Seiana nahms locker, zum Glück. Ich lächelte, als sie mich auf die Wange küsste- inzwischen war ich da ja sowas von souverän! - und löste meinen Arm von ihrer Schulter. Wie sie meine Hand genommen hatte, vorhin, das war wirklich lieb, genau wie früher, sie merkte immer gleich wenn mich was bedrückte.
Womöglich war ich mal wieder etwas übereifrig gewesen, so deutete ich jedenfalls Onkel Meridius' Schmunzeln. Den Heldentod? Nein, besser nicht. Aber ich war echt ausgehungert, und die guten Sachen lachten mich alle so an, da musste man doch zugreifen!
"Gut, ich komme gleich."
Ein bisschen manierlicher als zuvor vernichtete ich noch den Rest des Pfirsichs, dann ein Brot mit Olivenpaste und Schafskäse, so dass der erste Hunger, nur der erste wohlgemerkt, mal gestillt war.
"Ja, bis später dann!"
Ich drückte Seiana - ganz souverän! - noch einen leicht pfirsichklebrigen Kuss auf die Wange, dann erhob ich mich, lächelte meiner Grosskousine Pulchra zu - unser Zusammentreffen würde ich so schnell nicht vergessen - und machte mich auf. Nein, halt, erst zupfte ich mir noch eine Traube ab, aber dann machte ich mich auf, zu Meridius' Officium, um meinem Onkel dort Bericht zu erstatten.
cenatiuncula
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Einige Tage nach den Ludi Romani:
Zu abendlicher Stunde versammelte sich die Familie in der Cenatiuncula, um dort gemeinsam zu essen. Das kleine Speisezimmer war dafür gerade richtig, im großen Triclinium hätten wir doch eher verloren gewirkt. Corythia trug erst einmal eine Vorspeise auf, halbierte Eiern in Garum, garniert mit allerlei Kräutern, und eingelegte Makrelen mit Raute.
Wir aßen und tauschten die alltäglichen Begebenheiten des Tages aus. Ich wartete, bis die Sklavin den Raum wieder verlassen hatte, dann wandte ich mich konspirativer Miene an meine Verwandten.
“Hört mal, ich habe eine Idee!“ Ich dämpfte die Stimme. „Es geht um Marcus. Er dient uns schon so lange, und, auch wenn er sich nicht beklagt, ich hab den Eindruck dass sein Rücken ihm ziemlich zu schaffen macht. Was haltet ihr davon, wenn wir ihn freilassen? Er hat doch Familie in Praeneste, seine Tochter, die ist ja schon seit langem freigelassen, und ihre Kinder. Vielleicht möchte er zu ihnen ziehen... oder natürlich weiter für uns arbeiten, als Libertus, das kann er ja dann selbst entscheiden. Ich finde, es wäre ein angemessenes Dankeschön für seine treuen Dienste, wie seht ihr das?“
Was ich nicht dazusagte, obgleich es in meine Überlegung mit eingeflossen war – es wäre die Gelegenheit, sich einen jungen und hübschen Ianitor zuzulegen. Ich mochte Marcus, mochte ihn wirklich sehr, aber er war eben noch ein Faktotum der vorigen Decimergeneration, und nun, da sie sich alle zurückgezogen hatten, wollte ich das Haus gerne ein bisschen mehr nach meinem Geschmack einrichten.... ein bisschen schicker eben.edit: Zeitangabe
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Wie man es machte... Zu spät aus der Kaserne, noch später an der Porta. Der letzte in der Cenatiuncula. Hektisch fuhr ich mir durchs Haar. " Entschuldigt." murmelnd nahm ich Platz. Serapio saß gegenüber, ich zwinkerte ihm zu und steckte mir eines der halben Eier in den Mund. Froh um den Puls herum gekommen zu sein. Kauend hörte ich zu wie der Tag bei den anderen verlaufen war. Gab ebenfalls ein Erlebnis von der Dachterrasse des Colosseums zum besten.
Ein Fisch hatte den weg auf meinen Teller gefunden, als Serapio mit seiner Idee heraus kam. Ein Ianitor, der die Menschen vor der Tür gut einzuschätzen wusste. Treu zur Familie stand. Viel wusste ich über den armen alten Kerl nicht. Beschwerden hatte ich über ihn nie gehört. Serapios Vorschlag war akzeptabel. Entweder zu seiner Tochter oder hier als Libertus weiter leben. Sollte er gehen musste ein neuer her.
