[Forum Augustum] Templum Martis Ultoris

  • Dem Stier war nichts anzumerken, er steht noch immer seelenruhig an de Platz, an dem ich ihn angekettet hatte. Auch die plötzlichen lauten Worte und die Voropfer hatten ihn in keiner weise beunruhigt. Jetzt allerdings war auch seine Stunde gekommen und ich hoffe, dass er seine Ruhe beibehalten wird.


    Ich trete an den Stier heran und drehe damit der Menge an Zuschauern den Rücken. Mein Blick sucht Ravilla, der sogleich mit der Mola Salsa den Stier weihe wird. Zuvor allerdings muss ich ihn von seinem Schmuck befreien. Ich entferne zunächst die bunten Bänder, deren Knoten glücklicherweise nicht allzu fest waren - das wäre ja etwas gewesen, wenn ich hier einen halben Tag mit dem Öffnen von Knoten zugebracht hätte - und lege sie auf die Decke, die auf dem Rücken des Tieres liegt. Alles zusammen hebe ich vom Stier hoch und übergebe es einem bereitstehenden Opferdiener, denn meine Dienste und meine freien Hände werden noch benötigt.


    Das Tier schnaubt einmal kräftigt, bleibt aber sonst ruhig und versucht auch nicht vom Fleck zu kommen, sehr gut. Hoffentlich gilt das auch beim nächsten Schritt...

    itcrom-aedituus.png annaea2.png

    KLIENT - HERIUS CLAUDIUS MENECRATES

    TIRO FORI - HERIUS CLAUDIUS MENECRATES

    SODALIS - FACTIO ALBATA



  • Auch das Rabenhaar des Ravilla ward nun bedeckt von weißem Stoff. Er nahm von Crispina die Schale entgegen, in welcher die übrige Mola Salsa schwappte. Salzig-würzig duftete die Gabe. Ein Blickwechsel mit Vindex bestätigte, dass der Augenblick gekommen war. Ruhig blieb das Tier, sich in der Kunst stoischen Gleichmuts besser übend als mancher Mann, dem nahenden Tod gefasst entgegensehend. Warm dampfte sein Atem in der Kälte. Ravilla spürte seine Körperwärme auf der eigenen Haut, obwohl er nicht näher als notwendig herangetreten war. Langsam goss er die mola salsa vom Nacken des Stieres seinen Rücken hinab bis zur Hüfte. Die Flüssigkeit perlte an den schwarzglänzenden Flanken hinab. Der nunmehr geweihte Stier zeigte noch immer keine Regung. Es war ein prächtiges Tier, welches beim Verkauf einen guten Preis erzielt haben würde, und sich seiner angedachten Bestimmung würdig zeigte.


    Hernach trat Ravilla zurück an seinen Platz neben Crispina, welcher er ein aufmunterndes Lächeln schenkte, ehe er den Blick wieder nach vorn richtete. Nun, da er einen Moment Zeit fand, sich umzuschauen, fand er einige vertraute Gesichter unter den Anwesenden: den ehrwürdigen Pontifex Flavius, den jungen Octavius Gracchus - und Furius Saturninus, der Mann, bei welchem er noch nicht ergründet hatte, ob dessen trockene Art eine Form von Humor darstellte oder ob er tatsächlich so humorlos und gefühlsarm wie ein Stück Holz war.

  • Nachdem der Stier also geweiht war und auch dieser Schritt ohne Probleme verlaufen war, war es nun an mir an das prächtige Tier heran zu treten. Zusammen mit dem Victimarius trat ich an das Tier heran und liess mir das Opfermesser reichen. Die fein geschmiedete Klinge schimmerte bläulich im Tageslicht. Der aufwändig verzierte Griff lag dennoch gut in der Hand.


    Vorsichtig setzte ich die Klinge zwischen den Hörnern an, flach, so dass ich das Tier nicht verletzen konnte. Ein Schnauben zeugte davon, dass das Tier sehr wohl spürte, was mit ihm passierte. Die Ketten an den Beinen klirrten, als das Tier etwas unruhiger wurde. Ich liess mich davon nicht beirren und zog die Klinge langsam aber in einem Fluss entlang des Rückgrates bis zum Ansatz des Schwanzes. Die Haare am Rücken des Stieres kräuselten sich und ein Zittern lief entlang seinem Rücken, doch das war alles. Kein Zeichen eines Kampfes gegen sein Schicksal.


