Beiträge von Jakobus

    An diesem Abend hatte Jakobus beschlossen, ein kleines Gastmahl mit seinen Geschäftsfreunden zu veranstalten. Dies war sehr wichtig für das Geschäft, da es Beziehungen pflegte und man bei Wein und gutem Essen manchmal auch die besten Verträge zustande bekam. Aus diesem Grund besaß er auch eine gewaltige Spesenkasse für derlei Veranstaltungen, die er bereitwillig benutzte.


    Mattathias, der neue jüdische Geschäftspartner, Simeon, sein Freund, Damoteles und Hipponidas, zwei hellenische Händler, von denen ersterer aus Alexandreia selbst stammte und zweiterer aus Antiochia in Syria kam, sowie ein Ägypter namens Pedamenopet, der wohl aus einer Adelsfamilie stammte und daher für einen Ägypter die Nase ziemlich hoch trug.


    Sein Berater hatte Jakobus davor gewarnt, Angehörige verschiedenster Völker miteinander einzuladen, doch der Vilicus hatte keine große Lust, Abendessen mit nur zwei Gästen zu veranstalten, sodass er die Warnung in den Wind geschlagen hatte. Natürlich hatte man so jedoch darauf achten müssen, dass jeder Gang koscher zu genießen war, aber dennoch für alle drei Völker akzeptabel war. Der Koch hatte gewitzelt, dass nun nur noch ein Rhomäer fehlte.


    Als es jedoch langsam Abend wurde und die drückende Hitze sich langsam aus den Gassen erhob, war alles vorbereitet: Im Hof hatte man Laternen aufgehängt, im Speisezimmer Girlanden und duftende Blumen auf dem Boden verteilt. Jakobus trug eine prächtige Tunica und eine goldene Kette, wie auch den goldenen Siegelring, den er von seinem Herrn erhalten hatte.


    Als erster erschien glücklicherweise Simeon, der sich ebenfalls prächtig herausgeputzt hatte und wie immer fröhlich war.


    "Shalom, Ja'aqov! Ich danke dir für die Einladung!"


    begrüßte er Jakobus, der den Gruß erwiderte und ihn hineinführte. Auch der Schmuck den Hauses fand große Anerkennung bei Simeon:


    "Da hast du ja alles ordentlich herausgeputzt, Chawer! Deine Diener verstehen etwas von Schmuck, das muss man sagen! Weißt du, woher sie diese Laternen haben?"


    "Nö, aber ich lasse nachfragen später, wenn du willst."


    "Ja, das wäre gut! So etwas in der Art wünscht sich meine liebe Miriam auch, weißt du? Wer kommt eigentlich noch so?"


    "Also insgesamt sind wir zu sechst. Mattathias, den kennst du ja. Dann noch zwei Griechen namens Damoteles und Hipponidas und dann noch so ein Ägypter, Pedamenopet - sein Vater ist der Stratege im Vorderen Baumgau."


    "Vorderer Baumgau? Diese Ägypter spinnen schon mit ihren Namen!"


    kommentierte Simeon dies und lachte auf. Auch Jakobus grinste ein wenig, denn sein Freund hatte wirklich Recht: Wer dachte sich so einen Namen für einen Verwaltungsbezirk aus?


    "Aber das sollten wir lieber für uns behalten - soweit ich weiß, ist der Kerl kein sehr humorvoller Mensch - aber naja, leg dich schon'mal hin, ich muss noch die anderen Gäste erwarten!"


    Sie waren inzwischen im Speiseraum angekommen. Man hatte für jeden Gast eine Liege aufgestellt, in einer Ecke saß ein Harfenspieler und machte bereits etwas stimmungsvolle Musik. Simeon suchte sich den Platz neben der Liege des Jakobus aus und legte sich bereitwillig hin. Als Jakobus erkannte, dass er zufrieden war, ging er wieder hinaus.

    Jakobus lächelte leicht belustigt, als er feststellte, dass die römischen Athleten nicht im Gewand A'dams, sondern in Alltagskleidung antraten. Offenbar waren diese Männer nicht aus dem griechischen Kulturraum, denn sonst hätten sie sicherlich gewusst, dass man hier nackt antrat. Selbst Simeon, der wohl noch nie ein hellenisches Gymnasion von innen gesehen hatte, schien sich nicht daran zu stören. Dafür jedoch an anderen Dingen.


