“Ich fürchte eher, dass ich weder das rechte Talent noch die rechte Geduld für den römischen Tratsch habe und mein eigenes Bad den Thermen zu sehr vorziehe“ erklärte Sextus sowohl wahrheitsgemäß wie auch diplomatisch als Erklärung seiner Unkenntnis über die Verlobung. Allerdings war er sich sehr sicher, dass im Eheregister keine solche Verlobung eingetragen war. Im Gegensatz zum allgemeinen Tratsch warf er dort durchaus immer mal wieder Blicke hinein, um sich Bemühungen zur Verheiratung seiner Verwandten zu sparen mit Partnern, die bereits vergeben waren. Und die Höflichkeit verbot, den Flavius auf dieses kleine Versäumnis seinerseits aufmerksam zu machen. “Aber dann nutze ich diesen Moment, um euch beiden herzliche Glückwünsche zu dieser Verbindung auszusprechen. Solltet ihr die Dienste eines Haruspex bezüglich der Eheschließung in Anspruch nehmen wollen, wäre es mir eine Ehre, euch höchstselbst behilflich zu sein.“ Immerhin war er der Haruspex Primus und damit Anführer der Zukunftsdeuter höchstselbst. Allerdings gab es ja immer noch Zeitgenossen, die auf die weit weniger umfangreichen Künste der Auguren zurückgriffen, nur weil diese eben nicht etruskischen Ursprungs waren, sondern römischen.
Nach der holden Damenwelt und dem gewesenen Aedil erhielt aber der angehende Quaestor und Sohn seines Freundes den Vorzug gegenüber einem Klienten, was die Aufmerksamkeit anging.
“Flavius Gracchus Minor! Es ist mir eine besondere Freude, dich begrüßen zu dürfen. Zunächst war ich nicht sicher, ob dein Tribunat in Germania rechtzeitig beendet sein würde. Umso mehr war ich erfreut, von deiner Rückkehr nach Rom zu hören und konnte mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, den Sohn eines meiner ältesten Freunde hier einzuladen. Du musst später unbedingt von deinen Eindrücken von Germania berichten.“ Sextus' eigenes Tribunat damals war eher unfreiwillig zustande gekommen, ebenso wie sein Eindruck von Germania, wenngleich dieser ohnehin eher kurz war. Da war es sicherlich nicht nur eine nette Gelegenheit für den jungen Flavius, mit seinen Taten anzugeben, sondern auch für alle Gäste zu hören, wie jemand, der diese Bürde freiwillig auf sich nahm, dies empfunden hatte.
Erst danach kam der Klient an die Reihe. Sextus hatte sehr wohl den Namen Duccius vernommen, was nicht unbedingt zu einer großen Welle der Sympathie geführt hatte. Dafür hatte ein anderer Duccius zu viel terra sigillata zerschlagen, metaphorisch gesprochen. Allerdings war Sextus lange genug Politiker, um sich rein gar nichts anmerken zu lassen und den Duccius wie jeden anderen auch zu begrüßen. Alles andere wäre unhöflich gewesen und man konnte Sextus vieles unterstellen, aber nicht Unhöflichkeit. “Duccius, sei mir und den meinen willkommen. Mit einem Flavius Scato als Patron dürfte es sicher nicht lange dauern, bis wir auch dich auffordern können, von deinen Eindrücken und Taten den Gästen bei einem Fest zu berichten.
Nachdem nun die Gäste begrüßt waren, war er wieder an der Reihe, die Unbekannten auf Seite des Gastgebers vorzustellen. “Darf ich euch noch die anderen vorstellen. Diese bezaubernde Dame hier an meiner Seite ist meine Nichte Aurelia Corvina. Dort etwas abseits steht meine Cousine Aurelia Drusilla mit Tiberius Merula und einer Freundin, und neben dem Oleander sehe ich gerade meine Cousine Aurelia Lentidia. Ich denke, im Laufe des Abends werden sich noch einige Möglichkeiten zur Konversation ergeben.“