" Das Alter und seine treuen Dienste sind eine Freilassung wert. Ich finde deine Idee gut." den Fisch zerteilend, sprach ich die Nachfolge an. " Ich könnte mir einen jüngeren an der Porta vorstellen, ansehnlicher. Das würde der Gens gut zu Gesicht stehen. " Ich musste nicht zu Serapio sehen. In der Beziehung lag ich mit meinem Vorschlag bei ihm richtig. -
Auch Flavus nahm an diesem Abend zum ersten Mal am gemeinsamen Mal teil, es tat gut wieder in der Reihe der Familie zu sein, die Reise war trotz etwas Komfort auf dem Schiff sehr unangenehm. Man hatte selten jemand zum Reden, eigentlich hatte er mehr über dieses und jenes siniert.Er fühlte sich bereits sehr heimisch, was sicher auch daran lag dass er die meisten hier ja kannte, teilweise auch mit ihnen aufwuchs. Alle hatten sie etwas aus seinem Leben gemacht, auch Flavus würde das sicherlich tun. Es stellte sich stets die Frage wie weit er kommen würde, wie gut seine Fähigkeiten waren.
Als Serapio auf den Ianitor zu sprechen kam hörte auch Flavus gut zu, denn er kannte Marcus bereits seit er ein kleines Kind war. Er nickte als Massa seine Meinung kund tat, er war der gleichen Ansicht.
Ich denke das hat er sich auch verdient, ich kenne ihn seitdem ich denken kann und er war stets gut zu mir, auch wenn ich ihn als Kind manchmal sehr geärgert habe. Er sah sich etwas um.
Schaut euch doch um, hier sitzen keine alten Menschen wir sind alle jung, das sollte man auch nach außen zeigen können. Fast alle Sklaven sind so alt wie wir, teilweise jünger. Wir sollten der Welt, wir sollten Rom zeigen dass das Gens der Decimer kein veralterter Laden ist, sondern frisch und bereit für neue Aufgaben. -
Genüsslich lag Pinus auf seiner Kline und gönnte sich ein paar Happen der Makrele. Der Tratsch der Welt interessierte ihn nicht so, und so hielt er sich während der Gesprächsrunde eher zurück. Zumal er in Gedanken immer noch seine Bewerbung durchging. Immerhin hatte er vor nicht ganz unten auf der Karriereleiter einzusteigen. Und da musste man sich schon mit entsprechenden Argumenten ausrüsten. Immerhin war der erste Eindruck nicht unerheblich und Pinus triftete oftmals von der allgemeinen Tischkonversation ab. Hellhörig wurde er erst, als Serapio Marcus‘ Entlassung ansprach.
So dumm war der Gedanke nicht, aber einen so guten Ianitor wie Marcus bekam man nicht so einfach. Der alte Mann hatte Erfahrung und kannte sich aus mit seiner Tätigkeit. Es ging ja nicht nur darum Türen zu öffnen, sondern auch Gesichter zu unterscheiden und zu wissen, wie man die Falschen wieder loswurde, ohne dass jemand aus der Familie belästigt wurde. Aber er war hier der, der am wenigsten zu verlauten hatte."Als der Jungspund der Familie schließe ich mich der Meinung der älteren und erfahreneren Familienmitglieder an."
Sagte Pinus mit einem genüsslichen Grinsen auf den Lippen. Ja, er genoss seine Jugend.
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Es war… merkwürdig. So lange war sie alleine hier gewesen – zwar hatte es gelegentlich Verwandtenbesuche gegeben, aber die, die in den letzten Jahren hier in Rom gewesen waren… Mattiacus, Venusia und sie, sie waren im Grunde immer ihrer eigenen Wege gegangen, in einer Art stillschweigendem Einvernehmen. Es hatte sich ein nebeneinanderher leben entwickelt – sicher begegnete man sich des Öfteren, unterhielt sich oberflächlich, aber das war es dann meist auch schon. Sie selbst hatte zu viel zu tun, zu viel um die Ohren, als dass sie noch Zeit gehabt hätte, sich um den innerfamiliären Zusammenhalt zu kümmern, um die Kontakte, den sozialen Kitt. Ganz davon abgesehen, dass ihr das auch herzlich wenig lag, auf emotionaler Ebene Bindungen herzustellen und zu erhalten. Dazu kam, dass sie in der Vergangenheit mehr und mehr dazu übergegangen war, bewusst zu Zeiten zu essen, in denen sie alleine war – oder es sich einfach in ihre Räume bringen zu lassen... Jetzt war sie im Grunde hier, weil es sich gehörte, bedachte man, dass die meisten hier erst kürzlich wieder in Rom eingetroffen waren.