    "Warum spielen die Rhomäer eigentlich mit? Treten die für die Polis Rom an oder was?"


    "Keine Ahnung. Vielleicht sind sie ja auch für Nikopolis am Start - die Garnison dort macht ja praktisch die ganze Stadt aus!"


    Ehe er weiter darauf eingehen konnte, trat auch schon der Athlet für Alexandreia an den Start. Er schien viel Erfahrung mit dem Speer mitzubringen - natürlich, denn Alexandreia konnte wohl mit die Besten stellen! Und tatsächlich warf er, doch anstatt Jubel ging ein Raunen durch die Menge. Von ihren Plätzen aus konnten die beiden Juden kaum erkennen, was tatsächlich vorging.
    Der Schiedsrichter machte ein Zeichen um den Wurf für ungültig zu erklären.


    "Was ist passiert? Er hat doch schön weit geworfen!"


    "Keine Ahnung, wahrscheinlich hat er einen Formfehler begangen - ah, ja, er hat übertreten!"


    stellte Jakobus fest und wartete, wer nun an der Reihe war.

    Aufgrund der Tatsache, dass die beiden Juden gar nicht erst ins Gymnasion gegangen waren, schafften sie es, relativ bald das Stadion zu erreichen - lediglich ein paar Sportbegeisterte, die ohnehin kein Interesse am Eröffnungs-Pomp hatten, waren bereits vor den Spielen hierhergepilgert und hatten sich die allerbesten Plätze geholt. Jakobus und Simeon entschlossen sich für einen Platz in der Mitte des Blockes. Während sie auf den Beginn warteten, kaufte Jakobus sich und seinem Freund ein wenig Dörrobst - beim Fleisch war es schließlich sehr wahrscheinlich, dass Simeon es nicht aß, weil es nicht koscher war!


    "Was ist jetzt nochmal der Pentathlon?"


    "Speerwurf, Diskuswurf, Sprung, Lauf und Ringen."


    erklärte Jakobus und betrachtete die Zielscheiben. Scheinbar war der Speerwurf auf Ziele, nicht auf Weite wie üblich.


    "Ah, König Sha'ul ist auch ein großer Speerwerfer gewesen! Aber David war ein bisschen geschickter - wenn auch mit der Schleuder."


    Natürlich kannte auch Jakobus die Geschichte seines Volkes, doch eine Assoziation mit jenem ruhmreichen König David, dem die Israeliten noch heute hinterhertrauerten, wäre ihm dabei wirklich nicht gekommen!

    Zitat

    Original von Jakobus
    Die beiden diskutierten noch einige Zeit, dann schien Simeon überredet zu sein, sich das ganze zumindest einmal anzusehen. Jakobus war zufrieden - er war bereits gespannt, wer alles antreten würde!


    Während sie draußen warteten, dass das Opfer beendet war, erklärte Jakobus seinem Freund die Regeln des Wettkampfes, sowie auch die Disziplinen. Simeon klang nach einigem Erzählen doch ganz interessiert und schließlich hörte man die Rede, die die Spiele eröffnete. Da der erste Wettkampf jedoch der gymnische Pentathlon war, brauchten sie das Gebäude gar nicht zu betreten, sondern schlossen sich dem Strom an, der sich in Richtung des Stadions außerhalb der Stadt schob.


    "Wenn ich das gewusst hätte, hätten wir ja auch direkt da hingehen können!"


    bemerkte Simeon noch, doch Jakobus zuckte einfach mit den Schultern. Wer hatte denn schon ahnen können, dass Simeon sich so gegen ein Opfer sperrte, das jemand anderes abhielt?

    Inmitten des Trubels über das Neujahrsfest Alexandreias standen auch zwei Männer, die irgendwie deplatziert wirkten, denn einer von ihnen war in der typischen Aufmachung eines Juden erschienen war. Es handelte sich um Simeon, den Jakobus mit hierher geschleift hatte. Schon immer hatten die römischen Spiele dem Sklaven gefallen und so besuchte er auch die hellenischen Spiele in Alexandreia. Simeon hingegen wirkte weiterhin sehr skeptisch:


    "Und wann gehen diese Wettkämpfe los?"


    "Gleich nach dem Opfer! Es wird bald losgehen!"


