• << Officium


    Die Barackenbrüder standen von ihren Stühlen und Betten auf, als sie sahen, in welchem Zustand Lurco hineingeführt wurde. Ohne, dass Scato es sagen musste, räumten sie alles beiseite, so dass Lurco vernünftig in Richtung seiner Schlafstatt gehen konnte. Scato half ihm, die Caligae und die Tunika auszuziehen und reichte alles dem sehr neugierigen Asper zum Aufräumen. Er sollte sich nützlich machen und nicht blöd gaffen. Scato schlug die Decke beseite, schüttelte das Kissen auf und half Lurco beim Hinlegen. Vorsichtig deckte er ihn zu.


    "Was ist passiert?", fragte Ramnus besorgt.


    "Erzähl ich euch dann. Kümmert euch um euch selbst, ich mach das hier. Lurco, hast du Hunger oder Durst?"

  • Lurco betrat mit Scato die Baracke, es waren alle Barackenbrüder anwesend. Sein Zustand musste schlimmer sein, als er sich fühlte, dass sah er an ihren Blicken. Dabei gab es keine Stelle die ihm nicht schmerzte. Seine Hüfte, Rücken, Arme und vor allem sein Gesicht schmerzten abgrundartig aber nicht mehr so schlimm wie zu Anfang an, als die Wunden noch offen waren.


    Die Brüder machten ihm Platz, so dass er ohne Probleme mit Scato bis zu seinem Bett laufen konnte. Ramnus fragte was los war, aber Lurco schüttelte nur mit versuchtem Lächeln den Kopf. Sein Stöckchen zog ihn aus und verfrachtete ihn direkt ins Bett. Kaum dass er lag und zugedeckt wurde, spürte er wie müde und geschafft er war. Und er war immer noch grauenvoll durstig.


    "Scato... ich hab... so Durst. Gib mir... bitte was zu Trinken. Kann ich... kauen? Ich hab... hab... Hunger", nuschelte Lurco durch die Wangenwunde und war einen winzigen Augenblick später eingeschlafen.

  • Ramnus reichte Scato die Schüssel von Lurco, in die er eine kleine Portion Puls gekleckst hatte. Darin steckte der Löffel. Scato probierte, ob die Temperatur stimmte und ließ sich auch einen Becher Wasser reichen.


    "Lurco", sagte er und weckte ihn sanft. "Trink und iss noch was, bevor du einschläfst. Schlafen kannst du hinterher, niemand wird dich munter machen. Komm."


    Er half Lurco, sich noch einmal ein Stück seitlich aufzustützen, wie wenn man auf einer Kline lag zum Essen. Er bemerkte Aspers Blick, als er den Löffel so hielt, als wolle er Lurco füttern, was er in der Tat vorhatte. Sollte Asper glotzen, er wusste nicht, ob Lurco seine malträtierten Finger benutzen konnte für solche Feinarbeit.

  • Lurco blinzelte Scato verschlafen an und stützte sich mit dem Ellenbogen ab, um seitlich liegen zu können. Er wollte keine Last auf seine Unterarme legen, aus Angst dass die Narben wieder zu schmerzen begannen. Seine Finger fühlten sich dick und geschwollen an. Lurco war Scato für seine Fürsorge unendlich dankbar.


    Behutsam aß er von dem gereichten Löffel. Es fühlte sich gut an, etwas Warmes zu essen und der Puls schmeckte sehr lecker.


    "Danke Sacto... ist echt lecker", sagte Lurco leise.
    Er hoffte er durfte sich noch einige Tage auskurieren.


    "Wo ist Pullus? Hört mir... zu. Die Sklavin... Eireann sitzt im... Carcer.
    Wieder... und wieder. Haben... von ihr ein Geständnis.
    Was macht ihr Herr... gegen ihre Umtriebe...?
    Er macht... nichts.

    Sie ist Rom... dem Kaiser und uns... feindlich gesinnt.
    Sie kannte die... Krähen...
    Kannte Interna... der Bande...
    Kannte den... Anführer...
    Kannte ihre Ar...beit...


