von ihrer Liste ab, denn darauf stand der Name der Hebamme bisher nicht. Und weil das nun ihr göttlicher Wille war, würde ein Kindchen im Leib der Hebamme heranwachsen und ihr - so glaubte die Göttin - Freude bringen.



    Auch die höchste aller Göttinnen hatte sich, zugegeben etwas später als ihre Mitgöttinen, mittels einer Wolke zur Hochzeit begeben und gesellte sich nun zu ihren mythischen Gegenstücken, wo sie gerade rechtzeitig frei auf das Geschehen blicken konnte um Cupidos Pfeile in die Menge fliegen zu sehen. Während der kleine Schelm wieder in den Wolken verschwand blickte Iuno ihre Kolleginnen angesäuert an.
    "Wirklich Venus? Wirklich?" fragte Iuno und rollte mit den Augen während sie einmal kurz ausschnaufte "Wer weiß was ihr da wieder angerichtet habt, und letztlich muss ICH wieder alles ausbügeln was IHR angerichtet habt!" echauffierte sich die Göttin sichtlich genervt und schüttelte den Kopf, schließlich war es immer nett, dass sich Venus dem spaßigen Teil widmen konnte doch die Grundfesten der sterblichen Gesellschaft hingen an ihr, und nicht der lieben Venus.
    Doch es galt sich nicht ablenken zu lassen schließlich wurde hier gerade ein Schaf geopfert! Iuno blickte das Brautpaar an, eine nervöse Claudia, ein hübsches junges Ding, auch wenn sie in ihr ein Feuer erahnen kann und ein nervöser Flavier, den sie bereits mehrfach hat sehen können und der nicht immer so nervös und rührselig war wie heute.
    "Möge das neue Ehepaar eine fruchtbare Ehe führen. Möge die Claudia ihrem Mann eine Stütze sein und ihr Feuer dadurch noch heller leuchten. Als Frau und Mutter soll sie eine Löwin werden, und ich schenke ihr ein Gefühl der Vollkommenheit in ihren Herausforderungen." gab sie dem Paar und vor allem zunächst einmal der Claudia mit, bevor sich ihren Blick auf den Flavier legte "Möge er im Umgang mit ihr und ihren künftigen Kindern, sofern sie sich ihnen würdig erweisen, Milde lernen, und Nachsicht mit den Menschen. Möge er ihr ein treuer Mann sein." Iuno betonte das Wort treu bewusst deutlich "So werde ich ihm stets die Sicherheit vermitteln um die er sich stets bemüht." beschloss sie, und ließ ihre Wünsche kryptisch durch das Opfer zu tage treten. Während ihr trotz der erneuten Ärgernisse durch Venus ein kleines Schmunzeln ob der sterblichen über die Lippen huschte.

    Als eine ihrer Krähen der höchsten Göttin ein weiteres Opfer ankündigte, zeigte sich Iuno erfreut, dass gerade ein Iunius ihre Aufmerksamkeit erflehte. Doch welch Überraschung, als sie sich am geheiligten Ort des Opfers manifestierte! Welche winzige Opferstatt hatte dieser Sterbliche sich erwählt, um ihr zu huldigen! Iuno runzelte irritiert die Stirn, gab es doch in Mogontiacum einen weit prächtigeren Bau, der ihr gewidmet war. Dieser Vertreter des iunischen Geschlechtes schien sich nicht besonders gut auszukennen in seinem Wohnort. Iunos anfängliche Überraschung verflog und wandelte sich in wohlwollende Belustigung. Immerhin herrschte in diesem Sacellum eine heimelige Atmosphäre, was auch einmal eine nette Abwechslung zu den großen Tempeln war. Amüsiert schmunzelte sie, während der besorgte Soldat seine Bitte vortrug.