Ja, es war merkwürdig, hier nun so viele Menschen um sich zu haben, so viele Verwandte. Außer ihrem Bruder kannte sie keinen von ihnen wirklich – Massa mochte der einzige sein, den sie tatsächlich noch kaum gesehen hatte, aber auch sonst… Sie bezweifelte, dass sie abgesehen von ihrem Bruder überhaupt von einem Menschen, der noch am Leben war, behaupten konnte, ihn wirklich zu kennen.
Ihr Verhalten indes war wie üblich: zurückhaltend, eher schweigsam, mit der kühlen, selbstbeherrschten Ausstrahlung, die sie sich in den vergangenen Jahren so sehr zu eigen gemacht hatte. Sie trank einen Schluck Wein – obwohl auch sie einen Teller vor sich stehen hatte mit den Vorspeisen, hatte sie nicht allzu großen Hunger –, und brach ihr Schweigen für den Moment. „Ich habe ihm bereits vor einigen Jahren Ephialtes zur Seite gestellt… Einen jungen Sklaven, den ich damals aus Hispania habe kommen lassen von einem unserer Landgüter. Damit Marcus jemanden hat, den er schicken kann, um uns über Besuch zu informieren. Er hat ihn im Lauf der Zeit auch als Ianitor angelernt, und nach dem, was Marcus mir berichtet, macht Ephialtes sich dabei recht gut und könnte, wenn er sich bewährt, seine Nachfolge übernehmen. Vorausgesetzt natürlich ihr seid einverstanden.“ Den letzten Satz fügte Seiana im Grunde nur der Höflichkeit halber an. Sie war es gewesen, die hier in den letzten Jahren alles organisiert und geleitet, die sich gekümmert hatte… angefangen von den typischen Aufgaben einer Hausherrin bis hin zu den eher untypischeren, wie beispielsweise Ansprechpartnerin zu sein für die Klienten, die die älteren Decimer nach wie vor in Rom hatten, um deren Anliegen sie sich selbst allerdings nicht kümmern konnten, weil sie sich zurückgezogen hatten. Ganz sicher war Seiana also der Überzeugung, dass ihre Meinung bei einer solchen Entscheidung maßgeblich war – und das nicht nur, weil sie sich mit Abstand am besten auskannte mit allem, was die Vorgänge dieses Hauses betraf. -
Sevilla und Secundus hatten bereits gegessen und waren schon ins Bett geschickt worden. Irgendetwas hatten sie heute gehabt. Den ganzen Tag über waren sie recht anstrengend und nervig gewesen und zuletzt hatten sie auch noch im Garten beim Spielen eine Statue umgeworfen und ein Beet damit zerstört. Das war der Punkt gewesen an dem Venusia der Geduldsfaden gerissen war. Sie mussten allein in der culina essen und schon ins Bett. Ihre Mutter hatte ihnen klar gemacht, dass es eine noch schlimmere strafe geben würde wenn sie nur noch einen Ton hören würde und die Sklaven würden ihr berichten wenn diese nur einen Ton hören würden. Nun war sie also allein zum Essen gekommen. Man konnte fast meinen, dass es eine Art Familienfeier war. Selten aßen sie gemeinsam zusammen. Jeder hatte sein Tun und seinen Tagesablauf. Er überschnitt sich nur selten. Nun aber waren sie zusammengekommen. Es war ein gutes Gefühl sich nicht mehr so allein zu fühlen. Denn das tat sie. Natürlich war sie es nicht, aber sie kannte es halt anders. Von zu Hause nicht und auch von Mogontiacum nicht. Es hatten auch alle ihren Kram zu tun, aber zumindestens Abends kam man kurz zusammen und konnte sich besprechen.
Die Vorspeise war aufgetragen worden. Venusia hatte sich von allem etwas genommen und lauschte den Gesprächen mehr als dass sie sich selbst einbrachte. Scheinbar war aber wirklich jede Meinung gefragt und so gab sie ihre Meinung ebenso kund.
"Wenn er der Familie immer so treu ergeben war, dann wäre die Freiheit doch wirklich eine tolel Belohnung und einen Nachfolger scheint es ja auch bereits zu geben. "
Kurz sah sie zu Seiana und dann wieder auf ihren Teller. Noch immer trug sie der Decima die unterschwellige Drohung nach, die sie damals meinte aus den Worten gehört zu haben als Venusia von ihren Gedanken und Plänen sprach und in Aussicht stellte, dass sie gern zurück nach Mogontiacum wollte. Venusia war keine Person, die so etwas nach außen offenkundig trug. Aus angst, dass Seiana es wirklich ernst gemeint haben könnte, traute Venusia sich auch nicht nachzufragen. So hatte sie zumindestens die Hoffnung es falsch verstanden zu haben. Nichts wäre schlimmer als der Verlust der Kinder... -
Den Becher mit verdünnten Wein zwischen Mittefinger und Daumen haltend, glitt mein Blick von einem Decimer zum anderen. Bei Venusia und Seiana blieb er hängen. Unterschiedlicher vom Charakter her, als diese beiden konnten Frauen nicht sein. Ein Erklärung, warum ich bei den Frauen der Runde hängen blieb hatte ich nicht parat. Tauchten Frauen, mit Ausnahme Neriman's, bisher unter keinem der wichtigen Punkte meiner Interessen auf.