    Sie sagte... ihr Dominus hat sie... geschickt.
    Vielleicht stimmt das.
    Dann ist klar... warum er nicht einschritt.
    Anis war das Verhalten Recht...
    Oder er hat es... sogar befohlen...
    Ist vielleicht sogar eine Krähe...


    Eine Razzia... Ich werde eine Razzia in seinem Laden... durchführen.
    Dann... dann sehen wir... weiter... ", erklärte Lurco und kämpfte darum wach zu bleiben.

  • Auch wenn die allgemeine Meinung über Soldaten vorherrscht sie würden sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen und den ganzen Tag unsinniges Zeug machen....ab und zu muss auch die Disziplin aufgefrischt werden.


    Und da demnächst irgendwelche Feierlichkeiten, Appius wusste gerade nicht welche genau, bevor standen, war die Tagesparole " Exerzieren"


    Die Freud jedes Soldaten war es stumpfsinnig am Kasernenhof zu stehen und darauf zu warten welches tolle Kunststück er nun vorführen durfte. Wobei von dürfen nicht zu reden war.....es war zu müssen.


    " Morgen, ihr Faulpelze. Draussen ist es nass und es stinkt dass es einem das Innere nach Aussen kehrt.


    Angetreten und ab auf den Platz. Und bitte.....mit allem drum und dran."

  • Das Contubernium begann, durcheinander zu wuseln. Es bildete sich eine Kette, mit der die Ausrüstung vom Vorraum bis nach hinten durchgereicht wurde. Das hatten sie sich angewöhnt, damit es nicht zu einem Stau kam.


    "Guten Morgen, Optio! Lurco ist krank", erinnerte Scato im Tonfall höchster Besorgnis, als ihm Tarpa seinen Panzer reichte, den er nun wie eine Weste überzog und ihn dann vorn zuschnürte. Die Caligae hatte er bereits an den Füßen.

  • "Scato... hat Recht Optio. Mich hat es... erwischt. Falls ich in der... Baracke bleiben darf, darf Pullus hier bleiben bitte? Wir machen uns hier... nützlich. Bald... bald geht's mir wieder besser", versicherte Lurco Cerretanus.


    Und während die anderen exerzierten, könnte Pullus ihn stützen und sie so ihre Razzia durchziehen. Wenn auch wie Schnecken, ganz langsam. Lurco hoffte er bekam das irgendwie hin.


    Scato würde ihm den Arsch aufreissen, sollte er ihn erwischen oder davon erfahren. So versuchte er sich an einem unschuldigen Lächeln und hoffte das er überhaupt in der Lage war bis zum Schuppen des Quacksalbers und Scharlatans zu laufen. Sein Gefühl sagte was ganz anderes. Aber einer musste den Job ja machen.

  • Scato nickte und wer genau hinsah, erkannte neben der Sorge auch einen triumphierenden Gesichtsausdruck. Scato war stolz, dass seine Erziehungsbemühungen endlich Früchte trugen und Lurco gelernt hatte, auf seinen Körper zu hören und sich auch zu schonen, wenn er krank war!

  • Ungläubig über das was er eben zu hören bekommen hatte, hob Appius eine Braue und starrte Lurco an.
    Er wusste dass Lurco momentan nicht sonderlich gut aussah. Und vermutlich würde das auch nie wieder so sein.
    Sein Verständnis endete hier aber abrupt und so donnerte er los:" Und was zur Hölle machst du hier in der Barracke? Dein Gesicht sieht aus als hätte ein Metzger seine Messer daran ausprobiert. Und daß dürfte ein beschissener Metzger gewesen sein." Das Gesicht Appius verfärbte sich und nahm eine rötliche Farbe an.


    " Was macht Lurco hier? Und nicht im Lazarett? Wenn er noch nicht tauglich ist kann man ihn auch nicht brauchen." Diese Worte waren an Scato gerichtet der indirekt damit zu tun hatte. Als Capsarius sollte er einschätzen können ob jemand fähig ist Dienst zu tun.


    " Der Mann soll wieder auf die Krankenstation. Und falls es Einwände gibt dann kann der Medicus zu mir kommen."