    Ehrwürdig nannte er sie, die große Göttin des Lichtes. Wahrhaftig, das hörte sie gern. Natürlich wünschte der Mann sich einen Erben. Und was bot er ihr dafür an? Etwas Gebäck und Duftöl? Iuno runzelte die Stirn. Nun, das ging wohl als Anzahlung durch, bedachte man was der Sterbliche ihr im Anschluss anbot: Mit seinem Vermögen dafür Sorge zu tragen, dass ihr Heiligtum hier in dieser Stadt denen der anderen Göttern in nichts nachstehe. Nun, wenn der Iunius sich da mal nicht verhob. Immer noch schmunzelnd nahm sie das Opfer an und sandte dem besorgten Soldaten eine Eingebung, auf dass er sich an den Tempel der kapitolinischen Trias erinnern möge. Und weil der Mann ein Iunius war, segnete Iuno ihn auch mit einem Gefühl der Zuversicht, das seine Ängste und Sorgen mildern würde.

    Die höchste aller Göttinnen hatte ihren Teil des Handels erfüllt. Die Kaiserin hatte ein Kind ausgetragen, ohne dass es während der Schwangerschaft zu Komplikationen gekommen sei. Nun war der Tag gekommen, an dem das neue Leben den Schutz des Mutterbauches verlassen sollte. Auf der Sommerbrise dieses Tages wurde Iuno an den Ort des Geschehens getragen, ihre Krähen bei sich. In ihrem Gefolge befanden sich Parca, Vagitanus, Levana und all die anderen göttlichen Geburtshelfer.


    "Tut euer Bestes, meine Freunde.", wies Iuno diese an. Als Iuno Lucina erhörte sie heute das Stoßgebet des Imperators und leuchtete dem jungen kaiserlichen Sohn auf seinem Weg. Es war eine schwere Geburt für die Kaiserin, doch stets stärkte Iuno die junge Frau mit einem Gefühl der Zuversicht, auf dass sie trotz der Anstrengungen und Schmerzen nicht aufgeben möge.


    Zu guter Letzt kam ein gesunder Junge zur Welt und Iuno teilte mit Levana ein zufriedenes Lächeln, während der Imperator den Sohn als den Seinen annahm. Ihre Krähen flatterten aufgeregt mit ihren Schwingen. Und als Iuno sich von diesem Ort wieder entfernte, um an anderer Stelle göttlich zu wirken, hinterließ sie bei den frischgebackenen Eltern ein Gefühl des Glücks und der Freude, das noch viele Stunden anhalten würde.

    Die höchste aller Göttinnen hatte alle Hände voll zu tun, sich der Bitte einer jungen Griechin in Sparta anzunehmen. "Kein Toter ist so gut begraben wie eine erloschene Leidenschaft.", seufzte sie letztlich in Richtung einer ihrer Krähen. Jene flog sodann los, der Opfernden ein Zeichen zu überbringen, dass Iuno ihre Gaben zwar wohlwollend annahm, die Erfüllung ihres Wunsches jedoch keineswegs gewiss war. "Vielleicht sollte ich den Menschen diese Eingebung einmal schenken?", wandte sich die Göttin sodann einer anderen Krähe zu. Die jedoch antwortete nur, dass Iuno noch gut 17 bis 18 Jahrhunderte damit Zeit hätte. Weitaus dringlicher wäre indes ihre göttliche Anwesenheit bei einem Opfer in einem ihrer Tempel in Roma.


    So schloss die höchste aller Göttinnen ihre Augen, atmete einmal tief ein und ließ sich vom feinen Wohlgeruch des in der Luft liegenden Weihrauchs bis nach Roma tragen. Als sie ihre Augen anschließend wieder öffnete, sah sie direkt hinab auf ihren Tempel. "Seht, wie viele Menschen gekommen sind, mich heute hier zu ehren.", lächelte sie zufrieden zu ihren Krähen. "Und seht, diese wunderschönen Lilienkränze.", schwärmte sie weiter. Denn Lilien, die waren doch ganz nach ihrem Geschmack.