    "Nach dem Opfer? Bist du verrückt, Chawer?"


    Simeon hatte vor Schreck die Augen aufgerissen. Dann verzog er das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Mit tadelndem Ton begann er zu erklären:


    "Wir gehen nicht zu einem Opfer dieser Heiden! Das beleidigt HaSchem*! Gehen wir lieber nach Hause!"


    Jakobus hatte noch gar nicht darüber nachgedacht, dass das Zusehen bei einem Opfer Gott vielleicht beleidigen konnte. Natürlich aß er kein Opferfleisch, aber ob das Zusehen ebenfalls verwerflich war? Nunja, offensichtlich war sein Freund nicht dazu zu bewegen, daher machte er einen Vorschlag:


    "Wir können ja hier draußen warten, bis das Opfer vorbei ist. Danach sollte nichts mehr HaSchem beleidigen. Du musst dir das einmal ansehen!"


    Die beiden diskutierten noch einige Zeit, dann schien Simeon überredet zu sein, sich das ganze zumindest einmal anzusehen. Jakobus war zufrieden - er war bereits gespannt, wer alles antreten würde!


    Sim-Off:

    * "der Name" = Bezeichnung für den jüdischen Gott im Alltag

    Wie die übrigen Männer, trug auch Jakobus die traditionelle Gebetstrachten des Volkes Jahwes: Gebetsriemen wanden sich um seinen Arm und den Kopf - Simeon hatte ihm gezeigt, wie man die Riemen band - letzterer wurde jedoch teilweise vom Gebetsschal, dem Tallit verdeckt wurde. Anfangs waren diese Kleidungsstücke noch etwas gewöhnungsbedürftig gewesen, doch inzwischen fühlte sich der alte Sklave darin mindestens so wohl wie in seiner üblichen Kleidung.


    Inzwischen war der Gottesdienst beim Glaubensbekenntnis angekommen und laut rezitierte Jakobus dies mit:


    "schYma jisrael adonai elohenu adonai echad! Barukh Schem Kawod, Malkhutho le'Olam va'Ed!*"


    Während der erste Satz laut erklang, erhob sich beim Zweiten ein Gemurmel in der Synagoge, als jeder der Satz vor sich hinsagte. Dann jedoch hoben sich die zahllosen Stimmen wieder und die einzelnen Zusätze wurden vorgetragen:


    "Veahawta et Elohejkha, bekhal Lewawekha uwekhal Nafschekha uwekhal Meodekha.


    Vehaju haDewarim haeleh ascher Anokhi mezavekha hajom 'al Lewawekha.


    Veschinantam leWanekha, vedibarta bam, beSchiwtekha beWejthekha uweLekhtekha waDerekh ubweSchakhbekha uweKumekha.**"


    Obwohl Jakobus der hebräischen Sprache noch nicht vollständig mächtig war, wusste er natürlich, was er hier betete: Seinem Sohn sollte er dies weitersagen - wenn er doch nur einen hätte! Obwohl er jede Woche in die Synagoge ging, bereitete diese Stelle im Gottesdienst ihm stets Kummer, denn zu gern hätte er gemeinsam mit Rahel eine Familie gegründet - Durus hätte es ihm sicherlich erlaubt!


    "Ukeschartam leOt 'al Jadekha, vehaju leTotafoth bejn 'Ejnekha.


    Ukethawatam 'al Mesusoth Bejthekha uwiSch'arejkha."


    Der Gottesdienst ging weiter, doch Jakobus' Gedanken waren noch immer bei Rahel. Wie er gehört hatte, war sie verstorben...


    Sim-Off:

    * Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr ist einzig. Gelobt der Name der Ehre, seine Herrschaft für immer und ewig!


    ** Und also liebe den Ewigen Deinen Gott, mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Können.
    Und es seinen die Worte diese, die Ich dir heute befehle auf deinem Herzen.
    Und schärfe sie ein deinem Sohne, und rede von ihnen, bei deinem Sitzen in deinem Hause und bei deinem Gehen am Wege und deinem Niederlegen und bei deinem Aufstehen.


    *** Und binde sie zum Zeichen auf deine Hand, und sie seinen dir zum Hauptschmuck zwischen deinen Augen.
    Und schreibe sie auf die Pfosten deines Hauses und an deine Tore.