Seiana beherrscht, kein Hinweis gebend, was sich in ihr abspielte. Zielstrebig, klug aber nicht gewissenlos. Nach außen kalt, reserviert , zurückhaltend. Ihre ganze Haltung forderte einen gewissen Respekt von ihrem Gegenüber. Sie mochte schwer aus der Fassung zu bringen sein. Wunde Punkte? Angreifbar? Faustus... ihn beschützte sie, wie die Wölfin ihre Jungen. Ihre Arbeit bei der acta, eine Flucht vor sich selbst? Ein starke Frau, die an ihrer Stärke fast zerbrach. Mehr? Es gab noch mehr.Mein Interesse wechselte. Venusia, eine Frau, nüchtern festgestellt. Was steckte in ihr. Eine Mutter, besorgt um ihre Kinder. Ich musste lächeln, und an Achaia denken. Ihre Zurückhaltung eine ganz andere. Feinfühlig, einsam. Eine Frau die sich nicht in den Vordergrund spielte. Erdrückt von allem was sie hier umgab. Ihr größter Rückhalt die Kinder. Was fehlte die Familie an sich. Das Gefühl es ist jemand da wenn man ihn braucht und doch kann man seinen eigenen weg gehen.
Eine Duccia, viel wusste ich nicht von dieser Familie. Germanen, beschrieben als wild und in Felle gekleidet. So konnte ich sie mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ich bekam eine Gänsehaut. So offensichtlich waren die Parallelen zu den Nomanden, zu Neriman. Mir verging die Lust, zu sehr glich alles dem was ich zurück gelassen hatte.
Ich trank hastig einen Schluck und stellte den Becher energisch auf. Zu energisch, einige Spritzer Wein verteilten sich auf dem Tisch. Das halbe Ei blieb zerstochert auf dem Teller liegen.
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Auf der Kline ausgestreckt, aß ich ein paar Happen von den Vorspeisen, und lauschte dabei aufmerksam den Meinungen in der Familienrunde. Es war schön, alle auf einem Haufen hier zu haben, auch wenn wir in dieser Konstellation zum ersten Mal hier lagen, es war die Familie, noch besser: die jungen Verwandten, ich mochte jeden auf seine Weise, und ich fühlte mich hier rundherum wohl, so entspannt wie ein Pferd, das zufrieden mit seiner Herde auf der Weide steht, ein bisschen Gras frisst, manchmal mit dem Schweif schlägt, und sich mit den anderen am Mähnenkamm knabbert.
Massa sprach meine geheimen Gedanken aus, und ersparte es damit mir, dieses Argument auf den Tisch zu packen, Flavus stimmte ihm zu, Pinus hielt sich vornehm zurück – ich hätte am liebsten eine Makrele nach ihm geworfen, so blasiert wie er wieder tat! - und Seiana... sie war ziemlich unterkühlt, die ganze Zeit schon. Ich sagte mir, dass sie unheimlich viel durchgemacht hatte, und lange alleine gewesen war, und wahrscheinlich noch eine Weile brauchte, um sich wieder an das gesellige Familienleben zu gewöhnen... aber ein bisschen störte es mich trotzdem, dass sie sich sich, wie es mir schien, so gar keine Mühe gab, sich auf die entspannte Runde einzulassen. Ob sie vielleicht verärgert darüber war, dass ich sie nicht vorher gefragt hatte, bevor ich die Idee hier äußerte...? (So sehr wir beide uns auch verändert hatten... Seiana würde immer zu den Menschen gehören, die bestimmen wollten wo's langging. Da war ich mir sicher!) Dass Venusia sehr in sich gekehrt war, das war natürlich. Sie tat mir leid! Als ich sie kennengelernt hatte, auf der Fiesta zu Livianus' Rückkehr, da war sie so fröhlich und patent gewesen. - Ein Knall, Massa hatte seinen Becher unsanft abgestellt. Was hatte er denn, er sah auf einmal so grüblerisch aus?“Da sind wir uns ja alle einig,“ meinte ich, zufrieden dass es keines langen hin und hers bedurfte. “Ephialtes...“ überlegte ich, verband den Namen mit dem dazugehörigen Gesicht. Ja, doch, es war ein hübsches Gesicht. “Wie gut dass du da schon so früh vorgesorgt hast“ versuchte ich Seianas klugen Einsatz zu würdigen, “Ich bin sicher, dass Ephialtes seine Sache gut machen wird! - Hm... ein paar hochwertige neue Sklaven könnten wir uns aber doch trotzdem anschaffen finde ich... so, für neue Akzente, und vielleicht auch ein paar neue Wandgemälde? Der ägyptische Stil ist doch jetzt sehr angesagt. Ich habe einen Freund, der kennt einen jungen Freskenmaler, der wirklich ein begnadeter Künstler ist, den könnte ich mal fragen. Und Porphyrmöbel würden da unheimlich gut dazu passen.“
Es mangelte an nichts in unserem Domus, weder an guten Sklaven, noch an zeitloser Eleganz, noch an unaufdringlicher Zurschaustellung von Reichtum, noch an Stil, dafür hatte meine Schwester gesorgt, und ihr Geschmack war zweifelsohne erlesen. Aber: mir fehlte hier ein bisschen... das außergewöhnliche, unerwartete... das glamouröse. Porphyr statt Tuffstein.