    Erst als die iulische Opferherrin im Rahmen des Hauptopfers ihre Bitte vortrug, wurden die Züge der Göttin ein wenig ernster. "Dies ist nicht der Tempel, in dem ich als Iuno Regina verehrt werde, oder?", wollte sie ob der königlichen Anrede von ihren Krähen wissen. Kurz hielt sie inne und überlegte, bevor sich ein tückisches Lächeln auf ihren Lippen abzuzeichnen begann. "Fliegt hinab und nehmt das Opfer an! Fliegt hinab und segnet die anwesenden Römerinnen in meinem Namen, auf dass sie von heute an ein Jahr lang geschützt seien vor den gröbsten Übeln!", wies sie ihre Krähen an, bevor sie ihre Hand erhob und schelmisch lächelte. "Nur vor einem sei keiner und keine der Anwesenden durch mich geschützt: Vor der Leidenschaft!" Iuno drehte sich herrisch selbstbewusst nach rechts um. "Ganz im Gegenteil...", lächelte sie in sich hinein, bevor sie wieder verschwand.


    So also tauchten nun zwei Krähen auf dem Tempeldach auf. Zunächst guckten sie nur. Dann trafen sich ihre Blicke. Kurz darauf hüpfte die eine Krähe ein Stück näher heran an die andere. Letztere hüpfte wieder ein Stück auf Abstand. Und eh man sich versah, flogen beide auf und der eine Vogel verfolgte voll frühlingshafter Leidenschaft den anderen. Heiß ging es her, als der Verfolgte nur knapp über den Kopf eines jungen Annaeers sauste und anschließend beinahe mit einer Claudia kollidierte. Unterdessen streifte der Verfolger fast einen Furier mit seinem rechten Flügel, bevor er sich von den aristokratischen Zügen eines Claudiers ablenken ließ. Einen Augenblick lang war die Situation nun beruhigt. Die jagende Krähe sah sich um, einige Meter unter ihr eine verheiratete Aurelierin, nach der gejagten Krähe - und erspähte diese letztlich ganz in der Nähe zweier junger Flavier. Der verfolgte Vogel schlug sodann kräftig seine Schwingen, um schlussendlich über dem ausblutenden Schaf in immer weitere Höhe aufzusteigen. Die andere Krähe folgte.


    Leidenschaft kannte viele Formen. Liebe konnte leidenschaftlich sein. Hass konnte leidenschaftlich sein. Und wie ein Fieber - namensgebend für die Iuno Februata - war sie manchmal ansteckend, die Leidenschaft, und übertrug sich mitunter auch auf andere...

    Die höchste aller Götterinnen hatte wie so oft viel zu tun. So gab es Hochzeiten zu schließen, Ehefrauen verlangten nach ihrem Schutz, und Kinder wollten in diese Welt geboren werden. Es war wahrlich keine leichte Aufgabe, welche Iuno tagein, tagaus mit großem Pflicht- und Verantwortungsgefühl erfüllte. Doch es geschah alle vier Jahre, dass die Göttin immerhin eine ihrer alltäglichen Sorgen ein wenig gelassener betrachten konnte, die mangelhafte Treue ihres göttlichen Gatten. Denn alle vier Jahre begab es sich, dass im griechischen Olympia große, sportliche Spiele zu seinen Ehren abgehalten wurden, die Olympischen Spiele. Hier kämpften Männer unter den Augen anderer Männer um den Sieg, während die jungen Mädchen in den Zuschauerrängen - verheirateten Frauen nämlich war die Anwesenheit bei Todesstrafe verboten - ihre Augen weitaus wahrscheinlicher auf die vielen jungen und durchtrainierten Athletenkörper richteten, als dass sie sich von Iuppiter verführen ließen.


    Bald nun war es wieder so weit. Unzählige Sportler aus vielen Provinzen waren bereits im Trainingslager in Elis eingetroffen. Nur wenige würden noch hinzukommen, bevor die Frist 30 Tagen vor Beginn der Spiele ablief. Und während sich ihr Göttergatte bereits der kindlichen Vorfreude hingab, widmete sich Iuno vor allem der Aufgabe, die künftigen Olympiasieger auf die verschiedenen Sportlerfamilien zu verteilen und bereits verteilten Olympiasiegern 9 Monate später bei ihrer Geburt zur Seite zu stehen.