    Die Synagoge Alexandrias war Jakobus bereits bekannt gewesen, als er nach Alexandreia zurückgekehrt war, doch jedes Mal beeindruckte ihn dieses Bauwerk erneut, wenn er die doppelte Säulenhalle durchwanderte, um am Gottesdienst teilzunehmen. Die Synagoge hatte gewaltige Ausmaße, besonders wenn Jakobus sie mit den kleinen Gebäuden verglich, die er aus Syria kannte. Inzwischen hatte er auch damit begonnen, die hebräische Schrift zu lernen, denn trotz aller hellenischen Einflüsse, für die die alexandrinische Gemeinde bekannt war, wurde die Thora noch immer im Originaltext verlesen, während die Septuaginta, benannt nach den zweiundsiebzig Schriftgelehrten, die die Schriften des Volkes Israel angeblich in die Koine übertragen hatten, nur für den Hausgebrauch Verwendung fand.


    "Ja'aqov, hier drüben!"


    hörte er plötzlich eine Stimme, als er im Gebetsraum angekommen war und nach Bekannten suchte. Es war die Stimme von Simeon, einem jüdischen Händler, den Jakobus geschäftlich kennen gelernt hatte, der ihn aber auch in die Synagoge mitgenommen und dem Glauben Jahwes wieder näher gebracht hatte. Erfreut stellte er fest, dass dieser ebenfalls hier war und begab sich rasch zu ihm. Simeon sprach ihn stets mit der hebräischen Ausspracheform seines Namens an - war er doch fest in der Tradition der Stämme Israels verwurzelt!


    "Simeon, ich habe dich gar nicht gesehen!"


    Der Genannte zeigte ein breites Grinsen. Er war ein sehr fröhlicher Mensch, wie Jakobus aufgefallen war, denn im Grunde lächelte er immer. Allerdings wusste Jakobus auch, dass er knallhart sein konnte - besonders, wenn es um das Geschäft ging!


    "Du weißt doch, ich bin immer da, wo du mich nicht erwartest, Chawer*"


    "Wie geht es dir? Wie laufen die Geschäfte?"


    fragte Jakobus fröhlich. Er hatte bereits befürchtet, den ganzen Gottesdienst über allein stehen zu müssen, denn viele Gemeindemitglieder hatte er noch nicht kennen gelernt. Allgemein war Jakobus zwar ein netter, aber auch ein schüchterner Mensch, daher war es nicht einfach, zumal er seine Choser be-Teschuwa, die Rückkehr zum Glauben, erst zu einem relativ späten Zeitpunkt beschritten hatte, wobei er noch nicht einmal die hebräische Sprache fließend beherrschte.


    "Ach, mal so, mal so...du kennst das ja!"


    erwiderte Simeon, dann trat auch schon Stille ein, denn der Chasan, der Vorbeter der Gemeinde, betrat den Gebetsraum. Der Gottesdienst konnte beginnen.


    Sim-Off:

    * Freund

    Noch ehe Jakobus sich in Ruhe ein wenig hinlegen konnte, um später noch etwas zu essen, hatte er jedoch noch eine Aufgabe: Das Schiff würde morgen ablegen und es war billiger, einen Brief dort mitzuschicken als ihn über den Cursus Publicus versenden zu lassen. Daher musste dieser noch heute geschrieben werden:


    Ad
    Manius Tiberius Durus
    Villa Tiberia, Roma, Italia



    Jakobus Villicus Domino Suo M' Tiberio Duro s.p.d.


    diesmal kann ich Dir nur Gutes aus Alexandreia berichten. Ich habe hier alles gut unter Kontrolle. Die Gewürze, die mit diesem Brief geliefert werden, konnte ich zu einem besonders guten Preis kaufen, was Syricus sicherlich freuen wird. Ansonsten ist hier alles wie üblich: Deine Landgüter werfen einen vernünftigen Gewinn ab und wir bekommen die Überschüsse los. Außerdem habe ich einen guten Vertrag mit dem Juden Mattathias abgeschlossen: Seine Schiffe werden zukünftig des Transport von der syrischen Villa nach Alexandreia übernehmen.