    " Alle anderen Adjustierung herstellen. Parade. Geputzt und Glänzend will ich es haben." Dies war das Ende. Ohne weiterer Wirte verließ Appius die Barracke und stapfte fluchend Richtung Exerzierplatz.

  • Lurco starrte Cerretanus betreten und wie vom Donner gerührt an. Die Frage war berechtigt, der ganze Einwand war es, aber Maro hatte ihm doch erlaubt sich auszukurrieren. Lurco dachte fieberhaft nach, was Maro genau gesagt hatte. Verdammt er stand völlig neben sich und war dermaßen übermüdet, dass er sich am liebsten wieder hingelegt hätte.


    Cerretanus wurde rot wie eine Bratwurst vor dem ersten Grillgang, während er sich aufregte, so dass sich Lurco nun auch noch um ihn sorgte. Er wollte seinem Optio die Sache in Ruhe erklären.


    Maro hatte ihm erlaubt sich im Bett auszukurrieren, aber hatte er die eigene Baracke erlaubt oder sollte er zurück ins Krankenhaus?


    Lurco traute sich nicht, erneut zu Maro zu gehen und genau das zu fragen. Der Mann würde ihn mit Anlauf in den Arsch treten. Allein dafür dass er scheinbar so schlecht zugehört hatte. Dabei hatte er Maro zugehört und nach besten Wissen und Gewissen seinem Centurio geantwortet. Natürlich so, dass niemand dabei irgendwie zu Schaden kommen konnte.


    Als Lurco vorsichtig bei Cerretanus nachfragen wollte, war dieser schon aus der Baracke gestampft.


    Lurco schaute seinem Optio nach.
    "Es... tut mir leid...", sagte er leise auch wenn Cerretanus ihn nicht mehr hörte.


    Irgendwie musste er es auf den Exerzierplatz schaffen, damit Scato nicht den Kopf abgerissen bekam. Die Razzia und vor allem das Bett das ihn so anlächelte mussten warten.

  • "Was machst du da?!" schrie Scato, kaum, dass Cerretanus außer Hörweite war, da Lurco anstalten machte, diesem zu folgen. "Lass den Mist. Ich bring dich jetzt zurück ins Valetudinarium. Vorher solltest du dir was anziehen!"


    Lurco, der die Angewohnheit hatte, splitterfasernackt zu schlafen, wollte scheinbar in seiner geistigen Umnebelung auch in jenem unbekleideten Zustand zum Exerzierplatz wandeln. Scato zog ihm die Tunika über, wobei er auf die ganzen Verbände achtgab, besonders auf den im Gesicht. Bei den Sandalen half derweil Asper, so dass Lurco ziemlich schnell wieder angekleidet war. Den Gürtel und alles brauchte Lurco nicht, er gehörte ins Bett. Und während das Contubernium sich exerzierfertig machte, brachte Scato den Verletzten ins Lazarett.


    Valetudinarium >>

  • Das zweite Mal das ihm heute wer direkt in die Augen schrie. Was war nur los? Als Scato ihn anzog, stellte Lurco fest, dass er noch nackt gewesen war. Schon einmal hatte er einen Teil seiner Ausrüstung zur Übung vergessen. Aber gleich alles? Damit hätte er wohl den Rekord gebrochen.


    Scato zog ihm die Tunika über und Asper half ihm in die Sandalen. Und schon marschierten sie los.


    "Ich wollte... Deinen Hintern retten...", antwortete Lurco auf Scatos Frage und folgte ihm so gut und flott er konnte.

  • " Also dann, Milites. Ich mache nicht viele Worte drum." Mit neutralem Gesichtsausdruck stand er vor seinem Platz und sortierte ordentlich seine Habseligkeiten in eine, extra dafür erworbene, Truhe. Das Reisen wurde dadurch etwas bequemer als das ganze Zeug am Buckel herumschleppen zu müssen.

    " Ich wünsche euch alles Gute. Bleibt gesund" dabei fiel sein Blick auf Lurco und haftete einige Momente auf diesem: " und macht mir keine Schande. Vergesst nicht was euch beigebracht würde. Wenn es die Götter wollen so sieht man sich wieder."