    Sie war gerade bei der Familie des späteren Aelius Granianus im griechischen Sikyon, einen Steinwurf entfernt von Korinth, gewesen, als ihr aus westlicher Richtung der himmlische Duft feinsten Rosenweihrauchs in die Nase stieg. Neugierig und gut gelaunt erreichte Iuno einen Wimpernschlag später den Ursprung dieses Wohlgeruchs in einem ihrer Tempel in Roma, wo sich die jüngere der beiden Augustae gerade daran machte, der höchsten Göttin ein Opfer darzubringen. Aufmerksam verfolgte Iuno die Zeremonie und hörte sich an, um welchen Gefallen man sie hier bat. Am Ende schmunzelte sie ein wenig. "Ich kann doch keine Kinder verschenken.", wandte sie sich an eine ihrer Krähen. Die Krähe krähte zur Antwort und flog los. "Ich kann nur dafür sorgen, dass der Boden einer Frau fruchtbar ist, wenn der Mann über ihm seine Saat ausstreut.", erklärte sie anschließend der zweiten Krähe, die sie begleitete. Anschließend krähte auch dieses Tier und flog los.


    Die beiden Vögel flogen direkt auf den Tempel ihrer Göttin zu. Das erste Tier setzte sich auf die Tempelstufen, krähte einmal und legte legte seinen Kopf schräg. Daraufhin setzte sich auch die zweite Krähe auf die selbe Stufe und sah ebenfalls zur Augusta. Dann krähten beide Vögel einmal synchron, flatterten zusammen in die Höhe und flogen Seite an Seite - als Paar - über die Opferteilnehmer hinweg, bevor sie das Geschehen gemeinsam in Richtung Palatin verließen. Damit hatte Iuno das Opfer der Augusta angenommen und würde dafür sorgen, dass in nächster Zeit sowohl der kaiserliche Boden als auch die kaiserliche Saat besonders fruchtbar waren. Wie jedoch das Eine zum Anderen und das Andere zum Einen fand, darauf vermochte Iuno keinen Einfluss zu nehmen. Hier blieb der Opfernden nur die Eigeninitiative... oder ein Opfer an die gute Venus, so es etwa Probleme dabei gab, das Feuer des nicht mehr ganz jungen Augustus zu entfachen.

    Eben noch war Iuno auf einer Hochzeit in den griechischen Landen zu Gast gewesen, da wurde sie nach Germanien gerufen. Sie erschien prompt - und beschloss noch vor allem anderen, dass sie sich nachher gleich bei ihrem Gemahl über dieses schlechte Wetter zum Empfang beschweren würde.


    Anschließend richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf das irdische Geschehen. Es handelte sich um ein Opfer nach einer Geburt. Vier Frauen sollten rituell gereinigt werden, während das neugeborene Mädchen vor Unheil und Gefahren geschützt werden sollte. "Wie heißt die Kleine?", interessierte sich Iuno und eine Krähe flüsterte ihr die Antwort ins Ohr. "Ursicina, was für ein schöner Name." Die höchste Göttin lächelte erfreut.


    Sie atmete einmal tief ein. Dann blies sie einmal kräftig einige Wolken beiseite, sodass ein greller Lichtstrahl direkt auf das Impluvium des Atriums fiel. Das Licht wurde gebrochen und ein buntes Farbspiel war an den Wänden und Säulen des Raumes zu beobachten. "Und nun noch ein bisschen Kraft für das kleine Bärchen, um sie vor Unheil und Gefahren zu beschützen." Wieder atmete Iuno ein. Dann schloss sie ihre Augen und ließ ganz sacht die Luft aus ihren Lungen in Richtung des Neugeborenen entweichen. Auch das Wasser des Impluviums begann sich durch den sanften Wind leicht zu bewegen, sodass das bunte Farbspiel an den Wänden und Säulen zu tanzen begann... bis sich das Loch in den Wolken bald schon wieder zugezogen hatte.


    Auch an den Innereien der Ziege würden die Sterblichen keine Makel finden. Denn Iuno hatte das Opfer angenommen.