    Die Griechen feiern hier gerade das Neujahrsfest mit allem Pomp, wie Du Dir sicherlich vorstellen kannst. Noch immer scheint jener Nikolaos zu den wichtigsten Männern Alexandreias zu gehören. Ich werde ihn weiter im Auge behalten, aber er scheint mir ganz vernünftig.


    Von deinem Klienten Leonidas, der das Amt des Agoranomos bekleidet hatte, habe ich noch immer keine Informationen. Er scheint auf seiner Reise in den Süden verschollen zu sein - aber zumindest scheint er in Myos Hormos angekommen zu sein. Wohin es von dort aus ging, weiß mein Informant auch nicht.


    Es ist zu Schade, dass Du mich hier nicht besuchen kannst, um selbst nach dem Rechten zu sehen. Ich denke, es würde Dir in Deiner alten Heimat sehr gut gefallen.


    Vale bene!
    [Blockierte Grafik: http://img522.imageshack.us/img522/7630/siegelmtdalleindv5.pngJakobus

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    VILICUS - MANIUS TIBERIUS DURUS


    Er verzichtete auf eine Bitte um die Behütung Jahwes - er wusste, dass Durus den strengen Glauben an einen Gott lächerlich fand. Jakobus seufzte: Er würde Durus tatsächlich gern wieder einmal sehen. Bis vor einigen Jahren waren sie kaum zertrennlich gewesen: Durus hatte ihn stets gut behandelt und er hatte seine Aufgaben stets gut erfüllt. Nun wusste er auch, wie es sich anfühlte, der Herr zu sein, hatte mehr Verständnis für unpopuläre Entscheidungen: Die anderen Sklaven waren ihm unterstellt und - es war einsam an der Spitze! da vergaß man manchmal den Blick für den Einzelnen... Ob Durus ähnliche Gefühle wie er hegte?


    Mit einem weiteren Seufzen rollte er die Rolle zusammen und versah sie mit dem Siegel der Gens Tiberia, das er hier in Vertretung führen durfte. Schon das allein bewies, wie sehr die Familie ihm vertraute!


    Morgen würde er den Brief zum Hafen bringen lassen, während er selbst einem anderen Geschäft nachzujagen hatte.

    Megaron Tiberion



    Das Anwesen der Tiberier in Alexandreia liegt unweit der Fremdenmärkte in einer ruhigen Straße. Von außen wirkt es wie die übrigen Gebäude mit ihrem quadratischen Grundriss und den zwei Stockwerken. Im inneren jedoch weißt es einige Besonderheiten auf: So ist der Hof nicht länglich, sondern zentral gelegen und zu einem Garten bepflanzt. Um ihn herum gruppieren sich die Gebäude, in denen die Familie leben kann.


    Tiberius Ahala hatte dieses Anwesen während seiner Stationierung bei der Legio XXII Deiotariana gekauft, um seiner Familie eine Wohnstätte innerhalb der Großstadt zu bieten. So ist es auch das Geburtshaus des Tiberius Durus, in dem er seine Jugend verbrachte.


    Seit mehreren Jahren bewohnte Jakobus inzwischen das Haus, in dem sein Herr geboren war. Damals war er noch ein sehr kleines Kind gewesen und war dem jungen Herren als Spielgefährte an die Seite gestellt worden. Nun jedoch war er Herr des Hauses - Tiberius Durus war es als Senator untersagt, Aegyptus zu betreten. So hatte er sich auch nicht in der Sklavenwohnung, sondern im Schlafzimmer des Herrn ausgebreitet.


    An diesem Tag betrat er das Haus nur langsam: Er kam direkt vom Markt, wo er mit einem Händler über Gewürze verhandelt hatte, die mit einem Schiff nach Ostia geliefert werden sollte, wo man sie direkt in die Villa Tiberia brachte. Es war nicht einfach gewesen, einen vernünftigen Preis auszuhandeln, doch letztendlich war es ihm tatsächlich gelungen. So konnte er zufrieden sein - dennoch war er müde.

    Mich bitte auf IN EXILIUM stellen. Wollte das grade ausspielen, als mir auffiel, dass ich bereits verschollen bin :D


    Aber zum Sterben bin ich zu jung...

    Als die ehrenwerten Herren Platz genommen hatten, gab Jakobus das Zeichen an die bereitstehenden Sklaven. Auch wenn nicht alle Gäste anwesend waren und auch nicht alle entschuldigt - man würde nun anfangen, sonst zog sich das Essen zu sehr, was ja keiner wollte!