    Nun gab ich das Messer an Vindex weiter, denn er würde es als nächster benutzen. Doch zuvor kam noch das Opfergebet und das Trankopfer. Also trat ich wieder zum Altar zurück.

  • Am Altar wurde mir von einem Opferdiener die Tafel mit dem Gebetstext übergeben. Ich überflog ihn noch einmal kurz, damit ich auch ja keinen Fehler machen würde und gab die Tafel dann mit einem Nicken zurück. Auf dieses Nicken hin trat Iulia Stella vor. Sie hatte die letzte Opfergabe übernommen, den Wein. Damit ausgerüstet stellte sie sich nun neben mir, während ich erneut, beide Arme gen Himmel streckend, zum Altar trat und das Gebet sprach:


    Vater Mars, wir treten heute vor dich, der uns seine Kinder Romulus und Remus schickte, um den Grundstein für den Glanz Roms zu legen, und der unseren Soldaten seine Kraft lieh, um die Feinde zu vernichten, die den Glanz der Stadt des Romulus zunichte machen wollten. Demütig gaben wir dir deine Opfer und gingen stolzen Hauptes, deinen Namen singend, in die Schlacht und traten unerschrocken dem Feind gegenüber. Wir bitten dich um deinen weiteren Beistand in allen Schlachten, die da kommen mögen, und um deinen Segen für die Pferde, die dir so wohlgefällig sind. Wir rufen dich an und preisen deinen Namen in alle Ewigkeit und bei jedem Anblick eines Schildes, den du schützend über uns hältst. Empfange unser demütiges Opfer! Nil amplius oro!*

    Nun streckte ich eine Hand zu Stella aus, die mir sofort das Gefäss mit dem Wein übergab, so dass zwischen dem Abschluss des Gebetes und dem ersten Zischen des kalten Nasses auf den heissen Kohlen nur wenige Augenblicke lagen.

    Wohlwollend schaute ich der Dampfwolke nach, welche sich nun fast senkrecht vom Altar in die Höhe schraubte. Es blieb nun noch das letzte, das grosse und alles entscheidende Opfer.


    Während Stella zurück trat, blickte ich zu Vindex, dessen Hauptaufgabe nun kommen sollte.


    Sim-Off:

    * Nil amplius oro (eigentlich korrekter "nihil" aber das wurde scheinbar oft abgekürzt) = Nichts mehr wünsche ich.

  • Ich hatte keine grossen Aufgaben bei diesem Opfer, ich war ja auch noch keine Annaea, aber es war schon ein deutliches Zeichen an das Volk, dass ich hier mit Florus zusammen in der Öffentlichkeit auftreten durfte. Ich nahm das sehr ernst, denn es ging um viel.


    So trat ich also die wenigen Schritte zum Altar, wartete mit leicht gesenktem Haupt, bis das Gebet gesprochen war und während Florus das "Nil amplius oro" sprach und seine Arme senkte, streckte ich ihm, wie wir es geübt hatten, das Gefäss mit dem Wein entgegen und zwar so, dass er es problemlos am Henkel fassen konnte und gleich zur Opferung schreiten konnte.


    Danach erhielt ich das Gefäss zurück und trat zurück, neben Crispina, die auch nichts mehr zu tun hatte.

  • Ich erwiderte scheu das Lächeln der anderen Opferhelfer. Iulia Stella hatte sich wieder neben mir eingereiht am Rand, da unsere Aufgaben beendet waren. Eine gewisse Aufregung war fast greifbar, da das Hauptopfer bevorstand.


    Ein wenig tat ihr das Tier schon leid, da sie eigentlich ein sehr tierlieber Mensch war. Aber den Göttern musste natürlich gehuldigt werden und das war nun mal notwendig. Da durfte man nicht zimperlich sein.


    Die Voropfer waren alle gut verlaufen und es gab bisher keine negativen Omen, die ihr aufgefallen waren. Seit sie nach Rom gekommen war, war alles so perfekt verlaufen. Hoffentlich würden das Glück und die Götter sie jetzt nicht im Stich lassen.