    Zur Zeit schien die höchste aller Göttinnen doch relativ beliebt bei den Sterblichen. So hatte die Göttin alle Hände voll zu tun bei diversen Eheschließungen sowie dem einen oder anderen Vollzug einer Ehe. Und auch ihr Tempel der Iuno Sospita erregte nun heute ihre Aufmerksamkeit, als ein süßer Duft aus dieser Richtung ihre feine Nase erreichte.


    Der opfernde Sterbliche brachte köstlich aussehende Opferkuchen dar, hübsche Rosen sowie... Pfauenfedern? Kurz versicherte sich Iuno, dass sie in diesem Tempel tatsächlich auch als Sospita und nicht als Regina verehrt wurde, bevor sie beschloss, sich dennoch die Bitte des Opfernden zumindest einmal anzuhören. Er bat um Schutz und Beistand für seine Verlobte, eine in den Augen der Göttin überaus noble Bitte. So entschied Iuno kurzerhand, dass sie sich auch einmal die Zeilen des vergifteten Briefes einmal zu Gemüte führte.


    Es dauerte nicht lange, da war sie am Ende des Briefes angelangt und hatte dennoch keinen der 'bösen Wünsche des Verschmähten' ausfindig machen können. Betonte der Schreiber nicht gar doppelt, dass er der Verlobten nichts Schlechtes wünsche? Iuno zuckte mit den Schultern und entschied letztlich, dass sie dieses Opfer dennoch annehmen würde. Quintilia Valentina sollte den Schutz der höchsten Göttin des Olymp erfahren und bald schon ein Gefühl von neuer Glücklichkeit und frischer Heiterkeit empfangen - sofern sie es schaffte, ihren Schwarm, wie der Opfernde den Briefschreiber nannte, hinter sich zu lassen. Denn für Liebe, Schwärmereien und glückliche wie unglückliche Liebeskranke fühlte sich Iuno nicht zuständig. Da müsste(n) sich die Betroffene(n) schon an eine andere Gottheit wenden.


    Diese versteckte Botschaft hinterließ die höchste Göttin für den Fall, dass ein kundiger Haruspex die Innereien des geopferten Schafes genauer betrachten würde. Dass die drei Pfauenfedern beim besten Willen nicht still vor ihrem Kultbild liegen bleiben wollten, sondern immer wieder von kleinen Luftzügen beiseite geweht wurden, mochte aber auch allen anderen Anwesenden davon künden, dass Iuno hier nicht vollkommen bedingungslos alle Bitten des Opfernden würde erfüllen können.

    Im Anschluss an die confarreatische Hochzeit hatte sich Iuno zur großen Sommersonnenwende-Party des Bacchus begeben. Erlöst vom todlangweiligen Hochzeitsritual der patrizischen Eheschließung konnte sie dort nun endlich ein bisschen entspannen von ihren verantwortungsvollen Pflichten den Sterblichen gegenüber - und stattdessen ein Auge auf ihren Gemahl Iuppiter haben. Denn an einem fehlte es wohl auf keiner Feier des Bacchus: an Wein und einer daraus resultierend lockeren und ausgelassenen Stimmung.


    Doch zumindest bisher fand Iuno keinen Grund zur Klage über ihren gelegentlich auch außerehelich aktiven Göttergatten. Da flog der höchsten Göttin eine ihr heilige Krähe zu, setzte sich auf ihre linke Schulter und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Iuno verzog keine Miene, doch war ihr wohl dennoch anzusehen, dass sie nicht ganz glücklich war darüber, ihren Iuppiter hier nun also allein lassen zu müssen. Doch es ließ sich kaum vermeiden. Denn nicht umsonst war sie die höchste Göttin des Olymp. Sie hatte wichtige und überaus verantwortungsvolle Pflichten! Und so schickte sie die Krähe nach ihrer Liste - DER Liste -, bevor sie sich selbst auf den Weg machte.