“Übrigens mein neuer Leibwächter, Theseus, den könnt ihr euch gerne alle ausleihen wenn ich ihn gerade nicht brauche, der Bursche ist wirklich eine Naturgewalt.“Coryhia kam wieder und trug den Hauptgang auf, ein würziger Zickleinbraten, Schneckenpastete, in Ingwerbrühe gedünstetes Gemüse und, zur Feier des Tages, kleine Spieße mit knusprig gegrillten Rotkehlchen an Salbei und Speck. Köstlich!
“Und, wie gefällt euch die Stadt, was habt ihr schon so erkundet?“ wandte ich mich an die Neu-in-Rom-Fraktion. Zwei Spieße und ein Stück Pastete fanden ihren Weg zu mir. Zum Essen setzte ich mich aufrecht hin, wie ein Barbar, denn das elegante Liegen erforderte leider einen Arm zum Abstützen und einen zum Essen. Aber wir waren ja unter uns. -
Dir Vorspeisen schmeckten nicht schlecht, aber Flavus machte große Augen als der Hauptgang hereingetragen wurde. So etwas hatte er lange nicht mehr gegessen, umso mehr nahm er nun vom leckeren Fleisch zu sich. Auch die Pastete schmeckte mehr als vollzüglich, aber bevor er sich hier durchfraß, davon konnte man wirklich reden, wandte er sich erst Serapio zu. "Deinen Sklaven leih ich mir gerne mal aus, ich würde gerne, auch wenn es nicht mein Fall ist, meine Fähigkeiten mit dem Gladius etwas verbessern, man weiß nie ob man es mal braucht. Wie ich hörte ist er ein guter Kämpfer."
Er aß erst einmal weiter, die Nachspeise schlug alles davorgewesene um längen. Dieser Konsistenz, dieser Geschmack, wahninn. "Eure Köche müssen Meister sein, das Essen ist mehr als vollzüglich. So etwas gab es in Hispania nur sehr selten." Zu den Ideen mit der Ausstattung äußerte er sich nicht, prinzipiell gab er aber Serapio recht, er hatte es auch gerne etwas außergewöhnlich, auch wenn der Stil den Seiana pflegte sehr schick war.
"Ich habe bisher nicht viel von der Stadt gesehen, aber Rom bleibt eben Rom egal wie lange man weg bleibt. Totales Chaos, teilweise der übelste Gestank und dazwischen die reichsten Menschen des Imperiums. Allerdings hat das auch seine Vorzüge, auf dem Mercatus bekommt man wirklich alles was das Herz begehrt."
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Seiana warf einen kurzen Blick zu Massa hinüber, als dieser seinen Becher heftig abstellte, sah aber gleich darauf wieder zu ihrem Bruder, als dieser weitersprach. Sie deutete ein vages Lächeln an. „Wenn er es nicht gut macht, können wir uns immer noch nach einem anderen umsehen... Kümmerst du dich um Marcus' Freilassung?“ Sie trank einen Schluck Wein – und dann war sie es, die ihren Becher nicht mehr zu halten können schien. Anders als Massa stellte sie ihn allerdings nicht schnell ab, sondern ließ ihn nur langsam sinken, immer weiter, bis sie ihn schließlich sacht auf dem Tisch absetzte und noch in der gleichen Bewegung ihren Teller mit den Vorspeisen ein Stück wegschob. Wirklich Appetit hatte sie ohnehin nicht gehabt, und das bisschen Hunger war ihr gerade vergangen. Neue Sklaven. Neue Wandgemälde. Neue Möbel. Ägyptischer Stil. Sie fragte sich, was an all dem, was sie in den letzten Jahren hier gemacht hatte, falsch war... einem Teil von ihr war durchaus klar, dass Faustus einfach einen völlig anderen Geschmack hatte als sie, jedenfalls der Faustus, den sie von früher kannte, und irgendwie tat es gut zu wissen, dass er sich nicht so sehr verändert hatte... ein anderer Teil jedoch konnte nicht anders, als diesen offen ausgesprochenen Wunsch nach Veränderung in der Gestaltung des Hauses als Kritik aufzufassen an dem, wie sie es gestaltet hatte.
