Nun trat der Liktor aus der Tür. In seinem Herzen war er froh, soviel Verständnis bei dem Urbaner gefunden zu haben. Denn wer, wenn nicht sie alle, waren Rom?
Die einzige Bitterkeit, die er fühlte, war die, die Maxima verloren zu haben. Cornicularius Octavius hatte Recht. Die Zeiten änderten sich. Lucceius wusste nur nicht, ob er diese neuen Zeiten haben wollte. Nur die Zeiten würden ihn nicht danach fragen, ob er sie wollte, nahm er an.
Er bedeutete den vier Sklaven, in das Officium einzutreten.
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Verhör der Sklaven
Die vier Sklaven des Atrium waren Männer, die aussahen wie viele Servi Publici; sie trugen
verwaschene, jedoch saubere Tunikas und waren ausnahmslos kräftig.
Der Älteste von ihnen hatte schon einmal mit dem Cornicularius gesprochen. Er hieß Dacus. Da das Schicksal sie zu den Vestalinnen geführt hatte, fühlte sich zumindest Dacus selbst ein wenig auserwählt. Ansonsten hatten sie am liebsten in der Stille des Atriums gewerkelt, und vor der Wucht der Ereignisse, in die sie gezogen worden waren, fürchteten sie sich.
Dacus neigte den Kopf und gab dem Urbaner eine von Herminia Tarpa beschriftete Wachstafel, auf der ihre Namen standen:
Die Sklaven: Dacus, 42 Jahre, Medus 33 Jahre, Lacedaemonius 30 Jahre, Fronto,17 Jahre
„ Ich stehe nun
im fünfzehnten Jahr im Dienste der Vestalinnen, Dominus Miles.“, antwortete Dacus, der meist für die Gruppe sprach, weil er der Dienstälteste war: “Die anderen.“,er wies auf sie in der
Reihenfolge seiner Worte: „ Zehn, sieben und fünf Jahre. Wir unterstehen dem Aedituus Vestae, Dominus Cominius, der auch den
Zutritt in das Atrium regelt und die Liktoren einteilt.
Es war an jenem
Unglückstag, als Dominus Cominius vier von uns zu sich rief. Wir sollten
sofort mit Domina Herminia Tarpa mitgehen. Sie nahm eine Sänfte und
vier Träger, und wir folgten ihr zu Fuß.
Aber ein Messer,
nein, das haben wir nicht angefasst!“, mit großen Augen schauten
nun alle drein: „Wir wissen doch, dass uns Waffen verboten sind!“
„Wir kamen an,
und da standen drei Personen: Schwester Valeria, der Liktor Lucceius
und eine Unbekannte, so ein altes Weib. Und die Vestalis Maxima lag am Boden. Erstmal hat Domina Herminia befohlen, ihr zu
helfen, sie in die Sänfte zu schaffen. Sie war ja zusammengebrochen, hieß es.
Als wir damit fertig
waren, befahl sie uns, so aufzuräumen, dass keine Spur mehr von
irgendetwas zu sehen wäre.
Jetzt sahen wir erst das ganze Blut.
Und die Alte lag
mittlerweile auch auf dem Boden. Ich horchte noch einmal an ihrer Brust.
Mausetot.
Die Sacerdos Valeria und Herminia sind dann mit der
Obervestalin mitgegangen, und wir blieben alleine zurück. Natürlich
führten wir den Befehl von Domina Herminia aus.", fuhr Dacus fort und
etwas grimmig: „Wärst du nicht dazwischengetreten, Dominus Miles,
hätten wir unseren Auftrag ordentlich erledigen können.“
Die anderen
Sklaven schauten nicht sehr glücklich drein, aber sie nickten: „Wir tun ja nur was man uns befiehlt. Aber wir haben noch nie jemanden
Toten aufräumen müssen. Wenn die nicht ordentlich begraben werden,
kommen sie wieder als Plage...“
„Doch nicht wenn eine der Vestalinnen das befohlen hat, dann ist es der Wille der Göttin!“, sprach Dacus mit gewissem Stolz.
Etwas ungläubig
blickte der Jüngste der Gruppe, ein breitschädliger Jüngling, der deshalb Fronto gerufen wurde, hoch. Er sah aus, als würde ihm gleich übel werden, ganz
blass um die Nase.:
„Aber wir Jungs haben aufräumen müssen und
wussten echt nicht, was tun. Wir wollten keinen Ärger, und haben die
Leiche in einen Müllsack gestopft. Und dann ab in den Tiber. Und
jetzt haben wir Ärger. Du weißt schon, dass wir verkauft werden?!
Oder Schlimmeres. Wir sind für das Atrium nicht mehr tragbar hieß
es."
„Sowas würden
die Priesterinnen uns nie antun.“, widersprach Dacus: „Und ich weiß nix von einem Messer, ich schwöre es bei dem Genius des Dominus Cominius.“
Der Breitschädlige war aber anderer Meinung, er flüsterte: „Es gab
ein Messer, Dacus. Wir hatten es nicht in unseren Händen, das ist richtig. Ihr habt es nicht gesehen, weil ihr die Domina Vestalis Maxima getragen habt, aber ich blieb zurück, weil ich mir einen Bändel schnüren musste. Wenn ich alles sage, was ich gesehen habe, passiert uns doch nix, Dominus Miles?"
Fronto rieb sich jetzt eine Träne aus dem Gesicht.
"Domina Virgo Vestalis Valeria hatte einen Einkaufskorb dabei, Dominus Miles.*", sagte er mit fester Stimme: "Sie gab ihn Dominus Liktor Lucceius. Da lag wohl ein Messer drin. Denn er nahm den Korb, holte es heraus und hat das alte Weib abgestochen. Und dann hat er das Messer wieder zurückgelegt in den Korb und ihn Domina Valeria wieder gegeben."
Sim-Off:* Das wird hier berichtet