  • Die Milites schauten etwas betroffen. Sicher, es kam immer mal wieder vor, dass einer versetzt wurde. Manchmal war man froh drum, den lästigen Kameraden los zu sein, ein andermal schnitt irgendwo heimlich wer Zwiebeln, meist pendelte es sich irgendwo in der Mitte ein.


    "Dir auch alles Gute", sprach Scato. "Danke für alles. Und denk an dein Bein!" Das hatte Scato so schön wieder hinbekommen, er wollte nicht, dass es wieder Schaden nahm.


    Ramnus schob Cerretanus noch ein Bündel kalte, aber schon gebratene Lukanerwürste als Wegzehrung in die Truhe. Natürlich waren sie eingeschlagen, damit es nicht eklig wurde.

  • " Danke, Ramnus. Hoffe du musst nun nicht Hunger leiden." dabei grinste er breit und klopfte dem Mann auf die Schulter.

    " Mein Bein? Ich werd darauf acht geben. Wie meinen Augapfel werde ich es hüten."


    " Also. Lasst euch nicht unterkriegen. Ihr wisst warum ihr hier seid. Und ihr seid nicht irgendwer. Ihr seid die Einheit die Rom als letzte Möglichkeit hat sich zu wehren. Das soll auch das Gesindel nicht vergessen."

  • Lurco nickte Cerretanus auf seinen ernsten Blick hin zu. Ein Blick sagte oft mehr als tausend Worte.


    "Pass auf Dich auf Cerretanus. Wohin Dich Dein Weg auch verschlagen mag, ich wünsche Dir alles Gute und hoffe Du findest was Du suchst. Ich werde mir Deine Worte zu Herzen nehmen. Wir stehen zwischen dem Abgrund und Rom. Wir geben unser Bestes, ihn an uns abprallen zu lassen. Letztendlich macht es die Summe aller Männer die für Rom einstehen und für ihre Kameraden. Dass Du einer von uns bist, hast Du in der neuen Urbaner Station bewiesen Cerretanus. Die geretteten Kameraden danken es Dir und wir ebenso. Lasst Dir von niemandem etwas anderes einreden. Viel Glück und eine gute Reise Optio", sagte Lurco freundlich.


    Den Proviant die Ramnus Cerretanus mitgegeben hatte, hatte in der Baracke VII einen besonderen Stellenwert. Eine Bratwurst war nicht schlichtweg Nahrung, sie war das essbare Zeichen von wahrer Kameradschaft. Und was konnte es besseres als Wegzehrung geben?

  • Da es Ferox etwas besser ging, beschloss er, zu schauen, wer alles neu war und wen er noch von früher kannte. Er klopfte an eine der Türen von Baracke VII.

  • Lurco fragte sich, wer klopfte anstatt einfach einzutreten. Also bequemte er sich vom Stuhl hoch und öffnete die Tür und schaute in ein ihm unbekanntes Gesicht. Oder sollte er den Mann kennen? Er grübelte einen Moment nach, aber wusste den Kollegen nicht zuzuordnen.


    "Salve, wie kann ich Dir helfen? Möchtest Du reinkommen?", fragte er freundlich und gab den Weg frei.

    "Dich kenne ich noch nicht, wer bist Du und zu welcher Baracke gehörst Du? Neu hier?", schob Lurco nach und deutete durch zum Tisch, damit es sich der Neue gemütlich machen konnte.

  • "Salve, ich bin Nero Germanicus Ferox! Selbe Baracke, nur eine Tür weiter."


    Früher war das anders gewesen, aber ihm war mitgeteilt worden, dass die verbliebenen Tirones aus seinem Contubernium neu verteilt worden waren. Ferox spazierte in die Stube und schaute sich um. Sein Blick blieb auf der Wandbemalung haften. Jemand hatte dort lauter nackte Götter verewigt, deren Köpfe jedoch wenig mit der gewohnten Darstellung gemein hatten.


    "Diese Götter sehen komisch aus", fand er. "Fast wie lebende Personen."

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!