  • Ich war nach der Pompa möglichst schnell zum Tempel geeilt und hatte noch gerade so einen passablen Platz ergattern können, wo ich noch etwas sah. Die unblutigen Opfer waren scheinbar gut verlaufen, der Dampf und Rauch vom Altar stieg in unterschiedlichen Winkeln vom Altar hoch, aber immer nach oben und nicht auf die Seiten oder sogar dem Boden entlang. Das wäre ein etwas weniger gutes Zeichen gewesen, vorallem an einem Tag an welchem nur wenig Wind herrschte.


    Nun wartete das Volk gespannt auf den grossen Moment des blutigen Opfers. Würde das majestätische Tier weiter so ruhig seinem Ende entgegen sehen oder sich vielleicht im letzten Moment dagegen wehren?

  • Bevor Florus das Gebet sprach, von dem ich sehr beeindruckt bin, denn selten habe ich einen Text so inbrünstig und laut, aber nicht schreiend, vernommen, gab er mir das Opfermesser, mit dem er zuvor den Stier rituell entkleidet hatte. Das Tier hatte sich kurz geregt und ich hatte schon befürchtet, es würde gleich durchgehen, doch es war nur ein kurzes Schnauben geworden und ein leichtes Zittern, das sicherlich von der allgemeinen Berührung kam - ich stelle es mir nicht sonderlich angenehm vor, wenn eine recht kühle Klinge den gesamten Körper entlang streicht.


    Auch das anschließende Trankopfer war vollkommen einwandfrei verlaufen, die Götter sind uns allen definitiv gnädig am heutigen Tage. Das Messer wiegt recht leicht in meiner Hand, vielleicht ist es aber auch nur das berauschende Gefühl, dass sich hier allmählich breit macht. Die Musik tönt noch immer, die Zuschauer sind aber deutlich ruhiger geworden, kaum ein Wispern ist irgendwo zu vernehmen. Sollte auf den anderen Foren etwas los sein, wir hören es nicht. Jede und jeder einzelne hier ist vollkommen fokussiert und schaut gebannt auf die einzelnen Schritte. Warum auch nicht, schließlich hängt ein wenig das Schicksal des gesamten Reiches an dem heutigen Opfer.


    Iulia Stella und Crispina hatten ihre Aufgaben bravourös erfüllt, das große Hauptopfer steht jetzt bevor. Der sicherlich wichtigste Part des gesamten Prozederes und gleichzeitig auch mein Auftritt. Die nächsten Schritte sind klar und ich blicke einmal kurz zum victimarius und zu Ravilla. Beide sind hoch konzentriert, nicken aber unmerklich als sie meinen Blick wahrnehmen. Sie sind soweit.


    Ich trete an den Altar vor, das Opfermesser in meiner Hand. Der Rauch des Trankopfers lichtet sich.

    Ich blicke in die Runde. Unzählige Augen sind auf Florus, den Stier und mich gerichtet.

    Ich blicke zu Florus. Florus blickt zu mir. Ich frage laut und deutlich: "Agone?"1

    Florus lässt das Wort ein wenig in der Luft schweben und antwortet: "Age!"2


    Ich drehe mich zum victimarius um und nicke ihm wieder zu. Er schreitet nach vorn, den Opferhammer an seiner Seite und außerhalb des Blickfeldes des Stiers. Wir hatten einen Fachmann ausgewählt, der uns in dieser Sache unterstützen sollte, denn wenn jetzt etwas schief ginge, dann könnte es für sehr viele Leute sehr schlimm enden.


    Nun steht er neben dem Stier. Ein paar Sonnenstrahlen zeigen sich und werden von den vergoldeten Hörnern reflektiert.

    Der victimarius nimmt eine andere Position ein, um das auszugleichen. Er steht jetzt seitlich hinter dem Kopf des Stieres.

    Er hebt seinen Hammer in beide Hände. Er holt aus und atmet durch.

    Es ist leise, man könnte es hören, wenn jetzt eine Nadel auf den Boden fallen würde.

    Der victimarius führt seinen Schlag gegen den Schädel des Stiers und...


    ... nichts.

    Der Stier schaut noch ein wenig benommener als zuvor. Es fällt ihm offensichtlich schwer etwas zu fokussieren, sei es ein Gedanke oder ein Objekt vor sich. Ich stehe vor dem Stier, sein Kopf dreht sich zu mir, die Hörner glänzen und ein einzelner Blutstropfen rinnt die Stirn des Tieres entlang. Dann beginnen seine Vorderbeine zu zittern, die Hinterbeine folgen. Es kann sich nicht mehr lange halten. Ich nicke Ravilla zu, der sofort mit der Schale herankommt, um gleich das Blut des Stieres aufzufangen.