Aber sie ließ sich nichts anmerken. Ihr Gesicht behielt weiterhin den ruhigen, fast kühlen Ausdruck, und auch ihrem Tonfall war nichts anzuhören – und obwohl sie keinen Appetit und kaum Hunger hatte, bediente sie sich nun doch wieder, als der Hauptgang kam, und sei es nur, um den Schein zu wahren und keine Fragen aufkommen zu lassen über ihr Verhalten. „Du kannst diesen Maler ja einmal hierher einladen, damit er sich ansehen kann, welche Voraussetzungen er hier hätte... und uns seine Ideen erzählen kann.“ Ägyptischer Stil. Vielleicht war es ganz gut so, dass sie nun bald heiraten würde. Sie wusste nicht so recht, ob sie ein Atrium im ägyptischen Stil wirklich gut finden sollte... und konnte nur hoffen, dass ihr der Terentius freie Hand ließ, wenn sie erst einmal Hausherrin in der Casa Terentia war.
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Ägyptischer Stil? na das ging auch Flavus etwas zu weit. "Die Ägypter in allen Ehren, aber wozu sollte man eine Casa in Rom zu einem Stück Ägypten machen? ich finde das recht unpassend, wir sind Hispanier keine Ägypter, also läge es ja näher hier weider mehr aus dieser Richtung einfließen zu lassen, findet ihr nicht."
Er kostet wieder von der Nachspeise, sie schmeckte so wundervoll, da wurde es ihm richtig warm ums Herz. Ja, etwas mehr von der Heimat würde sicher nicht schaden, es sollte schon jeder sehen woher die Familie ihren Ursprung hatte. Auch wenn Flavus natürlich hoffte, dass manche Sitten aus Hispania nicht übernommen werden würden. Doch wie würde es sich entwickeln wenn Seiana erst einmal weg war, wer würde hier die Führung im Haus übernehmen? Massa war bald wieder weg, Serapio war bei der Garde und hatte auch weniger Zeit. Blieb nur Duccia oder eben einer der beiden jungen, also auch er selbst und dafür fühlte er sich nicht gewachsen. -
Die Duccia hatte bisher eher unspektakulär die Gänge zu sich genommen und der Unterhlatung zugehört. Nun jedoch hatte sie einen Einfall. Wenn man viele Jahre in alle richtungen zu vermitteln hatte, war man geübt Kompromisse zu finden und so einer war ihr grad in den Sinn gekommen.
"Ich finde die Ausgestaltung sehr schön. Wenn ihr jedoch etwas ändern wollt, hätte ich ein Beispiel für euch. Die Casa meiner Gens in Mogontiacum zeigt im Atrium den Stammbaum unserer Ahnen. Wir wollen unsere Wurzeln nicht vergessen und so erinnern wir uns derer, die uns viel bedeutet haben. Viele von ihnen sind ruhmreich im Kampf ums Leben gekommen und manche Germanen glauben, dass diese Männer an der Seite der guten Götter in einer großen Schlacht gegen die bösen Götter kämpfen und den Sieg erringen. Ihr habt hispanische Wurzeln. Es wäre sicher gut davon auch etwas zu zeigen und grade auch Besuchern. Ihr könnt doch die Räume für Besucher in verschiedenen Themen halten. Eure Familie hat in Parthia gekämpft, in Aegyptus und Germania. es ist schon einige Jahre her, aber die Schlacht in Germania war eine wichtige und große. Sie hat einiges verändert. Ebenso die Schlacht in Parthia. Sie war ähnlich verheerend für beide Seiten. Das wären alles mögliche Themen, die ihr abbilden könnt um eure Ahnen zu ehren. Es sollen keine Schlachtszenen sein, aber ihr könntet typische Darstellungen wählen. Wenn euch der Vorschlag gefällt."