    Keinen Wimpernschlag später traf sie an der Villa Tiberia ein. Es reichte ein einziger Blick auf die arme Frau dort unten im Bett und sie wusste, dass Venus heute augenscheinlich noch nicht hier gewesen war. Aber im Grunde war das ja nicht ihre Baustelle, sodass sie sich also ihre Liste reichen ließ, suchte und anschließend auch fand. "Sieh an, sieh an.", murmelte sie. Die Hochzeitszeremonie der beiden Sterblichen war ermüdend gewesen. Allerdings hatte der Tiberius einst als Aedituus pflichtbewusst im Capitolium gedient. Eins zu eins. Weder er noch sie hatten einen der zahlreichen Tempel der Iuno besucht und dort ihrem Kinderwunsch noch einmal Nachdruck verliehen. Auf der anderen Seite sah die junge Flavia dort unten - selbst die höchste aller Göttinnen konnte leider keine Gedanken lesen und stumme Gebete daher auch nicht erhören - nicht sehr glücklich aus. Wollte sie als Göttin der Ehe die frische Bindung der beiden also stärken und weiter festigen, so wäre ein Kind hier nur sinnvoll. Zwei zu zwei. Iuno blieb also unentschieden und ließ eine Münze entscheiden...


    "Kopf.", verkündete sie hernach. "So soll die Sterbliche also in neun Monaten einen neuen Kopf auf diese Welt bringen. Und dieses neue, kleine Menschenwesen, es werde..." Eine Krähe setzte sich auf die rechte Schulter der Göttin und erinnerte sie an den Fluch, welcher auf dem verheirateten Paar lag. Iuno nickte zustimmend. "...ein Mädchen." Vielleicht half es dem Patrizier ja auch dabei, sich künftig etwas mehr und besser mit dem weiblichen Geschlecht auseinanderzusetzen. Von der Schwester verflucht und von der Ehefrau verachtet - das waren doch schließlich keine Zustände!

    Iuno hatte gerade mithilfe ihrer Liste - DER Liste - entschieden, dass eine junge Ehefrau in Antiochia beim Liebesspiel mit ihrem treuen Ehemann schwanger werden würde. Nachdem die beiden bereits eine gemeinsame Tochter hatten, würde dieses Kind, dafür hatte man ihr ein üppiges Opfer versprochen, ein Junge werden. Damit war Iunos Arbeit an jener Stelle erst einmal beendet und die Göttin konnte ihre Aufmerksamkeit wieder anderen Dingen widmen.


    So lag auf einmal der süße Duft von Weihrauch in der Luft. Die Quelle dieses Wohlgeruchs war schnell ausgemacht. Und da die Götter nicht an Zeit und Raum gebunden waren, so wie die Sterblichen, war die höchste aller Göttinnen auch keinen Wimpernschlag darauf am Capitolium von Mogontiacum angelangt. Dort sah sie hinab auf eine junge Schwangere, die für eine leichte Geburt betete und dafür in Zukunft zwei weitere Opfer versprach.


    Iuno besah sich den zu diesem Anlass sehr passend ausgesuchten Geburtskräuterkranz, bevor sie mit einer schwungvollen Bewegung ihres rechten Arms eine kleine Windboe erzeugte. Das Tuch auf dem Kopf der Schwangeren wurde von der Boe erfasst und flatterte leicht, ohne das Haupt der jungen Frau jedoch zu verlassen. Anschließend umspielte der kleine Windstoß einmal die zu segnende Binde, bevor er im Docht der zu segnenden Kerze, sie würde später ein besonders helles und klares Licht erzeugen, verschwand.

    Eine große confarreatische Hochzeit ausgerechnet am Tag der Sommersonnenwende. "Hoffentlich dauert das nicht zu lange.", sprach Iuno an Ceres und Tellus gewandt. Denn später veranstaltete Bacchus eine seiner legendären Sommersonnenwende-Partys, auf denen die höchste aller Göttinnen natürlich nicht fehlen durfte. Man wusste ja, was passierte, wenn niemand auf ihren Göttergatten aufpasste. Die Frage war dann nicht ob, sondern mit wem.