    Ich stelle mich an die Stelle, an der der victimarius eben noch stand, das Messer in meiner Rechten. Ich fasse um den Hals des Stiers, meine Linke greift sein Horn. Ich setze das Messer an die Kehle des Tieres und schneide schnell, schneide tief in seinen Hals hinein. Der Stier zuckt, seine Beine verlieren jegliche Kontrolle, er kann sich nicht mehr halten und fällt mehr als er gleitet zu Boden, ich halte seinen Kopf einigermaßen aufrecht, Ravilla ist beinahe gänzlich aus meinem Blickfeld verschwunden. Der Stier hatte einige Laute von sich gegeben und gezuckt und geschnaubt, aber nun ist er still. So still wie die gesamte Umgebung.


    Sim-Off:

    1 "Soll ich (das Opfer) vollziehen?

    Sim-Off:

    2 "Tu es!"

    itcrom-aedituus.png annaea2.png

    KLIENT - HERIUS CLAUDIUS MENECRATES

    TIRO FORI - HERIUS CLAUDIUS MENECRATES

    SODALIS - FACTIO ALBATA



  • Professionell war das Vorgehen des Oberherren und seiner Gehilfen. Wenn die für Ravilla deutbaren Zeichen nicht trogen, schien dies ein perfektes Opfer zu werden, zumindest, was die Abläufe betraf. Ravilla war den Umgang mit großen Tieren aus der kappadokischen Heimat gewohnt. Feurige Hengste ließen das Herz eines jeden, der mit Pferden zu tun hatte, höher schlagen. Der Stier jedoch, dessen Verhalten für ihn ungleich anspruchsvoller zu evaluieren war, obendrein massiger als ein Unpaarhufer und mit Stichwaffen ausgestattetem Haupt versehen, erweckte den Respekt des Ravilla und ließen ihn Abstand wahren, bis das Tier in die Knie brach. Mit einem Ausfallschritt eilte Ravilla nun herbei, um den heißen Lebenssaft in einer Schale aufzufangen, der mit jedem Herzschlag das Tier weiter verließ.

  • Der Moment war gekommen und die Stimmung auf dem Platz war schwer zu beschreiben. Sie selbst war aufgeregt, aber auch ein wenig verkrampft. Zuerst der Hammerschlag und dann ein kurzer Schnitt. Sie hielt unwillkürlich den Atem an, bis das Blut in einem Schwall hervorschoß und das Tier zusammenbrach. Ravilla hechtete mit der Schale für das Blut zu dem sterbenden Tier, das trotz der Umstände nur wenig Geräusche verursachte. Der Victimarius musste wirklich ein Meister seines Faches sein.


    Es dauerte nur wenige Sekunden, in denen sie fasziniert und abgestoßen das Schauspiel beobachtete, bis ihr der Geruch des Blutes in die Nase stieg. Es war fast überwältigend und ihr wurde direkt flau im Magen, aber sie zwang sich weder wegzusehen noch einen Laut von sich zu geben. Sie war aber bestimmt so blass, wie der Mantel, den sie über der roten Tunika trug. Sie musste sich zusammen reißen und straffte ihre Gestalt. Mars mochte bestimmt keine Zimperliesen.

  • Kaum wurde der Blutfluss aus dem geöffneten Hals des Stiers weniger bereitete sich der victimarius auf seine eher handwerkliche Aufgabe vor. Er trat mit einer weiteren, weit weniger edlen, Schale an unsere Seite und wartete auf das Versiegen des Blutes. Es dauerte eine ganze Weile, ein sehr gutes Zeichen. Die Schüssel in Ravillas Händen wurde voller und voller. Als kein Blut mehr floss hockt sich der victimarius still neben uns und nickt uns zu. Für uns das Zeichen, ihn seinem blutigen Handwerk zu überlassen. Wir ziehen uns zurück.