    So öffnete sich die Flügeltür des Tricliniums erneut und der erste Gang - die Vorspeise - wurde aufgetragen. Traditionell gehörten hartgekochte Eier dazu, außerdem wurden Platten mit gedörrtem Thunfisch, Oliven und Käse gereicht.


    Sim-Off:

    WiSim

    Nach einer ganzen Zeit erreichte der Leichenzug der Tiberia Claudia das imposante Mausoleum der Gens Tiberia. In dem kleinen Hof hatte man bereits einen riesigen Scheiterhaufen aufgetürmt, der von schwarzen Blättern bedeckt war. Hier würde Quintus Tiberius Vitamalacus, der Bruder der Verstorbenen, nun die Aufgabe haben, den Leichnam seiner Schwester den Flammen zu übergeben.


    Für dieses Spektakel nahmen die Maiores - beziehungsweise ihre Vertreter mit den passenden Masken - auf ihren sellae curules Platz und ließen das feretrum passieren.


    Die Klageweiber hingegen gaben noch einmal ihr Bestes, um den Tod Claudias auch dem letzten nahegehen zu lassen, doch Jakobus verspürte nicht einmal den Hauch von Trauer - er war viel zu viel damit beschäftigt, zu kontrollieren, ob die Sklaven, die Parfum, Schmuck und andere Gebrauchsgegenstände ins Feuer werfen sollten, richtig platziert waren.

    Endlich war es so weit: Die Eier waren ersetzt, das Triclinium mit zwei der eigentlichen Liegen ausgestattet.
    Die Wände, die mit roter Farbe in lange Rechtecke geteilt waren (wobei die Kante der weißen und roten Farbe durch eine goldene Leisten verbunden waren), waren mit Girlanden aus saftig-grünen Pflanzen behängt, der Mosaikboden blankgeputzt, und die Ecken sorgfältig mit Kandelabern ausgeleuchtet.


    Ausgesuchte Sklaven in uniformen roten Tuniken mit jeweils einem weiß gesäumten Ärmeln - praktisch eine Umkehrung der Toga praetexta - standen bereit, um den hochrangigen Gäste nach ihrem Eintreffen Wein zu reichen - selbstverständlich wie immer aus den Familiengütern in Hispania!


    Jakobus selbst hielt sich dezent im Hintergrund und achtete darauf, dass alles reibungslos ablief.

    Im Triclinium wurden bereits am Vortag des großen Banketts Vorbereitungen dazu getroffen. Unter der Aufsicht von Jakobus und dem Maiordomus wurden Girlanden aufgehängt, die großen Klinen herumgetragen - denn es waren definitv zu viele für ein einziges Triclinium eingeladen.
    Inmitten dieses Chaos stand Jakobus mit einer Liste der Dinge, die noch zu tun waren. Im Augenblick stritt er sich mit einem Hilfskoch, der ihm gerade gebeichtet hatte, dass eine Eierladung vom Karren gefallen war. Nunja, Eier waren zumindest nicht allzu teuer...

    Die Rede konnte Jakobus kaum verfolgen, denn er war viel zu sehr damit beschäftigt, den weiteren Fortgang der Trauerfeier durchzugehen. Jetzt würde die Gruppe also die Stadt verlassen und hinaus zum Verbrennungsplatz der Tiberier. Aus diesem Grund setzte nach kurzer Schweigezeit im Anschluss an die Rede die Kapelle erneut ein.
    Die Maiores erhoben sich und ihre Diener klappten die curulischen Stühle zusammen, während die Liktoren sich bereits formierten.
    Mit einem kleinen Zeichen bedeutete Jakobus den Tiberiern, Claudias Bahre wieder aufzunehmen.

    Nun traten die Diener der Maiores hervor und stellten die curulischen Stühle direkt vor die Rostra. Die Maskenhalter nahmen Platz, umringt von ihren Liktoren.
    Direkt vor der Tribüne platzierten sich die noch immer spielenden Musikanten und lockten immer weitere Menschen an.
    Die Klagefrauen hingegen blieben im Hintergrund, ebenso wie die zahlreichen Schaulustigen. Im Vorbeigehen flüsterte Jakobus seinem Herren noch eine Nachricht zu:


    "Das feretrum direkt vor die Rostra!"