    Tellus nickte zuversichtlich. "Keine Sorge, diese Hochzeit ist von langer Hand ganz akribisch geplant. Allein die roten und gelben Rosen dort überall hat man schon vor Monaten extra für diesen Tag heute gepflanzt." Sie musste es wissen. Denn nur dank ihr waren sie gewachsen und gediehen und gaben nun diese wundervolle Hochzeitsdekoration ab.


    Schon wurde das Schaf - ein schönes Schaf - herangeführt. Iuno sah die Angelegenheit bereits fast als beendet an, da begann der Flamen Dialis mit seiner ausschweifenden und zugleich monotonen Rede. Das Lächeln der höchsten Göttin wurde immer angestrengter. Dann endlich war er fertig... mit dem Voropfer. Doch auch das Hauptopfer sollte die Geduld und Nerven Iunos noch einmal strapazieren. Da erschien Manturna und gesellte sich zu den drei bereits wartenden Göttinnen. Auch Vitumnus kam hinzu und fragte, worum es ging. "Das kann noch dauern.", antwortete Iuno und ließ den Flamen dabei nicht aus den Augen, um nicht versehentlich das Ende seiner eintönigen Ausführungen zu verpassen. Derweil erschienen im weiteren Verlauf auch Pilumnus und Picumnus und im Hintergrund entwickelte sich allmählich ein angeregtes Gespräch über die Dekoration der Villa Flavia, das Hochzeitskleid der Braut, die anwesende kaiserliche Familie sowie mitunter auch den einen oder anderen sonstigen Hochzeitsgast.


    Das Laub der Bäume im Garten der Villa Flavia raschelte beständig unter dem Wind, den die anderen Götter während des Wartens so fabrizierten. "Endlich!", verkündete Iuno, als die Rede des Flamen ein Ende gefunden hatte. Daraufhin verstummten die übrigen anwesenden Götter und auch das Rascheln der Bäume ließ nach. Das Schaf ließ sein Leben und es war an der Zeit, die wichtigste Frage des Tages zu beantworten. War dieses Opfer angenommen worden? Iuno zögerte kurz, fand aber bis auf die langatmige Rede des Flamen nichts auszusetzen - und eh sie das ganze Spektakel noch einmal über sich ergehen lassen müsste, nahm sie das Opfer also an. Dann erhoben sich zwei lauthals krähende Krähen vom Dach der Villa Flavia und Iuno und die anderen Göttinnen und Götter entschwanden der Szenerie.

    Die sterblichen Menschlein waren doch hin und wieder putzig. "Tadellos" und "von würdiger Gestalt"... hach, so hat ihr Göttergatte sie schon lange nicht mehr betitelt. Apropos Göttergatte... wer weiß, wo der alte Schwerenöter sich schon wieder herumtrieb. Obwohl die Götter nicht an Zeit und Raum gebunden waren, so wie die Sterblichen, so schaffte es der alte Halunke immer wieder, einfach so einmal zu verschwinden. Angeblich in geschäftlichen Angelegenheiten... jaja.


    Wie bitte? "Höchste Göttin IunI"? Nana, da hat sich doch einer aber schön versprochen. Und ein Grammatikfehler hat sich da auch noch eingeschlichen. Na, wollen wir mal nicht so sein, Latein ist ja nicht des Sterblichen Muttersprache.


    Huldvoll nahm die Göttin das Opfer an. Doch ein Besuch bei einem Rhetor würde dem jungen Manne nicht schaden.

    Iuno - ganz Frau - freute sich eigentlich immer über Dankopfer, denn sie sah diese als Geschenke an. Wenn sie nämlich auf Geschenke von ihrem Göttergatten warten würde, würde sie wohl ewig keine bekommen. Sie wollte sich in der Tat nicht daran erinnern, wann und bei welcher Gelegenheit sie ihr letztes Geschenk von Iuppiter bekommen hatte.


    Doch die kleinen Eheproblemchen der Unsterblichen sollten hier nicht das Thema sein. Iuno, die höchste aller Göttinnen, sah sich die Opfergaben an, befand sie für ausreichend und belohnte die beiden Sterblichen mit einem guten Gefühl.