    Mit gekonnten Handgriffen dreht er den Stier auf den Rücken und öffnet die Bauchhöhle des zuvor so stolzen Tieres. Fachmännische Handgriffe sind notwendig für die nächsten Schritte, doch er ist ein solcher Fachmann. Nach und nach entnimmt er, ohne sie zu beschädigen, die Organe des Tieres heraus und breitet sie scheinbar willkürlich auf der Schale aus. Erst als er ganz zum Schluss das Herz des Tieres herausnimmt, ein wahrlich gewaltiges Exemplar, erkennt man, dass die Innereien scheinbar in einer nur dem victimarius und dem haruspex bekannten Rangfolge angeordnet sind: je wichtiger oder entscheidender für das Opfer, desto weiter oben liegt das jeweilige... Stück.


    Nach kurzer Zeit erhebt sich der victimarius, verstaut sein Werkzeug an seinem Gurt und hebt vorsichtig die Schale hoch. Mit dieser tritt er dann an den Altar heran, an dem mittlerweile neben Florus auch der haruspex steht, und übergibt letzterem in einer feierlichen Geste die Schale. Gemeinsam stellen sie sie auf dem Altar ab, direkt neben der, die zuvor Ravilla gehalten hatte. So sind nun Blut und Innereien vereint und bereit zu Begutachtung.


    Sim-Off:

    Exakte Aufzeichnungen hierzu sind zumindest mir nicht bekannt, das ist nur eine logisch erscheinende Abfolge. Ich bin auch kein Metzger, daher gehe ich hier nicht zu sehr ins Detail.

    itcrom-aedituus.png annaea2.png

    KLIENT - HERIUS CLAUDIUS MENECRATES

    TIRO FORI - HERIUS CLAUDIUS MENECRATES

    SODALIS - FACTIO ALBATA



  • Man hatte ihn angerufen, die Riten waren vollzogen, dass Opfer von vorzüglicher Güte. Genauer gesagt, war es die Gens Annaea gewesen, welches das große Opfer zu den Equirria durchgeführt hatte.


    Die Männer Roms waren auf dem Marsfeld aufgezogen, um seinem Namen zu huldigen. Schreiend und mit dem Blute eines anderen befleckt hatten sich einst alle von ihnen ins Leben gekämpft und genauso verließen es die Besten von ihnen wieder in seinem Namen.


    Blut.


    Mit Blut schrieb der Gott des Krieges und der Rache seine Geschichte und lenkte die Geschicke seiner Anhänger. Nur wer bereit war selbst zu bluten, konnte das seiner Feinde vergießen. Und so blutrot wie manchmal die Gedanken seiner Getreuen werden mussten, so war es auch eine unumstößliche Regel, dass man manchmal die Welt mit dieser Farbe streichen musste.


    Blut.


    Wesentlich mehr als ein Stoff der alles am Leben erhielt, ein nonverbales Versprechen, ein Gebet an ihn Mars.


    Dargereicht wurde ihm die tönernen Abbilder eines Gladius und des Scutum. Nicht nur den Tempel hatte der Mann betreten, der ihm diese Opfergaben darbot, nein er war ins Heiligtum selbst eingetreten. Stillschweigend betrachtete Mars diesen Mann, der die Voropfer mit allem gebotenem Respekt und der dazugehörigen Vorsicht auf dem Altar ablegte.


    Ultor wie man Mars auch nannte, lauschte dem stummen Gebet dieses Mannes, der all jene Mühen auf sich genommen hatte um ihn heute zu preisen. Und so wie sich Lucius Annaeus Florus Minor erinnerte, so erinnerte sich auch Mars. Allerdings erinnerte sich der Gott an wesentlich mehr, Dinge die sein Anhänger niemals erfahren würde, Dinge die sich dank seiner schützenden Hand niemals zugetragen hatten.


    Dieser Mann der dort in stiller Andacht zu ihm betete, hatte den Hauch einer Ahnung davon, weshalb seine Dienstzeit derart verlaufen war, wie das Schicksal seinen Lauf genommen hatte. Nun nicht alles lag in der Hand des Gottes und nicht überall schritt er ein. Manches muss, ja sollte geschehen. Anderes wiederum unterlag seiner eigenen Zeit, seinem eigenen Streben und manches verlangte seine direkte, unmittelbare ja seine sofortige Hilfe.


    Dinge die ein sterblicher Verstand niemals erfassen würde, sie aber auch nicht erfassen musste. Seine Getreuen dachten in Jahren und Jahrzehnten, der dachte in Äonen.