Kurz sah sie in die Runde und fragte sich dann ob sie sich nicht vielleicht zu weit vorgewagt hatte. -
Ein Häppchen vom Gemüse im Mund verschwinden lassend, nickte ich. " Ein guter Vorschlag, Szenen aus Hispania, Parthia, Germania und Ägyptus. Die Wurzeln und der Weg des hispanischen Zweigs der Gens Decima. " ich gehörte zum griechischen Zweig, mich ging es eigentlich nichts an. Seit ich Serapio meine Loyalität zugesichtert hatte, gehörte ich irgendwie schon dazu. Also wie ich es drehte, beides war richtig. " Für meine Begriffe, zeigt die Gens mit diesen Szenen wie sie zu Rom steht und jeder Besucher kann es nachvollziehen." Das Essen war hervorragend. Das Gemüse, das Fleisch, das letzte mal in Ägypten bei diesem Einheimischen, gabe es ähnliches.
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Flavus hielt sich eher ruhig, er wusste nicht so recht wie er sich das vorstellen sollte. Außerdem war er nicht lange hier und wollte sich nicht einmischen. War ja alles nicht so einfach, schonmal gar nicht mit Seiana und er kannte weder Massa noch die Duccia gut genug zum zu wissen wie er auf die beiden reagieren sollte.
Er nickte nur zu Massas Worten, mehr nicht. Er sah sich etwas um, eigentlich war die Idee ja ganz gut, es würde vor allem etwas Abwechslung in die Casa bringen, sicher auch einige interessante Apsekte haben. Eigentlich wollte er noch etwas ansprechen, aber er verkneifte es sich und nahm sich statt dessen einige Feigen und Datteln. -
“Wenn du dich im sauberen Umgang mit dem Gladius schulen willst, frag lieber Massa hier.“ riet ich Flavus noch. “Der Germane hat eher einen barbarischen Kampfstil.“
Ich nickte auf Seianas Frage hin. “Ja, mache ich.“ Sehr gern sogar. Marcus freizulassen, das würde außerdem ein positives Signal an unsere Sklaven senden. Treue Dienste wurden belohnt.
Meine Vorschläge zur Neugestaltung wurden dagegen sehr viel weniger wohlwollend aufgenommen. Seiana sah äusserst unbegeistert aus, und auch sonst schien mir hier ein arg konservativer Geschmack vorzuherrschen.
“Ägyptisch ist der letzte Schrei...“ murmelte ich leise, gekränkt über so viel Unverständnis. “Iberisch erinnert die Besucher nur daran, dass wir vor zwei Generationen noch Peregrine waren.“Aber Venusias Vorschlag, der war gar nicht so schlecht... auch wenn ich fand, dass wir mit Germanen wenig gemein hatten.
“Unsere Ahnen haben schon unter Scipio Africanus dem Älteren für Rom gekämpft.“ ergänzte ich. Das gehörte zur Familiengeschichte.
“Gute Idee, Tante... Aber Schlachtszenen finde ich besser. Ins Atrium am besten Meridius' Siege bei Septimanca und Uttarae, für die er mit dem Triumph geehrt wurde.“
Jetzt war ich gespannt was Seiana dazu meinte... Aber mir fiel auf, dass Massas Worte ein bisschen so geklungen hatten, als nähme er sich selbst davon aus.
“Massa...“ sprach ich ihn an, und überlegte dabei wie ich es am besten formulierte, “diese Familientradition gilt doch für uns alle, für beide Familienzweige... das hast du in Ägypten mehr als bewiesen.“ Ich stupste ihn freundschaftlich an der Schulter und sagte, in leichtem Tonfall, unter dem nur zu erahnen war, wie wichtig es mir eigentlich war, und wie nahe mir das Thema ging: “Du hast mir bei Tasheribat das Leben gerettet, du bist ein verdammter Held, sei mal nicht so bescheiden.“ -
Seiana kommentierte es nicht weiter, als Flavus die Gestaltung der Casa im ägyptischen Stil dann laut ablehnte. Sie lehnte es auch ab, aber sie hätte das niemals offen gesagt. Schon gar nicht vor allen anderen. Oder besser: sie hätte es gesagt, wenn der Vorschlag von einem anderen als Faustus gekommen wäre. Davon abgesehen sprach auch Flavus davon, irgendetwas zu verändern, und genau das war der eigentliche Punkt – dass sie selbst fand, hier musste nichts verändert werden. Natürlich war sie dieser Meinung, hatte sie doch die Gestaltung der Casa in den letzten Jahren in der Hand gehabt. Aber ihr war auch klar, dass sie so kaum auftreten konnte, genauso wie ihr klar war, dass es so nicht weiter gehen würde. Nicht jetzt, wo sich die Casa wieder füllte… was ja positiv war. Die Decima brauchte mehr Familienmitglieder hier in Rom, insbesondere junge Männer, die hier Karriere machten und der Gens wieder zu Ansehen verhalfen.