    Dann verschwand er auch schon, um mit Hilfe seiner Liktoren Ordnung bei den Zuschauern aufrecht zu erhalten.

    Zuerst lächelte Jakobus sie ermunternd an, dann jedoch gefroren seine Züge. Sie ging weg? Nach Mantua? Etwa mit dem alten Griesgram von Vitamalacus? Absurde Gedanken, wie dies zu verhindern war, rasten durch den Kopf des Sklaven, dann schluckte er und nickte.


    "Es muss dir nicht leid tun. Das ist die Schuld der Herrschaften."


    Er ließ eine Hand los und fuhr sich übers Gesicht, als er merkte, dass sein Blick von Tränen verschwamm.


    "Es ist unsere Schuld, dass wir es geheim halten."


    Ein wenig wütend und traurig zugleich blickte er sich um. Warum traf das Schicksal immer ihn???

    Zuerst waren nur die Klänge der cornicen und siticines, die eine langsame, getragene Melodie spielten. Einige Zeit später wurde dieses Geräusch um das lauter werdende Klagen der praeficae ergänzt.
    Und dann tauchte die pompa auf:
    Angeführt von Jakobus in seinem schwarzen Gewand, das mit Goldstickereien verziert war, flankiert von zwei Liktoren - ebenfalls in schwarz. Ihnen folgte die Blaskapelle, deren Instrumente irgendwie mangels Sonnenschein matt wirkten. Darauf erschienen Frauen mit zerzaustem Haar, grauer, grober Kleidung und verweinten Augen - es waren wohl mit die besten Klageweiber Roms, die hier ihr Bestes gaben.


    "Oh, ihr Götter! Warum habt ihr sie von uns genommen?" - "Seht ihren trauernden Bruder, ihre trübseligen Verwandten! Warum müssen sie klagen?" - "Ihr Ahnen, nehmt sie auf in eure Reihen!" - "Lägen wir doch an ihrer Stelle!"


    Diese und andere Klagerufe wurden untermalt von lautem Schluchzen, Weinen und dem sich-auf-die-Brust-Schlagen der Klageweiber.


    Es folgte die Archimima, die die Verstorbene darstellen durfte. Die blonde Frau war in ein edles Gewand mit dem latus clavus gehüllt, trug zusätzlich den Filzhut der Flamines. An ihrem Gürtel hing das secespita, das Opfermesser, das nur einem Pontifex zustand. Ihr Gang und Gesten ahmten die der Verstorbenen nach. Hinter der Archimima gingen jeweils zu zweit nebeneinander dunkelhaarige Männer in der toga praetexta. Sie trugen jeweils die Wachsmaske eines Ahnen der Tiberier, der als Praetor gedient hatte, weshalb jedem von ihnen zehn Liktoren vorausgingen und ein Diener mit dem sella curulis folgte. Nach den Praetoren folgten die verstorbenen Aediles der Tiberier, diesmal ohne Liktoren. Als letzter ging auch ein Mann mit Bart. Er trug die Wachsmaske von Tiberius Maximus, dem letzten großen Ahnen der Familie.
    Nun endlich kam das feretrum, das Leichenbett, der Tiberia Claudia. Die Verstorbene war in ein kostbares golden schimmerndes Gewand gehüllt. Ihre blasse Haut war geschminkt und ihr Haar sorgfältig gekämmt und zurechtgelegt worden. So lag sie, als würde sie schlafen, auf dem goldenen, mit Purpur bezogenen Totenbett, das von keinem geringeren als den Senatoren Tiberius Vitamalacus, Tiberius Durus und Flavius Furianus, sowie Tiberius Flaccus, Tiberius Iuvenalis und Tiberius Antoninus getragen wurde.
    Der Leiche folgten weitere Tiberier in Trauerkleidung, sowie die vertrautesten Sklaven der Toten.
    Erst dann folgte eine Schar von Klienten der Tiberier, gemeinsam mit Schaulustigen und Männern, die auf ein wenig kostenloses Brot zur Feier des Tages hofften.
    Dieser lange Zug bewegte sich direkt auf die Rostra zu, einige weitere schwarze Liktoren begannen, den Platz direkt vor der Rednertribüne für die Maiores freizuräumen.