    Gleich mit Lucius Annaeus Florus Minor verließ Mars den Tempel und sein Blick schweifte über die Menge die sich zu seinen Ehren versammelt hatte. Ein erhebendes Bild, auch für einen Gott. Der Opferstier war in Ketten geschlagen, ein prachtvolles Tier, bar jeden Zweifels. Dann wurde es still, bevor die Musik einsetzte. Weitere unblutige Opfergaben folgten, die Mars am Rande zur Kenntnis nahm. Es waren freundliche Aufmerksamkeiten um jene des Ultor zu erringen.


    Der Stier wurde in seinem Namen geweiht und von seiner Zierde befreit. Zierde, dargeboten um zu gefallen, das Blut war das tatsächliche Opfer und es musste fließen. Noch floss die Mola Salsa über das mächtige Tier, dessen Flanken sich hoben und senkten. Nun war es soweit. Lucius Annaeus Florus trat an den schwarzen, geweihten Stier heran und dem Manne wurde das Opfermesser gereicht und wahrlich, er nutzte es gekonnt und führte die Klinge zum großen Gefallen des Kriegsgottes.


    Annaeus sprach mit Inbrunst zu ihm und das Gebet erreichte mehr als nur das Ohr des Gottes.


    Die Zeremonie wurde fortgesetzt, der Hammer fuhr nieder auf den Schädel des mächtigen Stieres. Das Tier brach nach einem Moment zusammen . Servius Annaeus Vindex war es, der dem Tier die Kehle durchschnitt.


    Blut.


    Als das Blut heiß und dampfend aus dem Körper des Stieres floss, spürte Lucius Annaeus Florus Minor schlagartig eine fremde Präsenz in seinem Bewusstsein. Gedanken, Bilder, Erinnerungen und Wahrnehmung von solcher Intensität, dass es den Mann fast in die Knie gezwungen hätte. Doch er ging nicht in die Knie, denn etwas Uraltes und unvorstellbar Mächtiges hielt ihn fest auf den Beinen.


    Für den Bruchteil eines Moments wurde Annaeaus der Hauch eines Blickes auf die Unendlichkeit gewährt. So prächtig, ergreifend und den menschlichen Verstand übersteigend, dass es ihn in den Festen seiner Seele erschütterte und er den inneren Blick davon abwenden musste.


    Und er wusste mit unerschütterlicher Gewissheit, es war Mars der in seinen Geist zugegen war.


    Diese uralte, mächtige Gottheit hatte sich mit ihm verbunden. Es war angst- ja respekteinflößend mit einem derartigen Geschöpf verbunden zu sein. Aber Lucius Annaeus Florus Minor spürte noch etwas. Von Mars ging nichts Bedrohliches für ihn aus. Mehr noch, Ultor hatte sich ihm und seiner Gens mit absolutem Wohlwollen zugewandt und Minor hatte er sich persönlich offenbart.


    Und Annaeus wusste die Bande zwischen Mars und Rom waren erneuert und mit Blut besiegelt worden.


    Einen Augenblick später war er in seinem Bewusstsein wieder allein, der Nachklang der göttlichen Berührung hielt allerdings noch einige Augenblicke an. Keine Berührung eines unsterblichen Wesens konnte schnell verblassen.

  • Natürlich gab ich auf die Frage ob das Opfer nun vollzogen werden könne das übliche "AGE!" zur Antwort, denn es war ja alles vorbereitet und soweit korrekt ausgeführt gewesen. Als der Stier zusammenbrach und sein Blut von Ravilla in der dafür vorgesehenen Schüssel aufgefangen wurde, wurde mir plötzlich ganz ungewöhnlich komisch zu Mute. Ich hatte schon viele Opfer vollzogen, auch blutige, hatte selbst den Kehlschnitt vollzogen oder das Blut aufgefangen. Es konnte also nicht am Geruch des Blutes liegen, dass mir plötzlich die Knie beinahe den Dienst versagten und mein Kopf sich begann zu drehen.


    Gedanken, Bilder, Erinnerungen und Wahrnehmungen flimmerten durch mein Gehirn, zum Teil so mächtig und real, dass ich beinahe dachte, ich stünde auf dem Schlachtfeld, inmitten brennender Felder, auf den Mauern einer Stadt, zum Teil so flüchtig und vernebelt, dass es nicht real sein konnte. Hunderte, nein tausende oder noch viel mehr Situationen nahm ich in kürzester Zeit wahr, so dass mein Gehirn sie nicht verarbeiten konnte und ich überwältigt fast das Bewusstsein verloren hätte.