Dann ergriff Venusia das Wort, und ihr Vorschlag schien auf Zustimmung zu treffen, bei Massa und Faustus jedenfalls. Und auch Seiana fand die Idee… reizvoll. Das war keine Veränderung nur um der Veränderung willen, nur um etwas Neues zu haben. Hinter dieser Veränderung steckte eine Absicht, steckte Sinn.
Seiana nickte langsam. „Ja…“, stimmte auch sie zu, immer noch in ebenso ruhigem Tonfall wie zuvor. „Eine solche Gestaltung hat etwas für sich. Ich bin aber auch der Meinung, dass wir ruhig die ein oder andere Schlachtenszene darstellen sollten… Es müssen nicht nur solche sein, aber wir können stolz sein auf die Soldaten, die unsere Familie hervorgebracht hat, und auf die Kämpfe, die sie bestritten haben. Das sollten wir zeigen.“ Anschließend beobachtete sie die kurze Szene zwischen Faustus und Massa… und als ihr Bruder davon sprach, dass Massa ihm das Leben gerettet hatte, nickte sie leicht, und verzog ihre Lippen zu einem fast unmerklichen Lächeln, während sie Massa ansah. Er hatte sich ganz sicher jedes Recht verdient, hier mitzureden… aber auch ohne seine Taten hätte er das gekonnt. „Die griechischen Decimi waren hier immer ebenso willkommen wie die hispanischen, Massa… und selbst wenn es anders wäre: Faustus hat Recht.“ -
Held, wollte ich Held sein? Held sein hatte ich mir anders vorgestellt. Als Junge hatte ich davon geträumt in glänzender Rüstung wie Herkules Taten zu vollbringen, die bejubelt wurden. Wie grausam war dagegen die Wahrheit. Diese Form von Held, war schwer zu tragen. Ich konnte mich nicht daran gewöhnen. Es war Schmerz damit verbunden Elend, Leid, es war nichts schimmerndes, glänzendes daran. Ich versuchte es herunter zu spielen. " Ich habe nur meine Pflicht getan." Verdammt, lässt ein Bruder seinen Bruder auf dem Schlachtfeld im Stich? Nein, niemals! Ich hätte es mir nie verziehen, wenn Faustus das Schlachtfeld nicht lebend verlassen hätte. " Ehren wir die, die der Gens zu Ansehen verhalfen. Sie alle waren Helden. Nicht nur auf dem Schlachtfeld." Er sah zu Faustus, dann zu Seiana. " Ich habe mich vom ersten Tag an hier wohlgefühlt und danke euch für die freundliche Aufnahme." Verlegen trank ich einen Schluck. "Ja, wenn du willst Flavus, ich stehe dir gern zur Verfügung."
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Mit einem warmen Lächeln sah ich zu Massa, als er die Ehre so entschlossen zurückwies. Wir hatten ihn in Verlegenheit gebracht, doch der der Dank gebührte ihm nun mal. Mein Achilles... dachte ich so bei mir, ich würde alles für dich tun.
Bevor meine Miene womöglich zu zärtlich wurde, hob ich schnell meinen Becher.
"Ja, trinken wir auf unsere Ahnen! Ohne die wir... keine Ahnung was wir ohne sie wären. Vielleicht Ziegenhirten, hoch oben in der kalten Sierra Teixeta. Oder würden wir gar nicht existieren?" Ich hatte mich in meinen Trinkspruch verwickelt, furchte in komischer Verwirrung die Stirn, und wand mich grinsend wieder heraus. "Also, Ehre unseren Ahnen!"
Ich trank, dann griff ich nach einem neuen Spieß und verspeiste glücklich noch ein paar von den knusprigen Vögelchen. Da mußte ich später wohl mal in der Küche vorbeischauen und Candace ein Kompliment machen, und ihr auch das von Flavus weitergeben. Die zarten kleinen Knöchlein knackten lustig zwischen den Zähnen, als ich sie zerkaute, nur die abgenagten Schnäbel legte ich beiseite. -
Flavus prostete Serapio zu, danach allen anderen mit besonderem Augenmerk auf Seiana. "Auf die Ahnen!" Es tat gut wieder unter der Familie zu sein, sich gut aufgenommen und vor allem wie zu hause zu fühlen. Die Reise war anstrengend, auch war es manchmal bei seinem Großvater nicht ganz so angenehm wie man denken konnte, es war nicht das Gleiche wie unter Freunden zu sein.
"Ich komme gerne auf dein Angebot zurück Massa, aber mach dir keine großen Hoffnungen, ich bin sicherlich kein Gegner für dich."
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