    Doch anstatt auf Grund der weichen Knie und der verlorenen Kontrolle am Altar einfach zusammenzubrechen, hielt mich eine uralte, unvorstellbare Macht aufrecht und ohne Regung an Ort und Stelle. Nur wer mir in diesem Augenblick in die Augen schaute, konnte erkennen, dass sie sich in unvorstellbar schnellem Tempo in alle Richtungen drehten und bewegten, völlig unkontrolliert.


    Obwohl die Situation beängstigend war und auch die Bilder vor meinem inneren Auge alles andere als beruhigend waren, blickte ich doch innert Sekunden hinein in tausende Jahre von Geschichte und Zukunft, fühlte ich mich geborgen, beschützt und getragen von einer höheren Macht.


    DIES war die Kraft die Mars. DIES war der Gott, der mir zeigte, dass er hier war und mich, die Meinen und Rom schütze.


    Eine tiefe Ruhe und entspannte Gewissheit legte sich über mich, während die Bilder verschwanden und ich zu meinem Erstaunen feststellte, dass ich noch immer am Altar stand und alles seinen geplanten Verlauf nahm. Dieses Opfer würde keine bösen Überraschungen bringen! Mars hatte es bereits angenommen, bevor der Haruspex seine Beschauung durchführen konnte. Der Bund zwischen dem Gott, Rom und auch meiner Familie war erneuert und mit Blut besiegelt worden.


    Die vom Victimarius freigelegten und entfernten Innereien wurden nun vom Haruspex inspiziert, während der Victimarius bereits begann, die besten Stücke für den Gott herauszuschneiden und den Rest des Tieres zu Häuten und in kleinere Portionen zu zerschneiden, damit diese später dem Volk verteilt oder verkauft werden konnten. Ich kannte mich mit Innereien nicht im Detail aus, aber ein Blick auf die zwei Schalen mit dem Blut und den Organen zeigte mir keine offensichtlichen Makel, keine groben Deformationen oder offensichtliche Flecken. Der Haruspex nahm das aber natürlich viel genauer, drehte und wendete jedes Organ und inspizierte es ganz genau. Dann schaute er mich an und ich nickte leicht. "LITATIO" verkündete er dann und ein allgemeines Raunen und Aufatmen war zu hören.


    Nur für mich war diese Verkündung keine Erleichterung. Ich hatte dies schon vorher gewusst. Der Gott hatte es mir bereits mitgeteilt gehabt.


    Der Victimarius brachte nun die Teile für den Gott, welche zusammen mit dem Blut und den Innereien durch mich mit Mola Salsa übergossen auf den Altar gelegt und so dem Gott dargebracht wurden. Die restlichen Teile wurden von den Opferhelfern zu den vorbereiteten Kesseln auf dem Tempelvorplatz gebracht, wo diese gekocht und danach an das Volk abgegeben werden sollten.


    Damit war das Opfer offiziell beendet. Wir konnten nun unsere Togen und Mäntel wieder vom Haupt entfernen und das Volk verfiel in freudiges Geplapper über den Verlauf und die Annahme des Opfers.

    Der nächste Schritt sollte das gemeinsame Essen mit unserem Gast, Senator Menecrates sein. Sollte auch Senator Gracchus noch zu uns stossen, so würde ich ihn natürlich ebenfalls einladen.

  • Ich war froh, als Litatio verkündet wurde und wenig später Florus sein Haupt wieder entblösste und damit das Zeichen gab, dass das Opfer vollzogen und beendet war. Es war mit der Pompa zusammen doch ein langer Tag gewesen und ziemlich anstrengend zudem. Nun würden die Helfer des Tempels und unsere Opferhelfer dafür sorgen, dass wir etwas zu Essen und zu Trinken erhielten und die Reste des Opfertieres an das Volk verteilen oder an die Reichen verkaufen, um Einnahmen für den Tempel zu kreieren.

  • Die Barackenbrüder hatten sich ebenfalls unter den Zuschauern eingefunden. Dank Ramnus, der wie ein Wellenbrecher voranmarschierte und notfalls daran erinnerte, wer hier kam, konnten sie einen guten Platz ergattern. Für die meisten von ihnen hatte Mars eine besondere Bedeutung. Wenngleich Scato sich eher Faunus zugehörig fühlte, so wusste er jedoch auch, dass Mars es war, der sein Schicksal als Soldat in mindestens gleichem Maße lenkte. So starrten sie gebannt auf das Treiben. Besonderes Augenmerk lag natürlich auf Ravilla, den man heute kaum wiedererkannte, doch als es an den blutigen Teil des Opfers ging, war selbst der Onkel vergessen.


    Doch was war mit dem Opferherrn los?! Es sah aus, als würde er gleich umfallen, so wie er die Augen verleierte! Da Scato vor Aufregung schlecht nach Lurcos Hand greifen konnte, stellte er seinen Fuß fest an den von Lurco. Er machte sich bereit, dem Mann zur Hilfe zu eilen, doch dann war es auch schon wieder vorbei.


    Der Rest des Opfers verlief, als wäre nichts gewesen - nur noch perfekter.

  • Auch ich war erleichtert, als das Ende des Opfers verkündet wurde. Ich hatte nicht mitbekommen, dass Florus eine religiöse Erfahrung machte, da ich wie gebannt auf das Schauspiel direkt vor mir fixiert war. Ich hatte durchgehalten und schlug nun auch den Mantel zurück und drapierte ihn um meine Schultern.


    Die Ergriffenheit und Anspannung des Opfers war wie verflogen und erst jetzt merkte ich, dass ich fröstelte und sehr ausgelaugt war. Auch Stella neben mir sah sehr erleichtert aber auch erschöpft aus. Gemeinsam organisierten wir noch die Verteilung des Fleisches auf die Feuer, ehe wir uns einer Erfrischung zuwandten. Die mitgebrachten Helfer und Tempeldiener würden sich um die Zubereitung kümmern.


    Wer wohl mit der Opfergruppe speisen würde? Sie konnte definitiv einen Happen vertragen, auch wenn ihr ehrlich gesagt nicht unbedingt der Sinn nach Fleisch stand nach diesem Spektakel. Da half nur Augen zu und durch.

  • Sobald es möglich war brachte einer der Sklaven aus der Domus Annaea uns allen unsere Schuhe, welche er zum Start der Pompa eingesammelt und in 2 Taschen verstaut hatte. Obwohl wir alle dreckige Füsse hatten und sie hier vor dem Tempel natürlich nicht waschen konnten, war es eine Wohltat wieder etwas Wärme des geschlossenen Leders zu fühlen an Stelle der harten Kälte der Pflastersteine und des Marmors.

  • Kyriakos vermochte nur von recht weit hinten das Opfer zu verfolgen. Wie gesittet, geradezu bieder die Römer etwas so Großartiges zelebrierten. Kyriakos glaubte nicht mehr an die Existenz der Götter. Doch die alten Rituale waren unauslöschlicher Bestandteil seines Lebens. Die Riten während der Agoge. Der Korybantentanz, die Krypteia. Die Ephebengeißelung im Heiligtum der Artemis Orthia, bei der man ihn halb tot gepeitscht hatte. Als Kyriakos das Blut und den Weihrauch roch, konnte er nicht anders, als sich die Lippen zu lecken und hungrig nach dem Fleisch zu schauen.

  • Das Fleisch des Stieres wurde nach dem Opfer von den Tempeldienern und den Opferhelfern in grossen Töpfen gekocht. Danach wurde es in kleine Körbchen aufgeteilt und zur wartenden Menge gebracht.


    Gebt was ihr könnt, für den Tempel des Mars! Fleisch vom Opfer, jeder zahlt was er kann, für den Tempel des Mars!


    Niemand wurde dazu gezwungen etwas zu bezahlen, doch es war üblich, dass jeder der konnte, das Fleisch zumindest symbolisch bezahlte. Der Erlös ging an den Tempel und blieb damit ebenfalls für Mars reserviert. So wollte kaum jemand ausser den Ärmsten das Fleisch kostenlos.

  • Dankbar nahm ich die Schuhe von dem Haussklaven entgegen. Auch wenn es schon Frühling war, so war es doch noch noch ein wenig kühl ohne die Schuhe. Das Fleisch fing ebenfalls an zu brutzeln und der Geruch des Schlachtens wurde langsam durch den Geruch gebratenen Fleisches ersetzt. Ich zog den Mantel noch ein wenig enger um die Schultern, damit mir warm wurde.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!